Auge um Auge, Zahn um Zahn. Was heißt das?

19 Antworten

Hallo mariaabd,

der Grundsatz, um den es hier geht, stammt aus dem Gesetz Mose an die Israeliten und lautet: " Und falls ein Mann seinem Genossen ein Gebrechen zufügen sollte, dann sollte ihm ebenso getan werden, wie er getan hat. Bruch um Bruch, Auge um Auge, Zahn um Zahn; ein Gebrechen von derselben Art, das er dem Menschen zufügen mag, das sollte ihm zugefügt werden" (3. Mose 24:19,20). Auf den ersten Blick könnte es so aussehen, als ob dieses Gesetz dem Geschädigten eine Art Selbstjustiz gestatten würde. Viele deuten diesen Text so und denken, die Bibel befürworte den Gedanken der Rache und Vergeltung. Das ist jedoch nicht der Fall! Warum kann man das sagen?

Wenn dieses Gesetz in diesem Sinne zu verstehen gewesen wäre, dann hätte es einem anderen Gesetz, das den Israeliten gegeben wurde, widersprochen, welches lautet: "Du sollst nicht Rache nehmen an den Söhnen deines Volkes noch Groll gegen [sie] hegen; und du sollst deinen Mitmenschen lieben wie dich selbst" (3. Mose 19:18).

Außerdem durften die Israeliten , wenn ihnen jemand einen Schaden zufügte, nicht selbst Vergeltung üben. Rechtsfälle wurden vor die ernannten Richter gebracht und von ihnen behandelt. Sie prüften die Begleitumstände und den Grad der Vorsätzlichkeit. Im Fall von schweren Vergehen wurden entsprechend der Tat auch schwere Strafen verhängt. Das diente zweifellos zur Abschreckung vor Verbrechen und prägte jedem ein, niemanden zu verletzen oder sonst wie Schaden zuzufügen. Das zeigt, dass das göttliche Gesetz, das den Volk Israel gegeben wurde, in jedem Fall gut und gerecht war.

LG Philipp

Das bedeutet, daß nur das zurück bezahlt werden soll, was der andere dir getan hat, sozusagen ein Aufruf zur Mäßigung und Gerechtigkeit. Wir aber leben in der Zeit des NT, und in Matthäus 5, ab Vers 38 lesen wir, daß wir im negativen Sinn gar nicht zurückbezahlen sollen...

„Ihr wisst, dass es heißt: 'Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich aber sage euch: Verzichtet auf Gegenwehr, wenn euch jemand Böses antut! Mehr noch: Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die linke hin. [...]Ihr wisst, dass es heißt: 'Du sollst deinen Nächsten

lieben und deinen Feind hassen! Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“

So verkündete es Jesus in seiner berühmten Bergpredigt. Doch diese Verse Beschreiben ein Prinzip von unglaublich zukunftsweisender Relevanz, die Feindesliebe. Feindesliebe? Ein augenscheinlich paradox anmutender Begriff, für den die Majorität der Menschen in der gegenwärtigen Gesellschaft weder suffizientes Verständnis noch ausreichend intellektuellen Horizont besitzen, wie Nachrichten in Fernsehen und Zeitungen täglich aufs Neue vor Augen führen. Die Schlagzeilen, geprägt von Krieg, Terror und endlosen Konflikten. Nun vermag ich mich selber davon nicht ausnehmen, wenn ich hier von der Gesellschaft insuffizienter moralischer Reife spreche. Auch mir schien der Begriff der Feindesliebe zunächst äußerst absurd. Was verlangt Jesus dort von den Menschen? Wenn sie geschlagen werden, so sollen sie es wehrlos hinnehmen und sich dann auch noch weitergehend Leid zufügen lassen? Man soll für seine Feinde beten? Wieso, warum haben meine Feinde, die mir Leid zufügen meine Gebete verdient und meine Guten Absichten verdient und vor Allem, welche gesellschaftliche Relevanz kann man dem Begriff der Feindesliebe heute noch zusprechen?

