Kann man als Schüler eine Ausbildung als Rettungssanitäter machen?

7 Antworten

Schwierig, schon alleine wegen des Alters. Den Rettungssanitäter- Grundlehrgang, darf man teilweise mit 17 Jahren absolvieren, die Rettungsdienstschule, an der ich meinen Rettungssanitäter gemacht habe, hat sich damals bei Minderjährigen aber komplett quer gestellt, ich hatte keine Chance, am Lehrgang teilzunehmen und es wären lediglich noch zwei Monate bis zu meiner Volljährigkeit gewesen. Danach kommen die erforderlichen Praktika im Krankenhaus und im Rettungsdienst an der Lehrrettungswache, spätestens zu letzterem, muss man wegen der Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes volljährig sein, zur Abschlussprüfung dann sowieso. Auch den Stoff darf man keinesfalles unterschätzen, er ist zwar meistens nicht besonders tiefgreifend aber dafür ist die Masse viel, man ist einfach ersteinmal überfordert damit, man kommt nach einem neun stündigen Lehrgangstag nach Hause und da geht es dann damit weiter, den Lehrstoff des Tages zu vertiefen, Zusammenfassungen zu schreiben und dergleichen. Man ist also ersteinmal 12 Stunden am Tag mit dem Lernen des Lehrstoffes beschäftigt, zumal man an der Rettungsdienstschule ja nicht nur theoretischen Unterricht hat sondern auch Praxis, abends zu Hause, geht es also dann mit der Theorie weiter. Dass zu machen, während man sich gerade auf einen Schulabschluss vorbereitet, dass ist keine gute Idee.

Wenn man die Qualifikation dann hat, ist die Frage, wie es danach damit weitergeht. Für einen Einsatz als zweite Person und Fahrer in der Notfallrettung, ist zum Beispiel noch eine Fahrerlaubnis der Klasse C1 erforderlich, da moderne Rettungswagen über 3.500 Kg zulässige Gesamtmasse aufweisen und somit mit der "normalen" Fahrerlaubnis der Klasse B nicht gefahren werden dürfen. Auch kann man noch längst nicht Alles, was man können muss, wenn man frisch qualifizierter Rettungssanitäter ist, das Lernen geht weiter, circa ein Jahr Berufspraxis ist erforderlich, bis Alles sitzt.

Nächster Punkt, die Kosten. Du kannst alleine mit mindestens 1.500 Euro für den Erwerb der Rettungssanitäter- Qualifikation rechnen und hinzu kommen nocheinmal mindestens 3.000 Euro für die Fahrerlaubnisklassen B und C1, um als Rettungssanitäter im Rettungsdienst vollwertig einsetzbar zu sein. Insgesamt, investiert man also mindestens satte 4.500 Euro, bevor man mit der Qualifikation richtig durchstarten kann und man benötigt ja auch noch einen finanziellen "Puffer", falls man durch irgendeine Prüfung durchfallen sollte und sie wiederholen muss, da dann die Prüfungsgebühren erneut fällig werden.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Nein. Für die Mitwirkung im Rettungsdienst muss man volljährig sein.

Dazu kommt:

-notwendige Vorbildung:

[...]den Hauptschulabschluss oder einen gleichwertigen Bildungsstand besitzt oder eine abgeschlossene Ausbildung hat,[...]

-notwendiges Krankenhauspraktikum, Volljährigkeit notwendig,

-notwendiges Rettungswachenpraktikum, Volljährigkeit notwendig,

-für die Arbeit im Rettungsdienst ist ein Führerschein notwendig, definitiv Kl. B, eher fast immer C1 oder C, dazu kommt je nach Dienststelle und Aufgabengebiet ein Personenbeförderungsschein,

-der Lehrgang dauert in Vollzeit ca. 3 1/2 Monate, in Vollzeit heißt: 4 Wochen Rettungsdienstschule von morgens bis nachmittags, 4 Wochen Krankenhauspraktikum in Tagesdienst- oder Schichtdienst-Rhytmus, 4 Wochen Rettungswachenpraktikum in Tagesdienst- oder Schichtdienst-Rhytmus, ein oder zwei Wochen Abschlusslehrgang und Prüfung, viel Spaß, das neben der Schule zu wuppen.

