Ist unsere Gesellschaft gespalten - und falls ja: Wie kann sie, diese Spaltung, überwunden werden?
Ich denke an Vieles: Politik im Allgemeinen (die ständige Verschärfung zwischen - so meine ich - ziemlich ratloser Koalition und nicht minder ratloser, ausschließlich hilflos kritisierender Opposition (ebenfalls untereinander zerstritten), im Besonderen an Begebenheiten / Eeignisse wie und Meinungen über Klimawandel, FFF (Fridays for Future-Bewegung), Verbrenner-Autos contra Elektro-, Hybrid-Fahrzeuge, Wind- und Solar-Energie contra fossile Energie oder Atom-Strom, Letzte Generation, Rechtsextremismus, Rassismus, Reichsbürger, Aluhüte - nicht zuletzt Europas Überbürokratisierungs-Zentrum Brüssel usw., usw., usw.´.
Natürlich (!) konnte die gesamtdeutsche Euphorie des 9. November 89 nicht über Jahre anhalten. Dass sie aber zu einer späteren Spaltung in vielen Lebensbereichen zwischen Wessis und Ossi - allerdings auch innerhalb Westdeutschlands - führen würde, hätte ich mir nie vorstellen können.
Wie denkt Ihr darüber ?
Ich bitte um sachliche Antworten.
Danke !
4 Antworten
sie ist weniger an sich gespalten als zwischen West und Ost!
nur ein Beispiel....!

Die Gesellschaft ist gespalten, in weiten Teilen Europas mit tendenziell denselben Symptomen. Vermutlich gabs die auch schon früher - am Stammtisch, jetzt aber werden sie offen und lautstark ausgetragen. Ich persönlich hab es aufgegeben mich mit Menschen über das Thema Flüchtlinge zu unterhalten, für die jeder ein "Bimbo" ist und ich den steigenden Blutdruck allein am Gesichtsausdruck ablesen kann.
Aber mich beschleicht das mulmige Gefühl - selbst wenn es keinen einzigen Flüchtling bei uns gäbe wäre die Stimmung genauso schlecht.
Woran das liegt? Sicher zum Teil an verantwortungslosen sozialen Medien, Plattformen, denen viel zu selten widersprochen wird und die soziale Werte in die Tonne treten. Sowie einer wenig entschlossenen Politik und Lehrplänen in den Schulen, die kaum mehr Spielräume lassen für politische Bildung und ein soziales Verständnis.
Alles zusammen leider kein schlechter Boden für eine autoritäre Führung in der Zukunft.
Sehr gute Antwort ! Danke ! Die (sozialen) Medien zerstören viel vom "Gemeinsinn" - und über SCHULE möchte ich nicht schreiben. Ich war mit Herzblut Lehrer bis zu 69 (!!) Jahren, doch das fossile Schulsystem war und ist mir ein rotes Tuch. Nicht mehr zählbar die von mir veröffentlichten Abhandlungen contra dieses armselige, vorgestrige System und meine Reden / Plädoyers, die ich bei Abiturfeiern in der Aula schwang....
Politische Differenzen gab es schon immer in unserer Gesellschaft. Auch bereits in den 1980ern wurde darüber debattiert, wie man mit Zuwanderung oder Umweltschutz umgehen sollte.
Die Debattenkultur hat sich jedoch seit einiger Zeit stark verändert. Das beobachte ich nicht nur in der Politik sondern auch bspw. in Vereinen. Dabei müssen die Risse der Spaltung durch die Politik und die Vereine thematisch noch nicht einmal die gleichen sein, aber die Methodik ist oft sehr ähnlich.
Einen ganz großen Anteil an diesem Phänomen verorte ich bei der Verfügbarkeit von (sowohl qualitativ guten wie auch schlechten) Informationen und der mehr oder weniger guten Fähigkeit der Leute, damit umzugehen. Die virale Verbreitung von Informationen wie Videos, Meinungen oder gezielter Desinformation eignet sich hervorragend, Ereignisse überzurepräsentieren und Zweifel zu streuen, wo in der Fachwelt schon seit langem evidenzbasierte Einigkeit besteht.
Ob das Phänomen auf Ost-/Westdeutschland beschränkt ist, weiß ich nicht. Meine Vermutung ist eher, dass es was damit zu tun hat, wie die ökonomischen Strukturen sind. Ein nicht unerheblicher Teil meines Freundeskreises stammt aus Bundesländern, die früher mal Teil der DDR waren und heute ökonomisch eher als abgehängt gelten. Mit dem Studium der Ingenieurwissenschaften sind im Grunde alle (bis auf einer, der an einer ostdeutschen Uni promoviert) in "den Westen" gezogen, wo die wirtschaftliche Situation mit besseren Jobangeboten lockte. Das können sich Leute mit höherem Bildungsgrad leisten und jene mit niedrigerem Bildungsgrad sind hier vergleichsweise gehemmt. Gleichzeitig korreliert der Bildungsgrad positiv mit der Medienkompetenz, bzw. negativ mit der Gefahr, auf gezielte Desinformation hereinzufallen.
Ich bedanke mich aufrichtig für diese sehr ausführliche, sehr kompetente Antwort, die ich DREImal las, um jeden Aspekt genau zu verstehen !
CHAPEAU !
Die Spaltung in unserer Gesellschaft wird von vielen verschiedenen Faktoren verursacht. Wir sollten aber nicht vergessen, dass es auch Elemente gibt, die daran interessiert sind, die Spaltung zu verschärfen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen. Es ist wichtig, dass wir uns davor schützen, von solchen Elementen instrumentalisiert zu werden, und dass wir uns darauf konzentrieren, gemeinsame Lösungen zu finden, die die Interessen aller Teile der Gesellschaft berücksichtigen.
Für einen AfDler aus Sonneberg selbst für einen Grünen, ganz vernünftig!
Danke für die Antwort. Dankbar wäre ich für eine Konkretisierung des "Instrumentalisierens" und / oder der "Instrumentalisierten".