Große Beisetzung, negative Gefühle: Kommen oder nicht?
Guten Abend,
leider habe ich in meinem Umfeld einen weiteren Trauerfall.
Der Verstorbene und ich waren alte Freunde. Er war sehr beliebt und bekannt, deswegen wird die Beerdigung sehr groß sein: Es wird nicht auffallen, wenn jemand nicht kommt.
Letztlich wird es von mir gesellschaftlich erwartet, dass ich teilnehme - als Freund, aber auch als "arrivierter" Mensch und als ehemalige Person des öffentlichen Lebens, von der man die enge Verbindung zum Verstorbenen kannte.
Ich weiß dennoch nicht, ob ich stark genug bin, dieses Begräbnis zu besuchen; mir geht der Tod sehr nah und ich weiß nicht, ob ich das aushalte. Vor vier Wochen starb ein anderer Freund, von dem ich im Stillen Abschied nahm, als ich mir einen Tag frei nahm und morgens in aller Stille auf dem Friedhof eine Kerze aufstellte und mich am Grab von ihm verabschiedete.
Allerdings will ich nicht unbedingt derjenige sein, von dem es heißt, er hätte da sein MÜSSEN und blieb als Freund - wir waren echte Freunde, nicht so Bekannte oder lockere Saufkumpels - der Beisetzung fern. Man wusste um diese Freundschaft, es würde "komisch" aussehen. Ich weiß, man sollte es nicht bewerten, aber in dem Fall bin ich zu emotional.
Ein weiteres Problem: Ich würde dort auch Menschen treffen, die "triggern" - Menschen, die es nicht gut mit mir meinten und dort hingehen, weil sie mit meinem Freund in der Firma zusammen arbeiteten oder generell solche Beisetzungen als Events ansehen, an denen man gesehen wird und andere sieht, mit denen man hinterher einen Schwatz hält. Die Gefahr besteht, dass mich dort Leute nach der Beisetzung wieder belästigen oder beleidigen oder alte Sachen hochkochen, die ich zwar verwunden habe, aber nicht vergessen. Ich gehe auch davon aus, dass meine frühere Partnerin dort ist, die mich bis vor wenigen Monaten noch mit beleidigenden Anrufen nervte, bis ich sie gesperrt habe.
Dass ich eine weitere Strecke fahren müsste, wäre nicht das Problem, mein Freund wäre mir das wert und seine Familie, die teilweise auch zu meinem Freundeskreis zählt, ebenfalls.
Was würdet ihr machen?
Danke und Grüße!
9 Antworten
Hallo rotesand!
Sprich telefonisch mit der Familie und schicke einen Kranz.
Damit ehrst du das Andenken des Verstorbenen als Freund, und nur die Familie hat wirklich etwas von ehrlicher Anteilnahme. Die Meinung und das (negative) Handeln der Anderen sollten dich nicht in die eine oder andere Richtung beeinflussen.
Tut mir leid für dich!
gufrastella
Also ich habe bis jetzt jede Beisetzung in meinem Umfeld persönlich besucht. Auf diese Weise kann man ja - vielleicht ein letztes Mal - dem Verstorbenen nahe sein und sich einerseits verabschieden, andererseits aber auch selbst einen Abschluß finden. Aber das ist meine Art, das zu tun. Niemand wird dir in einem solchen Fall sagen können, was richtig oder falsch ist. Handele nach deinem Gefühl.
Wenn du nicht hingehen kannst, weil dich das emotional zu sehr mitnimmt dann ist es auch keine Schande, das nicht zu tun und einfach nur einen Kranz oder eine Karte zu schicken. Du kannst - und das habe ich oft auch zusätzlich gemacht - ja auch nach der eigentlichen Beisetzung alleine hinfahren und dich verabschieden, vielleicht beten, wenn dir das wichtig ist oder etwas anderes tun.
Mir war das immer recht wichtig, da ich mein eigenes kleines Ritual habe (ich schreibe einen letzten Brief an den Verstorbenen und verbrenne ihn am Grab, damit der Rauch die Worte in den Himmel trägt).
