Habe Lehramt studiert und bin mit dem Referendariat fertig, wieso ist die Arbeitswelt so stressig?

9 Antworten

Das ist der normale Alltag im Lehrerberuf. Lehrer, die Vollzeit arbeiten kommen durchschnittlich (abzüglich der Ferien) auf ca. 50h/Woche.

Natürlich gibt es Phasen, in denen man nicht so viel zu tun hat und sehr stressige Phasen. Aus diesem Grund arbeiten viele Lehrer Teilzeit, da sie die Arbeit sonst nicht schaffen.

Mit den Jahren lernt man, effektiv zu arbeiten und sich somit etwas zu entlassen. Dennoch sind Lehrer Burnout gefährdet.

Gerade für Berufsanfänger werden Fortbildungen im Bereich Zeitmanagement angeboten, die ich dir dringend ans Herz lege.

Das war vor 50 Jahren anders sagt mein Vater. Die Kontrolle war geringer und die Fortbildung war minimal, wenn überhaupt.

Es gibt diejenigen, die durch fleissige Arbeit oder politische Beziehungen zu leitenden lehrenden Personen für Lehrer geworden sind. Um sich selbst zu bestätigen und weiter übergeordnete Personen zu überzeugen, dass man selbst die richtige Wahl für die Beförderung war, geben sie den erzeugten Stress an Untergebene weiter. Also zum einen Teil ist die Ambition die treibende Kraft für Energieverschwendung nur wegen des Scheins von Nutzen einer nicht immer nützlichen Leistung.

Es ist doch logisch, wenn bereits im 1. Semester des Studiums das Niveau von Abiturienten in diesem Fach bei weitem überschritten wird, dass alle begleitenden Aktivitäten für den angehenden Staatsbeamten sich den bodenlosen Gedanken über Pädagogik und Psychologie bzw. der Organisation von diesen widmen sollen bei grosszügiger Zurverfügungstellung der eigenen kostbaren Zeit. Entweder , man ist ungeeignet, eine Rolle vor der Klasse zu spielen (da nützt keinerlei Fortbildung), oder man fühlt sich wohl, unter den kritischen Augen von Pubertierenden den Oberhammel zu spielen, der schwesterlich, brüderlich, autoritär , mitreissend oder wie auch immer die Bande im Zaun hält.

Mit den Jahren sollte der Stress mit Blick auf Unterrichtsvorbereitung zum Teil wegfallen, wenn man sich seinen Stoff zusammengebaut hat und diesen wiederverwenden kann. Aber ja: Der Beruf des Lehrers wird heutzutage größtenteils noch sehr unterschätzt und ist mit sehr viel Stress verbunden - so ist das nun mal. Ob es mehr Ferien geben wird? Schwer vorstellbar, so eine Überarbeitung des Schulsystems hätte weitreichende Folgen (schon jetzt ist die Schulzeit insgesamt zu knapp bemessen) - da müsste man eher am Lehrermangel arbeiten und dem entgegenwirken. Auch hier sehe ich schwarz. Die Prognosen sehen nicht gerade rosig aus für die nächsten Jahre und trotz Lehrermangel haben die meisten Unis einen, gemessen daran, viel zu anspruchsvollen NC für zumindest mal Grundschule und Gymnasium.

Der Beruf muss also deutlich attraktiver gestaltet werden. Da muss man an allen Ecken und Enden ausbessern. Höhere Vergütung, Überarbeitung des Lehrplans, weg vom Frontalunterricht und hin zum integrativen Unterricht, Sozialarbeiter in allen Schulen und ggf. Schulpsychologen, Digitalisierung der Schulen, mehr Lehrer an den Schulen, sodass einzelne Lehrer weniger Stunden unterrichten, kleinere Klassen für eine angenehmere Lernatmosphäre und letztlich mehr Lernerfolg (würde aus genug Lehrern resultieren) und und und. Ich bin Anfang 20 und frage mich dennoch, ob ich all das überhaupt noch erleben werde.

Hacker48  16.02.2022, 03:05

Erinnert mich an die Streiks der Piloten. Auch wenn du ein paar sinnvolle Punkte anführst. Nichts für ungut...

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Hacker48  16.02.2022, 03:11
@20Fragender00

Lehrkräfte werden bereits ziemlich gut bezahlt, ganz zu schweigen von der Pension, wovon Normalsterbliche nur träumen können. Klar, der Beruf ist stressig, dafür hast du 100%ige Arbeitsplatzsicherheit, was viel Stress rausnimmt. Und wenn es gar nicht mehr geht, lässt du dich alle paar Monate ein paar Wochen krankschreiben - oder gehst in Früh-Pension, das kann sich KEIN Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft leisten.

Mit dem Rest gehe ich, im Großen und Ganzen, d'accord...

