Kontaktabbruch mit Vater - ich fühle mich wie ein Unmensch?
Hallo ihr Lieben,
zur besseren Verständnis könnt ihr gerne meinen vorherigen Thread durchlesen - hier ging es um eine Einladung seitens meiner Mutter auf das Weihnachtsfest bei meinen Eltern. Ich habe seit einiger Zeit nun keinen Kontakt mehr zu meinem Vater (die letzten paar Jahre nur sehr sporadisch) und habe daher abgesagt.
Ich werde nächstes Jahr 30 und meine Kindheit war durch ihn leider mehr als unschön. Es sind unfassbar viele Dinge vorgefallen welche auch noch ins Erwachsenenalter anhielten, er zerreißt sich öffentlich das Maul über mich und meine Partnerin, zog sie in den Dreck, hinterging mich mit so ziemlich allem, private Dinge erfuhren plötzlich dritte, Lügen, Anfeindungen, Beleidigungen, Manipulationen und Diffamierungen waren an der Tagesordnung. Die Entscheidung, mich von meinem Vater abzuwenden fiel mir alles andere als leicht - ich habe es nun jedoch durchgezogen da ich ihn möglichst wenig in meinem Leben möchte und er niemandem gut tut. Das möchte ich einfach so gut es geht unterbinden; auch im Hinblick darauf dass ich in den nächsten Jahren Elternteil bin und meinen Kindern das nicht antun möchte.
Nun kam von ihm per SMS eine halbgare Entschuldigung aus der klar hervor geht, dass er sich proforma entschuldigt um die Wogen zu glätten - er weiß aber offenbar nicht genau, wofür er sich überhaupt entschuldigt. Ich habe ihm nun geantwortet, dass das nichts mehr ändert und ich mit ihm nicht umgehen kann. Wenn ich jetzt nachgegeben hätte, hätte ich wieder eine Tür geöffnet welche mich immense Kraft gekostet hat, zu schließen.
Ich fühle mich jetzt jedoch wie der letzte Mensch; als wäre ich ein Monster. Ich weiß dass das, was ich tue wohl bedacht ist. Nichts geschieht durch Zufall und ich nehme ihm die Entschuldigung auch nicht ab; er hatte garantiert nur einen sentimentalen Moment und versucht nun, anstehende Familienfeiern auf denen wir uns zwangsläufig sehen werden, möglichst angenehm für ihn zu gestalten.
Ich weiß gar nicht, was ich jetzt von euch hören möchte. Ich wollte mir einfach Frust von der Seele schreiben und würde mich natürlich auch darüber freuen wenn es den ein oder anderen gibt, der bereits ähnliches erlebt oder getan hat und mir mitteilen kann, wie er/sie sich fühlte und mir eventuell mit auf den Weg geben kann.
Danke!
8 Antworten
Ich kann deinen Frust nachvollziehen. Ich habe nach der Trennung meiner Eltern für kurze zeit bei meinem Vater gelebt (berufsbedingt) und wir haben uns eigentlich nie wirklich gut verstanden. Er war der Ansicht, ich würde zu viel Zeit alleine in meinem Schlafzimmer verbringen (in dieser zeit habe ich sehr viel gezeichnet, um mir den Weg für ein Kunststudium zu ebnen) und solle lieber mit ins Wohnzimmer sitzen, wo wir dann trotzdem bloß Skirennen geschaut haben. Er hat nie mit sich sprechen lassen, ist nie auf Gegenargumente eingegangen und war (und Ist) immer der Meinung, dass nur seine Lösung die richtige sei und alles andere prinzipiell falsch. Als meine jüngere Schwester dann in eine schlimme Depression verfallen ist (Posttraumatische Belastungsstörung inklusive) und für etwa drei Monate in stationäre psychiatrische Therapie musste, meinte er nur, sie solle sich mal zusammen reissen und es sei doch total übertreiben. Dass Sie sich regelmässig selbst verletzt hat und des öfteren Selbstmodgedanken hatte, hat er gekonnt ignoriert und mit einem Augen-verdrehen abgetan, so als wolle sie bloß Aufmerksamkeit.
Bei einer erneuten Diskussion über dieses Thema bin ich dann vollends an die Decke gegangen wegen seiner Uneinsichtigkeit und seinen fiesen und intoleranten Sprüchen gegen meine Schwester und meinem Freund. Ich habe dann noch am selben Tag meine Koffer gepackt und bin übergangsweise bei meinem Freund unter gekommen. Das war etwa drei Monate vor weinachten und ich war überzeugt davon, nie wider etwas mit ihm zu tun haben zu wollen. Meiner Schwester und meinen Großeltern zuliebe habe ich mich jedoch wider mit ihm versöhnt und Weinachten ganz normal mit ihm verbracht. Trotzdem ist das Verhältnis zu meinem Vater bis heute angespannt. Ich versuche ihm so weit es geht aus dem weg zu gehen und nur seltenen Kontakt zu pflegen. Wenn wir uns dann wider sehen, spreche ich nur über unverfängliche Themen wie einen neuen Auftrag im Büro oder den letzten Auftritt mit unserer Musikgruppe. Sobald jedoch Themen wie Politik, Geld oder Beziehung aufkommen, wechsle ich schnellstmöglich das Thema oder verlasse den Raum. Meine Mutter und meine Schwester, ebenso wie mein unterdessen Verlobter unterstützen mich dabei auch so gut als möglich, trotzdem ist es immer anstrengen, mit meinem Vater umzugehen.
