Uhrzeit: Warum sagt man halb 4 aber nicht halb 16?
Hallo werte Gemeinde,
das frage ich mich schon länger, finde aber keine Antwort. Google, Wikipedia etc... habe ich schon versucht. Weiß es jemand?
12 Antworten
Die Antwort klingt jetzt banal, aber man macht es eben nicht so. Dafür gibt es keine wirkliche Begründung, weil Sprache im Wesentlichen auf den Konventionen ihrer Sprachgemeinschaft (d. i. die Gesamtheit aller muttersprachlichen Sprecher einer Sprache) beruht und die besagt momentan eben, dass man das nicht so macht.
Ich will damit sagen: Die Sprache kann sich hier weiterentwickeln, wenn eine genügende Anzahl von Individuen einer Sprachgemeinschaft sich entschließt, eine neue Konvention aufzustellen (in diesem Fall die Notwendigkeit "halb 4" auch mit "halb 16" zu bezeichnen, um sie eindeutig vom "halb 4" des frühen Morgens unterscheiden zu können).
Sollte sich die Sprache irgendwann in ferner Zukunft also dahingehend entwickeln, dass ein überwiegender Teil unserer Sprachgemeinschaft dieser Konvention folgt und anfängt "halb 1" mit "halb 13", "halb 2" mit "halb 14" usw. zu bezeichnen, so könnte diese Bezeichnung theoretisch irgendwann Teil der Standardsprache werden und als "korrekt" angesehen werden.
Ein Beispiel für eine (kleine) sprachliche Veränderung der letzten Jahre: Mir hat man in der Schule immer noch beigebracht, dass die korrekte Mehrzahl von "Komma" eben "Kommata" lautet und nicht anders. "Kommas" als Plural wurde in diesem Zusammenhang als "falsch" angesehen. Mittlerweile ist "Kommas" jedoch genauso korrekt und steht so auch im Duden. Warum? Weil einfach genügend Leute das Wort "Kommas" als Mehrzahl von "Komma" benutzt haben und auch jeder andere wusste, was damit gemeint ist. Daraus ist im Laufe der Zeit, die sprachliche Konvention entstanden, dass man die Mehrzahl von "Komma" auch mit "Kommas" bezeichnen kann.
Gruß, BerchGerch
Ja, im Kern hast du damit recht. Allerdings darfst du dir das nicht so vorstellen, dass man diese Wortwahl "halb 16" kategorisch (und womöglich noch durch schriftliche Anweisung) ausgeschlossen hat. Diese Wortwahl ist lediglich von der Sprachgemeinschaft nicht benutzt worden, weil dafür (vermutlich) keine Notwendigkeit bestanden hat. Konsequent wäre die Bezeichnung ja allemal.
Wenn also die Notwendigkeit einer solchen Bezeichnung ("halb 16" für "halb 4") gegeben gewesen wäre und genügend Sprecher unserer Sprachgemeinschaft diese Art der Zeitbezeichnung auch in ihrem alltäglichen Sprachgebrauch so benutzt hätten, wären theoretisch schon einmal wichtige Voraussetzungen dafür gegeben gewesen, dass diese Art der Zeitbezeichnung auch in die Standardsprache eingegangen wäre. Leider war es nicht so und solange die Leute sagen "Klingt komisch", wenn sie "halb 16" hören, wird das vermutlich auch so bleiben ;-)
Gruß, BerchGerch
Freut mich, dass dir meine Antwort so gut gefallen hat ;-) Vielen lieben Dank für den Stern.
Beste Grüße, BerchGerch
was man alles lernt wenn man ein bisschen herumstöbert ^^ danke für die super frage und die tolle Antwort :)
Hallo! Vorab: ganz genau weiß ich es nicht, habe allerdings eine Vermutung, warum es eventuell so sein könnte, dass sich diese Redewendung in unseren Sprachgebrauch eingeschlichen hat. Die Begründung ist hierbei die Unterteilung in einen 24-Stunden-Tag, den es de facto früher nicht gab. Früher unterteilten wir den Tag in zwei gleiche Hälften, die jeweils 12 Stunden hatten.
Es bedeutet, dass mittags das Ganze "kippt" und wir beginnen, von vorn zu zählen. Begründen lässt sich das damit, dass früher - ich spreche hierbei übrigens vom Mittelalter - kaum Uhren mit normalem, uns bekanntem Ziffernblatt üblich waren, sondern die Zeiteinteilung hauptsächlich durch akustische Signale geschaffen wurden. Um den Verzählen vorzubeugen, entschied man sich, nach dem zwölften Schlag wieder bei 1 zu beginnen. Daher rührt auch die klassische Unterteilung im AM und PM, wie wir sie vornehmlich aus dem englischsprachigen Raum kennen. (Dazu gibt's hier ein wenig mehr: http://tricks-und-tipps.com/am-pm/)
Wir haben dieses System in unseren Sprachgebrauch übernommen und orientieren uns weiterhin an dieser offensichtlichen Einteilung, also einem "Vormittag" und einem "Nachmittag". Auch wenn dieses System natürlich zu Verwirrung führen kann.., beispielsweise ist nicht klar, was gemeint wird, wenn jemand davon spricht, dass wir uns gegen Acht treffen. Lediglich der Kontext lässt darauf schließen, was wirklich gemeint ist..., "Wir treffen uns um 7 vor dem Kino" ist eine ganz logische Sache und bedarf in der Regel keine weitere Erklärung.
Dennoch hat es sich, vor allem in der Moderne, eingebürgert, den tag akkurat in 24 Stunden zu unterteilen und die meisten Uhren, jedenfalls digitale, nutzen dieses System, was im eigentlichen natürlich um ein Vielfaches praktischer ist.
