Sprachliche Unterschiede Deutschland - Österreich?
"Die Österreicher unterscheiden sich von den Deutschen durch die gemeinsame Sprache".
Ein Zitat, dass dem legendären Karl Kraus zugeschrieben wird.
Meiner Erfahrung nach ist da sehr viel dran.
Bitte jetzt keine gegoogelten Texte oder Beispiele - ich möchte bloß wissen, was Euch dazu spontan einfällt?
Freue mich auf möglichst vielfältige Beiträge!
7 Antworten
Für Bewohner Süddeutschlands, die selber oberdeutsche Mundarten sprechen, liegt Österreich sprachlich sogar näher als der Norden oder Westen Deutschlands. Auch von der Mentalität her sind die Unterschiede nicht so immens.
Wenn ich in Österreich bin, dann spreche ich meinen heimatlichen fränkischen Dialekt und jeder Österreicher versteht mich einigermaßen. Ich hatte auch noch nie Probleme mit einer Ablehnung als Piefke.
Dass die Österreicher von Paradeisern statt von Tomaten reden und Karfiol oder Kukuruz verspeisen, schreckt mich jetzt ebenso wenig ab, wie dass sie Obers auf ihren Kaffee klatschen.
Wir Ösis differenzieren da schon: "Piefkes" sind für uns in erster Linie Preußen. Geographisch und geschichtlich gesehen sind das ja Leute von der Ostsee. Wir haben diesen Begriff aber generell auch auf Nordseebewohner erweitert.
Hatte mal eine Freundin aus NRW, in Wien kennengelernt. Als ich sie mal zu Hause besuchte (in Kleve), kam ich mir unter den Einheimischen wie der letzte Idiot vor. Ich bemühte mich zwar hochdeutsch zu reden, aber sie verstanden mich nicht wirklich. Umgekehrt kam mir deren Plattdeutsch so vor, als würden sie chinesisch sprechen. Null Sprachverständnis, beiderseits.
Den fränkischen Dialekt akzeptieren wir Österreicher hingegen gerne, da keine gröberen Sprachbarrieren bestehen. Z.B. sagen wir hierzulande ebenso "Grüß Gott" wie bei Euch.
Gut beobachtet! Ich kann das, als Österreicher, der in Franken aufgewachsen ist, voll und ganz bestätigen. Das unschöne und pejorative Wort Piefke, würde ich nie für einen Franken, Schwaben, Württemberger, Badenser oder Bayern (wobei bei letzteren die fränkische Nebenseele in meiner Brust schon etwas drückt...) verwenden. Ich denke, daß hier einfach geschichtliche Gründe auch eine bedeutende Rolle spielen. Man darf nicht vergessen, daß Teile Süddeutschlands insbesondere Badens, Württembergs und auch Schwabens viele Jahrhunderte zu Österreich gehört haben: Freiburg im Breisgau war bis 1803 eine österreichische Stadt!
Und auch in Franken gibt es unglaublich viele Einflüsse: das alte Herzogtum Franken und auch der fränkische Reichskreis waren stets sehr habsburgtreu und nach Wien ausgerichtet und viele bedeutende österreichische Adelsfamilien kamen aus Franken wie z.B. die Schwarzenberg. Und schließlich gehörte das alte Herzogtum Franken von 1806 -1816 sogar dem Habsburger Ferdinand von Toscana und war damit österreichisch. Die geschichtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zu Österreich waren viel enger als zu Nord- oder Ostdeutschland. Und diese Beziehungen beeinflussen natürlich die Sprache.
Interessant ist, wenn man sich alte Texte aus dem 19. Jahrhundert aus Würzburg oder dem nürnberger Raum ansieht, dann finden sich da noch viele Ausdrücke, die es heute noch in Österreich gibt, wie z.B. die Fisolen, oder für anfassen wurde angreifen, wie heute in Österreich, verwendet.
Für mich als Österreicher sind deshalb Franken, Badenser, Württemberger, Schwaben und Bayern eher Landsleute von jenseits der Grenze und weniger Deutsche oder gar Ausländer. Wir verstehen uns sprachlich und auch sonst und teilen letztlich eine lange gemeinsame Kultur und Geschichte.
Aktuell weiß der Durchschnittsösterreicher (auch Bio) mit Piefke nichts anzufangen….eine Filmserie aus dem letzten Jh. ist nicht meinungsbildend.
Es ist die Gegenwart, und die ist beidseitig der Grenze zu ähnlich, um Unterschiede signifikant erkennbar zu machen…Ausnahme, die ewig Gestrigen.
Ich habe eine Zeitlang in Berlin gelebt und bin dort in eine Menge kleiner Mißverständnisse hineingerutscht, z.B.
- Ich wollte zusammen mit einem Freund etwas umräumen und weil es schwer war, sagt ich „Greif an“. Er war völlig verwirrt, weil er nicht wußte, wer der Feind war.
- Dort kann man nur etwas vergessen, nicht auf etwas vergessen
- Legendär waren die Pfannkuchen. Ich dachte, daß die Deutschen damit Palatschinken meinen, aber es waren Krapfen (bzw. eine räudige Approximation daran)
- Irgendwann habe ich einmal über die Langsamkeit der Abfertigung an den Supermarktkassen beklagt und die dort arbeitenden Damen als „Schnecken“ bezeichnet. Die Deutschen erkannten darin aber nicht eine Metapher für Langsamkeit, sondern etwas ganz anderes.
