Welchen evolutionären Sinn hat Homosexualität in der Tierwelt?
10 Antworten
Einen ähnlichen wie bei Menschen.
z.B
* Soziale Bindung und Gruppenzusammenhalt:
Gleichgeschlechtliches Verhalten kann Spannungen abbauen, Allianzen stärken, Dominanzstrukturen regulieren (etwa bei Delfinen oder Bonobos)
* Gene, die Homosexualität begünstigen, können gleichzeitig andere vorteilhafte Eigenschaften fördern. Z.b. erhöhte Fruchtbarkeit bei Weibchen
* Homosexuelle Tierpaare übernehmen manchmal verwaiste Jungtiere und unterstützen so den Fortbestand der Gruppe
* In komplexen sozialen Systemen kann nicht-reproduktives Sexualverhalten zur Stabilität beitragen und evolutionär vorteilhaft sein.
...
Aber auch hier nochmal: Evolution verfolgt kein "Ziel".
Tiere können innerhalb ihres Ökosystems etwas, was Menschen trotz ihres "überlegenen" Verstandes nicht auf die Reihe bringen: sie können ihre Population kontrollieren. Unkontrollierte Populationen gibt es nur dann, wenn es keine natürlichen Feinde gibt (Kaninchen in Australien) oder der Mensch Tiere einschleppt (Hunde und Katzen in südlichen Gefilden).
Homosexualität sehe ich - ebenso wie Geschlechtswechsel bei einigen Tierarten - als ein Korrektiv der Natur zur Vermeidung von Überpopulationen. Schade, dass das bei Menschen nicht auch funktioniert.
Das hat mit Überpopulation nichts zu tun. Wenn sich der Fötus entwickelt und ausgetragen wird, weiß dieser nichts von einer Überpopulation oder anders herum. Es wäre unmöglich das vorher genetisch zu regeln.
Überpopulation in einem gesunden Kreislauf wird durch mangelnde Nahrung oder ein Überangebot an Jägern geregelt.
Homosexuelle Handlungen können dazu beitragen, Freundschaften zu knüpfen, soziale Hierarchien zu etablieren und Allianzen zu bilden. Bei Affen, Bonobos z.B. ist das an der Tagesordnung.
Nein, natürlich nicht. Aber Bonobos sind dafür bekannt quasi "für den Frieden zu vö**ln". Streitigkeiten werden durch Sex beigelegt- auch unter Männchen.
Darum ging es in dieser Antwort auch gar nicht. Es ging um homosexuelle Handlungen, nicht um Homosexualität an sich.
Benutz doch einfach mal die Suchfunktion. Diese Frage wird gefühlt jede Woche gestellt. ;)
Homosexualität steht nicht im Widerspruch zur Evolutionstheorie. Es gibt verschiedene Gründe dafür, warum das so ist:
Soziobiologie I: VerwandtenselektionDie biologische Fitness meint das Vermögen eines Individuums seine eigenen Gene an die Folgegeneration weiterzugeben. Das Zeugen eigener Nachkommen, die sog. direkte Fitness, ist jedoch nur ein möglicher Weg zur Weitergabe seiner Gene. Denn nicht nur mit eigenen Nachkommen teilt man einen Teil seiner Gene, auch mit anderen Verwandten tut man das. Ein Individuum kann daher auch über den Weg der indirekten Fitness, indem es anderen Verwandten hilft und sie unterstützt, zur Weitergabe seiner Gene beitragen. Mit einem Vollgeschwister teilt man beispielsweise im Durchschnitt genauso viele Gene wie mit einem eigenen Nachkommen. Wenn man einem Geschwister hilft, ist der Beitrag zur Fitness daher so groß wie das Zeugen eines Nachkommen. Wie ein Gen ausgebreitet wird, ob nun über einen direkten Nachkommen oder einen anderen Verwandten, ist egal, Hauptsache ist, dass es ausgebreitet wird. Das Konzept der Verwandtenselektion geht auf William D. Hamilton zurück (Hamilton 1964a und Hamilton 1964b). Das Konzept erklärt z. B., weshalb sterile Arbeiterinnen im Bienenstaat "zugunsten" der Königin auf die eigene Fortpflanzung verzichten. Es kann aber auch auf Homosexualität angewendet werden. Homosexuelle mögen zwar keine eigenen Nachkommen haben, indem sie andere Verwandte unterstützen, tragen sie aber dennoch zur Weitergabe ihrer Gene bei.
Soziobiologie II: Versöhnungs- und EntspannungspolitikBonobos (Pan paniscus) gehören zu unseren engsten Verwandten und sind komplett bisexuell (de Waal 1995). Insbesondere bei Weibchen kommen hetero- wie homosexuelle Sexualkontakte gleichermaßen vor. Gleichgeschlechtliche Kontakte zwischen Männchen sind seltener, aber ebenfalls nicht ungewöhnlich. Bei Bonobos erfüllt Sex nicht mehr hauptsächlich den Zweck der Fortpflanzung, sondern hat in erster Linie eine soziale Funktion inne. Sex stärkt die sozialen Bindungen und wird genutzt, um Konflikte zu entspannen oder, um sich, falls ein Konflikt doch einmal ausgeartet ist, wieder miteinander zu versöhnen. Und weil Konflikte eben auch zwischen gleichgewchlechtlichen Individuen entstehen können, ist es evolutionär gesehen von Vorteil, wenn die Individuen einer Gruppe auch für gleichgeschlechtlichen Versöhnungssex empfänglich sind. Mit Dominanzgehabe hat das übrigens nichts zu tun, denn tatsächlich geht die Initiative für eine sexuelle Handlung bei Bonobos fast immer vom Individuum aus, das aus dem vorhergehenden Konflikt als "Sieger" hervorgegangen war.
