Wie lest Ihr diese Originalzitate aus dem Gutachten von Brosius- Gersdorf zur Möglichkeit von Abtreibungen?

Sie will Abtreibungen bis zur Geburt ermöglichen 67%
Anders 33%

24 Stimmen

5 Antworten

Anders

Das Problem bei den Zitaten ist, dass sie unvollständig sind.

Edit (ich editiere es mal direkt hier rein). Hier das wichtigste Zitat von ihr:

 Der Fetus ist in dieser späten Schwangerschaftsphase grundsätzlich weiter bis zur Geburt auszutragen. Der Gesetzgeber muss den Schwangerschaftsabbruch in dieser Spätphase daher grundsätzlich als rechtswidrig erachten

Zunächst stellt sie einen Grundkonflikt dar, der sich daraus ergibt, dass eben nicht klar geregelt ist, ab wann das ungeborene Leben ein unteilbares Recht auf Leben hat und wann nicht. Eben weil die Menschenwürde u.ä. erst ab Geburt zählt und ansonsten das Recht des ungeborenen Kindes nur indirekt in der Verfassung steht. Juristisch ist es wirklich so, dass das Kind erst ab Geburt als Mensch zählt.

Das merkt man beispielsweise daran, dass es Jugendämtern verboten ist, schon vor Geburt das Kind quasi wegzunehmen. Juristisch wird hier getrickst. Es kann ein Sorgerechtsentzug beschlossen werden, der dann ab Geburt wirksam wird. Klingt schräg, ist aber so.

Das alles steht in jedem Fall im krassen Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. 

Ne. Steht es eben nicht. Das BVerfG hat hier in jedem Fall immer die Rechte gegenseitig abgewogen. Das muss es machen, da sich nichts anderes ergibt.

Das heißt: Es muss abwägen, ob das recht des ungeborenen Kindes auf Leben dem Recht der Mutter höher oder niedriger gewichtet wird.

Zu deinen Zitaten:

 "Auch in der Spätphase der Schwangerschaft muss der Gesetzgeber aber Ausnahmen vom Verbot des Schwangerschaftsabbruchs vorsehen und den Abbruch erlauben (Rechtmäßigkeit und Straffreiheit), wenn der Frau die Fortsetzung der Schwangerschaft unzumutbar ist ... Der Gesetzgeber sollte erwägen, die medizinische Indikation partiell neu zu regeln."

Das Entscheidende Wort hier ist unzumutbar. Das ist ein feststehender juristischer Begriff. Das bedeutet eben nicht "Ich habe keinen Bock", sondern es bedeutet beispielsweise, dass das Leben der Mutter zum Beispiel akut bedroht ist.

Und genau daraus ergibt sich das zweite Zitat:

"Bei der medizinischen Indikation besteht allerdings Neuregelungsbedarf. Sie erscheint problematisch in Konstellationen, in denen die Gefahr für die Frau nicht in einem akut lebens- oder gesundheitsbedrohenden Befund besteht, der durch die Schwangerschaft selbst bewirkt wird, sondern aus den Belastungen durch die Verantwortung für das Kind nach der Geburt resultiert."

Wenn also das Leben der Mitte akut in Gefahr ist, dann redet man darüber. Aber bevor man darüber redet, muss man erst mal klar machen, welche Fälle das wirklich sind. Wo also ist das Leben der Mutter akut in Gefahr UND eine vorzeitige Geburt kommt ebenfalls nicht in Frage? Das sind die Situationen, um die es somit geht.

"Der Schwangeren geht es beim Abbruch (bis zum 9. Monat) um die Verweigerung des Austragens der Schwangerschaft, weil ihr die damit verbundenen Gefahrtragungs-, Gebär-, Verantwortungsübernahme- und Sorgepflichten eine eigene Rechtsaufgabe und zugleich Lebensneugestaltung abverlangen, die von ihr jenseits der Zumutbarkeit schlicht nicht eingefordert werden können."

