AfD vs Bauhaus. Wie steht ihr dazu?
https://www.mz.de/mitteldeutschland/kultur/afd-bauhaus-kritik-architektur-moderne-jubilaeum-3936104
Ich persönlich bin jetzt kein wirklicher Fan des Bauhaus jedoch finde ich nicht dass man politisch gegen einen bestimmten Architekturstil vorgehen sollte
26 Stimmen
11 Antworten
Funktionalistischer, kalter, effektiver Bausil: Quadratisch, praktisch und sinnvoll, jedoch nicht wirklich wohnlich.
Rational betrachtet könnte so am besten gegen die Wohnungsnot vorgegangen werden und wenn durch kleine Wohnelemente, die den Stil auflockern es etwas wohnlicher wird, vielleicht sogar eine Idee für die Zukunft?
In Paris hat man versucht, so auf dem ersten Blick ansprechenden Wohnraum zu schaffen https://de.wikipedia.org/wiki/Banlieue doch durch die Ghettoisierung ging es schief. In Hannover versucht man gerade mit den ersten Banlieue https://kronsrode-mitte.de/ ebenfalls der Wohnungsnot entgegen zu wirken. Ich befürchte, da das Konzept den französischen sehr ähnelt, mit dem gleichen Effekt. Andere Städte in Deutschland machen es sicher ebenfalls und es wird als modern beworben.
Eine Weiterentwicklung des Baustils, wie in den Vereinten Emiraten scheint zumindest Anhänger zu haben und sogar auf Touristen Anziehungskraft für einen Kultururlaub zu besitzen. Vielleich sollte gerade in Dessau und anderen Schwerpunktstädten mit Orginalsubstanz des ursprünglichen Bauhaus geschaut werden, was bei der Infrastruktur, aus den Emiraten, auch hier sinnvoll als Ergänzung wäre.
Jede Architekturrichtung hatte ihre Zeit und gehört zur deutschen Kultur als Kulturgut dazu. Wenn eine sinnvolle Nutzung möglich ist, dann ist diese erhaltenswert. Interessante Städte leben gerade von der Vielzahlt architektonischer Bauten. Wobei gerade die seltener erhaltenen älteren Bauten bevorzugt erhalten bleiben sollten. Ein völliger Abriss eines Architekturstils ist unnötig kostenintensiv und obendrein eine Vernichtung deutschen Kulturguts, denn Bauhaus ist eine Entwicklung deutscher Architekten der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts https://cubenuovo.com/2019/02/03/100-jahre-bauhaus-in-dessau-fand-die-moderne-ihre-heimat/
So ganz richtig erfasst die Fragestellung die Haltung der AfD zum Thema Bauhaus und dem aktuell verbreitetsten Baustil nicht, wie ja im Artikel auch deutlich wird.
Da ich mich durchaus ein wenig mit diesem Thema auseinander gesetzt habe und sowohl die Bauhaus-Meisterhäuser in Weimar, wie auch das dazugehörige Museum kenne und auch die philosophisch-politischen Ansätze der Bauhausbewegung der 20er Jahre, möchte ich hier ein wenig ausführlicher dazu äußern.
Der formulierte Wunsch
Der jetzt konkrete Wunsch der AfD-Fraktion in Weimar lautet ja, eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bauhaus und möchte den Verzicht auf eine, ich zitiere, "einseitige Glorifizierung". Völlig legitime Forderungen und alles andere als fundamental. Denn gegen eine kritische Auseinandersetzung kann niemand etwas haben, Kritik und Reflektion sind ein Wesenskern menschlichen Strebens zur Weiterentwicklung. Bauhaus selbst gründet sich ja auf Kritik an dem damals vorherrschenden Baustil, verbunden mit einer eigenen Version von Architektur.