Allerdings wächst die Sprache nicht immer proportional zur menschlichen Entwicklung und ist gewissermaßen beim alten System stehen geblieben, was - am Rande bemerkt - auch bequemer ist, da es sich schneller spricht. Dein Beispiel zeigt das ja recht eindeutig und Sprache sucht sich in der Regel immer den einfachsten Weg. Unabhängig von Duden un Co.
Ich denke, dass das die richtige Erklärung für dieses Phänomen ist, würde aber sehr, sehr gern noch viele, viele weitere Ansichten zum "uhrzeitlichen Phänomen" hören :-)
die einteilung in 12 stunden ist schon 1000 jahre alt und in der sprache schon so lange verankert, die zählung bis 24 stunden ist eine erfindung des 20. jahrhunderts.
Joa, danke :-) Dass die 24-Stunden Zählung zeitgeschichtlich noch jung ist, darauf bin ich beim Suchen gestoßen. Aber warum nutzt man die nicht auch zur halben Sunden? Man sagt ja 20 Uhr oder 16 Uhr, aber halb 16 sagt man nicht - man wird nur komisch angeschaut :)
hört sich doch auch komisch an ? ^^ Man kann sich ja auch in gewisser Art so artikulieren weil es sich einfach besser anhört .
hört sich doch auch komisch an
Alles was man nicht sagt, hört sich komisch an - ist, denke ich, eine Gewöhnungssache :-)
So war es auch beim Wechsel vom Jahr 1999 auf 2000.
zumindest einen teil deiner frage kannst du hiermit beantworten: http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Zeitmessger%C3%A4te
Habe ich ja.... Steht aber nichts drin was meine Frage beantwortet.
bis in die 1920er Jahre wurde die (Eisenbahn)- Zeit in Vormittags und Nachmittags angegeben. Die Eisenbahn hat dann die Zeitangaben wie 13.30 oder 16.45 eingeführt. Denn in den Plänen konnte nicht ganz einwandfrei angegeben werden ob die Züge am Vormittag oder am Nachmittag fahren sollten. Da die Angaben, wie "halb vier" schon sehr lange im Gebrauch waren hat man das etwas schwierigere "sechzehn Uhr dreißig" im täglichen kaum übernommen.
Die "Zwölfer-Regelung" ist gewissermaßen "analog" (siehe Analoguhren/Ziffernblätter), die "24er-Regelung" ist "neumodischen Krams", wie mein Opa zu sagen pflegte - also "digital" (siehe Digitaluhren, ohne Ziffernblatt).
Du kombinierst normalerweise nicht eine jahrhundertelalte Bezeichnung mit "som neumodischen Krams".
Und wenn Du auf eine Digitaluhr schaust, erkennst Du sofort, warum "15 Uhr neunundzwanzig" sinnvoller ist.
Andererseits mußt Du "analog" bei "halb vier" überhaupt nicht überlegen: Du weißt sofort, wo die (imaginären) Zeiger stehen würden. Anschaulichkeit gegenüber digitaler Exaktheit.
Gruß, earnest
Analog vs. Digital.... so habe ich das noch garnicht betrachtet, Danke ;-)
Und warum sagt man dann nicht "es ist halb 16", wenn man doch den neumodischen Krams schon nutzt? Man sagt ja auch "es ist 16 Uhr" - dann kann man doch die 24 Stundenzählung auch zur "halben" oder "viertel" Stunde nutzen.
Was wäre der Sinn dabei, was die Notwendigkeit?
Wie Millionen anderer Menschen bin ICH jedenfalls mit "halb vier" voll zufrieden. Warum sollte ich umsteigen?
Mein erste und einzige Digitalarmbanduhr habe ich schließlich auch nach zwei Tagen wieder verschenkt und bin reumütig zur Uralt-Junghans zurückgekehrt.
Der Sinn bzw. Notwendigkeit wäre der / die gleiche, warum man in 24 Stunden zählt. Man kann sagen: es ist 16 Uhr statt "es ist 4 Uhr Nachmittags". Aber zur halben Stunde sagt man weiterhin "halb 4" und muss dann ein "Nachmittags" anhängen.
Muß man fast nie. Im Kontext ist klar, daß Du Dich nicht zum Dämmerschoppen um 6 Uhr morgens verabredest.
(Daß dagegen beispielsweise Piloten und "Militärs" exakte digitale Zeiten brauchen, liegt auf der Hand.)
Vielleicht noch ein analoger Vorteil auf ganz anderem Gebiet: Der Ranger meldet das attackierende Nashorn auf "sieben Uhr". Mit dem sofortigen Wegfahren (oder - toitoitoi - Weglaufen) klappt's besser als bei der Meldung "19 Uhr".
Hmpf, man sagt es vielleicht nicht, aber ich sage das: passt es dir um halb 16? Oder 20 vor 16, oder halb 17... Klingt vielleicht sonderbar, aber vielleicht sind wir Trendsetter? ;-)
und 4 ist wiederum kürzer zu sprechen als 16 - also warum dann das "lange" Wort trotzdem zur vollen Stunde?
Vielen Dank für die ausführliche Antwort! Sprachgeschichtlich kenne ich mich überhaupt nicht aus - denke ich wäre niemals durch Google drauf gekommen darüber nachzudenken ;-)
Also ist es so, dass man einfach bei Anbeginn der 24-Stundenzählung die Wortwahl "halb 16" ausgeschlossen hat - also eher keiner hat es ebenso zur Genauigkeit wie "um 16 Uhr" genutzt und somit hat es sich erst garnicht entwickelt?