Findet ihr es dumm, dass man die Schulden zwischen 2010 und 2020 in Deutschland reduziert hat anstatt die Infrastruktur und Bahn zu sanieren?
5 Antworten
Das Hauptproblem ist, das man nur auf die nominalen Schulden schaut und keine saubere Bilanz aufstellt. Das gibt ein völlig verzerrtest Bild, die ausgewiesenen Schulden stellen nur einen Bruchteil der tatsächlichen Schulden dar. Und man hat die Schulden nicht reduziert, sondern nur versteckt.
hat anstatt die Infrastruktur und Bahn zu sanieren?
Wenn man sauber bilanziert, muß man den Wert der Infrastrukur und den Reparaturstau richtig ansetzen, Bilanzrücklagen in der Rentenversicherung und für Beamtenpensionen einrechnen usw. Und Verkäufe von Staatsvermögen führen bei einer sauberen Bilanz nicht zur Verbesserung dieser. Denn es handelt sich da ja nicht um eine Einnahme, sondern nur ein Vermögenstausch.
Eine saubere Bilanz wird natürlich nicht gemacht, da es in der Politik angenehmer ist, sich die Sachen quasi schönzusaufen, indem die tatsächlichen Schulden nicht ausgewiesen werden. Man sehe sich nur die Rentenversicherung an, das ist ein gigantischer Schuldenberg, der alleine die nominale Staatsverschuldung übersteigt und euphemistisch "Generationenvertrag" genannt wird.
Es war jedenfalls ein schwerwiegender Fehler, gegen den das Unternehmen Stuttgart 21 geradezu harmlos ist, und das obwohl es schon jetzt eine Schaden von vielen Milliarden angerichtet hat (von den Folgekosten ganz zu schweigen)
Das ist deine Sicht. Jedenfalls hat es auch viele Jahre erheblichen Widerstand dagegen gegeben. "die Bürger exakt 0 interessiert" gilt allenfalls für die Zeit, als von den Plänen nichts an die Öffentlichkeit gekommen war, also höchstens für die Zeit von 1970 bis 1994. ("Bei der Vorplanung der Schnellfahrstrecke Mannheim–Stuttgart erwog die Deutsche Bundesbahn 1970, unter dem Stuttgarter Hauptbahnhof eine neue unterirdische Station für den Schnellverkehr aus Richtung Mannheim und Ulm anzulegen.[14] " - Wikipedia). Der Zeitraum von 1994 bis 2025 ist eindeutig größer.
als von den Plänen nichts an die Öffentlichkeit gekommen war
Dann sag doch mal, wann es die ersten Proteste gab und wie viel Zeit zwischen Veröffentlichung und den ersten großen Protesten lag.
Du hast behauptet: "Viele Jahre hatte es die Bürger exakt 0 interessiert." Das müsstest du beweisen.
Es geht aber darum, dass die Infrastruktur nicht saniert wurde, sondern mit Milliardenkosten beseitigt. Das hat sich herausgestellt, unabhängig davon, wann die Protest angefangen haben
Das Hauptproblem ist aber nicht Stuttgart 21, sondern die fehlende Sanirung der Infrastruktur.
Wozu soll ich den Zeitablauf beweisen, wenn du ihn bereits grob benannt hast. Die Pläne wurden Anfang der 90er veröffentlicht. Die ersten Bürgerproteste entstanden aber erst Mitte der 2000er und selbst da war es nur sehr wenig. Das sind 10 bis 15 Jahre (je nach Zeitablauf, denn die Pläne waren schon früher bekannt als 1994, wenn auch nicht im Detail), die es erst mal jenseits der Politik niemanden interessierte.
Du kannst gerne davon ablenken. Aber ich korrigiere hier nur Märchen. Mehr nicht.
Das weiß ich nicht mit Sicherheit.
Mich treibt eine andere Frage um:
Warum ist es anscheinend einem Staat kaum möglich, nötige Investitionen aus den laufenden Einnahmen zu finanzieren? Ist das normal?
