Wie kann in der Evolution Leben von Nicht-Leben kommen?

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Alles Leben auf der Erde (woanders kann es anders sein) basiert auf der Eigenschaft des Elements Kohlenstoff, daß es von sich aus ziemlich lange Ketten bilden kann.

In die auch andere Elemente eingebaut werden können, per Zufall oder weil gerade kein Kohlenstoffatom mehr greifbar ist.

In der Urzeit der Erde war die Zusammensetzung der Luft ganz anders, da gab es noch keinen freien Sauerstoff der heute viele Substanzen quasi verklumpt per Oxidation. Rost ist ein gutes Beispiel, Eisen + Sauerstoff, offene Eisenvorkommen fangen in der heutigen Luft sofort an zu rosten.

Ist in der Urzeit nicht passiert mangels Sauerstoff, deshalb konnte damals noch ungehindert alles mit allem chemisch reagieren. Und so entstanden halt aus Kohlenstoff (aus der Luft, Kohlendioxid gab es in der Atmosphäre, das dampften die Vulkane aus) und anderem Zeugs was gerade herumlag irgendwann Molekülketten, die die Eigenschaft hatten, sich selber replizieren zu können solange es die Rohstoffe dazu gab und die Reaktionstemperatur (in der Chemie wichtig!) dafür paßte, ganz primitiv. Das passierte unter Wasser in flachen Pfützen, um Raucher (Hydrothermie) – Wikipedia herum in tieferen Wasserschichten oder auch, weitere Theorie, in Eisschollen (wegen der Kapillarwirkung im Eis, anderes Thema).

Mindestens eines von diesen selbstreproduzierenden Molekülen hat überlebt bis zu den heutigen Lebewesen, stark verbessert natürlich durch unzählige Generationen der Anpassung, die allermeisten sind damals aber wieder abgestorben, weil irgendwas an ihnen oder ihrer Umgebung nicht gepaßt hat, und ihr Baustoff wurde später von den überlebenden Varianten "aufgefressen".

Daß Du sowas nicht beobachten kannst ist klar, erstens hast Du kein mikroskopisches Sichtvermögen, das unterschiedliche Atomsorten unterscheiden kann,

und zweitens behindert der Sauerstoff in der heutigen Atmosphäre Neuentwicklungen. Nur in seltenen Nischen der Natur wie um die genannten Raucher herum in der Tiefsee, wo es kaum freien Sauerstoff gibt und das Wasser fast kocht, könnte es noch Neuentwicklungen geben - aber die sind dann so primitiv konstruiert, daß sie sofort von besseren, moderneren Varianten aufgefressen werden, sie können sich noch nicht dagegen wehren und dienen einfach als Futter.

Das gibt es. Es passierte auch nicht vom Stein zu einem Lebewesen sondern eine chemische Besonderheit.

Es ist übrigens deutlich schwerer vorstellbar, dass das ein allmächtiges Wesen gemacht haben soll.


Vielleicht kennst du ja die Harnstoffsynthese nach Wöhler. Zuvor nahm man an, dass organische Materie grundlegend anders sei als anorganische Materie. Aber er konnte aus dem anorganischen Ammoniumcyanat (einem Salz) Harnstoff herstellen. Harnstoff ist eine organische Verbindung, man kannte sie zuvor nur als Stoff, der eben im Harn/Urin enthalten war. Aber nun war klar, dass es KEINEN grundlegenden Unterschied gibt, sondern dass es möglich ist, dass man aus anorganischen Bestandteilen eine organische Verbindung herstellen kann (die auch in Organismen vorkommen kann).

Harnstoff – Wikipedia

Und die Evolution befasst sich nur mit der Entwicklung (Evolution) von Organismen, was du meinst, nennt man "Abiogenese". Und im Rahmen der Abiogenese ist es (wie oben) möglich, dass aus einfachen anorganischen Bestandteilen auch organische Stoffe entstanden sein können.

Übrigens kann man auch im Weltall organische Stoffe nachweisen.

