Psychisch krank und obdachlos; Was tun wenn nicht einmal Arbeit in einer WfbM möglich ist und man keinerlei Anspruch auf Sozialhilfe hat?
Eine psychisch kranke Freundin ist bereits durch alle Raster gefallen und es besteht keine realistische Chance, sie am 1. Arbeitsmarkt einzugliedern.
Sie ist schon 23, hat bisher seit ihrem Schulabschluss vor 8 Jahren noch keine Ausbildung gemacht und es ist schon eine Reha-Maßnahme gescheitert. Das heißt sie ist nicht in der Lage mindestens 3h pro Tag zu arbeiten.
Ihr wurde vor einiger Zeit schon mal eine Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte empfohlen. Probeweise hat sie dort auch schon gearbeitet, wurde dann aber wieder entlassen, weil sie auch dazu nicht in der Lage ist.
Sie hat eben gewisse Besonderheiten - auch bekannt als Einschränkungen - die eine Arbeits- oder Ausbildungsaufnahme erschweren:
- Hauptschulabschluss 2012 (Notenschnitt 3,9 und in Mathe eine 6)
- Zwischen 2012 - jetzt arbeitslos bzw. nur gescheiterte Maßnahmen
- Hoch verschuldet; P-Konto
- Vorbestraft
- Psychische Behinderung: Persönlichkeitsstörung, Depression, PTBS
Wenn man ihre ganzen Einschränkungen bedenkt, hat sie keine realistische Chance für eine Ausbildung. Davon abgesehen ist auch schon Arbeit in einer WfbM gescheitert. Zwecks der Schulden würde ihr potentieller Arbeitgeber informiert werden, da der Lohn gepfändet werden würde. Auch ihre Behinderung (einhergehend mit Suchtproblematik) hat schon dazu beigetragen, dass sie bei vielen Angelegenheiten schon gescheitert ist.
Es wäre gut zu wissen, wie es bei ihr weitergehen soll und von was sie leben soll?
Von einem Sachbearbeiter wurden schon Anträge abgelehnt und es wurde auf die Eltern verwiesen. Sie hat ein schlechtes Verhältnis zu ihren Eltern und bekommt keinen Unterhalt. Sie bekommt lediglich einen Schlafplatz gestellt und den Rest muss sie sich selber finanzieren. Laut einem Anwalt hat sie ja nicht einmal Anspruch auf Unterhalt. Zur Zeit lebt sie übrigens nur vom Suchen von Pfandflaschen.
Ihr wurde mal von einem Berater erzählt, dass der einzige Weg, um Anspruch auf Sozialhilfe zu bekommen, in die Obdachlosigkeit führt. Sofern sie obdachlos wird, muss sie sich obdachlos melden. Sie hätte erst dann Anspruch auf Sozialhilfe bzw. müsste sich täglich 5€ vom Amt holen und erst wenn sie eine Wohnung gefunden hätte, würde sie den Regelsatz bekommen.
Falls sie aber wirklich mal Geld vom Amt bekommen sollte, würde es schon daran scheitern, dass sie sich sowieso nicht an die Auflagen halten könnte. Das heißt sie würde vermutlich irgendwann auf 0 sanktioniert werden und würde dann wieder in die Obdachlosigkeit geraten. Oder sie findet nie eine Wohnung und bleibt auf Langzeit gesehen obdachlos.
Ihr wurde mal angedeutet, dass die Eltern auch fern ab des 25. Lebensjahres unterhaltspflichtig wären. Also solange bis die erste Ausbildung abgeschlossen ist.
In ihrer Verzweiflung bleibt ihr wohl nichts anderes übrig als einfach abzuwarten. Auch wenn ihr Weg in die Obdahclosigkeit führt. Was könnte sie tun?
6 Antworten
Sie muss auch Hilfe annehmen wollen!
