"Mein Arsch juckt!" - und andere sinnige Sentenzen nachts um3 Uhr
Liebe Schwarm-Intelligenz,
ich habe vor ca 1 Jahr ein Mädchen kenenngelernt. Naja, und ich find sie auch recht sympathisch, aber in letzter Zeit erdrückt sie mich ein wenig. Wir wohnen ca 1 Stunde entfernt, weshalb wir uns nicht so oft sehen. Dafür versucht sie telephonisch den Kontakt zu halten - was ja auch echt nett ist, aber mich momentan um den Nachtschlaf bringt.
Ihre Telephonate beginnen meist um 22 Uhr und ziehen sich bis 3 Uhr oder 4 Uhr in die Nacht. Während des Telephonats scheint auch der Empfang schlecht zu sein, da sie währendessen noch Putzt, Aufräumt, Anime guckt oder Videospiele spielt. Sie redet meist ohne Punkt und Komma und hundert Mal das gleiche. Rückfragen von ihr zu meiner Person kommen so gut wie nie vor. Von Zeit zu Zeit leg ich auch das Handy mal 5 Minuten beiseite und sie merkt's nicht, weil sie die ganze Zeit durchlabert.
Sie hat letzten Monat plötzlich und unerwartet ihre Mutter verloren, an der sie sehr gehangen hat und lebt jetzt alleine in der leeren Wohnung. Da sie unter Angststörungen und Panikattaken leidet, hat sie jetzt niemanden mehr in der Wohnung, der sie beruhigen kann. Ich versuch sie, wenn sie Panikattaken am Telefon hat, zu beruhigen in dem ich sie z.b. langsam ein- und ausatmen lasse oder sie ein Fenster öffnen lasse, um frische Luft zu kriegen oder ihre beruhigende Worte zukomme. Aber ich hab halt auch Angst, daß sie irgendwan mal umkippt und es dann in meiner Verantwortung liegt, weil ich sie nicht ausreichend oder gut genug beruhigt habe.
Die Gespräche drehen sich meistens um Belanglosigkeiten, ihren Alltag oder zwischendurch auch ernstere Themen wie aktuell der Tod ihrer Mutter und wie sie darauf klar kommt. Ich hab ihr auch angeboten, mich anzurufen wenn's ihr nicht gut geht - einfach, weil sie mir leidgetan hat, aber irgendwie nimmt sie das ein bißchen zu wörtlich.
Als ihre Mutter gestorben ist, hat sie bis 4 Uhr Nachts am Telephon durchgeweint. Ich hab ihr auch mehrfach gesagt, daß ich am Tag darauf eine Klausur schreib und daher wenig Zeit hatte - aber das ist natürlich eine Ausnahmesituation und daher kann sie ja auch nichts dafür.
Nichtsdestotrotz ruft sie mich jetzt trotzdem jeden Tag (bzw. Abend) in der Klausurenphase an. Wenn ich mal nicht drangehe, probiert sie es immer wieder und wieder. Als ich am Dienstag auf einem Konzert war (und daher nicht telefonieren konnte) , hat sie in der Zeit zwischen 20 Uhr und Mitternacht ganze 21 Mal angerufen.
Die Woche hat sie mich um 3 Uhr in der Nacht angerufen, um den, in der Überschrift zitierten Satz, mitzuteilen. Andere Anrufe enthalten Informationen wie
- "Ich hab Blähungen"
- Mein Kopfkissen versteckt sich vor mir
- Meine Bettdecke ärgert mich"
- Ich hab Hunger!
- Ich kann das alles nicht mehr.
- Hilfe, Hilfe, ich krieg keine Luft mehr
- Mein Mund schmeckt nach Blaubeere
Dabei switcht sie von Ernst bis Heiter. In der einen Sekunde singt sie fröhlich vor sich hin, in der nächsten Sekunde hat sie einen kompletten Nervenzusammenbruch. Ich mein..ich kann sie irgendwie verstehen. Es ist für sie eine beschissene Situation und sie tut mir auch irgendwie leid. Aber irgendwan wird es mir dann auch zu viel mir Nachts um 3 Uhr Mitteilungen über ihre floreszierende Darmflora anzuhören.
Ich bin gern bereit mit ihr den Kontakt zu halten und 10 - 30 Minuten abends zu telefonieren, damit sie sich nicht so allein in ihrer Wohnung fühlt, da ich sie als Person auch sehr schätze. Aber die nächtlichen Dauertelephonate über das Jucken im Gesäßbereich und das Eigenleben ihres Bettmobilars gehen mir langsam an die Substanz. Zumal ich - gerade wenn sie Panikattaken bekommt - nie richtig weiß, wie ich mit der Situation umgehen soll. Und da sie ja, wie gesagt, vollkommen allein in der Wohnung ist, kann ihr da auch keiner zu Hilfe kommen.
WIe kann ich ihr, möglichst höflich und elegant, sagen, daß ich momentan einfach keinen Nerv für ihre Telephonierei hab (zumal Klausuren anstehen), ohne sie allzu sehr zu verletzten?