Schneller als Licht?

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Hallo ItzIdA268,

Fortbewegung ist relativ:

  • Wenn Du sagst, die Kugel bewegt sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit v›, musst Du sagen, relativ zu welchem Bezugskörper B, zum Beispiel in x-Richtung eines von B aus definierten Koordinatensystems Σ.
  • Du kannst auch einen zweiten Körper B' (z.B. die Kugel oder ein Raumfahrzeug mit ihr an Bord) als Bezugskörper verwenden, also sie als (bis auf ihre Drehung um die eigene Achse) unbewegt und B als mit −v› (gleiches Tempo, entgegengesetzte Richtung) bewegt ansehen, also in −x'-Richtung eines von B' aus definierten Koordinatensystems Σ'.

Das Stabende bewegt sich – in Σ', dem Ruhesystem des Kugelmittelpunkts – mit der Geschwindigkeit u›' = ω› × r› um den Kugelmittelpunkt herum. In dem Moment, wo u›' und v› parallel sind, ist u die 1D-Geschwindigkeit in x'-Richtung von Σ'.

Gemäß der NEWTONschen Mechanik (NM) müsste die 1D-Geschwindigkeit in x-Richtung von Σ einfach v+u' sein. Die NM ist aber nur eine Näherung für Geschwindigkeitsbeträge, die im Vergleich zu c winzig sind. Genauer ist die Spezielle Relativitätstheorie (SRT), und ihr zufolge ist die 1D-Geschwindigkeit des Stabendes in Σ

(1) u = (u' + v)/(1 + u'v⁄c²),

was immer kleiner ist als c.

Hintergrund

GALILEIs (!) Relativitätsprinzip (RP) sagt aus, dass Σ und Σ' physikalisch gleichwertig sind, d.h., dieselbe Richtung grundlegenden Beziehungen zwischen physikalischen Größen (nichts anderes sind Naturgesetze) sind unabhängig davon, ob wir die Größen selbst in Σ oder in Σ' ausdrücken.

Das Konzept der Raumzeit

Allerdings finden aufeinander folgende Ereignisse, die in Σ' gleichortig sind, d.h. am selben Ort stattfinden, in Σ an unterschiedlichen Orten mit Abstand Δx = v∙Δt statt. In Σ' ist also "Raum" anders definiert als in Σ, und der Begriff der Gleichortigkeit muss verallgemeinert werden: Wenn es für zwei Ereignisse ein Koordinatensystem gibt, in dem sie gleichortig sind, nennen wir sie zeitartig getrennt.

Dies ist schon ein Grund, jetzt schon das Konzept der Raumzeit einzuführen. Natürlich sind Σ und Σ' raumzeitliche Koordinatensysteme, d.h., jedes System hat eine Zeitachse. Es handelt sich dabei um die Weltlinien (WL) von B und B'. Die Geschwindigkeit eines Körpers relativ zum anderen lässt sich als Neigung ihrer WL gegeneinander auffassen (die WL des Stabendes ist natürlich eine Schraubenlinie).

Bisher haben den Rahmen der NM noch nicht verlassen. Die in der NM verwendete Umrechnung zwischen Σ und Σ' heißt GALILEI- Transformation und stellt gewissermaßen eine raumzeitliche Scherung dar. Zeit- Intervalle bleiben dadurch gleich. Geschwindigkeiten lassen sich (komponentenweise) addieren.

Man sagt auch: Die von NEWTON etablierten Gesetze der Mechanik sind invariant (unveränderlich) unter GALILEI- Transformation.

GALILEI meets MAXWELL

Zu den oben erwähnten Naturgesetzen gehören auch MAXWELLs Grundgleichungen der Elektrodynamik und damit auch die elektromagnetische Wellengleichung, die c als universelle Naturkonstante enthält.

Nun sind MAXWELLs Gleichungen nicht invariant unter GALILEI- Transformation, und die Wellengleichung natürlich auch nicht. Die kann also nicht der Weisheit letzter Schluss sein, sondern funktioniert nur als Näherung einer anderen Art von Umrechnung, die als LORENTZ- Transformation bezeichnet wird und als hyperbolische Drehung in der Raumzeit bezeichnet werden kann.

Bild zum Beitrag

Abb. 1: Vergleich zwischen Drehung (links, im Raum) und den raumzeitlichen Transformationen Scherung (mitte, NEWTONscher Grenzfall) und LORENTZ- Transformation in der t-x-Ebene (rechts)

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – + Auseinandersetzung mit Gegnern der RT
 - (Relativitätstheorie, Lichtgeschwindigkeit)
SlowPhil  12.10.2023, 21:35

Vielen Dank für den Stern!

