Abi machen trotz Rückstand – lohnt sich das noch? (Härtefall, kein Qualifikationsvermerk)?
Hey,
ich hole gerade meinen Schulabschluss nach und bin aktuell in der 10. Klasse – obwohl ich altersmäßig eigentlich schon drei Jahre weiter sein müsste. Mein Ziel ist das Abitur, das war schon immer mein Traum. Aufgrund gesundheitlicher und privater Schwierigkeiten hat sich mein Weg stark verzögert.
Ich habe einen guten Notendurchschnitt (2,0), aber meine Schule vergibt keinen Qualifikationsvermerk, der eigentlich Voraussetzung für den Einstieg in die gymnasiale Oberstufe (also Klasse 11) ist.
Ich habe mich trotzdem bei meinem Wunsch OSZ beworben – auch ohne den Vermerk, weil ich auf eine Härtefallregelung hoffe. Mein Härtefall beruht auf mehreren persönlichen und gesundheitlichen Gründen, die ich auch in meiner Bewerbung angegeben habe. Ob das anerkannt wird, weiß ich aber noch nicht.
Wenn ich nicht angenommen werde, müsste ich wahrscheinlich auf ein Gymnasium wechseln – und dort die 10. Klasse nochmal machen. Nicht nur wegen des Qualifikationsvermerks, sondern auch, um fachlich auf denselben Stand zu kommen wie die anderen. Das heißt: noch ein Jahr länger, also insgesamt vier Jahre „Rückstand“ im Vergleich zum typischen Weg.
Jetzt frage ich mich ehrlich:
- Lohnt es sich in so einer Situation überhaupt noch, das Abitur zu machen?
- Hat jemand Erfahrungen mit Härtefallregelungen oder damit, ohne Qualifikationsvermerk doch angenommen zu werden?
- Ist es komisch oder irgendwie „zu spät“, mit so einem Altersunterschied (ca. 3 Jahre) noch ins Abi einzusteigen?
Ich bin wirklich motiviert, aber ich frage mich, ob es sich noch realistisch lohnt oder ob ich mir gerade etwas vormache.
Danke für ehrliche Meinungen oder Erfahrungen 🙏
Kleiner Beitrag: Ich träume schon seit meinem 9. Lebensjahr davon Anwältin zu werden, dementsprechend wäre die Hochschulreife verpflichtet.
5 Antworten
Die Frage, ob es sich lohnt, hast du ja schon beantwortet: du träumst davon, Anwältin zu werden. Das bedeutet, dass du ein konkretes Ziel hast, auf das du hin arbeitest. Natürlich lohnt es sich, dafür zusätzliche Mühen in Kauf zu nehmen.
Da du für das Studium wahrscheinlich ein sehr gutes Abi brauchst, würde ich mir die Wiederholung des 10. Schuljahres am Gymnasium auf jeden Fall einplanen, vor allem, weil es dich besser auf die Oberstufe vorbereitet. Ich würde in diesem Schuljahr trotzdem lernen, damit du für das Wiederholungsjahr gut vorbereitet bist, denn du wirst dich wahrscheinlich an ein höheres Tempo gewöhnen müssen. Andererseits hast du, sofern du den Platz an der neuen Schule sicher hast, noch die Möglichkeit, dich an deiner jetzigen Schule "auszutoben", also dir Sachen zu erlauben, die du dich sonst nicht trauen würdest (schwänzen, frech sein, oder einfach eine gute Zeit haben). Vielleicht ist das die letzte Gelegenheit dafür.
Ich selbst musste nach der 10. Klasse eine Nachprüfung machen, weil ich den Q-Vermerk knapp verpasst hatte. In den Sommerferien habe ich intensiv Mathe Nachhilfe genommen und in der 11. Klasse ist mir Mathe zum ersten Mal richtig leicht gefallen. Was ich damit sagen möchte, ist, dass du die Gelegenheit nutzen kannst, um dich in deinen schwächeren Fächern zu verbessern.
Zum Abschluss möchte ich dir noch mitgeben, dass es am Ende unwichtig ist, auf welchem Weg du dein Ziel erreicht hast und ob du das Studium mit 25 oder 35 abgeschlossen hast. Wichtig ist, dass du selbst mit dir zufrieden bist und je schwieriger der Weg ist, desto stolzer wirst du sein, wenn du es geschafft hast.
Lohnt sich immer!
Warum solltest du mit 2,0 kein Abi machen können?
Suche das Gespräch mit dem Beratungslehrer - beim 2. Bildungsweg braucht das evtl. einen extra Kniff...