Wie so oft, sollte man auch an dieser Stelle der Bibel, die meiner Meinung nach eine der wichtigsten der Bibel darstellt, da sie unglaubliches Potential in sich birgt, tiefer sehen, zwischen den Zeilen lesen, eben nicht das niedergeschriebene als heute nicht mehr vertretbaren Utopiegedanken abtun. Eben jene Stelle der Bibel ist es doch wert, einmal etwas ausgibiger über sie nachzudenken, um zu verstehen, was Jesus dort wirklich zu den Menschen sprach. Lehnt Jesus hier wirklich Strafen ab? Fordert er von den Menschen wirklich unlimitierte Hinnahme jeden Leids ohne jegliche Form von Gegenwehr? Gehen wir diesen Fragen doch einmal auf den Grund.

Feindesliebe scheint auf uns so ambivalent, weil ein Begriff wie „Feind“ auf den ersten Blick nicht mit einem so harmonisch konnotierten Terminus wie „Liebe“ zu vereinbaren scheint. Und ich will zugeben, dass es sich hierbei sehr wohl um ein sehr schwieriges Unterfangen handelt, jedoch um kein Unmögliches.

Was muss man tun, um Feindesliebe nach Jesus erfolgreich praktizieren zu können?

Wenn man sich auf die Feindesliebe einlassen möchte, so muss man es gewiss äußerst bewusst machen. Jesus ging es hier um den Geist. Man solle buchstäblich geistreich handeln. Wenn ich jemandem einfach aus bloßem Befolgungwillen „die andere Wange darbiete“, so ist dies ebenso zwecklos, als würde ich durch Gegenwehr den Konflikt ausarten lassen. Beim hinhalten der Wange geht es um Standhaftigkeit, mentale Stärke, man soll eben nicht vor seinen Feinden fliehen, man soll ihnen demonstrieren, dass man gewillt ist, sich mit der Kontroverse und auch mit ihnen auseinanderzusetzen. Gleichzeitig soll man eben auch nicht zum Gegenangriff übergehen.

Hierbei spielt der gegenseitige Respekt eine sehr große Rolle.

Respekt holt das Höchstmögliche aus einem Menschen heraus. Im Falle eines Konfliktes und sei er noch schwerwiegend, so ist es im Sinne der Feindesliebe unabdingbar seinem Feind mit Respekt entgegenzutreten. Provozierendes und respektloses Verhalten führen nicht selten zu rascher Eskalation und eine solche erschwert den Prozess der Schlichtung um ein Vielfaches. Nehmen wir einmal das Beispiel der Israelis und der Palästinenser. Zwei stolze Völker eng zusammengepfercht auf engstem territorialen Grund. Die jüdischen Israelis besetzen zu weiten Teilen den Lebensraum der Palästinenser, der ihnen offiziell als solcher zugesagt wurde. Der Alltag dieser beiden Völker ist geprägt von Zwietracht, Terroranschlägen und Feindseligkeit. Die beiden gönnen sich wahrlich nicht das Schwarze unter den Fingernägeln. Von einem respektierlichen Umgang kann man hier, bis auf ein paar liberale Ausnahmen, bei Weitem nicht sprechen. In dem im Unterricht gesehenen Film bekamen wir einen Eindruck vom Umgang der beiden verfeindeten Parteien. Palästinenser werfen Steine auf Israelis. Israelis zerstören aus Wut den Besitz der Palästinenser. Dies nenne ich

gegenseitige Schikane auf höchstem Niveau. Ein respektvoller Umgang wäre ich hier schon einmal ein Anfang, um einer diplomatischen Lösung näherzukommen.