- Als ich einmal zu einer leicht nervenden Dame sagte, sie solle mir doch den Schuh aufblasen, erntete ich zuerst verständnislose Blicke und dann krampfhaftes Gelächter.
- Als mir ein Kollege erzählte, daß er in der Mittagspause mit der Sekretärin geschnakt hätte, war wiederum ich fassungslos
- Jedes Mal, wenn ich vom Kaiser rede, denken die an ihren Willi
- Wirklich schwierig wird es aber nur beim Kochen, da heißt fast alles anders.
Insgesamt war das aber eher lustig als beschwerlich.
Mit dem Begriff „Pudern“ hattest Du keine kosmetischen Verwirrungen unterhalb der Gürtellinie .?
Ich habe mal im Urlaub eine Woche lang mit zwei Österreichern an einem Tisch gegessen. Es war wirklich lustig, wie viele Lebensmittel unterschiedliche Namen in Österreich und Deutschland haben: Schlagobers, Paradeiser, Kren, Erdapfel, Ribisel usw.
ich möchte bloß wissen, was Euch dazu spontan einfällt?
Naja, da gibt es unzählige Unterschiede in der Sprache, aber die Kommunikation klappt dennoch. Mein deutscher Partner, der seit ein paar Jahren hier lebt, ist der lebende Beweis - alles kein Problem! ;)
Es fragt sich, worin diese Partnerschaft begründet ist. Ich hatte mehr als 20 Jahre lang eine solche - allerdings beruflich, weil der Mutterkonzern meiner Firma in Düsseldorf ansässig war, und ich in deren Wiener Filiale werkte. Mit den deutschen "Oberbossen" gab's stets Probleme, auch in sprachlicher Hinsicht. Sie wollten absolut nicht verstehen, dass wir eine andere Mentalität haben - und dass selbst juristische Angelegenheiten in AT trotz nahezu identischer Gesetzeslage anders formuliert werden müssen als in DE üblich.
Ferner hatte ich mal über 10 Jahre lang eine deutsche Lebenspartnerin, und zwar hier in Wien. Diese verlief im Prinzip äußerst harmonisch - bis auf so manche Missverständnisse, was die Bezeichnung von Obst- und Gemüsesorten anbelangte. Woher soll ich z.B. wissen, dass eine Grapefruit in DE als "Pampelmuse" bezeichnet wird? Oder ein Karfiol als "Blumenkohl"?
Nun, mit einem früheren deutschen Chef hatte ich auch meine Probleme, diese zwischenmenschliche Beziehung unterscheidet sich jedoch enorm von einer Liebesbeziehung ;). Das Vorgesetzte oftmals einfach einen ganz anderen Stil haben als man selbst, dieses Phänomen ist bekannt.
Und was die sprachlichen Unterschiede zwischen meinem Partner und mir angeht, gab es ehrlicherweise nie ernsthafte Probleme. Gewisse Dinge wurden eben anfangs einfach erklärt und mit der Entscheidung, dass er nach Österreich zieht hat er gewisse Begriffe dann einfach adaptiert. Auch das Verständnis von Dialekt ist so eine Sache, da hatte er am Anfang natürlich öfter mal Probleme, bestimmte Personen zu verstehen, aber auch die können sich ja um eine deutlichere Sprache bemühen und mit der Zeit lernt man sowas ja auch - er lernt sogar heute noch manchmal neue Begriffe ;)
Zunächst vielen Dank für Deine ausführliche Rückmeldung.
Ich darf darauf hinweisen, dass ich zwischen "dienstlich" und "privat" extra einen Absatz gemacht habe, um das eine vom anderen zu trennen.
Es freut mich, dass Du mit Deinem DE-Partner trotz allfälliger Sprachhürden glücklich bist!
Sprachliche Unterschiede gibt es auch innerhalb dieser Länder ; ein sprechender
Ur - Bayer tönt ganz anders als ein gestandener Ostfriese ... Die Amtssprache ist in beiden Ländern Deutsch ; Unterschiede gibt es lediglich in den regional gesprochenen
Dialekten. Mal abgesehen von einzelnen wirklichen "Unterschieden" wie Tomaten in Deutschland und Paradeiser in Österreich und noch ein paar Andersartigkeiten, die aber m.E. zu vernachlässigen sind ...
Du sprichst ein Hauptthema an, nämlich die sprachlichen Unterschiede bei Obst und Gemüse.
Möchte derzeit nichts vorwegnehmen, weil ich noch auf andere Beträge von GF-Usern hoffe.
Als kleiner Vorgeschmack Folgendes: Unsere "Fisolen" sind für einen Deutschen "Bohnen". Unter letzterem verstehen wir hingegen wieder den Überbegriff ausgelöster Hülsenfrüchte, also z.B. Kidney-Bohnen u. dgl.
Foto siehe hier:
Köstliche Anekdoten!
Herzlichen Dank dafür.
Möchte derzeit nichts vorwegnehmen, weil ich noch auf andere Beträge von GF-Usern hoffe.
Als kleiner Vorgeschmack Folgendes: Fragte mal in Köln nach einen "Mistkübel" und erntete bloß Verständnislosigkeit. "Zum Wegschmeißen" war sodann der Aufklärung der Sache offenbar auch nicht dienlich.
"Im Mülleimer entsorgen" - ok, aber welcher Wiener redet so gespreizt? 😉