Minijob ist de facto möglich, aber nicht für Schüler neben der Schule, dagegen sprechen die Arbeitszeiten (fast immer 12h- oder 24h- Dienste).

Ohne dir zu nah treten zu wollen, sorry, ich denke, dass du dir das ganze etwas simpel vorstellst: zu Beginn steht eine Menge Büffelei um extrem komprimierten Stoff zu schlucken, ohne jegliche medizinische Vorbildung. Dann kommt Schichtarbeit, in der du durchaus mit dramatischen Erkrankungen oder Verletzungen ohne jegliche Distanz in Berührung kommst (muss nicht, kann fünf Jahre gar nicht sein oder beim ersten Einsatz in der ersten Schicht). Eine unter einer Bahn eingeklemmte Person, eine Totgeburt, Amputationsverletzungen, Transporte ins Hospiz, Menschen die vorher mit dir gesprochen haben, sterben direkt vor dir, du musst Angehörigen sagen, dass Oma/Vater/Sohn verstorben ist. Dazu kommt, dass du mitten in der Nacht für den hinterletzten Schwachsinn aus dem Bett geklingelt wirst, von besoffenen angespuckt, von psychisch Erkrankten angepisst, von Rentnern, die keine Zeit haben, absichtlich angefahren wirst. Sorry, das ist ganz weit weg von einem Schülernebenjob.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
RedPanther  18.04.2021, 12:40
notwendige Vorbildung

Wer annähernd volljährig ist, ist mit der Schulbildung längst über den Hauptschulabschluss hinaus. Normalerweise ist derjenige dann in der gymnasialen Oberstufe, d.h. hat "en passant" die Mittlere Reife erworben.

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iwaniwanowitsch  18.04.2021, 13:02
@RedPanther

Deine Argumentation erschließt sich mir nicht so ganz. Ist es so, dass man automatisch die mittlere Reife hat, wenn man die Oberstufe besucht? Und von bestehender Volljährigkeit war ja hier keine Rede. Der Ersteller fragt ja erst mal nach einem Schülerjob, das klingt für mich nicht nach Volljährigkeit und Schulabschluss.

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RedPanther  18.04.2021, 14:12
@iwaniwanowitsch
Ist es so, dass man automatisch die mittlere Reife hat, wenn man die Oberstufe besucht?

Müsste, ja.

Wenn du nicht schon auf dem Gymnasium bist, musst du ein Zeugnis der Mittleren Reife vorlegen, um überhaupt mit der Oberstufe beginnen zu dürfen. Und auf dem Gymnasium hatten wir in der 10. Klasse ein paar landesweite Zentralklausuren und es hieß "wenn jemand kein Abi machen möchte: Das Zeugnis der 10. Klasse ist eure Mittlere Reife."

Und von bestehender Volljährigkeit war ja hier keine Rede.

Volljährigkeit ist die allererste Voraussetzung für die Arbeit im Rettungsdienst. Solange der Fragesteller nicht volljährig ist, ist alles weitere ohnehin Makulatur.

Deshalb setzte ich stillschweigend voraus (weil ich nicht will, dass die ganze Schreiberei allein aufgrund dieses Details umsonst war^^) voraus, dass der Fragesteller zumindest zeitnah volljährig wird.

Aber ja, du hast recht. Mit dem G8 ist es ja gar nicht mehr der Normalfall, während des vorletzten Schuljahres volljährig zu werden.

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iwaniwanowitsch  18.04.2021, 14:19
@RedPanther

Hm, in dem Thema Schulabschluss bin ich nicht tiefergehende drin, muss ich zugeben.

Für mich liest sich das so, als suche er einen Schülerjob, wie Zeitungsjunge oder so.