Hier solltest du dringend den Gesamtkontext mit dazu tun. Denn das ist ja gerade nicht das, was sie sagt als Rechtfertigung, abbrechen zu dürfen.


DjangoS8  18.07.2025, 12:18

Du kannst dir auch den gesamten Text dazu anschauen, dann erübrigt sich der Rest und diese "Frage" hier bricht unter der Inkompetenz des "Frage"stellers zusammen. ^^

xubjan  18.07.2025, 12:25
@DjangoS8

Richtig. :-)

Ich habe es mir ja angeschaut. Daher weiß ich, dass hier durch Weglassen von Teilen der Aussage alles verfälscht wiedergegeben wird. Ja. Man kann Aussagen auch durch gezieltes Weglassen mittels Original-Zitaten trotzdem verfälschen.

Hamburger02  18.07.2025, 13:13
@xubjan
Man kann Aussagen auch durch gezieltes Weglassen mittels Original-Zitaten trotzdem verfälschen.

Bestes und bekanntestes Beispiel: Die Emser Depesche, die Bismarck unvollständig an den Kaiser und die Presse weitergegeben hat und wodurch er Frankreich in den Krieg 1870/71 hineinzwang, da ihr Sinn durch die Weglassungen fast ins Gegenteil verkehrt wurde.

DjangoS8  18.07.2025, 14:01
@xubjan

Selbstverständlich kanntest du sie, du gehst auch hier sauber vor wie man es von dir gewohnt ist - und zugegeben von mir oft bewundert wird! ☺️

Sie will Abtreibungen bis zur Geburt ermöglichen

Es steht doch eindeutig drin, die Richter können entscheiden ob es möglich ist oder nicht. Zutiefst verabscheuend, das ist ein komplett ausgebildetes menschliches Wesen! solche Leute gören mit Sicherheit in kein Richteramt!

Sie will Abtreibungen bis zur Geburt ermöglichen

Ich verstehe es so. Allerdings ist eine Meinung, die im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht, deshalb noch nicht unvertretbar. Das Gericht kann seine Rechtsprechung ja auch ändern.

Besonders anschaulich dargestellt ist das in dem Vortrag "Erinnerungen an Gustav W. Heinemann" von Dr. Diether Posser, wo dargelegt wird, wie es Heinenann gelang, das Bundesverfassungsgericht zur Änderung seiner Rechtsprechung zum Verbot der Doppelbestrafung zu ändern. Der Vortrag ist mit Google leicht im Internet auffindbar.

Veröffentlicht ist er bei der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Sie will Abtreibungen bis zur Geburt ermöglichen

Und ich persönlich würde das auch befürworten. Allerdings, verstehe ich die Aufregung nicht, völlig unabhängig von meiner Meinung.

Das alles steht in jedem Fall im krassen Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Richtig, weil das Bundesverfassungsgericht nach aktueller gesetzlicher Lage urteilt. Und nach aktueller gesetzlicher Lage ist die Situation eben so, wie sie ist, auch für die Dame was sie ja sogar selbst zum Ausdruck bringt ("Der Gesetzgeber sollte erwägen, die medizinische Indikation partiell neu zu regeln.").

Eine Neuregelung wäre nicht notwendig wenn sie der Meinung wäre die bishere Rechtspsrechung des Bundesverfassugnsgerichts wäre fehlerhaft -> Somit besteätigt sie mit der Aussage sogar dass nach aktueller Gesetzeslage es eben genau so ist wie die bisherige Rechtsprechung es ausgelegt hat.

Insofern versteh ich das alles nciht. Als Verfassugnsrichterin darf sie doch eine Meinung haben, und ihre Meinung ist dass man eine gesetzliche Neuregelung anregen sollte. Das ist Aufgabe des Parlaments, damit hat sie als Verfassugnsrichterin überhaupt nichts zu tun - und damit ist es einfach nur eine persönliche Meinung.


