Was ist für euch verwerflicher, Diskriminierung wegen Geschlecht oder wegen Nationalität?

Ich empfinde beides genau gleich verwerflich 81%
Ich empfinde Diskriminierung wegen meiner Nationalität schlimmer 19%
Ich empfinde Diskriminierung wegen meines Geschlechts schlimmer 0%

21 Stimmen

7 Antworten

Hey!

Ich kenne beides und möchte daher auch auf beides eingehen. Du musst mir auch keinen Stern geben. Für mich ist es schon "Belohnung" genut mir zu so einer Frage Gedanken und entsprechend antworten zu dürfen.

Diskrimierung - aus welchen Gründen auch immer - ist ein wichtiges Thema und man sollte sich da auch offen drüber unterhalten können. Ich finde es wichtig, dass man respektvoll miteinander umgeht.

Ich finde beide Arten von Diskriminierung schlimm, und sie haben unterschiedliche Ebenen, die jeweils für sich verletzen können.

Diskriminierung wegen des Geschlechts ist etwas, das sehr viele Frauen und auch nicht-binäre Personen (Frauen*) immer wieder erleben. Das ist oft der Fall - direkt und indirekt. Es geht da oft um alte Rollenbilder und Vorurteile, die die Gesellschaft geprägt haben.

Frauen* werden oft als schwächer, weniger kompetent oder emotionaler angesehen - das ist meiner Meinung nach einfach unfair und ungerecht. Das kann einen sehr frustrieren, weil man ständig das Gefühl hat, sich doppelt beweisen zu müssen und allen Ansprüchen gerecht werden muss.

Das fängt ja schon an mit sowas wie das Frauen* eine schöne Handschrift haben müssen, sie müssen ordentlich sein, sie müssen alle unterhalten können...

Besonders schlimm finde ich es, wenn Frauen* in Berufen diskriminiert werden, wo es um Kompetenz geht - als ob sie diese nicht haben könnten, nur weil sie eben Frauen* sind. Es gibt sicher auch Frauen die sich gerne in diese Position begeben, aber das ist nicht die Regel.

Auf der anderen Seite ist Diskriminierung wegen der Nationalität auch extrem hart, weil es so direkt und offensichtlich auf deine Herkunft abzielt. Es reduziert dich quasi auf etwas, worauf du keinen Einfluss hast - wo du geboren wurdest oder wo deine Eltern herkommen.

Und das tut weh (ich kenne das aus eigener Erfahrung), weil du das Gefühl hast, dass man dir einfach keinen Respekt oder keine Chance geben will, nur weil du „anders“ bist oder aus einem Land kommst.

Besonders schlimm finde ich, dass es oft mit Rassismus einhergeht, und das bringt nochmal eine ganz andere Art von Verletzung mit sich. Da geht’s nicht nur um Vorurteile, sondern oft um Hass.

Was ich also schlimmer finde? Schwierig zu sagen. Beides greift dich als Mensch an und lässt dich fühlen, als ob du nicht gleichwertig bist. Mich hat auch beides schon getroffen.

Persönlich finde ich, dass Diskriminierung wegen der Nationalität vielleicht etwas brutaler wirkt, weil sie so extrem auf „du gehörst nicht hierhin“ abzielt undauch oft diesen Rassismus-Aspekt hat - während Diskriminierung wegen des Geschlechts oft subtiler und tiefer in der Gesellschaft verwurzelt ist.

Beides ist aber absolut nicht okay, und es sollte dagegen gekämpft werden.

Wie ist denn eigentlich bei dir und wie sind deine Ansichten? Mich interessiert auch immer wie man auf so eine Fragestellung kommt.

Anissa

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

warai87 
Beitragsersteller
 23.10.2024, 11:13

Hallo, 

vielen Dank für deine sehr ausführliche Antwort! Und auch für die Gegenfrage, denn tatsächlich bin ich darauf gekommen, seit mir bei mir selbst aufgefallen ist, dass ich in mehreren Fällen Diskrimierung nach Geschlecht als moralisch verwerflicher empfand, und zwar interessanterweise seitdem ich selbst „Ausländerin“ geworden bin. Daraufhin habe ich versucht zu reflektieren, woran das liegt, was also diese spontane emotionale Tendenz bei mir ausgemacht hat. Denn rein rational wäre mein Impuls so ähnlich wie sehr viele Antworten hier: warum sollte es da überhaupt einen Unterschied geben? Nach schon mehreren Jahren des Reflektierens denke ich so ungefähr zu wissen, worin für mich die entscheidenden Unterschiede bestehen. Ich habe aber (nicht unbedingt hier in dieser Umfrage, aber allgemein) das Gefühl, dass viele empfindlicher auf Diskriminierung wegen ihrer Nationalität reagieren.