Als Tip kann ich dir nur mitgeben; Versuch nicht, den Menschen um dich herum genüge zu tun, geh auf abstand, wenn es für dich besser ist und teile dich den Mitmenschen mit, welchen du vertraust und die zu dir stehen. Sie können dir helfen, schwierige Situationen mit deinem Vater auszudiskutieren, zu überhören oder ihnen aus dem Weg zu gehen.
Du bist mit dieser Situation nicht alleine. Für meinen Vater bin ich wohl vor 20 Jahren "gestorben"... kein Kontakt, kein Gar-nichts... ich weiss nicht einmal was er macht und wo er wohnt. Und das alles, obwohl ich in meiner ganze Kindheit wohl fast alles getan hätte, um es meinen Eltern recht zu machen.
Meine Mutter... ein reiner on / off Kontakt. Solange ich ihr hinterher renne, solange ich sie beschenke, so lange ich für sie alles stehen und liegen lasse kommen wir miteinander aus. Trotzdem muss ich immer wieder spüren, dass sie in mir wohl immer das schwarze Schaf der Familie sehen wird. Sie wird sich nicht ändern können...
Mein Bruder... ein dominanter Mensch, der auch von den Eltern gelernt hat, auf mir herum zu hacken. Da er, auf Grund seines Geschlechts und vielleicht auch, weil er der jüngere ist, zum Liebling der Familie wurde... wurde sein Mobbing immer als unbedeutend abgetan.
Lief in der "Familie" irgendwas nicht gut... gab es sicher einen Weg, mir die Schuld zuzuschieben... oder den Ärger einfach an mir auszulassen.
Auch bei uns gab es lange diese "gezwungenen" Familien-Weihnachtsfeiern. Als ich dann aber vor gut drei Jahren diese "Einladung" absagen musste, weil ich mit Kreislaufproblemen in der Notaufnahme lag... musste ich mich einem äusserst beleidigen Bruder stellen, der der Meinung war, dass "ich" mit meiner Absage die Familie "zerstöre". - Seither musste ich damit leben, dass mich mein Bruder sogar auf WhatsApp blockiert hat um mir zu verstehen zu geben, was er von mir hält.
Ich laufe mit meiner Kraft, mit dieser "Familie" halbwegs vernünftig auszukommen, extremst am Limit. Da ein "Miteinander" nur möglich ist, solange sie auf mir herum trampeln können und ich einfach schweige. Trotzdem quält es mich extremst und es schmerzt immer wieder von neuem, zu akzeptieren, dass sich meine Vorstellung einer harmonischen Familie einfach nicht mit den Vorstellungen dieser Menschen deckt.
Es ist wirklich hart, sich von so was zu distanzieren. Wären es sonst irgendwelche Leute, wäre es aber nur logisch den Kontakt abzubrechen sobald man merkt, dass die Menschen einem nicht gut tun. Wenn es sich aber bei diesen Leuten um die "eigene Familie" handelt, fühlt man sich innerlich wahnsinnig zerrissen. Trotzdem sollte man aber einfach auf sich selbst hören und notfalls halt ohne Kontakt zu diesen Menschen weiterleben. Wir sind keine "Monster", nur weil wir so was nicht mehr mitmachen wollen und uns nicht mehr alles gefallen lassen wollen... und auch wir dürfen "nein" sagen. (Wir müssen sogar "nein" sagen, weil wir ansonsten daran irgendwann zerbrechen...)
manchmal tut es irgendwie gut zu lesen, dass man nicht alleine ist... und manchmal tut es gut, einfach diese ganze Misere in Worte zu fassen. - Es ist irgendwie so... unfassbar... was wir erleben mussten und noch immer erleben müssen. Und ich glaube auch, für viele Menschen die in einem "normalen" Umfeld aufwachsen konnten, ist kaum nachvollziehbar, was wir durchmachen.
Ich finde es auch deshalb so brutal, weil man als Kind in diese Situation hinein geboren wird und ganz instinktiv davon ausgeht, dass Eltern immer recht haben. Und weil man von Anfang der Fussabtreter der Familie war, merkt man auch lange nicht, dass dieses Verhalten eben nicht richtig ist.