Das unser Job als so eine Art Hilfsarbeiterstelle mit zwei Tagen Unterweisung angesehen wird, kommt ja in den letzten Jahren irgendwie öfter auf.

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RedPanther  18.04.2021, 14:28
@iwaniwanowitsch
Für mich liest sich das so, als suche er einen Schülerjob, wie Zeitungsjunge oder so.

Nimm mir nicht die Hoffnung :(

Das unser Job als so eine Art Hilfsarbeiterstelle mit zwei Tagen Unterweisung angesehen wird, kommt ja in den letzten Jahren irgendwie öfter auf.

Streng genommen bin ich das als Kraftfahrer & Kofferträger mit 3 Monaten Qualifikationsdauer auch ;)

Ich hätte jetzt nicht behauptet, dass diese Ansicht eine Erscheinung der letzten Jahre ist. Aber dafür bin ich vielleicht einfach noch nicht lange genug dabei. Ich hatte es auch schon in 2012, dass "mein" RA von einem Angehörigen gefragt wurde, was er denn beruflich macht. Ich habe eher das Gefühl, dass das bei einigen Menschen noch aus alten Zeiten im Kopf ist, als es tatsächlich noch keinen professionellen Rettungsdienst gab.

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iwaniwanowitsch  18.04.2021, 14:33
@RedPanther

Joa naja, RS ist zwar kein "Beruf" im Sinne einer Berufsausbildung, aber trotzdem verfügt der RS über eine Menge Wissen und Fertigkeiten und ist von einem Hilfsarbeiter weit weg. Ist tatsächlich so, manche Leute denken wirklich, wir wären in den 60ern. Ich wurde sogar mal gefragt, wie uns denn "die Zentrale erreiche"... Okay, seit den 70ern sind Funkgeräte im BOS-Bereich verbreitet und seit mindestens 15 Jahren hat fast jeder Mensch ein Handy...😂

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Schwierig bis unmöglich.

Erste Hürde: Das Alter. Man kann die Ausbildung mit 17 beginnen, spätestens zur Prüfung muss man aber volljährig sein. Und zumindest das notwendige Rettungsdienstpraktikum ist für Minderjährige quasi nicht darstellbar - die üblichen Arbeitszeiten im Rettungsdienst vertragen sich nicht mit dem Jugendarbeitsschutzgesetz.

Also: Der Schüler, der den RS machen möchte, sollte spätestens ein halbes Jahr nach Ausbildungsbeginn 18 werden.

Die zweite Hürde: Die Zeit.

Die Ausbildung zum Rettungssanitäter umfasst 520 h. Wenn man das in Vollzeit macht (40 h pro Woche), dann sind das genau drei Monate. Du wirst als Schüler aber wahrscheinlich keine drei Monate von der Schule entbunden werden.

Man kann die Ausbildung in Teilzeit machen. Dann ist z.B. der erste Lehrgang mit 160 h auf mehrere Wochenenden verteilt (hat den Vorteil, dass du 2-3 Monate lang nicht planen musst, was du am WE machst). Dann hast du aber zwei Praktika mit je 160 h (zusammen 8 Wochen) zu machen, die in einigen Bundesländern nicht beliebig geteilt werden können. In Bayern meine ich, dass es immer mindestens eine Woche am Stück sein muss. Also gehen 8 schulfreie Wochen für die Praktika drauf. Den Abschlusslehrgang (aka Prüfungswoche) gibt es nicht als Wochenendlehrgang; das ist die 9. schulfreie Woche, in der du keinen Urlaub machst.

Wie du es machst, dass du genau dann zum Praktikum kommen kannst wenn du Schulferien hast, und dass du einen Abschlusslehrgang findest der sich mit einer Ferienwoche deckt, ist deine Sache. Da kümmert sich die Schule nicht drum.

Dritte Hürde: Der Kopf.