Aus dem was Du schreibst, ergibt sich für mich, das sie die vielen Angebote bisher nicht genutzt hat! Ich nehme an, das liegt an der Sucht! Wenn sie nicht bereit ist diese zu bekämpfen wird es nie was!
Die Eltern werden einfach nicht mehr „können“ nach so vielen Jahren! Immerhin geben sie ihr einen Schlafplatz!
Sie muss Hilfe annehmen wollen... dabei geht’s nicht um Geld, sondern um Therapie!
Gehe doch mit deiner Freundin noch mal zu der Werkstatt, frage nach, warum sie dort nicht arbeiten konnte, welche Voraussetzungen fehlten, wo das Problem lag und was die Betreuer dort als Anlaufstelle empfehlen würden.
So weit ich weiß, ist die Arbeit in einer WfbM oft eintönig, man macht immer das gleiche und arbeitet meist manuell. Geringer Befähigte kleben Spielzeuge auf Hefte etc., höher Befähigte arbeiten in Küche, Schlosserei, Gärtnerei etc. Dann gibt es noch sozialpädagogische Gruppen oder so, in denen nur wenig gearbeitet wird und vornehmlich gefördert. Die Leute gehen einmal in der Woche gemeinsam auf kleine Ausflüge oder so (meine Infos stammen allerdings von vor ein paar Jahren). Dort waren damals nur geistig und körperlich behinderte Menschen. Die Frage ist aber, ob sie über so eine Gruppe nach und nach ans Arbeiten herangeführt werden könnte.
Wenn eine Sucht vorliegt, müsste wohl parallel eine Suchttherapie erfolgen, damit sie den Tag übersteht?
Jedenfalls sollen die Menschen dir mal dort mitteilen, ob sie nicht dort eingeglieder werden könnte, unter welchen Umständen das möglich ist, ob es andere Anlaufstellen für sie gibt.
Wenn sie Pfandflaschen sammelt, ist sie ja fleißig. Vielleicht könnte man das irgendwie nutzen? Bestenfalls könnte hier das Arbeitsamt noch mal Ideen für Stellen/ Helferstellen/ Minijobs etc. beisteuern. Als Laie sage ich mal:Wer Pfandflaschen sammeln kann, müsste doch auch Müll sammeln können und so in diesen Reinigungsmaßnahmen (oder Jobs, Berufen) nützlich sein (Park säubern etc.)?
Oder Zeitungen austragen können oder etwas in der Art.
Schreibe mal auf, was sie da genau tut, wann sie es am Tag tut, wie lange. Vielleicht könnte das einem Arbeitsvermittler helfen.
Es gibt Wohnungen für psychisch kranke Menschen, suche mal dort.
Es gibt Maßnahmen für Langzeitarbeitslose, z.B. in Buchhadnlungen, in denen gespendete Bücher verkauft werden.
In Schleswig-Holstein läuft das unter dem Begriff "Brücke SH", keine Ahnung, ob das in anderen BL anders heißt, vielleicht wäre das ein erster Suchbegriff.
Wie gesagt: ich würde an deiner Stelle mit ihr zusamemn mal zu verschiedenen Experten gehen, Werkstatt, Hausarzt (Suchtbehandlung wie?), Arbeitsamt, Anlaufstellen für Langzeitarbeitslose usw.
So wie Sie Ihre Freundin beschreiben, hat sie Anspruch auf Grundsicherung für Erwerbsgeminderte (SGB XII, Kap. IV). Da sind die Eltern zwar formal lebenslang unterhaltspflichtig, aber erst recht nach der kürzlichen Gesetzesänderung erst bei einem Jahreseinkommen, wenn es 100.000 € übersteigt. Und das ist sicherlich nicht der Fall. Zudem gilt hier die sog. Vermutungsregel, dass die Ämter das auch nicht prüfen, sofern es keine verdächtigen Anhaltspunkte dafür gibt. So wäre Ihre Freundin schon mal aus dem Abhängigkeits-/Machtverhältnis, welches unsere Gesetzeslage begünstigt raus. Und selbst wenn sie die 100.000 überschritten: Ihre Eltern müssten dann "nur" einen Pauschalbeitrag als Unterhalt zahlen, welche irgendwo im 50er-Bereich liegt. Das könnte Ihre Freundin auch von Regelsatz selbst bestreiten, um in diesem unwahrscheinlichen Falle auch loszukommen.
