Gibt es eine „Deutsche Geschichte“?
Kann man sich überhaupt beispielsweise mit der Deutschen Geschichte befassen? Territorial hat sich da ja viel verändert und das heutige Deutschland ist ja was ganz anderes als das ehemalige.
7 Antworten
Hallo,
sehr komplexe Frage, deren Beantwortung hier vermutlich den Rahmen sprengen würde. Das hängt ganz davon ab, welche Rahmenbedingungen / Kontinuitätslinien (Deutsche Geschichte seit Arminius? Seit der Krönung Karls d. Großen? Seit der Reichsgründung 1871?) Du hierfür voraussetzt und auf Grundlage welcher Kategorien (Sprache? Territorien? Bräuche / Kultur? Mentalität?) Du "Deutsch" definierst.
Wie einige Nutzer hier richtig gesagt haben, ist Deutschland, das wir politisch / territorial kennen, ein relativ junges Gebilde. Die meiste Zeit der Geschichte waren viele Gebiete des heutigen Deutschlands territorialen Veränderungen unterworfen, eine nationale Identität war vor 1871 (und auch lange danach) kaum bis gar nicht gegeben.
Wenn Du Dich aber für deutsche Geschichte interessierst und mehr dazu lernen möchtest, würde ich an Deiner Stelle - wie bereits richtig erwähnt - einfach einmal bei Karl d. Großen ansetzen und mir ein paar Überblicksdarstellungen zum HRR besorgen. Viele "deutsche" Geschlechter, welche die Kaiser des HRR gestellt haben, besitzen eine sehr spannende Geschichte, so z.B. die Ottonen, Staufer oder Habsburger (insb. Maximilian I.).
Für den Einstieg eignen sich wunderbar die Überblickswerke aus dem Hause C.H. Beck Wissen, die teilweise von namhaften Historikern verfasst wurden und auch Laien einen sehr guten und knackigen Überblick zu wichtigen Aspekten der Geschichte liefern.
Gute Wahl! Zu den Staufern kann ich Dir übrigens den Titel von Knut Görich empfehlen, der eine Koryphäe der Staufer-Forschung ist und bei dem auch ich einige Seminare besucht habe! :-)
Wie kann ich ihre Antwort mit einem Sternchen markieren?
Hallo Antonmortoddkk,
ich versuche es einmal selbst zu deuten, bin allerdings kein Wissenschaftler:
Geschichte sind die Aspekte der Vergangenheit welche wir im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Gegenwart betrachten.
Aus meiner Sicht kann man durchaus zurückblicken und auch die Territorialen Veränderungen betrachten und sich auch einmal Fragen weswegen diese größer oder kleiner wurden. Was dazu führte, wie sich dies in den Jahren danach auswirkte etc. Was ich außer acht lassen würde ist, was nach der "Trennung" im jeweiligen Teil passiert ist, sofern es keine unmittelbaren Auswirkungen auf die folgende Geschichte hatte.
Ich würde das vergleichen mit der Geschichte einer Person, welche von ihren Großeltern und Eltern erzählte von Vermögen, welches sie heute besitzt und ggf. was sie einmal besaß, weswegen sie es erworben hat oder auch wieder veräußert hat. Menschen mit denen sie einen Teil ihres Lebens verbracht hat und warum es wieder auseinander ging. Man geht nur noch auf die Entwicklung nach der "Trennung" ein, wenn man es für wichtig für sich selbst hält usw.
Aber es gibt mit Sicherheit auch eine wissenschaftliche Betrachtung dafür.
Sehr hilfreiche Antwort, vielen Dank. Aber ist es nicht wichtig zu beachten, was aus den anderen Ländern nach einer Trennung passierte?
Ja. Deutsche Geschichte im engeren Sinne ist dies meiner Auffassung nach nicht mehr. Das ist dann europäische oder ähnliches. Machen wir doch eine kurze Zeitreise in das Jahr 1988. Ich würde Behaupten, dass es sich zwischen 1945 und 1988 um eine Geschichte der DDR und eine Geschichte der BRD handelte. Zwei Jahre später mit der Wiedervereinigung würde ich wieder von einer gesamtdeutschen Geschichte sprechen. Das kann sich auch wieder ändern. Nehmen wir die Geschichte Bayerns welche ja durchaus älter ist als die Deutschlands. Bayern ist über viele Jahrhunderte gewachsen, existierte Zeitweise nicht mehr. In der heutigen Form besteht es seit 1945. Damals bestand noch die Hoffnung, dass Teile der Pfalz, welche vor 1933 zu Bayern gehörten, wieder zu Bayern kommen. Heute käme niemand mehr auf die Idee es zu Bayern zu zählen. Wenn ich mich mit Freunden aus der Region treffe, dann sagen wir augenzwinkernd "ihr könntet heute Bayern sein, ohne umzuziehen".
Theoretisch beginnt das was man als ,, Deutsch" bezeichnen kann nach der Schlacht auf dem Lerchfeld 955 als Franken, Bajovaren, Sachsen und Thüringer gegen die Ungarn in die Schlacht zogen und später sich als "Staatenbund" zusammen taten.
Wenn auch keine Nation in diesem Sinne gegründet wurde, kann man zumindest kann man dort von dem Beginn des Wortes Deutsch bzw. von einem gemeinsamen Verständnis der Volksstämme reden.
Territorial hat sich nicht viel Verändert zumindest wenn man es auf das Jahr 955 beruft und das Nationalstaaten Gedöns außer acht lässt, was du eigentlich defakato musst da es einen einheitlichen Staat er ab 1871 gab aber das Verständnis des "Deutschen" deutlich älter ist. Nur als Tipp, ein deutsches Germanentum als Abstammung wirst nicht finden, da die Deutschen als solches ein Mischmasch sind aus Germanen, Romanen, Slawen, Kelten also brauchst du eigentlich garnicht vor 955 n.Chr suchen um etwas Deutsches zu finden.
Die "Deutsche Geschichte" fängt im Jahr 800 mit der Krönung Karl des Großen als Kaiser des Fränkischen Reichs an.
Die Geschichte ist allerdings sehr kompliziert, da eine nationale Identität lange Zeit nicht gegeben war und die Länder in viele Königreiche und Fürstentümer zersplittert waren.
So etwas wie eine nationale Identität kam dann zum ersten mal in den Befreiungskriegen gegen Napoleon auf. Das Deutsche Reich wurde 1871 gegründet.
Ich finde die Teile von Terra X "Die Deutschen" sehr interessant:
https://www.youtube.com/watch?v=2KAmqiTpa8Y&list=PLhMw7aBKWdk5pjmqMbgSZajbuNvGMq5_o
Also, wenn du wirklich akles verstehen willst, dann müsstest du so ca. 480 n. Chr. anfangen. Denn dass Frankreich bildet die Grundlage sowohl für Frankreich als auch für Deutschland.
Danke für die Antwort, ich sitze zufällig neben meinem C.H.Beck Buch über das HRR ;)