Ist es möglich, dass sich Teilchen schneller als Lichtgeschwindigkeit bewegen?

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Hallo ligh1speed,

Mir ist natürlich klar, dass nach Einstein sich nichts schneller als Licht bewegen kann...

Das ist sozusagen schon Standardfolklore; genauer: Nichts, das eine innere zeitliche Ordnung hat, kann sich relativ zu einem Körper (d.h., wenn man ihn als stationär betrachtet) schneller als mit c ≈ 3×10⁸ m⁄s bewegen. Interessant ist jedoch auch, warum das so ist. Die Vorstellung, man stoße auf einen undurchdringlichen Widerstand, wenn man weiter zu beschleunigen versucht, ist jedenfalls falsch.

...und auch diese Geschwindigkeit immer gleich bleibt.

Besser sollten wir Tempo (engl. speed) sagen. Geschwindigkeit im engeren Sinne (engl. velocity) ist eine Größe mit Richtung. EINSTEINs entscheidende Aussage ist die, dass jeder Beobachter bei der Messung des Lichttempos relativ zu sich immer c messen würde, zumindest lokal. Allerdings ist c nicht einfach irgendein Tempo, sondern das Maß aller Dinge, was Abstände in der Raumzeit betrifft.

Aus der Unschärfenrelation folgt, dass man bei einem Teilchen nicht die Geschwindigkeit und den Ort genau definieren kann.

Da geht es nicht um die Geschwindigkeit, sondern den Impuls, wie Reggid schon gesagt hat. Für ihn gibt es keine Obergrenze, die Unschärferelation macht kein Teilchen potentiell überlichtschnell.

...genau weiß, an welchen Ort es ist. Nämlich in dem Schwarzen Loch. Dem zufolge weiß man nicht genau über die Geschwindigkeit bescheid. Also theoretisch könnte diese ja auch über ... [c] ... liegen oder?

Dies geht in die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) hinein, wo einige Aussagen der Speziellen Relativitätstheorie (SRT) präzisiert werden müssen. Gerade ein Schwarzes Loch (SL) ist als raumzeitiche Sackgasse mit dem Ereignishorizont (EH) als "Einfahrt" vom Rest der Raumzeit kausal abgekoppelt, und man kann keinen Uhrenvergleich zwischen dem Inneren des SL und dem Rest der Raumzeit durchführen.

So begründete Hawking unter anderem ..., dass Schwarze Löcher auch Teilchen emittieren, da sie durch die Überlichtgeschwindigkeit dann der Fluchtgeschwindigkeit des Schwarzen Loches entfliehen können.

Das ist eine populärwissenschaftliche Scheinerklärung, um möglichst vielen Menschen das Gefühl zu geben, wenigstens die Grundzüge des HAWKING- Mechanismus zu verstehen. Eine ziemlich lieblose übrigens. Der Entstehungsort der Strahlung liegt nahe am, aber nicht im EH.

Ein Beispiel

Angenommen, Du beobachtest von einem nicht angetriebenen Raumfahrzeug B aus, wie ich in einem anderen Raumfahrzeug B' mit der 1D- Geschwindigkeit v an Dir vorbeiziehe und im Bordbistro von B' einen Cappuccino trinke.

Relativität der Gleichortigkeit
  • Für die Zeit vom ersten (E₁) und dem letzten Schluck (E₂) aus der Tasse ermittelst Du die Zeitspanne (B- Koordinatenzeit) Δt = t₂ − t₁. Dann finden die Ereignisse in Deinem Ruhesystem Σ auch räumlich getrennt statt, mit Abstand Δx = v∙Δt.
  • In meinem Ruhesystem Σ' – in dem Du Dich mit −v bewegst – werden E₁ und E₂ jedoch als gleichortig beschrieben. Ihren zeitlicher Abstand Δτ, die Eigenzeit, kann ich direkt messen, da ich keine nennenswerten oder gar veränderlichen Entfernungen berücksichtigen muss.

Nach GALILEIs Relativitätsprinzip (RP) sind beide Koordinatensysteme physikalisch gleichwertig, daher muss der Begriff der Gleichortigkeit verallgemeinert werden: Ereignisse, die in einem Koordinatensystem gleichortig sind, heißen zeitartig getrennt.