Ich hadere auch heute noch mit der ganzen Familien-Angelegenheit... auch wenn ich mittlerweile weiss, dass mir diese Art von "Familie" nicht gut tut. Aber man fällt gelegentlich einfach wieder in dieses alte Muster, in dem man sich für alles die Schuld gibt, ein schlechtes Gewissen hat und glaubt, es läge nur an einem selbst, sich mit der "Familie" zu versöhnen.
Das ganze raubt einem wirklich sehr viel Kraft... und manchmal glaubt man, dass innerlich irgendwie... stirbt.
Aber ich wünsche dir viel Kraft... um den Weg zu finden, der dir gut tut =)
Eine wichtige Rolle bei allen schweren und hartnäckigen Fällen von Mobbing spielt psychologisch der Narzissmus. Doch was ist dieser Narzissmus, der vom Laien gerne mit Eitelkeit verwechselt wird, eigentlich? Das Wort leitet sich ab von Narziss, dem schönen Sohn eines Flussgottes und einer Wassernymphe in der griechischen Mythologie. Narziss wies die Liebe anderer zurück und verliebte sich in sein eigenes Spiegelbild. Obwohl er die Unerfüllbarkeit dieser Liebe erkannte, verzehrte er sich bis zu seinem Tod nach seinem Ebenbild, konnte sich von dieser Sehnsucht nie befreien.
Trotzdem ist der Narzissmus psychologisch an und für sich ein wertneutraler Begriff. Es gibt den gesunden Narzissmus des Kleinkindes, das immer mehr seine Umwelt und seine zunehmenden Fähigkeiten entdeckt und darauf stolz ist – ein Motor für seine weitere Entwicklung. Es gibt die Schönheitskönigin, die sich freut, Erste geworden zu sein. Jemand Anderer freut sich über einen beruflichen Erfolg oder eine Fussballmannschaft freut sich über ihren Sieg.
Ein positiv gelebter Narzissmus ist jedoch auch an eine einigermassen normale Entwicklung des Selbstwertgefühls geknüpft. Und hier gelangen wir zum krankhaften Narzissmus, einer Persönlichkeitsstörung, die häufig bei Mobbing-Tätern beobachtet werden kann. Wenn nicht eine ernsthaftere genetische Störung vorhanden ist – dazu kommen wir bei der Psychopathie – reagiert ein Kleinkind auf die Liebe der Eltern, die die Basis für seine Selbstliebe bildet. Wird dieser Prozess gestört, kann es zu einer schweren „narzisstischen Kränkung“ kommen, wo es den Betreffenden nie gelingt, ein annähernd intaktes Selbstwertgefühl auszubilden. Das kann verheerende Folgen auch für ihre Mitwelt haben.
In seinem Buch „die Narzissmusfalle“ nennt der österreichische Psychiatrieprofessor und Gerichtsgutachter Reinhard Haller die sogenannten 4 E:
- Extreme Egozentrik
- Sehr hohe Empfindlichkeit
- Mangelnde Empathie (Einfühlungsvermögen und Mitgefühl)
- Entwertung
Der 4. Punkt ist besonders wichtig für unser Thema: Die Entwertung anderer nennt man heute den bösartigen oder malignen Narzissmus und dies ist typisch für notorische Mobbing-Täter. Im Buch „Die Masken der Niedertracht“ von Marie-France Hirigoyen (französische Psychoanalytikerin) wird dasselbe Phänomen als „perverser Narzissmus“ bezeichnet. Bei der Entwertung geht es darum, dass eine Person sich künstlich erhöht, indem sie Andere erniedrigt. Tatsächlich ist es eine pervertierte Form des Narzissmus, etwa so, wie wenn z.B. eine Fussball-Mannschaft sich in erster Linie darüber freuen würde, dass die anderen verloren haben, anstatt sich über ihren eigenen Sieg zu freuen.
Aus meiner Erfahrung, der gleiche Quark geht wieder von vorne los.
Die Trennung vollziehen und den Groll loslassen ist die bessere Lösung.
Deshalb habe ich ihn nun auch zurück gewiesen - ich weiß genau, dass der gleiche Mist wieder neu aufgerollt worden wäre. Es ist ein Fass ohne Boden...
Antworten hast du ja schon bekommen... bleib bei deiner Einstellung die dir gut tut
Danke für deine offenen Worte! Meine Kindheit war ähnlich - ich bin auch die ältere, mein jüngerer Bruder durfte sich alles erlauben und ich bekam den Ärger. Mittlerweile verstehen wir uns gut wenn er nicht wieder von unserem Vater eingelullt wird. Ich wollte schon in meiner Jugend nichts mehr mit diesem Mann zu tun haben weil er sich Dinge erlaubt hat, die auf keine Kuhhaut gehen. Eigentlich haben sich auch alle vom ihm abgewandt - alle, die noch mit ihm zu tun haben tun dies zwangsläufig irgendwie. Danke für deinen Beitrag!