Verständnis, Feindesliebe ist ohne gegenseitiges Verständnis zum Scheitern verurteilt. Wie relevant dieses Verständnis für Jesus war, auch im Bezug auf die Feindesliebe, lässt sich ebenfalls aus der Bibel lesen. Dort muss sich Jesus nach seiner Verhaftung vor dem hohen Rat verantworten,wo Jesus vom Gerichtsdiener geohrfeigt wird. Doch anstatt Jesus sich zu Wehr setzt, bleibt er besonnen und gewissenhaft. An stelle sich stumm der Willkür des Dieners auszusetzen, sucht er das Gespräch und erkundigt sich nach der Intention seines Hiebes: „Habe ich etwas Unrechtes gesagt, so beweise es mir, habe ich aber recht geredet, warum schlägst du mich?“ (Johannes 18,23). Menschen tun schlimme Dinge, falsche Dinge, doch ist dies Grund genug auf ewig Zwietracht zwischen uns und unseren ärgsten Feinden zu sähen? Heißt es nicht „errare humanum erst“, Irren ist menschlich? Nun können wir uns bei unseren Taten von temporären Emotionen leiten lassen und so eine schier nie enden wollende Spirale aus Racheakten schaffen oder wir versuchen unsere Empathie einzusetzen und die Geschichte des anderen, sein Narrativ zu verstehen.

Menschen besitzen Gründe für ihr Handeln und man kann die Zeit damit versäumen sich gegenseitig den schwarzen Peter zuzuschieben und nach einem Schuldigen zu suchen oder man kann sie sinnvoll nutzen, um sich gegenseitig des Handelns Hintergründe bewusst zu werden. Man kann seinen Feind auf seinen Fehlern festnageln und ihn dafür verurteilen oder man kann einsehen, dass beide Parteien sich gegenseitig Unrecht getan haben.

Jesus verlangt nicht nach der Befolgung einer äußerlichen Regel, er wünscht sich bewusstes defensives und deeskalierendes Handeln in Konfliktsituationen.

Dies schließt das bloße Wehren keineswegs aus, jedoch muss es sich hierbei um bewusstes und defensives zur Wehr setzen handeln. Um meinen Gedanken zu verdeutlichen, bediene ich mich des Kampfsportes. Dort gibt es jene Kampfkünste die defensiv funktionieren und jene, die auf Offensive beruhen. Vergleichen wir hier einmal Karate mit Judo. Erfolgt ein Angriff auf einen Karatekämpfer, so wird er zunächst den Angriff abblocken und danach eine Gegenoffensive starten. Er wird zum Gegenschlag ausholen. Das mag den Gegner vielleicht ausschalten, wäre aber nicht im Sinne der Feindesliebe. Ein Judokämpfer hingegen nutzt die Energie des gegnerischen Angriffs und bringt den Gegner sanft zu Fall. Danach kann der Judokämpfer seinen Gegner zur Rede stellen. Er hat sich gewehrt, aber eben defensiv als offensiv.

„Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23,34) . Jesus war der Überzeugung, dass Menschen, die Böses tun, geholfen werden müsse. Sie werden beherrscht von niederen Gefühlen, seien es beispielsweise Ungewissheit, Ängste oder kurzweilige Affekte wie Wut oder Rachegelüsten. Jesus taten diese Menschen Leid und wenn er davon spricht man solle für seine Feinde beten, dann meint er damit keineswegs man solle beten: „Herr errette mich von ihnen“. Nein, man solle im Gegenteil für ihre Errettung beten. Man solle auf ihre Erleuchtung hoffen, dass sie ihre Fehler einsehen und sich bewusst werden, was ihr Verhalten anrichtet.

Nach Jesus ist es nicht unsere Aufgabe über unsere Mitmenschen zu richten, auch nicht über jene, die wir zu unseren Feinden zählen. Dies ist Aufgabe Gottes: „So erweist ihr euch als Kinder eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne über Bösen und Guten aufgehen und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“

Wir müssen und hüten uns das Recht herauszunehmen über die Taten anderer zu urteilen, insbesondere, wenn wir über ihre Hintergründe im Unklaren sind.