Das ist halt etwas, was ich dann für mich alleine tun möchte, höchstens mit meiner Partnerin gemeinsam.
Aber das ist wie gesagt MEIN Weg, damit umzugehen. Ob der für dich auch richtig ist bzw. passt kannst nur du aus dem Bauch heraus sagen. Es gibt kein "richtig" oder "falsch" in solchen Situationen. Und dabei geht es auch nicht um die Meinung anderer, die dann eine Erwartungshaltung haben könnten sondern nur um den für DICH richtigen Weg, damit umzugehen. Gerade die Öffentlichkeit hat mit deren Meinung bei solchen Dingen einfach mal "die Klappe zu halten". Für die persönlichsten Dinge des Lebens inst selbst der öffenlichste Mensch niemandem Rechenschaft schuldig. Und so etwas gehärt wohl kanz klar in diesen Bereich.
Viel Kraft,
Matthias
Wenn du jemanden zum Grab geleiten müsstest (Frau, Brüder, Mutter..) dann könntest du mit dieser Gruppe gehen und auch im Nachhinein noch dabei bleiben. Ich habe mal einen Mitarbeiter verabschiedet, dessen Tod mir sehr nahe ging. Ich bin kein Gesellschaftsmensch und war absolut nicht auf Leichenkaffee eingestellt, wollte aber dennoch dabei sein. Es war auch ein Megaevent weil er in vielen Vereinen unterwegs war. Habe es so geregelt: Ich wartete bis kurz vor Beginn von Gottesdiest/Trauerrede. dann bin ich durch die Kapelle zum Sarg, verweilte im Stillen, habe eine Blume abgelegt und bin verschwunden....
Ist vlt auch was für Dich... musst dir keine dummen Texte anhören wirst aber gesehen und nach der Trauerfeier bist du eben weg....
Ich würde dir raten, deinen Gefühlen zu folgen - dein Freund wäre gewiss der Letzte, der kein Verständnis dafür hat !
Der "letzte" Weg gilt der sterblichen Hülle - die ist nicht das, was den Menschen ausmacht...
Wobei ich natürlich das Ritual der würdevollen Bestattung keinesfalls schmälern möchte !
Die unsterbliche Seele kann kein Feuer dieser Erde verbrennen - und keine Erde dieser Welt begraben...
Du könntest in der Zeit der Beisetzung daheim eine Kerze anzünden - dazu ein Foto deines alten Freundes aufstellen.
Sage ihm, - laut oder in Gedanken - was dich bewegt, wie sehr du ihn vermisst, und warum es dir so schwerfällt, vor Ort zu sein.
Du könntest auch einen Brief an ihn schreiben - den du entweder an einen Luftballon bindest, den du steigen lässt, oder den du verbrennst...
Die Worte werden ankommen - auf jeden Fall !
Schere dich nicht um das Gerede der anderen - du und dein Freund, ihr seid für immer miteinander verbunden.
Gehe dann an einem andern Tag ans Grab - und gedenke auch dort seiner...
Heimgegangene Menschen hat man im Herzen - durch das Band der Liebe und Freundschaft ist man mit ihnen untrennbar verbunden.
Lass` dir kein schlechtes Gewissen einreden - das steht niemandem zu !
Wenn du zu seiner Familie guten Kontakt hast, wäre es ebenfalls eine Option, einen Brief an sie zu schreiben - grade sie werden das doch verstehen...
Ich wünsche dir alles Gute - viel Trost, Hoffnung und die Gewissheit auf ein Wiedersehen...
Der sog. "Tod" ist nicht das Ende - im Gegenteil ! ;)
Die letzte Ehre geben.
Wenn man glaubt, dass man heulen muss, nimmt man Beruhigungstropfen.
Die anderen merken schon, ob man in Ruhe gelassen werden will.
Ein kurzes Kopfnicken bekommt man hin, falls man gerade jemanden zufällig sieht, oder beim Tür weiterreichen "bittesehr" sagen.