Da auch beim Menschen Sex nicht mehr hauptsächlich der Fortpflanzung dient, liegt es nahe, dass auch für unsere Vorfahren ähnliches galt und die Evolution bisexuelle Individuen begünstigt hat.
PleiotropieMit Pleioteopie ist gemeint, dass ein Gen sich oft auf mehr als ein Merkmal auswirkt. Ein Gen, das z. B. die Haarfarbe beeinflusst, beeinflusst oft auch die Haut- und die Augenfarbe. Wenn ein Gen sich auf ein bestimmtes Merkmal negativ auswirkt, kann es auf diese Weise erhalten bleiben, wenn es sich gleichzeitig auf ein anderes Merkmal positiv auswirkt und der positive Nutzen insgesamt den negativen überwiegt.
Auf dem X-Chromosom gibt es einen Marker auf dem Abschnitt Xq28, der in Verbindung mit männlicher Homosexualität steht (Hamer et al. 1993, Sanders et al. 2015), jedoch nicht mit weiblicher (Hu et al. 1995). Weil er auf dem X-Chromosom liegt und weil Frauen bekanntlich zwei davon haben, Männer hingegen nur eines, verbringt jedes Gen auf dem X-Chromosom im Schnitt doppelt so viel "Lebenszeit" in weiblichen Individuen wie in männlichen. Wenn sich das Gen bei Männern "nachteilig" auf deren Fitness auswirkt, indem es zur Homosexualität führt, könnte es bei Frauen die Fitness erhöhen, indem es sie z. B. fruchtbarer macht. Es bliebe dann erhalten, weil der Vorteil insgesamt den Nachteil überwiegt.
Der "Heterozygotenvorteil" der BisexuellenVom Heterozygotenvorteil oder auch Superdominanz spricht man, wenn heterozygote Individuen eine höhere Fitness erzielen als homozygote Träger eines Merkmals². In Malariagebieten schützt beispielsweise die heterozygote Form der Sichelzellanämie vor Malaria, während homozygot Gesunde an Malaria häufiger schwer an Malaria erkranken und sterben. Der Vorteil für die heterozygoten Individuen überwiegt deshalb den Nachteil für die homozygot an Sichelzellanämie Erkrankten, denn die homozygote Form ist unbehandelt meist tödlich. Wir können das Prinzip auf die sexuelle Orientierung übertragen und uns überlegen, dass Heterosexualität und Homosexualität die Phänotypen eines homozygoten Genotyps sind und Bisexualität der Phänotyp eines heterozygoten Genotyps ist. Stellen wir uns stark vereinfacht ein Gen für die sexuelle Orientierung vor³, von dem es zwei Allele gibt: "he" verursacht Heterosexualität und "ho" Homosexualität. Heterosexuelle hätten also den Gebotyp he/he und Homosexuelle den Genotyp ho/ho, Bisexuelle den Genotyp he/ho. Wenn zwei heterozygote Individuen dann beide das Allel "ho" vererben, wäre der Nachkomme homosexuell. Das erklärt auch, weshalb Homosexuelle meist Eltern haben, die selbst nicht homosexuell sind⁴, die aber das entsprechende Allel tragen und vererben können.
Eine weitere mögliche Erklärung für Homosexualität geht deshalb davon aus, dass die Genvarianten "ho" für Homosexualität von bisexuellen Individuen verbreitet und in der Population erhalten werden, nämlich dann, wenn Bisexuelle eine höhere Fitness erzielen als Homo- oder Heterosexuelle, also einen "Heterozygotenvorteil" haben. Wie wir bei den Bonobos sahen, kann Bisexualität ja durchaus von Vorteil sein. Untermauert wird dies durch eine 2023 veröffentlichte Studie über Rhesusaffen (Macaca mulatta). In der beobachteten Gruppe waren 72 % der Männchen bisexuell - und sie erreichten im Schnitt eine höhere Fortpflanzungsrate als ihre ausschließlich heterosexuell agierenden Artgenossen (Clive et al. 2023).
Analog zur Pleiotropie wären Genvarianten für homosexuelles Verhalten dann insgesamt vorteilhaft, obwohl sie sich bei Homosexuellen als "Nachteil" auswirken würden. Tatsächlich ist Bisexualität gar nicht mal so selten wie man allgemein annimmt. In diversen repräsentativen Umfragen gibt heute bereits mindestens ein Drittel der jungen Erwachsenen an, sich dem breiten Bi-Spektrum zuzuordnen, z. B. in Großbritannien, den USA, Deutschland und Israel. Manche sind sogar der Ansicht, dass fast jeder Mensch bis zu einem gewissen Grad bisexuell ist. Man könnte also durchaus von einer Art "Heterozygotenvorteil" der Bisexuellen sprechen.
den gleichen, wie bei homosozialität, wie sie z.b. bei ameisen, bienen und termiten immer vorhanden ist, wobei diese so ausgeprägt ist, dass die tiere sich selbst dann nicht vermehren könnten, wenn sie wollten oder wie sie zum beispiel bei in familienverbänden lebenden tieren vorkommt, wie z.b. beim pferd, wo sich "überzählige" männliche tiere zu junggesellenverbänden zusammenschliessen.
sie dient dem überleben der art, bzw. dem überleben der population.
Bonobos sind aber nicht ausschließlich homosexuell.