Anissa97  23.10.2024, 12:09
@warai87

Ich will die Meinung von niemandem diskreditieren - das bin ich nicht- Aber meine persönliche Vemutung ist, dass die Aussage "Es gibt kein Ranking bei Diskrimierung" vor allem von Personen kommt, die das selber nicht erfahren haben. Klar, Diskriminierung an sich, geht gar ncht, aber wenn du beides erfahren hast, dann kannst du auch - zumindest für dich - entscheiden was für dich schlimmer war.

Deine Ansichten finde ich spannend - vielen Dank für das Teilen deiner Erfahrungen. Es ist beeindruckend zu sehen, dass du dir so viel Zeit genommen hast, das zu reflektieren.

Wie ich oben sagte, glaube ich, dass es sehr individuell ist, welche Form der Diskriminierung als schmerzhafter empfunden wird, und es hängt oft stark von den eigenen Erlebnissen und Kontexten ab.

Dein Punkt, dass viele vielleicht empfindlicher auf Diskriminierung wegen ihrer Nationalität reagieren, ist auch nachvollziehbar für mich. In vielen Fällen kann das daran liegen, dass Nationalität oft in Verbindung mit kultureller Identität und Wurzeln steht (also etwas extrem persönliches). Geschlechterdiskriminierung hat dagegen oft andere gesellschaftliche Dimensionen, die aber genauso verletzend sein können.

Am Ende des Tages ist Diskriminierung in jeder Form etwas, das uns alle betrifft und wogegen wir uns aussprechen sollten. Aber deine Erfahrung zeigt gut, wie sich Perspektiven verändern können, wenn man selbst in verschiedenen Lebenssituationen ist.

Wären mehr Menschen so achtsam und selbstreflektiert, hätten wir gvermutlich auch weniger Probleme mit Diskriminierungen.

warai87 
Beitragsersteller
 24.10.2024, 00:01
@Anissa97

Ja das könnte tatsächlich eine Rolle spielen, dass für mich vom Elternhaus her meine Nationalität vielleicht auch einfach weniger persönlich ist als für manche andere Menschen. In einer Situation, in der ich damit entweder mein Leben retten oder einen massiven Vorteil bekommen könnte, würde ich meine Nationalität locker leugnen, eine andere vortäuschen oder auch eine andere annehmen. Mit Nationalität kann man das eben auch. Würde ich versuchen, mich als das andere Geschlecht auszugeben, würde ich nicht für eine einzige Sekunde irgendjemandem etwas vormachen können. Schon alleine deshalb ist „Diskriminierung gegen mein Geschlecht“ etwas, was ich nicht austricksen und das ich nicht umgehen kann. Es hat also eine fatalistischere Dimension.

Ach naja, ein Engel bin ich auch nicht… der nächste Gedankenschritt ist dann nämlich auch, ob daraus, wie wir etwas als Opfer empfinden, nicht auch folgt, wie wir damit als Täter umgehen. Dass ich also beispielsweise dazu neige, vergleichsweise leichtfertig diskriminierende (naja, sagen wir: pauschalisierende) Aussagen über andere Nationalitäten mache, weil ich selbst derartige Aussagen über meine eigene Nationalität eben auch, in Anführungszeichen, „nicht so schlimm“ finde. Im Umkehrschluss: jemand, der selbst eine auf Nationalität abzielende Diskriminierung als höchste Ehrverletzung empfindet, würde es selbst auch nur ausschließlich einsetzen, wenn er genau diese höchste Ehrverletzung zufügen möchte. Und genau so bei Geschlecht, Täter könnten doch auch ganz bewusst diese Form wählen, weil sie wissen, wie sehr Geschlecht etwas ist, das wir alle nicht einfach ablegen können, um uns zu schützen. Ich glaube, dass aus Opferpsychologie Täterpsychologie folgt und das Gedankenexperiment „stell dir vor, du bist das Opfer“ das aufdecken kann und es sich auch insofern lohnt zu hören, wie andere darüber denken.

Ich empfinde beides genau gleich verwerflich

Für mich gibt es kein Diskriminierungsranking.


warai87 
Beitragsersteller
 23.10.2024, 10:30

Danke für die Antwort! Hätte ich bei mir auch nicht gedacht, aber irgendwann habe ich festgestellt, dass ich das eine moralisch schlimmer bewerte als das andere. Das hat mich selbst überrascht. 

Ich empfinde beides genau gleich verwerflich

Beides scheußlich!


warai87 
Beitragsersteller
 23.10.2024, 10:27

Danke für die Antwort. Kleine Nachfrage, falls du nichts dagegen hast: Bist du schon einmal für beides diskriminiert worden? Und deine Emotion gegenüber den Tätern war in beiden Fällen wirklich gleichwertig?

Ich empfinde beides genau gleich verwerflich

Beides ist Diskriminierung. Da gibt es kein besser oder schlimmer.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin selber lesbisch und kenne mich mit LGBTQ+ gut aus :)

warai87 
Beitragsersteller
 23.10.2024, 10:33

Danke für die Antwort! Hätte ich bei mir auch nicht gedacht, aber irgendwann habe ich festgestellt, dass ich das eine moralisch schlimmer bewerte als das andere. Das hat mich selbst überrascht. 