Wenn ein Jemand einmal gegen Jesus war, dann hat er nicht, wie Klaus Kinski einst behauptet hat, „die Peitsche genommen und ihm in die Fresse gehauen“, sondern er hat Verständnis gezeigt, hat mit ihm darüber geredet und versucht ihn mit geeigneten Argumenten zu bekehren. Eine solche Herangehensweise ist wahrlich bemerkenswert, erstrebenswert sowie in höchstem Maße vorbildlich. Man bedenke nur wie Kontroversen verlaufen könnten, wenn jede Partei mit beschriebener Geisteshaltung an die Lösung des Problems herantreten würde. Im Bezug auf unseren Film, würde dies bedeuten, dass sich Palästinenser und Israelis zusammensetzen. Dies muss nicht nur die Regierung umfassen, sondern muss ebenso die Mitglieder sämtlicher Gesellschaftsschichten dieser zwei Völker inkludieren. Sie würden sich aussprechen, sich gegenseitig „erleuchten“,

Geschichten austauschen, die ihr Handeln für ihren Gegenüber nachvollziehbarer machen, ja sie vielleicht sogar legitimieren. Alle großen nationalen, internationalen, kulturellen und interkulturellen Auseinandersetzungen, all die fürchterlichen Kriege dieser Welt, hätten eine reelle Chance zu enden, wenn ein Jeder die Prinzipien der Feindesliebe befolgen und sich auf ihre Funktionsweise einlassen würden. Frieden könnte auf der ganzen Welt vorherrschend sein, wenn die Menschheit sich stärker im Klaren über die wahrhaftige Bedeutung des Begriffs Feindesliebe wäre, wenn sie verstehen würde, dass bei Feindesliebe keinesfalls Unterwürfigkeit oder Wehrlosigkeit im Vordergrund steht. Feindesliebe will Toleranz und etwas Demut lehren. Feindesliebe soll uns vor Augen führen, dass nicht wir die Opfer unserer Feinde sind, die es zu bekämpfen gilt, um uns aus eben jener Opferrolle zu befreien, sondern dass unsere Feinde die wahrhaftigen Leidtragenden sind. Denn sie sind so blind vor Emotionen, so beherrscht von Zorn und Niedertracht, dass ihnen und nicht uns geholfen werden muss. Und wenn wir versuchen ihnen ihre Fehler aufzuzeigen, während wir ihnen Verständnis entgegenbringen, auch indem wir uns unsere eigene Unvollkommenheit eingestehen, dann ist Frieden mit unseren Feinden eventuell gar kein Utopiegedanke mehr. Es kann keine Lösung sein Gleiches mit Gleichem zu vergelten, Böses mit gar Böserem zu bekämpfen. Das Ergebnis wäre ein nie endender Teufelskreis. Manchmal muss der klügere eben nachgeben. Schließlich und letztendlich muss jemand den ersten Schritt machen und damit seine Bereitschaft signalisieren auf den Feind einzugehen.

Ich hörte einst von einer fiktiven Geschichte die uns die Konsequenzen des allseits bekannten „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ aufzeigen soll. Es ist die Geschichte zweier Nachbarn, die wegen einer Lappalie in Streit geraten. Dabei ging es wohl um zwar ausgeliehenes aber nicht zurückgegebenes Besteck. Und so begann der gekränkte Nachbar aus Wut den andern zu necken. Schließlich ufert diese Kontroverse aus zu einem Nachbarschaftskrieg unter Einsatz von Atomwaffen. Hätten sich die Nachbarn einfach mal ausgesprochen, so hätte der eine Nachbar vielleicht erfahren wieso er da ausgeliehene Besteck nicht hat zurück bekommen und die Sache hätte in Ruhe aus der Welt geschafft werden können. Stattdessen blieben beide stur und schufen sich gegenseitig „aus der Welt“.

Jesus Bitte um Feindesliebe mag auf den ersten Blick durchaus töricht gar paradox oder unmöglich anmuten. Blickt man jedoch etwas tiefer und unternimmt einmal den Versuch den wirklichen Gedanken dahinter von der etwas missverständlichen Formulierung zu separieren, dann zeigen die Worte Jesu einen Weg auf, der friedliche Lösung sein kann für sämtliche Konflikte dieser Welt.

„Man soll nie vergessen, aber immer verzeihen“

Das Gesetz legte dieses Prinzip fest, um die Vergeltung auf das zu beschränken, was gerecht war. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass die Vergeltung dem Vergehen entsprach. Das Gesetz wollte nicht persönliche Racheakte sanktionieren.