Dass Ihre Freundin auch bei Erreichen der 25 Jahre wegen fehlender Ausbildung keinen Anspruch auf AlgII hat vermag ich zu bezweifeln. Ich gehe eher davon aus, dass es eine Falschberatung aus Unkenntnis oder im eigenen Interesse der Behörde ist.
Wenn auch WfbM zu hohe Anforderungen stellt: Wäre denn wenigstens Teilzeit für sie denkbar? Weitere Möglichkeit in Bezug auf Tagesstruktur: Besuch einer Förderstätte / Tagesstätte für Menschen mit seelischer Behinderung. Dort sind die Anforderungen sehr niedrigschwellig und sie kann dort auch nicht sanktioniert werden, wenn sie krankheitsbedingt (z.B. Depression) nicht auftaucht. Dort kann man kommen und gehen, wie es der eigene Gesundheitszustand eben zulässt. Evtl. kann sie dort die Freude an Arbeit kennenlernen / erleben, weil sie dort eben zu nichts gezwungen wird.
An den Vorredner: Flaschen-Sammeln ist eben kein Indikator dafür, dass man erwerbsfähig im Sinne des SGB II ist. Denn es sind nicht die Bedingungen des 1. AM! Flaschen-Sammeln können auch zitterende (z.B. Entzugserscheinungen) oder depressive Leute, die substuporös und / oder pflegetechnisch verwahrlost herumlaufen. So wird das leider nichts mit erfolgreicher Eingliederung.
In Bezug auf ihre Wohnsituation: de facto muss man erst ganz unten gelandet sein, damit einem geholfen wird (mehr als obdachlos geht ja nicht). Aber damit ihre Freundin von ihren Eltern loskommt und aber nicht an die Falschen gerät (vermeintliche Freunde und sonstige gefährliche Fremde) wäre da ein "Umweg" übers betreute Wohnen denkbar? Das ist zwar auch ein Nährboden für Machtmissbrauch, aber dort hätte sie wenigstens das Nötigte, nämlich eine "sichere" Unterkunft. Mit den Betreuern kann sie ja Interaktion aufs Minimum reduzieren (für den Fall das sie da auch schon schlechte Erfahrungen gemacht hat).
Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen.
Mir fällt noch ein:
1) Kindergeld beantragen und abzweigen lassen an eine Person ihres Vertrauens (ansonsten würde ihr es bei Bezug von Sozialleistungen angerechnet). Also ich meine jetzt das KG für Behinderte, welches keine Altersbegrenzung kennt.
2) Pflegegrad beantragen: mit dem Pflegegeld (niedrigste Stufe 316,00 €) könnte sie ihre Bedarfe (an personeller Hilfe) selbst "einkaufen", ohne dass von ihr unseriöse Gegenleistungen erwartet werden. Falls sie SVV betreiben sollte könnte sie davon auch die teuren Verbände, Desineftionsmittel, usw. (gerade bei den subotimalen Hygienezuständen als Obdachloser) bezahlen.
Ihr wurde mal angedeutet, dass die Eltern auch fern ab des 25. Lebensjahres unterhaltspflichtig wären. Also solange bis die erste Ausbildung abgeschlossen ist.
Das ist aber falsch. Spätestens mit 25 endet die Unterhaltspflicht.
So lange sie bei ihren Eltern wohnt, bilden sie allerdings eine "Solidargemeinschaft".
Ist sie in psychologischer Betreuung?