Habt ihr eure Panikattacken überwunden?

6 Antworten

Überwunden im Sinne von "ein Leben ohne Angststörung" nicht, doch ich habe heute dank diverser Massnahmen keine Panikattacken mehr.

Das Problem von Panikattacken ist einerseits die Attacke selbst (welche fast nicht auszuhalten ist), aber anderseits auch die zurückbleibende Verunsicherung. Ich lebte in einem dauerhaften inneren Alarmzustand welcher sich durch eine innere Anspannung, Reizüberflutung und Ängste vor der nächsten Attacke äusserte. Ich verlor sozusagen das (Selbst-)Vertrauen in meine Psyche, interpretierte jede Gefühlsregung und bei jeder kleiner Unebenheit schrillten die Alarmglocken. Dieser Zustand auf Dauer auszuhalten ist genauso katastrophal wie die Attacke selbst.

Hinzu kommt, dass man diesen Zuständen anfangs völlig ausgeliefert ist. Zwar kann man mit Entspannungs- und Atemübungen versuchen nicht völlig durchzudrehen aber das hält die Angst an sich auch nicht auf. Als sozusagen Krönung obendrauf gibt es noch die Tatsache, dass es keine wirksamen pflanzlichen oder "leichtere" Medikamente gibt... und bis eine Psychotherapie wirkt dauert es Monate, wenn nicht Jahre.

Gegen akute Panik- und Angstzustände hilft leider nur die Chemiekeule (was ein grösseres Problem ist)... so war es auch bei mir. Ich hatte solch starke Panikattacken, dass mir keine andere Wahl blieb.

Gegen die schwersten Zustände bekam ich Lorazepam verschrieben. Lorazepam ist ein Medikament aus der Gruppe der Benzodiazepine welches einfach bei Bedarf eingenommen werden kann und innert ca. 20min hoch effektiv angstlösend sowie beruhigend wirkt. Nebenwirkungen hat es fast keine (ausg. Müdigkeit). Das Problem ist, dass man aufgrund des Abhängigkeitspotenzials diese Benzodiazepine nicht zu lange nehmen sollte (max. 4 Wochen). Ich persönlich nahm die Tabletten nur, wenns gar nicht mehr ging... dann allerdings waren die Dinger ein Segen. Eine Übersicht mit Fachinformationen über die wichtigsten Benzodiazepine findest du hier. Bei Panikattacken werden die Wirkstoffe Lorazepam und Alprazolam am häufigsten verwendet.

Zur längerfristigen Behandlung bekam ich Sertralin verschrieben. Sertralin ist ein Medikament aus der Gruppe der SSRI (Antidepressiva). SSRI's und SNRI's sind die erste Wahl wenn es um die Dauermedikation von Panikzuständen geht. Sie wirken ebenfalls ziemlich zuverlässig, machen jedoch nicht abhängig. Allerdings haben die Dinger andere Nachteile: Man muss sie täglich nehmen, sie wirken erst nach 2-5 Wochen und sie können zu Beginn der Therapie starke Nebenwirkungen haben. So war es auch bei mir. Anfangs hatte ich schwere Nebenwirkungen, welche jedoch fast (leider nicht ganz) alle mit der Zeit wieder verschwanden. Die Panikattacken war ich nach ca. 5-6 Wochen los. Allerdings gibt es definitiv angenehmeres als Antidepressiva zu futtern. Eine Übersicht mit Fachinformationen über sämtliche SSRI/SNRI-Antidepressiva findest du hier. Gegen Panikattacken sind primär die Medikamente Citalopram, Escitalopram, Paroxetin, Sertralin und Venlafaxin zugelassen.