Ebenso ist der Wunsch auf eine einseitige Glorifizierung zu verzichten durchaus nachvollziehbar. Warum nicht sowohl die positiven Aspekte des Bauhausgedankens betrachten (die es natürlich auch gab), als auch die negativen, vor allem die negativen Auswirkungen dieses Baustils, welcher von Deutschland aus die Welt eroberte.
Die Auswirkungen einer (vielleicht einstmals guten) Idee
Knapp 100 Jahre nach der Bauhausrevolution hat sich das Bauen, haben sich die Städte und Dörfer weltweit gewandelt und dies nicht unbedingt zum Guten! Ja, grundsätzlich wohnen Menschen besser als 1920. Die dunklen Hinterhöfe Berlins, die verschmutzten Arbeiterviertel sind gewichen: Strom, Komfort und gute Mindestausstattungen sind nun nicht mehr dem besser bezahlten Teil des Volkes vorbehalten. Aber meiner Meinung nach überwiegen die Nachteile dieses über alles gebrochene Baustils, welcher alle anderen verdrängt hat:
- Regionale und traditionelle Baustile sind nahezu verschwunden und haben einer uniformen Bauweise platzgemacht, welche ...
- ... die Städte und Dörfer austauschbar machen. Regionale Individualität hat einer gesichtslosen Massenarchitektur Platz gemacht. Überall die selben Blöcke und Glasflächen, Beton- und Asphaltwüsten. Ob man sich nun in Paris oder in Berlin befindet, kann man als Außenstehender oft nur noch an den Nummernschildern erkennen.
- Das, was die Städte einzigartig macht, sind die alten Bauten vergangener Epochen, wenn man von einigen Leuchtturmprojekten absieht.
- Uniforme, gleichmäßige und langweilige Architektur, die oftmals...
- ... im Brutalismus und erdrückender, kalter Blockästhetik jedes ästhetische Empfinden abtötet, unwirkliche, ungemütliche und nichtliebenswerte Umgebungen schafft.
Nur die wenigsten wünschen in solchen Fabriken zu leben. Kalt, industriell, hässlich. Frankfurt lädt zum Träumen ein.
Architektur und Baustile fallen nicht vom Himmel, sie sind das Ergebnis politischer Einflussnahmen und politischer Entscheidungen, zumeist auf kommunaler Ebene. Bauvorschriften und die Umsetzung kommunaler Bauprojekte werden politisch entschieden und dann in Beton gegossen. Daher ist es auch folgerichtig, wenn die AfD "gegen einen bestimmten Baustil" vorgehen möchte und eben eine Abkehr von einem Baustil möchte.
Möchte man schönere Städte haben mit Häusern regionaler und traditioneller Bauart (was Modernität übrigens überhaupt nicht ausschließt), muss dieser Wille auch politisch vereinbart werden.
Geil: Kiel von seiner schönsten Seite. Hier hält man sich gern auf.
Dieser politische Wille bedeutet nicht, dass dann überhaupt nicht mehr im Bauhausstil gebaut werden kann oder darf. Natürlich bleiben den privaten Bauherren im Rahmen der kommunalen Regeln Freiheiten und wer möchte, darf sich auch künftig noch eine Bauhausvilla mit Kanten und großen Glasfenstern errichten (was durchaus auch schick sein kann).
Die autogerechte Stadt der 60er mit der radikalen Umgestaltung von Stadtteilen, die den Krieg noch überstanden hatten aber nicht dem Betonierungswillen der Stadtplaner. Viel Widerstand gab es allerdings in Anbetracht des schlechten Zustandes alter Bausubstanz damals nicht.
Für die Gemeinden aber wäre es ein Gewinn und würde die Städte und Dörfer wieder ein wenig menschlicher gestalten, gemütlicher und ansehnlicher. Dabei muss keineswegs 1:1 der Baustil vergangener Zeit kopiert werden (was aber sicher nicht stören würde), sondern kann sich natürlich den Bedürfnissen und dem ästhetischen Empfinden der heutigen Zeit anpassen.