Entsprechend kann man Ereignisse, für die es ein Koordinatensystem gibt, in dem sie in einem räumlichen Abstand Δς gleichzeitig stattfinden, als raumartig getrennt bezeichnen.

Bis hierher haben wir noch nichts gesagt, das in der NEWTONschen Mechanik (NM) nicht gälte. Das ändert sich jetzt:

GALILEI meets MAXWELL

Das Lichttempo c ist in Naturgesetzen (= grundlegenden Beziehungen zwischen physikalischen Größen) als Konstante enthalten, nämlich in MAXWELLs Grundgleichungen der Elektrodynamik und der direkt daraus folgenden elektromagnetischen Wellengleichung.

Die muss also auch dem RP unterliegen, d.h.: Was immer sich relativ zu einem Körper mit c bewegt, das bewegt sich relativ zu jedem Körper mit c (schon deshalb kann sich ein Körper nicht relativ zu einem anderen mit c bewegen, denn relativ zu sich selbst bewegt er sich definitionsgemäß überhaupt nicht, schon gar nicht mit c).

Relativität der Gleichzeitigkeit

Stell Dir vor, im Abstand d hinter und vor Dir sind Raumfahrzeuge A und C; alle stehen miteinander in Sicht- und Funkkontakt. Wir interessieren uns für die Signale von A und C, die uns in dem Moment erreichen, wo wir einander passieren. Nennen wir den Zeitpunkt der Einfachheit halber t = t' = 0; wann sind die Signale abgeschickt worden?

  • In Σ ist das einfach: Beide Signale hatten die Entfernung d zurückzulegen und müssen zur Zeit t_A = t_C = −d⁄c losgeschickt worden sein.
  • In Σ' nähert sich C und muss daher zur Zeit t'_C die Entfernung d'/(1 − v⁄c) gehabt haben, während sich A entfernt und die Entfernung d'/(1 + v⁄c) gehabt haben muss. Folglich muss t'_C = −d'/(c − v) und t'_A = −d'/(c + v) sein, die Ereignisse sind also überhaupt nicht gleichzeitig. Dabei ist d' die extrapolierte gegenwärtige Entfernung von A und C von B'.

Erst durch die Relativität der Gleichzeitigkeit wird der Sinn darin erkennbar, den Begriff 'gleichzeitig' zu 'raumartig getrennt' zu verallgemeinern. Raumartig getrennte Ereignisse haben keine feste zeitliche Reihenfolge.

Bild zum Beitrag

Abb. 1: Unser Beispiel im Diagramm

-- Baustelle --

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
 - (Physik, Astronomie, Relativitätstheorie)
tilp11  23.02.2022, 03:17

Guten Morgen!

Aber wie ist denn das mit der Expansion des Universums zu verstehen, das soll ja schneller als c möglich sein, und soll nicht die SRT verletzen? Und welche kinetische Energie hat dann so ein Teilchen?Das soll ja nicht von der Geschwindigkeit anhängig sein sondern von seiner Frequenz. Und kann Licht Licht überholen? Wenn doch die Expansion des Raumes schneller als c sein kann.

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SlowPhil  23.02.2022, 08:11
@tilp11

Es können sich sehr wohl Objekte mit einer Differenzgeschwindigkeit über c einander nähern oder voneinander entfernen, auch in einer "flachen" Raumzeit – im Ruhesystem eines dritten Körpers, relativ zu dem sie sich z.B. mit je über ½c in entgegengesetzte Richtungen bewegen – nur ist das in der SRT nicht gleich der Relativgeschwindigkeit, also die, mit der sich einer der Körper im Ruhesystem des jeweils anderen bewegt.

Kosmische Expansion setzt freilich ART voraus, und die kennt ja auch echte Horizonte, wie den Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs (SL), der die – mutmaßlich eher kurze – Geschichte eines einfallenden Körpers im SL kausal einseitig von der des äußeren Kosmos abkoppelt. Ähnliches lässt sich für sehr ferne Galaxien sagen, nur dass es wechselseitig ist; wir sehen sie noch, weil das vor Jahrmilliarden erzeugte Licht und noch erreichen konnte.