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Ich rate dir

  • mit dem didaktischen Methodenkoffer den Unterricht zu routinisieren, d.h. du wirst immer mehr zur stresslosen Lernbegleiterin, was man ja offiziell so will: Die SuS sollen selbst lernen und lernen zu lernen. Und nur diese Leistung wird benotet. Also Arbeitsblätter und nochmals Arbeitsblätter! Dafür gibt es längst individualisierbare Vorlagen in Internetportalen. Hoch lebe der/die fleißigste Mitarbeiter*in der Schule - das - ja diverse - Kopiergerät!
  • die schriftlichen Leistungskontrollen mit immer höherer Geschwindigkeit korrigieren lernen: Nach einem Schuljahr hast du ja alle Prüfungsfragen und -antworten mit der Bewertung zusammengeschrieben, d.h. im Laufe der Jahre hast du ein eigenes Lexikon deiner Leistungskontrollen.

Allerdings ist es seltsam, wie du dir den Lehrerberuf vorgestellt hast - Wie so viele einfältige SuS Schüler und Schülerinnen?!

  • Halte durch, sei kreativ, um dich durchzusetzen UND anzupassen und nicht psychisch unterzugehen - oder mach´ rechtzeitig die Fliege aus diesem Schulbetrieb, der bereits tausende Lehrer*innen nicht nur in psychiatrische Kliniken führte und weiterhin führen wird...

Viele Ideen und viel Glück und Erfolg!

PS: Genau deine Schilderung habe ich an einer privaten Berufsfachschule auch erfahren müssen, an der ich vorher ein paar Monate als freiberuflicher Dozent für nur ein Fach wirkte:

25 Std/W Unterricht festangestellt. Dazu zweimal wochenendliche Pflichtkurzausbildung fürs Lehramt, dazu einmal monatlich wochenendliche Werbeveranstaltungen leiten wie bei Berufsmessen, dazu regelmäßig Praktika-Beaufsichtigung für 24 SuS an ca. 20 Einrichtungen im Großraum der Stadt - die Autofahrzeit einfach bis zu 1 Std durchs Gemüse... Ich hatte also nachweislich (!!) mit den Unterrichtsaufgaben durchschnittlich 55 Arbeitsstunden/Woche und wurde für diese Zusatzleistungen mit 17,50 € brutto/Std plus Benzingeld abgespeist. Die weitere Zeit der Woche regelte ich mein eigenes Unternehmen mit Mitarbeitern.

Als ich nach einem Jahr kündigte, demonstrierten meine inzwischen ca. 150 SuS, dass die Schulleitung mich nicht gehen lassen sollte, was mich überwältigte, weil ich "zwar von allen Lehrkräften am meisten fordernd unterrichtete, aber mit großem Herz benotete", verkündete mir die Schulleitung, von der ich dann auch noch erfuhr, dass meine Kollegen nur ein Drittel der Aufgaben auferlegt bekämen, "die schaffen das ja leider nicht ordentlich zu machen!". Aber sie könnten "mir finanziell nichts Besseres bieten", das sei "eben die vorgegebene Lohnhierarchie", schrieb mir die Geschäftsführung: Sehr nett, aber völlig unflexibel, wohl brav unterwürfig gegenüber den Inhabern dieser Schulen! - So verschwand ich doch mit einem weinenden und einem lachenden Auge... und Kontakt zu vielen SuS habe ich noch heute.

Katrin666 
Fragesteller
 16.02.2022, 18:15

Wie gehe ich am besten mit Kollegen um, die überwiegend Germanistik oder andere philosophische /geisteswissenschaftliche Fächer studiert haben, und meinen sich ständig in Schachtkästchen formulieren zu müssen, da sie nichts anderes zu tun haben, um das Vermitteln der Lerninhalte an die Schüler, so kompliziert wie möglich zu halten, anstatt ihnen die Strategie sowie Methodik dahinter zu erklären?

Es kommt des Öfteren vor, dass gewisse Lehrer mit hochkomplexen und total komplizierten Texten ihre Schüler plagen, die selbst manchmal ich nicht sofort auf Anhieb verstehe und erst überlegen muss, was überhaupt damit gemeint wird. Also verstehe nicht wieso gewisse Lehrer nicht dazu neigen, die Vermittlung und Didaktik so einfach und vielfältig wie möglich zu halten.

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Skoph  16.02.2022, 19:56
@Katrin666

Ich habe zwar in einem Teil meines Berufslebens (Psychosomatische Klinik, mind. 3 Wochen Aufenthalt der Patienten) hunderte (!!) Lehrer*innen aus den verschiedenen Schultypen und Schulsystemen aus ganz Deutschland persönlich kennengelernt, aber bzw. genau deshalb habe ich auf deine Frage keine einfache Antwort.

Allerdings ist es mir vor wenigen Wochen passiert, dass mich ein Elfklässler hier in gf in Philosophie (Ethik) um Hilfe bat: Er hatte als Hausarbeit zum Thema "Denken an den Tod, um richtig zu leben?!" Textauszüge von Epikur und den übersetzten Originaltext (!!) von Montaigne zu vergleichen. Damit war er völlig überfordert. Jetzt möchte er zu Religionslehre wechseln, in der Hoffnung, dass dies "schülernäher" sei... Also ist genau das geschehen, was du hier problematisiert hast.