Es wäre möglich, wenn man Vorsorge dafür getroffen hätte, dass Klimawandel und Rückgang der Biodiversität nicht die Billionensummen von Schäden angerichtet hätten, die zu beseitigen wir wir jetzt versuchen müssen.
Ich glaube nicht, daß man das lediglich am Klimawandel/Biodiversität festmachen kann. Die immensen Schulden, die man jetzt aufnimmt, betreffen ja auch nicht nur diese Themen.
Ich schätze eher, daß es, sei es bei denen in Regierungsverantwortung, aber auch bei den Wählern menschelt:
Eine Legislaturperiode dauert 4 Jahre. Neue Wohltaten/Subventionen lösen unmittelbar Wohlwollen bei der potentiellen Wähler- und Lobbygruppe aus. Wenn irgenwo zugunsten von langfristigen Investionen eingespart, oder geforderte Subventionen, soziale Wohltaten etc. dafür unterlassen oder sogar gestrichen werden, dann löst das unmittelbar Unmut aus.
Ich schätze daher, wie sich das momentane Haushaltsgebaren dann in 10 oder 20 Jahren auswirkt, wird daher zugunsten der aktuellen Zustimmungswerte eher vernachlässigt. Nach mir die Sintflut...
Das widerspricht nicht dem, was ich geschrieben habe. Menschen sind Menschen und bleiben Menschen, in welcher Position auch immer sie sind.
Das Problem ist, dass wegen der Schuldenbremse die notwendigen Investitionen nicht unternommen wurden.
Dumm war es nicht. Es gibt da kein schwarz/weiß bzw. gut/schlecht.
Zu viele Schulden machen dich handlungsunfähig. Zu wenig Schulden bzw. im falschen Moment zu sparen, spart dich kaputt. Das ist eine etwas andere Rechnung wie in einem normalen Privat-Haushalt, wo man möglichst keine Schulden haben sollte.
Du musst also stets einen guten Mittelweg finden. Wir haben uns insofern selbst Handfesseln angelegt, als wir eigentlich in schlechten Zeiten Impulse bräuchten, dann aber die Schuldenbremse hinderlich ist. In guten Zeiten ist die Schuldenbremse hingegen eine eher gute Erfindung, denn sie verhindert, dass man exzessiv Geld mit vollen Händen aus dem Fenster wirft.
Was die Bahn angeht: Es gab ja schon mal eine Initiative, da viel zu investieren. Ich sehe das Problem eher auf drei anderen Ebenen:
- Wer nur alle 30 Jahre mal den dicken Geldkoffer auspackt und davor aber nichts macht, der braucht mehr Geld. Denn ständiges Erneuern verhindert, dass irgendwo etwas so richtig "vermodert".
- Wo sollen all die Handwerker und Co. herkommen, die plötzlich gebraucht werden? Die haben ja nicht 30 Jahre lang Däumchen gedreht und sich gesagt "Hey, ich warte einfach. Die kommen schon noch".
- Wer etwas hat (z.B. eine Brücke), der müsste auch wissen, dass er nach XX Jahren mal was renovieren muss. Ein guter Häuschenbesitzer macht das ja auch. Er hat beispielsweise einen Bausparvertrag oder spart anderweitig. Weil er genau weiß: In 10 Jahren könnte die Heizung kaputt gehen und das wäre doof, dann kein Geld zu haben. In der Politik diskutieren sie Jahr für Jahr den Haushalt neu und dann werden gerne mal Dinge verschoben. Ala "Naja, dieses Jahr brauchen wir aber eine Renovierung an der Feuerwache. Die Grundschule muss warten." So wird ständig geschachert und verschoben und irgendwann gibt es einen Investitionsstau...
Ja, sehr, sehr dumm. Das Erbe von Mutti Merkel, der Schwäbischen Hausfrau, die so schrägen Typen vertraut hat wie Mehdorn.
Wobei man zu Stuttgart 21 sagen muss: Viele Jahre hatte es die Bürger exakt 0 interessiert. Man hätte die ganze Zeit dagegen sein können und etwas unternehmen können. Niemanden hats gejuckt. Erst als es mehr oder minder zu spät war, tauchten plötzlich Aktivisten auf.