Die Ausbildungsinhalte beim RS sind nicht besonders schwierig. Aber es ist sehr viel. Für mich war es damals eine absolute Reizüberflutung - und ich gehörte zu denen, die das Abi mal eben aus dem Ärmel geschüttelt haben. Ich habe damals die Ausbildung zum RS gemacht und sonst nichts. Ich war abends froh, endlich ins Bett zu kommen.

Da ein (annähernd) volljähriger Schüler wahrscheinlich in Richtung eines Schulabschlusses steuert und dafür wahrscheinlich kognitiv schon gut gefordert ist, glaube ich nicht dass es eine gute Idee ist, den RS nebenbei zu machen. Du hast ja nicht nur die Doppelbelastung, sondern auch über eine ganze Weile keine Erholungsphasen.

Vierte Hürde: Das Geld.

Rechne für den Grundlehrgang 1600 € und für den Abschlusslehrgang nochmal 400 €. Natürlich zuzüglich eventueller Reise- und Übernachtungskosten. Außerdem gibt es inzwischen leider auch Kliniken, die sich eine Praktikumsstelle bezahlen lassen.

Diese Kosten musst du natürlich selbst aufbringen, wenn du nicht z.B. einen spendablen Ortsverein einer HiOrg hinter dir hast. Wenn du hinterher keinen Job bekommst (s.u.), hast du dieses Geld eben für ein nutzloses Stück Papier ausgegeben.

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Die Jobchancen sind auch nicht allzu prickelnd.

Du kannst als RS entweder als Verantwortlicher im Krankentransport oder als Fahrer in der Notfallrettung arbeiten. Letzteres erfordert noch einen passenden Führerschein (RTWs wiegen über 3500 kg) und niemand wird einen Neueinsteiger in Teilzeit einstellen - dafür ist die Lernkurve am Anfang einfach zu steil. Man sollte wenigstens ein halbes Jahr in Vollzeit (4x 12h pro Woche) im Rettungsdienst arbeiten, um von sich behaupten zu können dass man's einigermaßen drauf hat. Danach kannst du was mit Teilzeit anfangen.

Im Krankentransport ist es eher möglich - allerdings muss dir klar sein, dass es da noch ganz viele andere gibt, die RS sind und einen Minijob suchen. Warum genau sollte man ausgerechnet dich einstellen und nicht jemanden, der Berufserfahrung und Fahrpraxis hat? Außerdem arbeitet der Krankentransport hauptsächlich unter der Woche und tagsüber. Da ist für jemanden, der nur am Wochenende kommen möchte, mitunter einfach kein Platz.

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Unterm Strich:

Mach die Schule fertig und gehe dann als FSJler in den Rettungsdienst. Eins nach dem anderen. Hat auch den Vorteil, dass du die Ausbildung zum RS bezahlt bekommst.

Hi!

Wenn Du Schüler bist, wirst Du den Lehrgang am Wochenende machen und selber zahlen müssen - das ist ein Haufen Kohle.

Wenn Du im Ehrenamt tätig bist, zahlen es manchmal die Vereine. Ansonsten sind die meisten Rettungssanitäter im Rahmen eines Freiweilligendienstes im Rettungsdienst ausgebildet worden. Die arbeiten da dann aber auch ein Jahr in Vollzeit.

Ja, da es sich beim "Rettungssanitäter" nicht um eine Berufsausbildung handelt, sondern eher eine Art Lehrgang ist, braucht man keinen Schulabschluss.

Rettungssanitäter werden hauptsächlich von Hilfsorganisationen und gewerblichen Unternehmen im Rahmen von Sanitätsdiensten eingesetzt oder fahren im Krankentransportdienst.

Entsprechend bilden die Krankentransportunternehmen häufig auch Rettungssanitäter aus, es gibt aber auch "neutrale" Rettungsdienstschulen.

Im Umkreis von München gibt es beispielsweise die Fa. B&K Emergency Training, welche Rettungssanitäterkurse in Voll- und Teilzeit anbietet, so dass sich das sicherlich auch mit der Schule vereinbaren lässt: https://www.bk-emergencytraining.de