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Es kann sich nichts schneller als Licht bewegen,

Exakt und da gibt es auch kein "aber".

Es gibt theoretisch jedoch Auswege, wie die hypothetische Vorstellung von Wurmlöchern oder andere Nutzung der Relativität der Raumzeit, nur hat das mit Deinem Beispiel nichts zu tun. Und vermutlich machst Du Dir keine Vorstellung davon, wie hoch die Lichtgeschwindigkeit ist, denn um das auf diese Weise zu bewerkstelligen, wie Du es darzustellen versuchst, müsste die Verbindung zur auf der Kreisbahn bewegten Kugel verdammt lang sein.

Materie besteht aus Atomen. Die durch elektromagnetische Kräfte mit anderen Atomen verbunden sind. Da aber elektromagnetische Kräfte nicht schneller als Licht sind, ist es auch kein Festkörper.

Davon abgesehen geht das längst vorher schon schief. Es sind ja nicht unendliche Bindungskräfte zwischen den Atomen.

Die notwendige Energie, um die Rotation noch weiter zu beschleunigen, geht gegen unendlich. D.h. du wirst deine Kugel nicht mehr schneller bewegen können - die Geschwindigkeit des Stabeendes wird immer < c bleiben.

SlowPhil  12.10.2023, 19:45

Es geht wohl nicht darum, dass etwas beschleunigt wird, sondern darum, dass das Stabende bereits mit ω›×r› (ω› Winkelgeschwindigkeit„ r› Ortsvektor des Stabendes vom Kugelmittelpunkt aus) relativ zum Kugelmittelpunkt aus bewegt.

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VanLorry  12.10.2023, 20:24
@SlowPhil
ω›×r› (ω› Winkelgeschwindigkeit„ r› Ortsvektor des Stabendes

Uff, mit den Begriffen kann ich nicht viel anfangen... ^^

Aber ich behaupte trotzdem mal, dass die Ausgangssituation, die der FS Skizziert, schon physikalisch unmöglich ist.

was wenn die Kugel sich mit der Geschwindigkeit c - 0,1m/s bewegen würde? Dann sollte ja der äußere Rand vom Stab ja schneller sein als c?

Wenn das Stabende sich - rechnerisch - mit >c bewegen soll, dann _kann_ die Drehgeschwindigkeit der Kugel nicht schon so hoch sein. Irgendwer oder irgendwas hat dieses Kugel-Stab Konstrukt ja in Drehung versetzt. Aber der Energieaufwand dafür, dass die beschriebene Situation zutreffen würde, wäre größer unendlich ...

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SlowPhil  12.10.2023, 21:32
@VanLorry
Uff, mit den Begriffen kann ich nicht viel anfangen... ^^

Nun ja, wenn sich ein in sich fester Körper gleichmäßig dreht, tut er das mit einer bestimmten Winkelgeschwindigkeit. Deren Betrag ist der Winkel (im Bogenmaß), um den sich der Körper pro Zeiteinheit (z.B. Sekunde) dreht. Die Richtung ist die Drehachse, und zwar so, dass sich der Körper gegen den Uhrzeigersinn dreht, wenn man aus Richtung des Pfeils drauf guckt.

Wenn das Stabende sich - rechnerisch - mit >c bewegen soll...

...muss man die NEWTONsche Mechanik jenseits ihres Gültigkeitsbereiches anwenden, also die Formeln auf Situationen anwenden, auf die sie nicht passen.

Wenn sich das Stabende relativ zur Kugel mit der 1D-Geschwindigkeit u' (in x'-Richtung des Ruhesystems der Kugel) bewegt, während diese sich mit der 1D-Geschwindigkeit v in x-Richtung eines von einem Bezugskörper B aus definierten Koordinatensystems bewegt, bewegt sich das Stabende relativ zu B mit

u = (u'+v)/(1+u'v⁄c²),

was <c ist. Die Annahme des FS, das Stabende bewege sich schneller als mit c, beruht auf der falschen Annahme, es sei einfach u=u'+v.

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Dann würde sich die Frage stellen "Schneller als verglichen mit was?" Würde sich die innere Kugel bewegen, würde sich die äußere Kugel mitbewegen, und relativ zueinander findet keine Geschwindigkeitsveränderung statt.