BeviBaby  18.07.2025, 11:06

Das Bundesverfassungsgericht "urteilt" nicht nach gesetzlicher Lage wenn sie sich zur Rechtmäßigkeit entsprechender Vorschriften äußern... das ist ja Sinn der Sache.

Und es stimmt schon... das Bundesverfassungsgericht HAT dem Staat auferlegt AUCH das ungeborene Leben zu schützen. Das kommt in Konflikt mit den ebenfalls zu schützenden Rechten der Mutter, doch die Position dieser Dame macht es sich da m.E. etwas ZU einfach, auch vor dem Hintergrund der Position des BVerfG.

xubjan  18.07.2025, 12:28
@BeviBaby
Und es stimmt schon... das Bundesverfassungsgericht HAT dem Staat auferlegt AUCH das ungeborene Leben zu schützen.

Ergänzung: Weil es sich aus Artikel 2 GG indirekt ergibt (und nicht etwa aus Artikel 1 GG).

doch die Position dieser Dame macht es sich da m.E. etwas ZU einfach, auch vor dem Hintergrund der Position des BVerfG.

Ne. Eben nicht. Denn es geht ihr ja die ganze zeit darum, die Frage der Abwägung der gegenseitig stehenden Rechte dadurch aufzulösen, dass ein klares Regelwerk geschaffen wird. Denn beide absoluten Positionen (Schwangerschaftsabbruch nie vs. immer) sind nicht haltbar. Das wars. Mehr ist nicht Aussage. Der Weg dahin ist vor allem erst mal die medizinische oder sonstige Indikation der Zumutbarkeit zu klären, da diese nicht eindeutig ist. Das ist die Kernaussage. Der Rest ist Begründung für diesen Weg. Mehr steht nicht drin.

SmarterAss 
Beitragsersteller
 18.07.2025, 11:04

Das BVerfG argumentiert bisher, dass die Unantastbarkeit der Würde des Menschen bereits VOR der Geburt gilt. Und demnach ist es aus Sicht des BVerfG verfassungswidrig, wenn der Gesetzgeber die vob Frau Brosius-Gersdorf vorgeschlagenen Änderungen in die Wege leiten sollte.

MertIs  18.07.2025, 11:07
@SmarterAss

Naja, die Argumentation wird dann aber schwer vereinbar damit, dass bereits heute der Schwangerschaftsabbruch legal ist.

BeviBaby  18.07.2025, 11:07
@MertIs

Ist er nicht.

Und wer meint das downvoten zu müssen hat schlicht und einfach keine Ahnung von der geltenden Gesetzeslage.

MertIs  18.07.2025, 11:08
@BeviBaby

Natürlich ist er das?! Unter bestimmten Voraussetzungen.

BeviBaby  18.07.2025, 11:09
@MertIs

Hast du mal in unser Strafgesetzbuch geschaut oder dich auch nur 5 Minuten mit der Gesamtproblematik beschäftigt, die hier zugrundeliegt?

MertIs  18.07.2025, 11:10
@BeviBaby

Ja. Auf was beziehst du dich? Wonach wäre Schwangerschaftsabbruch generell verboten? Eine solche Regelung wäre mir völlig neu...

BeviBaby  18.07.2025, 11:10
@MertIs

Schau doch einfach mal rein. Ist nicht zu schwer für jemanden der meint lesen zu können

MertIs  18.07.2025, 11:11
@BeviBaby

Aha. Du weißst es also nicht. Ich schon -> im §218a StGB ist klar geregelt unter welchen Umständen ein Schwangerschaftsabbruch nicht gegen §218 StGB verstößt und damit zulässig ist.

BeviBaby  18.07.2025, 11:16
@MertIs

Was nichts daran ändert dass der Schwangerschaftsabbruch im Grundsatz illegal ist. Nebenbei essentieller Punkt vielfältiger Diskussionen zu dem Thema, grade in der letzten Zeit.

Aber gut... ich denke nach dem Eingang kann man sich eine weitere Diskussion sparen. Die Antwort war fachlich schlecht genug und du hast offenbar auch kein Interesse an einem Austausch.

