Ist es bewiesen, daß sich jedes masselose Teilchen mit der exakt gleichen Geschwindigkeit bewegt?

4 Antworten

Hallo Plutonium,

nach der NEWTONschen Mechanik (kurz NM) ist die kinetische Energie eines mit dem Tempo v bewegten Körpers oder Teilchens der Masse m durch

(1.1) Eₖ = ½mv²

gegeben. Kennen wir also m und Eₖ und wollen v wissen, ergibt sich

(1.2) v = √{2Eₖ⁄m};

ein Teilchen mit unendlich kleiner Masse müsste unendlich schnell sein, um überhaupt kinetische Energie haben zu können.

c ist "das neue Unendlich"

Bekanntlich bewegt sich Licht mit dem endlichen Tempo c ≈ 3×10⁸ m⁄s. Natürlich könnte man sagen, dass für Licht als Wellenphänomen (1.1) nicht gelte. Bei anderen Wellen wird ein Medium zu Schwingungen angeregt, sodass man die transportierte Energie nicht als kinetische Energie eines Teilchens auffassen muss.

Licht breitet sich jedoch durch den materiefreien Raum aus; außerdem bestehen Lichtwellen aus Quanten (Energieportionen), die sich auch wieder als Teilchen mit kinetischer Energie auffassen lassen.

Die Speziellen Relativitätstheorie (SRT) sagt aus, dass c mehr als nur das Ausbreitungstempo einer bestimmten Art von Wellen ist, nämlich das absolute Tempo.

Eine weitere Voraussage der SRT ist die, dass jede Energie, auch kinetische Energie "was wiegt" und auch die Masse m eines Teilchens im Energie ist, seine Ruheenergie E₀ = mc². Die Gesametenergie E = E₀ + Eₖ eines mit v bewegten Teilchens ist durch

(2.1) E = E₀/√{1 − (v⁄c)²} =: γE₀

gegeben, was in v<<c - Näherung

(2.2) E ≈ E₀(1 + ½(v⁄c)²) = E₀ + ½mv²

ist; (1.1) lässt grüßen. Stellen wir (2.1) nach v um, erhalten wir

(2.3) v = c∙√{1 − (E₀/E)²};

für E₀ = 0 ergibt sich immer c. Ein Teilchen, dessen kinetische Energie (und damit auch seine Gesamtenergie) so groß ist, dass seine Ruheenergie dagegen vernachlässigt werden kann, bewegt sich mit fast c.

Was heißt "bewiesen"?

In der Mathematik kann man alles auf Axiomen aufbauen, und es gilt das Permanenzprinzip ("was bisher galt, gilt weiterhin, und es gilt was Neues dazu").

Mathematik muss in sich konsistent und logisch aufgebaut sein.

Dies gilt natürlich auch für jede naturwissenschaftliche Theorie. Allerdings muss eine solche nicht nur in sich selbst konsistent sein, sondern auch die Welt da draußen so korrekt wie möglich beschreiben.

Man "irrt sich empor"

Eine naturwissenschaftliche Theorie muss natürlich zunächst in sich konsistent sein, sonst kann sie nicht korrekt sein. Außerdem muss sie, um brauchbar zu sein, Voraussagen machen, die sich experimentell überprüfen lassen.

Stimmt das Ergebnis eines Experiments nicht mit der Vorhersage überein, ist die Theorie falsifiziert – was übrigens nicht bedeutet, dass sie dann unbrauchbar ist. Die Möglichkeit, falsifiziert zu werden, macht eine echte naturwissenschaftliche Theorie überhaupt aus.

Im Laufe der Jahrhunderte haben Menschen immer neue Theorien entwickelt, von denen jede nach wie vor falsch sein kann, aber idealerweise "besser falsch" ist als ihre Vorgänger. So zum Beispiel in der Physik.

Hintergrund Prinzipien der Physik

Im Prinzip kann man GALILEI als Begründer der Physik im engeren Sinne bezeichnen. Er führte Prinzipien wie das Trägheitsprinzip (kurz TP) und das Relativitätsprinzip (kurz RP), welches das TP voraussetzt, in die Physik ein. Das RP besagt, dass sich von zwei geradlinig-gleichförmig bewegten Körpern B und B' jeder als ruhend betrachten lässt – alternativ zueinander natürlich – ohne dass die grundlegenden Beziehungen zwischen physikalischen Größen (nichts anderes sind Naturgesetze) von der Wahl abhingen. Man sagt auch, diese sind invariant (unveränderlich) unter einer Umrechnung zwischen einem von B aus definierten Koordinatensystem Σ und einem von B' aus definierten Koordinatensystem Σ'.

