Beschleunigen wir nach Oben?

6 Antworten

Von Experte indiachinacook bestätigt
Beschleunigen wir nach oben?

in der Newtonschen mechanik, nein. wir sind unbeschleunigt und die nach unten wirkende gravitationskraft wird durch die von unten wirkende kraft des erdbodens (die verhindert dass wir einfach durch ihn durch fallen) ausgeglichen. objekte im freien fall beschleunigen hingegen mit 9.81 m/s² nach unten.

in der allgemeinen relativitätstheorie, ja. objekte im freien fall sind unbeschleunigt , wir am erdboden hingegen beschleunigen konstant mit 9.81 m/s² nach oben.

siehe zB dieses video zur veranschaulichung

https://youtu.be/DdC0QN6f3G4?feature=shared

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Physiker (Teilchenphysik)

Hallo KellerKind182,

die kurze Antwort auf Deine Frage

Beschleunigen wir nach oben?

lautet "ja". Die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) beschreibt die Gravitation als innere Krümmung der Raumzeit und nicht, wie die NEWTONsche Mechanik (NM) als anziehende Kraft. Ein kräftefreier Körper in diesem Bereich der Raumzeit befände sich im freien Fall oder Orbit (wie die ISS), und wenn wir auf dem Boden stehen, hält dieser dagegen.

Wenn ich im Auto sitze, die Flasche horizontal positioniere, und beschleunige, sieht man den gleichen Effekt wie auf der Erde. Welche physikalischen Sachen können das erklären?

Das Äquivalenzprinzip (ÄP). Schwere und Trägheit sind äquivalent.

Das Prinzip stammt von EINSTEIN, aber schon GALILEI fiel auf, dass alle Körper im Gravitationsfeld gleich stark beschleunigt werden. In einem elektrostatischen Feld ist das nicht so, dort ist die Beschleunigung proportional zur Ladung und zugleich antiproportional zur Trägen Masse, die man damals begrifflich von der Schweren Masse ( "Gravitations-Ladung") unterschied.

Allerdings stellte sich von Anfang an heraus, dass sie gleich sind; deshalb beschleunigt die Schwerkraft prinzipiell alle Körper gleich stark, was bereits GALILEI auffiel, der schon vor NEWTONs Geburt starb.

Die einzigen sonstigen Kräfte, die Körper unterschiedlicher Masse gleich beschleunigen, sind Trägheitskräfte. Dies brachte schließlich EINSTEIN auf das Äquivalenzprinzip (ÄP):

  • Ein Beobachter in einem nicht rotierenden Labor im freien Fall oder in einem Orbit beibachtet Schwerkraft ebensowenig wie einer, dessen Labor im freien Weltraum schwebt.
  • Ein Beobachter in einem Labor, das konstant mit 9,81 ms⁻² (das ist die Fallbeschleunigungauf der Erde) beschleunigt wird, beobachtet dieselbe Schwerkraft (entgegen der Beschleunigungsrichtung) wie ein Beobachter in einem Labor auf der Erde.

Auf diesem Prinzip beruht die Allgemeine Relativitätstheorie (ART), die die Gravitation als innere Krümmung der Raumzeit beschreibt. Wie der Name sagt, ist dies eine Struktur, die sich anhand eines physikalischen Bezugspunktes, etwa des Schwerpunkts eines vorzugsweise nicht beschleunigten oder rotierenden Körpers B, in Raum und Zeit zerlegen lässt.

Die Zeit macht den Punkt zu einer Linie, der Weltlinie (WL) von B, die in diesem Fall eine Gerade ist. Sie ist die Zeitachse eines von B aus definierten Koordinatensystems Σ, unseres Bezugssystems. Da B nicht beschleunigt ist, ist Σ auch ein Inertialsystem.

Ereignisse sind "Punkte" bzw. räumlich und zeitlich hinreichend eng begrenzte Bereiche der Raumzeit.

Dass die Raumzeit gekrümmt ist, hat in diesem Fall nichts mit einer Einbettung in einen höherdimensionalen Raum zu tun; GAUß erkannte, dass sich die Krümmung einer Fläche unabhängig von deren Einbettung in den 3D- Raum beschreiben lässt, und zwar anhand des Verhaltens Geodätischer Linien, der geradesten möglichen in der Fläche verlaufenden Linien.

  • Ist die Fläche geometrisch flach, so sind Geodätische, die an einer Stelle dieselbe Richtung haben, überall parallel.
  • Ist sie negativ gekrümmt (Sattelfläche), streben Geodätische auseinander.
  • Ist sie positiv gekrümmt (Kugelfläche), streben Geodätische zusammen.

Eine Zylindermantelfläche ist überraschenderweise geometrisch flach.