Ich glaube, dass es viele LuL Lehrer und Lehrerinnen aus Geistes-/Humanwissenschaften gibt,

1) die wegen sich selbst und ihres akademischen Wissens diesen Beruf an der allg. Schule erwählt haben, nach dem Motto "Was soll ich sonst damit anfangen, wenn die wissenschaftliche Laufbahn erst mit der Promotion beginnt"? Darüber hinaus schaukeln sie sich nicht nur innerhalb ihrer Schule, sondern auch im Zusammenspiel mit ähnlichen Schulen der gleichen Stadt hoch.

2) die schon nach wenigen Monaten durch den Praxisschock frustriert sind und gar nicht mehr verstehen können, dass SuS erst recht heutzutage in einer materialistisch teleologischen Hightech-Welt leben, in der bereits im Schulsystem ihr Bildungsbereich der Kultur und Kunst für sinnlosen, weil nicht zum Gelderwerb nötigen, Luxus bewertet wird: Musik, Kunst, Ethik, Religion, Philosophie, Wissenschaftstheorie, Politik, deutsche Sprache, Dramen vorspielen u.ä.m.. Sie wehren sich also an der falschen Stelle, die SuS sind die ohnmächtigen Opfer dieser LuL, so wie sie selbst die Opfer seit Jahrzehnten der bildungsunfähigen Kultusministerien sind (vgl. "Sachbuch" Enja Riegel, "Schule kann gelingen" > PISA-Studien ehemaliges Vorzeige-Gymnasium in Wiesbaden).

3) Wie könntest mit diesen arrogant wirkenden, schülerfernen Kollegen*innen umgehen? - Vermutlich am besten wie ich immer mit psychopathischen Patienten*innen ohne Selbstreflexion: Möglichst empathisch (mitfühlend, aber nicht mitleidend) bestätigen und ohne ihre lehrertypische Floskel "Ja, aber" zu verwenden, sachlich logisch, pädagogisch erklären, warum DU ein derartigen Unterricht in Bezug auf schwierige Texte nicht machst.

Sei also nicht Anklägerin, sondern immer ein mögliches Vorbild. Mehr kannst du nicht tun - und das ist schon schwierig genug, denn LuL sind erzogen, dass sie grundsätzlich alles besser wissen - müssen. Und ich durchbrach das nicht, sondern zeigte ihnen nur, dass ich das Gleiche anders weiß, es ist damit eben nicht dasselbe, sondern der Blickwinkel ist anders, was allerdings meistens zu anderen Ergebnissen führte - was es ja auch sollte...

Viel Kraft und Erfolg!

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ich bin jetzt als vollständige Lehrerin tätig und finde es echt sehr stressig. Ich arbeite 30h die Woche, aber finde es echt anstrengend 1:30h zu unterrichten und danach nur eine Pause von 10 Minuten zu haben nach den Unterrichtseinheiten. Die große Pause dauert lediglich 45 Minuten und die Frühstückspause 20 Minuten.

Andere arbeiten >40h die Woche und haben in 8h eine halbe Stunde Pause.

In dieser Zeit korrigiere ich meistens Klausuren oder bereite meinen nächsten Unterricht vor.

Bei 30h die Woche kannst du das Zuhause erledigen, vor allem die Unterrichtsvorbereitung. Vielleicht an deinem Zeitmanagement arbeiten?

Ich finde, man sollte die Ferien eindeutig verlängern, da diese kaum ausreichen, um sich zu erholen, vor allem da man in den Ferien mit Klausurkorrekturen beschäftigt ist.

Ich gehe davon aus, dass du das nicht ernst meinst. 😉

Im Gegensatz zu anderen Berufen hat mein Beruf den höchsten Stressfaktor und somit die höchste Arbeitszeit pro Woche.

Bullshit.

Katrin666 
Fragesteller
 16.02.2022, 03:03

Ich habe vergessen zu erwähnen, dass ich in Teilzeit arbeite. Anstatt 20 arbeite ich 30...

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Katrin666 
Fragesteller
 16.02.2022, 03:05
@Hacker48

Ja, aber Vorbereitungszeit ist dennoch Arbeitszeit. Die Arbeitsmenge wird dadurch nicht weniger, was dazu führt, dass deine Aussagen bezugslos sind und keine Relation darstellen.

In den Ferien haben wir Unmengen an Aufgaben zu tun, was dazu führt, dass wir nicht immer 30 Tage im Jahr Urlaub machen können. Die Ferien gehören eindeutig verlängert!

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Hacker48  16.02.2022, 03:07
@Katrin666

Unterhalte dich mal mit einem Altenpleger, danach reden wir weiter. Ein gewisses Maß an Engagement ist nun mal normal und wird - zurecht - eingefordert.

Wieso bist du in den Bereich gegangen, wenn du straight von 8 bis 16 Uhr arbeiten und um 16 Uhr den Stift fallen lassen willst? Da würde Büro besser zu dir passen...

Die Ferien gehören eindeutig verlängert!

Not gonna happen. 😉

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