Die Erklärung von Jesus dazu: "Ihr habt gehört, daß gesagt ist: »Auge um Auge und Zahn um Zahn!« Ihr habt gehört, daß gesagt ist: »Auge um Auge und Zahn um Zahn!« Ich aber sage euch: Ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen; sondern wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, so biete ihm auch die andere dar." (Matthäus 5,38-39)

Zu der Bibelstelle mit dem "Hinhalten der anderen Backe" ist zu sagen, dass es dabei nicht um Selbstverteidigung oder körperliche Angriffe, sondern um Rache und Beleidungen geht.

Im griechischen Urtext steht das Wort "rhapizo", das einen Schlag mit dem Handrücken ins Gesicht bedeutet. Dies war eine Geste, die z.B. ein Herr gegenüber seinem Knecht tun durfte. Bei Gleichgestellten galt sie als schwere Beleidigung, die nach rabbinischem Recht doppelt bestraft wurde. Deshalb soll man sich durchaus beleidigen lassen, ohne sich zu wehren. Und man soll sich nicht rächen, was wohl die Kernaussage dieser Bibelstelle ist.

Deshalb ist der Vorschlag, auf Beleidigungen nicht zu reagieren und auf Rache zu verzichten, die beste Taktik, um Streit zu deeskalieren und schlimmere Auseinandersetzungen, die über verbale Angriffe hinausgehen, zu vermeiden.

In taktischen Selbstverteidigungsseminaren, in denen es um Notwehr und Nothilfe geht, wird diese Strategie durchaus als wichtige Möglichkeit der Deeskalation und Prävention gelehrt

An diesem Beispiel sieht man wieder, wie lebensnah und -praktisch Jesus die Menschen belehrte.

Hallo mariaabd,
nachdem ich alle Antworten hier gelesen habe: Etwas muss man da aber genauer sagen: Niemand hat danach das Recht zur Rache, sondern es sind Vorschriften für die Beurteilung in einem regulären Prozess:

Dafür hier drei Quellentexte:

Exodus 21,22 -25 „Wenn Männer miteinander raufen und dabei eine schwangere Frau treffen, sodass sie eine Fehlgeburt hat, ohne dass ein weiterer Schaden entsteht, dann soll der Täter eine Buße zahlen, die ihm der Ehemann der Frau auferlegt; er kann die Zahlung nach dem Urteil von Schiedsrichtern leisten. Ist weiterer Schaden entstanden, dann musst du geben: Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß, Brandmal für Brandmal, Wunde für Wunde, Strieme für Strieme.“

Das ist bezogen nur auf den speziellen Fall des weiteren Schadens bei Fehlgeburt. Du wirst feststellen, dass hier nicht gesagt wird, was der Geschädigte darf (der darf gar nichts!), sondern was der Schädiger als Wiedergutmachung zu leisten hat. Umgekehrt bekommt der Geschädigte aber auch nicht mehr, als er verloren hat. (Dieses Niveau ist z.B. in den USA, wo jemand wegen einer verschütteten Kaffeetasse zu -zigtausend Dollar Schadenersatz verurteilt werden kann, noch nicht erreicht!)

Leviticus 24, 17-20 „Wer einen Menschen erschlägt, wird mit dem Tod bestraft. Wer ein Stück Vieh erschlägt, muss es ersetzen: Leben für Leben. Wenn jemand einen Stammesgenossen verletzt, soll man ihm antun, was er getan hat: Bruch um Bruch, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Der Schaden, den er einem Menschen zugefügt hat, soll ihm zugefügt werden.“

Einmal ist das bezogen auf den Stammesgenossen, noch nicht einmal auf das ganze Volk Israel oder Nichtisraeliten. Auch hier darf der Geschädigte überhaupt nichts, sondern das sind Regeln für einen regulären Gerichtsprozess.