Eine erste mathematische Ausarbeitung der Physik erfolgte dann durch NEWTON. Seine NM wurde im Laufe der Jahrhunderte nach ihm vor allem methodisch verfeinert (hier sind vor allem LAGRANGE und HAMILTON zu nennen), aber eines bleibt gleich: Die Umrechnung zwischen Σ und Σ' in der NM, die GALILEI- Transformation, ist quasi eine raumzeitliche Scherung und lässt Zeitspannen und die Gleichzeitigkeit von Ereignissen invariant.

Bis mit der Elektrodynamik ein ganz neues Feld der Physik entdeckt wurde. Es ist mit dem Namen MAXWELL verbunden, der ihre Grundgleichungen formuliert und eine Wellengleichung daraus abgeleitet hat. Sie beschreibt auch die Ausbreitung von Licht.

Die Elektrodynamik scheint allerdings nicht zum RP zu passen, denn durch Vergleich der Lichtgeschwindigkeit in verschiedene Richtungen müsste man seine eigene Bewegung relativ zum Kosmos selbst bzw. dem hypothetischen Weltäther nachweisen können. Tatsächlich hat man solche Experimente durchgeführt (Stichwort MICHELSON- MORLEY- Experiment, kurz MMX), aber keine Abweichung vom RP finden können.

GALILEI meets MAXWELL

-- Baustelle --

Ein Caveat

-- Baustelle --

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – + Auseinandersetzung mit Gegnern der RT

beweise im sinne der mathematik gibt es in der naturwissenschaft nicht.

aber abgesehen davon sagt uns alles was wir bisher über die welt gelernt haben, und tausendfach im experiment getestet haben, dass es so ist.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Physiker (Teilchenphysik)
SlowPhil  16.10.2023, 18:05

In begrenztem Umfang sind Beweise möglich: In der Mathematik sind Beweise ja logische Schlussfolgerungen aus Prämissen, die bereits als wahr gelten, da sie entweder Axiome oder bereits bewiesene Sätze sind.

In der Physik kann man argumentieren: Wenn GALILEIs Relativitätsprinzip tatsächlich gilt und wenn auch MAXWELLs Elektrodynamik korrekt ist, dann folgt daraus die SRT.

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Was ist ein Beweis? Bewiesen ist etwas dann, wenn es keine Möglichkeit gibt das beobachtete Resultat durch einen anderen Weg als den zu beweisenden zu erreichen. Das Problem damit ist, dass niemand sicher sagen kann, dass es keinen anderen Weg gibt - es genügt nicht wenn niemand einen kennt. Wirkliche Beweise gibt es nur in der Mathematik, weil dort die Wege von vornherein festgelegt sind (und selbst dort ist nicht alles beweisbar, wenigstens das ist bewiesen). Ohne das bleibt nur, dem zu folgen, was vernünftig mit den Beobachtungen zusammenpasst.

Teilchen ohne Ruhemasse gibt es nicht so viele. Die Austauschteilchen der langweitreichenden Wechselwirkungen, dh Photonen, Gravitonen, das war es schon (selbst Neutrinos haben Ruhemasse). Und die haben Lichtgeschwindigkeit.

Reggid  15.10.2023, 18:32
Teilchen ohne Ruhemasse gibt es nicht so viele. Die Austauschteilchen der langweitreichenden Wechselwirkungen, dh Photonen, Gravitonen, das war es schon

gluonen (aber die kann man zugegeben nicht als frei propagierende teilchen beobachten.)

und eigentlich so ziemlich alles bei energien oberhalb der skala der elektroschwachen symmetrie-brechung. aber auch hier kann man dann natürlich nicht mehr von freien teilchen sprechen.

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Wenn etwas tausendfach beobachtet wurde und nicht widerlegt werden kann, nimmt man es irgendwann als 'wahr' an. Es ist bisher niemanden gelungen, bei Licht (oder anderen masselosen Teilchen) eine andere Geschwindigkeit zu messen.