"In Meteoriten fanden Kosmochemiker sogar Alkane wie 2,6,10,14-Tetramethyl-pentadecan, Aromaten wie Benzol, Toluol, Xylole und Naphthalin, Fettsäuren mit 14–28 C-Atomen, Thiophene, p-Dichlorbenzol, Aminosäuren wie Prolin, Asparaginsäure, Glycin, Alanin und Glutaminsäure (Meteorit Murchison, 1969) und sogar Adenin und Guanin. Die Entdeckung von Aminosäuren außerirdischen Ursprungs 1970 galt als ausgemachte Sensation, sind sie doch die Grundbausteine irdischen Lebens."

Kosmochemie – Wikipedia

Aminosäuren können also entstehen (und das noch vor der Evolution).
Selbst wenn dieser Meteorit kein Leben enthielt, so war doch das Vorhandensein von Aminosäuren bemerkenswert.

Am Anfang waren Atome und Moleküle. Die sind nicht lebendig, aber sie sind die organisch- molekulare Grundlage für lebende Systeme. Aber es gibt keine empirischen Daten darauf, dass es eine Evolution auf molekularer Ebene zur Entstehung des Lebens gegeben hat.

James Tour, Professor Chemie, für Materialwissenschaften und Nanotechnologie in Texas, sagte:

"Organismen legen Wert auf das Leben. Der Chemie hingegen ist das Leben völlig gleichgültig. Ohne dass ein biologisch abgeleitetes Wesen auf sie einwirkt, haben sich Moleküle noch niemals in Richtung Leben entwickelt. Niemals. Moleküle entstehen nicht im Rahmen einer Evolution. Sie entwickeln sich nicht in Richtung Leben. Sie haben keinen Grund, sich in Richtung Leben zu entwickeln."

Francisco Varela, ein chilenischer Biologe, hat den Begriff "Autopoiesis" geprägt.
Autopoiesis beschreibt die Selbsterschaffung und Selbsterhaltung eines Systems.
Also ganz allgemein gesagt sind lebende Organismen autopoietische Systeme, Netzwerke von Prozessen, die in abgegrenzten Einheiten aktiv sind, und die mehr von sich selbst produzieren und sich selbst erhalten können.
Das wären also
- abgegrenzte Einheiten
- Fähigkeit zur Selbsterhaltung
- Reproduktionsfähigkeit
- und all dies von innen her, aus eigenem Antrieb heraus tun.

Wenn sich auch lange Molekülketten bilden, denen sich andere Elemente anhaften können, ist das doch viel zu wenig, um ein lebendes System zu bilden.
Kohlenstoffketten haben keinen inneren Antrieb.

Und, nein, das heißt jetzt nicht, dass ein Gott die Welt und das Leben darauf erschaffen hat, sondern "man weiß es immer noch nicht, wie das Leben entstanden sein könnte". Wenn man etwas nicht weiß, muss man deswegen doch nichts erfinden. Die Evolution mit Selektion und Mutation ist bewiesen, es gibt sie, aber sie beweist nicht alles, vor allem nicht die Entstehung des Lebens aus mausetoter Materie.


graveyardowner 
Beitragsersteller
 05.11.2024, 21:05

Du meinst also Abiogenese wäre unmöglich weil es keine Ursache gibt?

lumbricussi  06.11.2024, 23:42
@graveyardowner

Ich hab noch einen ganz anderen Ansatz. Eigentlich 3 Ansätze:

Ein Fragment von Heraklit:
Die Natur ist ein Kind, ein Kind das auf dem Thron sitzt und spielt.
Frederic Vester:
Im Universum gibt es 3 Entitäten: Materie, Energie und Information.
Max Planck:
Alle Materie entsteht und besteht nur durch eine Kraft ......
so müssen wir hinter dieser Kraft einen bewussten, intelligenten Geist annehmen. Dieser Geist ist der Urgrund aller Materie.

Wenn man sich in der Natur umsieht und all die fantastischen Formen und Gestalten betrachtet, kann man einfach nicht all das Leben als Biocomputer ansehen, mechanisch, automatisch funktionierend .......
Das Universum klingt, sogar die Planeten ........ Ich glaube, die Erde schwingt auf den Ton E. Also die Umdrehung der Erde so oft oktaviert, bis sie für unsere Ohren hörbar wird, das klingt nach dem Ton E. All diese Farben, die Schönheit, und Liebe und Mitgefühl, und Wissensdurst - das soll alles eine Folge von automatischer Selektion und zufälliger Mutation sein?
Und natürlich auch all die Zerstörung, die Grausamkeiten.............
Ein Kind, das auf dem Thron sitzt und spielt, ideenreich, fantasievoll.