Härter wird es schon, wenn jemand vor Gericht falsch gegen einen anderen aussagt, wird es allerdings sehr hart. Aber bedenke, dass das Gerichtsvorschriften von vor 2000 bis 3000 Jahren sind!
Deuteronomium Auszug aus 19, 16 – 21: „Wenn jemand vor Gericht geht und als Zeuge einen andern zu Unrecht der Anstiftung zum Aufruhr bezichtigt, wenn die beiden Parteien mit ihrem Rechtsstreit vor den Herrn hintreten, vor die Priester und Richter, die dann amtieren, wenn die Richter eine genaue Ermittlung anstellen und sich zeigt: Der Mann ist ein falscher Zeuge, er hat seinen Bruder fälschlich bezichtigt, dann sollt ihr mit ihm so verfahren, wie er mit seinem Bruder verfahren wollte. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen. Die Übrigen sollen davon hören, damit sie sich fürchten und nicht noch einmal ein solches Verbrechen in deiner Mitte begehen. Und du sollst in dir kein Mitleid aufsteigen lassen: Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß.“

Anonym33598 
Fragesteller
 17.02.2016, 15:27

Vielen vielen Dank 😘

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maxmueller1  11.05.2016, 11:25

Eine andere Frage, ich würde jedoch deine Meinung dazu hören. Was bedeutet " Wird ein Dieb beim Einbruch ertrappt und so geschlagen, dass er stirbt, so entsteht keine Blutschud. Doch ist darüber bereits die Sonne aufgegangen, dann entsteht Blutschuld" (Exodus 22,1f)? Dürfte demnach ein Dieb nur bei Nacht, nicht aber bei Tage erschlagen werden? Oder was bedeutet "ist darüber bereits die Sonne aufgegangen" sonst?

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Nadelwald75  12.05.2016, 22:11
@maxmueller1

Hallo maxmueller1, über diese Stelle speziell habe ich noch
nichts gelesen, kann also nur meine höchst private Einschätzung dazu geben:

In Ex 20,1 bis Ex 23,33 steht die ausführliche Darstellung
der 10 Gebote und vieler anderer Vorschriften. Hier ist deine Stelle
einzuordnen.

Vorüberlegung: Auch nach unserem heutigen Rechtsverständnis
gibt es Dinge, die nicht richtig sind, aber auch nicht bestraft werden
(Ehebruch). Es gibt Dinge, die weder  verboten noch erlaubt sind (Selbsttötung bzw. der Versuch – wer sollte das schon erlauben?) und dann nicht bestraft werden.

Es gibt Dinge die verboten sind (Verletzen oder Töten), aber nicht bestraft werden (Notwehr) oder Stehlen (Mundraub). Der Schluss, dass etwas nicht bestraft wird, heißt noch nicht, dass es erlaubt sei.

Vielleicht fallen dir auch Situationen ein, wo etwas erlaubt ist, deswegen nicht bestraft wird, was aber trotzdem moralisch zu verurteilen ist (viele Manipulationen in der Wirtschaft, Verhalten von Hausbesitzern gegenüber Mietern …)

Ähnlich schätze ich die Bibelstelle ein. Sie stellt zwei
Situationen da: Notwehr bzw. Verteidigung des Eigentums bei Nacht oder bei Tag.

Die Situation in der Nacht ist eine andere: Es ist dunkel,
man kann den Täter nicht einschätzen, keine Hilfe holen, ihn nicht verfolgen, die Wirkung seiner eigenen Schläge nicht kontrollieren.

Bei Tag hat man andere Möglichkeiten. Man sieht den Täter,
kann seine Muskeln einschätzen, könnte Hilfe holen (da viele schon wach sind), könnte mit der Abwehr aufhören, wenn man sieht, dass der Täter kampfunfähig ist, könnte sogar für den verletzten Täter noch Hilfe holen.

So dürfte eine Tötung bei Tag eine andere Qualität bekommen,
während man bei dem Vorfall bei Nacht auf eine Ahndung verzichten will.

Das heißt aber nicht, dass jetzt eine Tötung bei Nacht erlaubt wäre. Sie bleibt nur straffrei.

Allgemein: Ich habe keine Belege für diese Auffassung – es ist
eben meine Überlegung.

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