Stell Dir einen kleinen Planeten oder Mond mit fast überall "ebener" Oberfläche vor. Auf einem nördlichen Breitenkreis ist ein durchgehender Wall; auf einem nördlicheren Breitenkreis befindet sich ein weiterer Wall, der aber nicht durchgezogen ist. Dort fährst Du entlang, immer ostwärts und versuchst, "geradeaus" zu fahren, so gut es geht. Der Wall hindert Dich aber daran, er drängt Dich ständig nordwärts ab. Bis Du das Ende des Walls erreichst. Dann driftest Du beim "Geradeaus"fahren nämlich südwärts richtung Äquator, bis du den durchgehenden Wall erreichst.

RIEMANN, der bei GAUß studiert hatte, verallgemeinerte die 2D- Flächen zu höherdimensionalen Mannigfaltigkeiten. Die von ihm entwickelten mathematischen Werkzeuge nutzte aus EINSTEIN, denn die Raumzeit ist eine Mannigfaltigkeit. Die WL eines Körpers ist dann geodätisch, wenn er keinen Kräften (außer der Gravitation, wenn man sie als Kraft betrachtet) unterliegt.

Bild zum Beitrag

Nicht maßstabsgerechtes Modell für die Raumzeit in der Nähe der Erdoberfläche, zum Beispiel eines Sprungs vom 10m- Brett. Für dessen WL steht der rot dargestellte Breitengrad. Der schwarz dargestellte Breitenkreis mit dem durchgehenden Wall steht für die WL der Wasseroberfläche und der Äquator für die WL des Erdmittelpunkts. Die Stelle, an der der Wall eine Lücke hat, steht für den Absprung.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – + Auseinandersetzung mit Gegnern der RT
 - (Wasser, Kraft, Astrophysik)

Innerhalb des Systems, das einer Beschleunigung oder einer Gravitation unterliegt, gibt es keine Möglichkeit herauszufinden, ob es sich um eine Beschleunigungskraft oder um eine Gravitationskraft handelt. Das lässt sich nur von außerhalb dieses Systems beurteilen.

Deine beiden Bilder zeigen träge (Auto) und schwere (Erde) Masse. Man hat lange gesucht, ob es da einen Unterschied gibt und ist zu der Auffassung gelangt: Träge Masse = schwere Masse.

Welche physikalischen Sachen können das erklären?

Gravitation sagt Dir was? Also gegenseitige Anziehung von Massen? Genau darum geht es auf der Erde und anderen entsprechend schweren Objekten. Aus genau diesem Grund muss die Erde um die Sonne kreisen, und der Mond um die Erde, damit sie nicht ineinander krachen, sondern aufgrund der Fliehkraft auf relativ stabilen Umlaufbahnen bleiben - so wie künstliche Satelliten und der Mond in der Umlaufbahn um die Erde.

Und apropos Mond. Das Thema Massenanziehung betrifft auch die Gezeiten, also Ebbe und Flut, die hauptsächlich vom Mond beeinflusst werden, eben aufgrund seiner Nähe zur Erde, aber auch die Sonne hat dahingehend einen Einfluss, weshalb Ebbe und Flut bei Neumond und Vollmond am stärksten sind und bei ab- oder zunehmendem Halbmond am schwächsten, wenn nicht gerade Stürme, Seebeben oder Hochwasser in nahen Flüssen dahingehend entsprechenden Einfluss nehmen.

SlowPhil  19.01.2024, 14:15

Die Gravitation ist allerdings die einzige Kraft, die auf einen Körper proportional zu dessen Masse wirkt; dadurch würden grundsätzlich alle Körper gleich stark beschleunigt, wenn die Luft nicht wäre. Sie bietet nicht nur Widerstand, sondern sorgt zugleich dafür, dass Körper geringerer Dichte schwächer beschleunigt werden. Körper, deren mittlere Dichte die von Luft unterschreiten und somit mehr Masse Luft verdrängen, als sie selbst haben, werden nach oben beschleunigt.

Allerdings würde so ein Körper auch in einem anfahrenden Auto nach vorn statt nach hinten beschleunigt.

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JTKirk2000  19.01.2024, 17:21
@SlowPhil

Sicher, aber ich denke, darum ging es dem Fragesteller mit der Frage auch nicht, ob wir nach oben beschleunigen, sondern vermutlich eher darum, dass dieser der Ansicht ist, dass die Erde nach oben beschleunigt, weil wir aufgrund von Trägheit dem Erdboden entgegen beschleunigen würden. Daher mein Hinweis auf die Gravitation.

Man könnte natürlich auch noch auf die relativistischen Feinheiten der Gravitation wie etwa die Auswirkung von Massen auf die Raumzeit eingehen, aber ich möchte jemanden, der eine Fallbeschleunigung zur Erde nur aufgrund von Massenträgheit und einer entgegen wirkenden Beschleunigung der Erde annimmt nicht intellektuell völlig überfordern.

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