Bei Vesters drei Entitäten hab ich immer wieder herumgeknobelt, was er wohl mit Information meint. Materie - Energie, eins ins andere umwandelbar. Und Information? Wie Atome und Moleküle entstehen? Ok, da sind Protonen und Neutronen, die einen mit positiver Ladung, die anderen ohne Ladung, und dann die Elektronen mit negativer Ladung. Diese Aufteilung ist doch Information.
Doch WIE kam die Ladung in die Teilchen hinein?

Und dann Max Planck. Wieso hat ein Quantenphysiker kein Problem damit, einen bewussten Geist als Urgrund der Materie anzunehmen?

Daoga hat schon ein paar wichtige Stellen angerissen. Leben ist ja erstmal zu definieren, denn sonst landet man bei so hanebüchenen Thesen, die dann von Antiintellektuellen "widerlegt" werden.
Die Minimaldefinition von Leben ist ein autopoietisches, d.h. v.a. metabolisches System, welches sich von der Umgebung abgrenzt und mindestens selbst erhält, eher wächst, und bestenfalls vollständig repliziert.
Dies muss keine hochkomplexe Zelle sein, denn diese bedurfte mehrere Milliarden Jahre an Evolution. Etwas wie ein Gemisch aus Kohlenstoffbausteinen, die sich für die Zusammensetzung der essentiellen Biomoleküle eignen, in einem Fettvesikel (denn Lipide sind hydrophob, d.h. sie bilden ein Kompartiment, ein Hülle die sich von der Umwelt abgrenzt).
Nun schauen wir uns die einfachsten Metabolite an: Ein-Kohlenstoff-, zwei-Kohlenstoff- und drei-Kohlenstoffgerüste bilden bereits einen Großteil von Intermediaten zwischen Zuckern (5-/6-Kohlenstoffringe) und Langkettigenmolekülen.
SIe entstehen spontant aus CO2 (aus Vulkangasen), Wasserstoff (aus Oxidationsreaktionen, die das im Wasser gebundene Sauerstoff bei Hitze an Mineralien auslösen) und mithilfe von Katalysatoren wie Metallen, Halbmetallen, d.h. an vielen Gesteinsoberflächen, im Ton, usw.
Aus den Zutaten: Zucker, Phosphat und Nucleobasen kann man sich selbst replizierende RNA-Moleküle herstellen, die sog. Ribozyme, die selbst in bis zu -18°C Temperaturen hindurch autokatalytische Aktivität aufweisen.
Aber viele Zwischenbausteine oder Hilfsbausteine, die es damals gegeben haben könnte, kommen heute nicht mehr vor, da Organisches Material von Lebewesen assimiliert wird. Ein solches hypothetisches Hilfsmolekül könnte die PNA gewesen sein, die pH- und hitzestabiler ist als die RNA und Ribozymen als Matrize gedient haben könnte.
Schauen wir uns die geochemisch plausiblen Moleküle an, die es zu der Zeit und den physikochemischen Bedingungen gegeben haben muss (und zwar viel dichter konzentriert als heute!), wie Essigsäure, Brenztraubensäure, Folsäure usw. dann finden wir sie in unserer Biochemie an essentiellen Kontrollstellen wieder. Unsere Erde rekapituliert unsere Biologie und umgekehrt. Wir sind wahrlich aus ihrem Schoße und die chemischen Fügungen hatten einige Milliarden Jahre Zeit sich systemisch zu komplexerer Biologie zu entwickeln.
Das Prinzip, nach dem Biochemie letztlich "funktioniert" ist die sog. Negentropie. Der temporäre Modus von Materie sich in höhere Gebilde zu formieren, die im Prozess die Entropie der Umwelt erhöht. Dies sind die physikalischen Grundbedingungen auf denen Leben anfing, da es unter diesen Naturgesetzen so anfangen musste! Es ist also in gewisser Hinsicht "kein Wunder", aber es ist ja wundervoll, dass wir es heute immer besser zu verstehen lernen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Masterstudium