Fakt ist jedoch: Die Menschen leben lieber in schönen Altbauwohnungen als in modernen Glas-Beton-Kästen.
Ideologie der Architektur
Die Bauhausidee war immer schon politisch und aus damaliger Sicht auch durchaus nachvollziehbar. Die Fragen um die Gestaltung des öffentlichen Raums führte oft in der Vergangenheit zu heftigen Streitereien, welche sich oftmals (aber keineswegs immer) auch an den politischen Linien entzündete.
Was will die AfD mit ihrem Antrag bezwecken?
Laut Artikel bleibt die AfD in der Konkretisierung offen, was auch sinnvoll ist, denn dies wäre ein Aushandlungsprozess, welcher sicher nicht am Schreibtisch und auch nicht allein in einer Ratsversammlung entschieden werden kann. Zudem spielen sicher auch finanzielle Überlegungen eine Rolle. Während hässliche Würfel schnell umgesetzt werden können, sind die von Oliver Kirchner präferierten Jugendstil- und Gründerzeitstile sicherlich sehr schön aber erheblich kostenaufwändiger. Schönheit kostet, so war es schon immer. Aber - man kann sicher gute Kompromisse finden.
Es wäre mMn für alle ein Gewinn, wenn die Städte wieder etwas individueller, regionaler und traditioneller geraten würden, wofür man nicht auf Modernität und Bequemlichkeit verzichten muss.
Es gibt übrigens, das am Rande erwähnt, hervorragende Bauprojekte, welche historische Baustile oder gar Bausubstanz mit moderner Ästhetik verschmelzen und auch, wenn dieses konkrete Beispiel aufgrund der ausufernden Kosten sicher kein empfehlenswertes Nachahmermodell ist, so ist es das architektonisch durchaus:
Hamburger Elbphilarmonie




Ich finde diesen neumodernen stil bei uns mittlerweile auch eher gruselig. Die meisten Häuser sehen aus wie ein hässlicher klotz. Ich vermisse die Zeit, als schöne Häuser gebaut wurden, auch wenns natürlich nach wie vor welche gibt. Am schlimmsten finde ich, wenn man bedenkt, was die damals alles für Gebäude gezaubert haben, heute gibts niemanden mehr der handwerklich wirklich was drauf hat. Wenn man sich schöne Altstädte anschaut, der stil, diese Verzierungen etc., herrlich und heute ist die Menschheit anscheinend leider zu dumm dazu, sowas noch hin zu bekommen, obwohl man doch eig. fortschrittlicher ist.
Das er das Prinzip kritisiert, das es weltweit gebaut wird, kann ich nachvollziehen. Ich mag Kulturen und finde es allgemein schlimm, das man mittlerweile versucht überall Vielfalt zu erzeugen und anscheinend nur die wenigsten bemerken, das man die Vielfalt dadurch aber eig. eher zerstört. Die Einzigartigkeit eines Landes verfällt, wenn alles überall gleich wird und das ist in jeglicher Hinsicht ein Verlust.
Keine ahnung, selbst wenn, macht ihn das nicht weniger hässlich und die schönen älteren Gebäude nicht weniger einzigartig. Ich finde es einfach schade, das niemand mehr sowas kann.
Gibt es "zu modern für seine Zeit"? 🤨
https://www.bauhaus.de/de/sammlung/6299_sammlung_online/
nix 2010 gebaut, eher um 1925 !

Diese Stilrichtung, von Gropius nach den Ersten Weltkrieg kreiert, sollte ja mit seiner Kastenform ein rationelles bezahlbare bauen, ermöglichen.
In Dessau liegt ja die Wiege, daran kann jeder erkennen, ob das gut oder schlecht wäre, das Niedrigenergiehaus, ist es jedenfalls nicht.
https://kultur.sachsen-anhalt.de/kultur-entdecken/unesco-welterbe/das-bauhaus
Der Stil ist ungefähr 100 Jahre alt