Eure Meinung zu dieser Aussage?

7 Antworten

Es gibt an Marx einiges zu kritisieren (beim streit Marx vs. Lafargue bin ich Team Schwiegersohn, genauso wie geselschaftlich ich eher Anarchistischen als marxistischen Standpunkten zuneige) - aber um mal einen Liberalen zu zitieren: "Karl Marx Bedeutung für die Ökonomie ist nicht hoch genug einzuschätzen..." nur bin ich halt auch noch bei Popper, wenn dieser fortfährt "...allerdings hat Marx die Bedeutung der Ökonomie für die Geselschaft etwas zu hoch eingeschätzt".

Also Marx als Ökonom und Kapitalismuskritiker sei gepriesen - in anderen Bereichen Hasse ich ihn zwar nicht, sehe ihn aber deutlich durchwachsener.

Die Aussage ist zwar rhetorisch zugespitzt, aber inhaltlich kaum haltbar. Gerade unter Marx-Anhängern selbst existiert eine enorme Bandbreite an Richtungen und Schulen – vom orthodoxen Marxismus über westlichen Marxismus bis hin zur Kritischen Theorie und dem Postmarxismus. Nimmt man dann noch Strömungen hinzu, in denen Marx zwar eine Rolle spielt, aber keineswegs die zentrale – etwa viele anarchistische Ansätze –, wird die Aussage vollends skurril. Wer Marx „versteht“, gehört also keineswegs automatisch zu einer homogenen Gruppe. Und umgekehrt gilt: Viele, die Marx ablehnen, haben sich durchaus intensiv mit ihm auseinandergesetzt – und tun dies gerade deshalb. Die Aussage unterschätzt sowohl die Komplexität marxistischer Theorie als auch die Vielfalt ihrer Rezeption.


OssiGamer 
Beitragsersteller
 25.07.2025, 19:20

Die meisten anti-Marxisten denen ich bislang im Internet so begegnet bin machen den Fehler, zu denken, das Ziel des Marxismus wäre es, alle Menschen komplett gleich zu machen.

Dieser Gedanke hat jedoch sowohl mit den theoretischen Ideen von Marx und Engels, als auch mit deren praktischer Umsetzung (DDR, Kuba, UdSSR - streitet euch gerne untereinander darüber, wieviel diese Länder denn nun wirklich mit Karl Marx zu tun oder nicht zu tun hatten) in etwa so viel zu tun wie die Taliban mit Demokratie.

Nooppower639  25.07.2025, 19:44
@OssiGamer

Dein Einwand trifft auf viele Internet-Diskussionen zu – oft begegnet man dort Marx-Laien, die mit oberflächlichen Gleichheitsvorwürfen argumentieren.

Aber: Das entkräftet meine Antwort nicht. was ich gesagt habe, bleibt richtig und zielt bewusst nicht auf solche Karikaturen, sondern auf reale historische und theoretische Konfliktlinien rund um den Marxismus.

Ich wiederhole es gerne nochmal: Es gibt zahlreiche fundierte Kritiker, die Marx intensiv gelesen haben und ihn gerade deshalb ablehnen – aus guten Gründen. Ebenso ist es berechtigt, sich darüber zu streiten, wie viel DDR, UdSSR oder Kuba wirklich mit Marx zu tun hatten – man kann aber auch nicht einfach so tun, als hätten diese Systeme Garnix mit ihm zu tun, obwohl sie sich ausdrücklich auf ihn beriefen.

Und was die vermeintlich einheitliche Gruppe der „Marx-Versteher“ betrifft: Gerade dort zeigt sich eine massive theoretische Zersplitterung – von Orthodoxen über westliche Marxisten, Kritische Theorie, Operaismus, Postmarxismus bis hin zu diametral gegensätzlichen Positionen etwa beim Thema Staat, Revolution oder historische Entwicklung. Teilweise bekämpfen sich diese Strömungen mit größerer Verbissenheit als sie es mit Kapitalismus-Kritik tun.

Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Marx erfordert also mehr als das Zurückweisen populärer Missverständnisse

Na ja, da fehlen noch einige weitere Arten von Menschen.

Die, die ihn verstehen und genau deshalb hassen - weil sie von der Arbeit anderer leben und bekanntlich bestimmt das Sein das Bewusstsein.

Und auch die, die ihn zwar nicht verstehen, aber dennoch nicht hassen.

Der wahre Kern an dem Spruch ist, dass viele ihn nicht verstehen (wohl auch gar nicht versucht haben, was zu verstehen) und stattdessen bei Marx an irgendwas zwischen Stalin und Honecker denken.


OssiGamer 
Beitragsersteller
 25.07.2025, 19:24

Ich möchte hier nicht selbst entscheiden, wieviel Stalin und Honecker nun mit Marx wirklich zu tun hatten oder nicht zu tun hatten, darüber wird man sich noch in 1.000 Jahren streiten.

Unbestreitbarer Fakt ist aber: Sehr viele Menschen lehnen Marx deshalb ab, weil sie fälschlicherweise glauben, das Ziel des Sozialismus wäre es, alle Menschen komplett gleich zu machen.

Das lässt die unter den Tisch fallen, die ihn nicht kennen oder nicht näher damit beschäftigen.


OssiGamer 
Beitragsersteller
 25.07.2025, 19:08

Stimmt, das hat Anastasia65 bereits angesprochen.

Eines wurde vergessen:

Die Menschen, denen Karl Marx vollkommen egal ist (mir zum Beispiel)!


OssiGamer 
Beitragsersteller
 25.07.2025, 19:09

Aber ansonsten hat die Aussage bestand? Dann ist alles in Ordnung ;)

smartguy92  25.07.2025, 19:10
@OssiGamer

Ob die Aussage Bestand hat oder nicht obliegt deiner eigenen individuellen Interpretation. Andere werden vehement abstreiten, dass sie Bestand hätte.