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Reggid  23.02.2022, 12:47
@tilp11
Aber wie ist denn das mit der Expansion des Universums zu verstehen, das soll ja schneller als c möglich sein, und soll nicht die SRT verletzen? 

kosmische expansion ist außerhalb des gültigkeitsbereichs der SRT. das S in SRT bedeutet nämlich dass sie nur für eine flache raumzeit gilt.

kosmische expansion --> gekrümmte raumzeit --> keine SRT (sondern ART).

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SlowPhil  26.10.2023, 23:43

Vielen Dank für den Stern!

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1.) die unschärfe bezieht sich auf ort und impuls. und der impuls kann beliebig groß werden ohne dass die geschwindigkeit die lichtgeschwindigkeit überschreitet, denn

 2.) sobald du gleichzeitig mit unschärfe und schwarzen löchern argumentierst bist du eindeutig jenem bereich in dem eine quantentheorie der gravitation von nöten ist. und die kennen wir schlicht nicht

3.) so argumentiert auch Hawking ganz gewiss nicht. vielleicht schreibt er sogar so etwas ähnliches in seinem buch, ich weiß es nicht, aber was er in seinen populärwissenschaftlichen büchern schreibt hat nicht unbedingt was damit zu tun was die physik dahinter wirklich sagt (sogar wenn er selbst der urheber ist)

tilp11  23.02.2022, 02:39

Guten Morgen!

Viel Ahnung habe ich auch nicht, eher wenig. Aber mein Freund.Und da zu habe ich bei meinen Freund Mal folgende Frage gestellt. Hier kopiert.

,, Guten Morgen Philip,

ist das Alles richtig folgendes? Wenn das Universum unendlich wäre, müßte auch die Masse unendlich gross sein? Und wenn die Masse unendlich groß ist, müsste auf jedem Körper eine unendliche Anziehungskraft wirken? Da aber auf den Körpern keine unendliche Anziehungskraft wirkt ist das Universum nicht unendlich groß?

10:32

Das Argument greift deshalb nicht weil

  • fein verteilte Masse andere Masse nicht irgendwo hin zieht (das g-Feld innerhalb einer Hohlkugel ist 0) und
  • aufgrund der auf hinreichend große Distanzen überlichtschnellen Ausdehnung des Universums hinreichend weit voneinander entfernte Massen keine Chance haben, einander anzuziehen.

10:45

Danke Philip,

Aber wie ist den das möglich uberlichtschnelle Ausbreitung?

11:15

Ausbreitung des Raumes selbst geht. Sie verletzt nicht die SRT, denn die beruht darauf, dass ein Beobachter, der lokal die Lichtgeschwindigkeit relativ zu sich selbst misst, immer auf den Betrag c kommen muss.

Bereits aus der Tiefe eines enormen Gravitationsfeldes heraus würde ich für Licht, das weit weg von mir unterwegs ist, auf höhere Tempos kommen, weil auf höherem Gravitationspotential die Zeit schneller liefe als bei mir."

Und wenn ich mir das ein bisschen überlege, ein Raum kann ja nicht vollkommen leer sein. Darum denke ich dies hat vielleicht was mit Deiner Frage zu tun, ob sich Teilchen schneller als c bewegen können.

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tilp11  23.02.2022, 12:12
@Reggid

Ja, das denke ich auch, es ist nämlich mein Freund.

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ligh1speed 
Fragesteller
 23.02.2022, 07:30

Okay, vielen Dank. Ich weiß wie gesagt nicht mehr genau, was Hawking in seinem Buch geschrieben hat, da ich es nichtmehr besitze, ich konnte mich nur noch an dies erinnern und fragte mich ob es möglich wäre.

Heißt das bei Punkt 2 erwähnte, dass man erst wenn man (irgendwann) eine Quantentheorie der Gravitation kennt, man sich mit solchen Fragen genau auseinandersetzen kann. Schwarze Löcher und Unschärferelation?

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Reggid  23.02.2022, 12:02
@ligh1speed
Heißt das bei Punkt 2 erwähnte, dass man erst wenn man (irgendwann) eine Quantentheorie der Gravitation kennt, man sich mit solchen Fragen genau auseinandersetzen kann. Schwarze Löcher und Unschärferelation?

ja

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Bei der Lichtgeschwindigkeit wird ja generell die Expansion und Stauchung des Raumes vernachlässigt. Diese muss man bei einem schwarzen Loch und der generellen Bewegung des Raumes aber berücksichtigen.