In den wenigsten Fällen würde das jemand so begründen weil das ja strafbar wäre.

Andererseits steht es jedem offen Angehörigen einer bestimmten Nationalität keine Wohnung zu vermieten weil man sehr schlechte Erfahrungen diesbezüglich früher gemacht hat. oder nicht?

Wenn ein Muslim lieber nur einem Muslim das Zimmer vermietet ist das auch Diskriminierung.?

Oder wenn ein Männergesangsverein nur Männer aufnimmt oder wenn die katholischen Landfrauen sich weigern Männer aufzunehmen.?

Wenn ein Mann sich als Zahnarzthelfer bewirbt und der Zahnarzt aber lieber nur weibliche Angestellte möchte, das natürlich leugnet aber letztendlich nur Frauen einstellt?

Wenn eine Frau ein Cafe eröffnet das nur für Frauen zugänglich ist?

Wenn eine Muslima keine Beziehung mit einem Christen eingehen möchte (darf)

nach dem Islam Recht.

Vor 30 Jahren war der Arbeitsmarkt so umkämpft dass man immer in Konkurrenz zu 100-150 Bewerber stand. Eingestellt wurde oft nur wenn nicht nur die Qualifikation gepasst hat sondern auch noch persönliche Beziehungen mit im Spiel waren. Mann, ist man da oft diskriminiert worden.!

Das alles ist Diskriminierung?


warai87 
Beitragsersteller
 23.10.2024, 11:28
In den wenigsten Fällen würde das jemand so begründen weil das ja strafbar wäre.

Ja, das Beispiel war bewusst so unrealistisch eindeutig gewählt, weil ich wirklich auf den moralischen Vergleich hinaus wollte und nicht den juristischen.

Andererseits steht es jedem offen Angehörigen einer bestimmten Nationalität keine Wohnung zu vermieten weil man sehr schlechte Erfahrungen diesbezüglich früher gemacht hat.

Also erstmal, als jemand, der schon mal an Ausländer vermietet hat und es bereut hat: ja. Allerdings geht es mir an dieser Stelle um die Opferperspektive.

Wenn ein Muslim lieber nur einem Muslim das Zimmer vermietet ist das auch Diskriminierung.?

Ja genau, um so eine Situation ging es mir in der Umfrage, würdest du dich davon denn diskriminiert fühlen (unabhängig davon, was das Gesetz dazu sagt)? Und wäre es schlimmer oder weniger schlimm oder gleich schlimm, wie wenn der Moslem sehr wohl an dich vermieten würde, wärst du das andere Geschlecht?

Oder wenn ein Männergesangsverein nur Männer aufnimmt oder wenn die katholischen Landfrauen sich weigern Männer aufzunehmen.?

Naja diese Fälle hatte ich ja im vierten Abschnitt extra ausgeschlossen.

Das alles ist Diskriminierung?

Es ging mir in der Umfrage tatsächlich nicht um die Frage, was Diskriminierung ist oder ob Menschen auch unbewusst diskriminieren oder wann man sich diskriminiert fühlen sollte oder nicht, sondern um die Annahme, dass man diskriminiert wird, und ob es einem dann moralisch egal ist, aus welchem Grund.

Mondrago  23.10.2024, 12:51
@warai87

Jeder wird diskriminiert aber manchmal ist es auch verständlich!

Beispiel! Gehe abends mit dem Hund Gassi und vor mir geht eine Frau die zufällig in dieselbe Richtung geht. Ich merke sie sieht sich immer wieder um, sie ist im Zweifel ob sie nicht verfolgt wird. Soll ich jetzt langsamer gehen oder einen Umweg? Aber warum ich will doch gar nichts von ihr, dass ist doch nur ihr Vorurteil das sie ängstigt! ?

Irgendwie ist es beleidigend dass sie mir das zutraut aber ich verstehe sie auch und deshalb gehe ich lieber einen kleinen Umweg.

Mit ein realistische Erfahrungswerte hätte. wäre ihr klar das ein Mann mit einem Hund selten irgendwelche Überfälle auf Frauen begeht.

Wir "diskriminieren alle manchmal aus realistischen Hintergründen die durchaus Sinn machen aber manche machen es aus Angst oder Dummheit.

warai87 
Beitragsersteller
 23.10.2024, 14:59
@Mondrago
manche machen es aus Angst oder Dummheit

Ja, genau das habe ich mir nämlich auch schon überlegt, dass ich Diskriminierung aus Unwissenheit tendenziell moralisch weniger verwerflich finde als. Ohne Frage für mich dann erstmal genau so schlecht, aber… als Problem lösbarer vielleicht? Gutes Beispiel jedenfalls, danke!