MertIs  18.07.2025, 11:19
@BeviBaby
Die Antwort war fachlich schlecht genug und du hast offenbar auch kein Interesse an einem Austausch.

Sagst du nach dem du bisher überhaupt kein Argument oder Verweise geliefert sondern immer nur "schau doch selbst nach" geschrieben hast oder gleich persönlich beleidigend wurdest "jemand der meint lesen zu können".

Würd mal drüber nachdenken wer hier kein Interesse an einem Austausch hat und sich menschlich daneben benimmt...

Hamburger02  18.07.2025, 12:28
@SmarterAss
Das BVerfG argumentiert bisher, dass die Unantastbarkeit der Würde des Menschen bereits VOR der Geburt gilt.

Wo? Quelle?

Oder ist dxas eine weitere Lüge wie schon in deiner tendenziösen Fragestellung?

Anders

Auch heute schon dürfen "gesetzlich" straffrei Abtreibungen bis zur Geburt geschehen, wenn sonst das Leben der Mutter in akuter Gefahr ist oder bei sehr schwer beeinträchtigten Kinder. Dies ist nicht neues. Ebenso entscheidet da weder bisher, noch in Zukunft laut ihrem Vorschlag dies die Mutter, sondern ein entsprechendes Ärzteteam nach Befund.

Es soll nur ergänzt werden im Bereich der Übernahme der Mutterschaft. Das - wenn die Mutter z.B. durch Unfall in der Schwangerschaft oder so heftiger Behinderung, das sie kein Kind halten/pflegen kann - dies in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen wird und nicht wie seither außen vor bleibt.


xubjan  18.07.2025, 12:48

Nein. Gesetzlich gesehen darf man die Abtreibung derzeit eben nicht. Das ist ja das Thema des Ganzen. Es gibt zwar in der Praxis eine Nicht-Verfolgung von Schwangerschaftsabbrüchen in solchen Fällen, aber wirklich legal ist das nicht.

SmarterAss 
Beitragsersteller
 18.07.2025, 11:16

Das ist fundamental neu:

"Bei der medizinischen Indikation besteht allerdings Neuregelungsbedarf. Sie erscheint problematisch in Konstellationen, in denen die Gefahr für die Frau nicht in einem akut lebens- oder gesundheitsbedrohenden Befund besteht, der durch die Schwangerschaft selbst bewirkt wird, sondern aus den Belastungen durch die Verantwortung für das Kind nach der Geburt resultiert."

Paradiesplatz  18.07.2025, 11:31
@SmarterAss

das ist nicht fundamental neu, sondern wird in den entsprechenden Kreisen sowohl der Ärzte als auch der Juristen schon seit mindestens 20 Jahren diskutiert und die Zahl der Befürworter steigt von Jahr zu Jahr.

Der Bereich wächst entspechend der Notwendigkeiten der Praxis. So wurde am Anfang nur geschaut: akute Gefahr während der Schwangerschaft, dann kam dazu akute Gefahr duch die Geburt (sofern die Gefahr nicht durch Kaiserschnitt behoben werden kann), welche dann auch Praxisteil der Entscheidung des Ärzteteams wird. Nun will sie und wohl ein großer Teil des "Fachpersonals" dies noch ergänzen, um den direkten Teil nach der Geburt.

Dies ist aber gar keine Entscheidung des Gerichtes, sondern hier führt sie und KollegInnen seit Jahren entsprechende Gespräche mit den Politikern und Entscheidungsträgern. Und die Politker werden entscheiden ob die das wollen und falls ja, dann entsprechend dafür die notwendigen Gesetze ändern,

Und falls dazu jemals an das Bundesgericht ein entsprechendes Verfahren kommt, ob hier die Politik richtig entschieden hat, gibt es dort die Regelung das Sie oder andere "befangene" Richter dann nicht darüber entscheiden. Sondern durch Kollegen der anderen Kammer (sind zwei) ersetzt werden.