Also grundsätzlich halten wir mal eine Sache fest:
Das Leben ist kein Wettlauf, sondern ein Marathon.
Du bist nicht "hinterher", nur weil du ein anderes Tempo einlegen musstest.
Aber mal eine andere Perspektive:
Willst du studieren? Wenn ja, mach dein Abi - dafür könntest du es gebrauchen.
Nein? Wozu brauchst du dein Abitur? Nur um dir ein Traum zu erfüllen?
Um erfolgreich bei der Arbeit zu sein, brauchst du kein Abitur - sondern einfach nur viele Fähigkeiten. Die Zeiten, in der man für gute Abschlüsse bezahlt wurde, sind vorbei. Heute zählt Leistung.
Meine Empfehlung: Wenn du das Gefühl hast "hinterher" zu sein. Dann such dir eine Fähigkeit aus und meistere diese ohne Schule. Kauf dir Bücher in dem Bereich, schaue dir Videos an in dem Bereich und bewirb dich in diesem Bereich. Sammle dort ein paar Jahre Erfahrung und dann kannst du dich in dem Bereich immer weiterbilden.
Aber ein Abitur öffnet dir kaum eine Tür. Das ist aber natürlich alles nur meine Ansicht.
Alles klar. Wenn du studieren willst, macht ein Abitur Sinn.
Aber auch da spreche ich wieder aus Erfahrung, wenn ich dir sage:
Lies dich in das Thema Jura richtig ein. Sprich am Besten noch mit Jura-Absolventen und erkundige dich. Das ist echt nicht das spannendste und wenn du jetzt 3 Jahre Abitur machen möchtest, um dann festzustellen, dass es nichts für dich ist, dann hast du auch nichts davon.
Hast du dich eingelesen und dir gefällt es? Dann gib Gas. Mach dein Abi und werde Anwalt. 🎓
Die Frage ist, warum du das Abitur unbedingt willst.
Willst du es nur haben, um sagen zu können "ich habe Abi", dann lohnt es nicht. In dem Falle würde ich dir raten, weniger Wert auf solche Oberflächlichkeiten zu legen, den guten Realschulabschluss zu nehmen und damit ins Berufsleben zu starten.
Wenn du hingegen dann ein Studium anstrebst und es dafür brauchst, dir zudem realistisch zutraust das Studium zu schaffen, dann mache es.
Ich strebe schon seit Jahren ein Studium an, langsam bin ich mir aber unsicher ob ich es überhaupt kann weil mir immer was im Wege steht.
Was willst du mal werden? Nun an deiner Stelle würde ich ne Lehrstelle suchen in einem Bereich welcher dir Gefällt. Die Ausbildung knallhart durchziehen (etvl. verkürzen) und danach kannst du auf die BOS und dein Fachabi oder sogar dein richtiges Abi machen. Das hat 4 Vorteile
- Falls du mal in deinem erlernten Berufsfeld studierst, hast du schonmal ne Menge wissen, welche dir im späteren Berufsleben was nützen. Bist also nicht irgendein Studierter, wo von Dingen redet wo derjenige nie gemacht hat.. Da gibts leider ne Menge da draußen.
- Das Leben, kann man nicht immer planen. Du hast aber immerhin einen Beruf erlernt und "fällst weich". Abi allein, ernährt dich nicht.
- Deine geistige Reife ist wahrscheinlich wesentlich höher, wie von den meisten Gymnasiasten, was einem Studium durchaus zuträglich ist.
- In deiner Lehrzeit verdienst du dir Geld, welches du auf die Seite packen kannst. Somit hast was für deine späteren Studienjahre.. Tipp: Das Geld aber unters Kopfkissen.
Einen Nachteil gibts, es dauert natürlich länger, aber mal ehrlich Rente bekommen wir eh nicht mehr und müssen noch sehr lange arbeiten. Mach was draus.
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort – ich verstehe deinen Standpunkt und finde es auch wichtig, dass du das so ehrlich geschrieben hast.
Für mich ist das Abitur aber tatsächlich kein Selbstzweck oder nur ein „Traum der Kindheit“, sondern ein klarer Schritt in eine Richtung, die ich schon lange gehen will: Ich habe schon seit Jahren den Traum Jura zu studieren.
Dafür brauche ich das Abitur – eine Ausbildung oder andere Wege kommen für mich deswegen nicht infrage. Deswegen bin ich etwas unsicher ob es überhaupt das richtige für mich ist.