Als ich die schwersten Attacken durch Medikamente im Griff hatte, begann ich eine intensive Psychotherapie. Diese dauerte 2 Jahre bis ich erste Verbesserungen bemerkte. Durch diese Verbesserungen konnte ich meine Medikamentendosis nach und nach reduzieren. Doch immer wenn ich Sertralin ganz absetze, kommt ein Rückfall. Folglich lebe ich mit einer Minimaldosis des Medikaments. So habe ich keine Angstzustände. Im Vergleich zu den Panikattacken ist es einfach das kleinere Übel.

Alles Gute...


Jeshua30  12.10.2019, 12:56

Nein. Ganz absetzen ist irgendwann auch erforderlich. Panickattacken sind nicht gefährlich, sofern du sonst Gesund bist. Und das muss ins Bewusstsein, trotz grösster Angst bin ich Gesund, dann fällt die Angst auch so runter auch ohne Chemiekeule.

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Monella22  24.10.2019, 03:03

Ich habe auch lorazepam bekommen war mit denen auch voll zufrieden. Danach erteilte mir die Psychiaterin metrizipin und mit den 30 mg komme ich gar nicht klar ich schlafe den ganzen Tag sowie bin ich wie so ein junkee das sich net hoch bekommt. Und somit hab ich es sein gelassen ich muss jetzt demzufolge noch ne Verhaltenstherapie machen denn diese Atemübungen helfen mir kein Meter

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samm1917  24.10.2019, 09:16
@Monella22

Das Problem ist, dass Lorazepam zwar hoch effektiv ist aber nach 4-8 Wochen der Einnahme schwer abhängig macht.

Allerdings verstehe ich nicht ganz warum du Mirtazapin verschrieben bekommen hast. Mirtazapin ist ein terazyklisches Antidepressivum (NaSSA) und ausschliesslich zur Behandlung von Depressionen zugelassen. Eine angstlösende Wirkung hat es nicht bzw. ist diese im besten Falle sehr schwach ausgeprägt. Dafür macht es extrem müde und führt in vielen Fällen zu einer massiven Gewichtszunahme.

Normalerweise sind Antidepressiva aus der Gruppe der SSRI/SNRI die erste Wahl wenn es um die längerfristige Behandlung von Angstzuständen geht. Des Weitern kommt auch Opipramol häufig zum Einsatz. Opipramol ist ein trizyklisches Antidepressivum welches stark angstlösend aber fast nicht stimmungsaufhellend wirkt. In den seltenen Fällen bei denen Antidepressiva nicht anschlagen gibt es noch Pregabalin als Alternative. Pregabalin ist ein angstlösendes Antiepileptikum, welches einen ähnlichen (nicht gleichen) Wirkmechanismus wie Benzodiazepine hat. Allerdings macht es in seltenen Fällen abhängig.

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Ja, zumindest kann ich sie kontrollieren.

Sie kommen zwar unvermittelt, aber da ich weiss, dass sie "harmlos" sind, kann ich mental dagegen wirken. Tief atmen, meine Mitte finden und mich beruhigen.

Klappt ganz gut :)


MongoKeks1  20.08.2019, 20:14

Kann bei panikattacken auch benommenheit auftreten? oder schwindel oder ähnliches?

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paulchen31  20.08.2019, 20:27
@MongoKeks1

Ja, aber auch das kannst du ja durch ruhiges atmen in den Griff bekommen

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Jeshua30  12.10.2019, 13:02
@MongoKeks1

Das ist schon etwas falsche denken. Was kann Schlimmstenfalls passieren. Bestenfalls passiert, dein Angstspiegel sinkt wieder, wenn du sonst Gesund bist wird das auch zu 80% eintregern.

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Ja, ich lebe seit einigen Jahren ohne Panikattacken. Geholfen haben mir vor allem einige Aufenthalte in einer Tagesklinik, wo man sehr viel Gelegenheit zum Üben hat.

Überwunden nicht direkt, aber halt irgendwie ins Leben integriert.

"Gute" und "schlechte" Tage gibts immer.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Psychologie und Altenpflege

Ja durchaus

Woher ich das weiß:Hobby – Aus Interesse und Erfahrungen