Wie gefährlich ist die freiwillige Feuerwehr?

7 Antworten

Hallo canapril,

wenn Du rund 50 Jahre lang im Einsatzdienst der Freiwilligen Feuerwehr aktiv bist, dann ist die Wahrscheinlichkeit, sich irgendwann einmal zu verletzten, schon recht groß. Die Wahrscheinlichkeit, in 50 Berufsjahren als Pendler mit 100 Kilometern Fahrtweg am Tag irgendwann mal in einen Verkehrsunfall verwickelt zu werden oder sich in 30 Jahren Hobby-Fußball irgendwann einmal zu verletzen, genauso groß...

Natürlich arbeitet die Feuerwehr prinzipiell in einer "gefährlichen" Umgebung. Wenn andere ein brennendes Gebäude verlassen, gehen wir dort hinein. Wenn sich die Menschen bei Gewitter, Sturm und Starkregen in ihren Häusern verkriechen, stehen wir auf der Straße und sägen Bäume oder pumpen Keller aus. Um uns herum gibt es definitiv Gefahren.

Aber wir kennen diese Gefahren und treten ihnen mit entsprechender Ausrüstung und Ausbildung entgegen!

Auf einen Wohnungsbrand bezogen bedeutet das beispielsweise, dass wir uns mit umluftunabhängigen Atemschutzgeräten vor giftigen Rauchgasen und mit einer mehrlagigen, feuerhemmenden Schutzbekleidung vor Hitze schützen. Ein Helm schützt uns vor herunterfallenden Gegenständen, eine Leine sorgt dafür, dass wir auch bei Nullsicht den Weg nach draußen wieder finden, ein Funkgerät stellt die Verbindung mit den Kameraden "da draußen" sicher, ein Bewegungslosmelder sorgt im Falle einer auftretenden Bewusstlosigkeit dafür, dass man von seinen Kameraden gefunden wird. Hinzu lernen wir in der Ausbildung, wie man unter den gegebenen Bedingungen ins Gebäude vorgeht, wie man Rauch und Flammen deutet, wie sich verschiedene Baustoffe bei Hitze oder direkter Beflammung verhalten, wie wir uns selbst schützen und was wir im Notfall zu tun haben.

Durch die richtige Ausrüstung und Ausbildung machen wir also Situationen beherrschbar und damit "sicher", die für andere nicht beherrschbar und damit nicht sicher sind.

Aber wie gesagt - ein kleines Restrisiko bleibt immer. Genauso, wie ein Tischler sich eben doch irgendwann mal an einer Säge verletzt, ein Elektriker mal einen elektrischen Schlag abbekommt, ein Fahrradfahrer oder Jogger irgendwann mal stürzt, ein Berufskraftfahrer mal einen Unfall baut und ein Koch sich irgendwann mal schneidet oder am heißen Topf verbrennt...

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ja, die Feuerwehr geht dort rein, wo andere raus flüchten.

Aber es sind kalkulierbare Gefahren. Und man ist eben nicht nur entsprechend ausgerüstet, sondern auch ausgebildet.

Zum Beispiel würde ein ungeschützter Mensch sehr schwer verletzt, wenn er im Innenangriff in einen verrauchten Raum kriecht, den zu löschenden Brandherd nicht findet und der Raum dann durchzündet, also sich quasi in eine einzige Flammenhölle verwandelt. Als Feuerwehrler hast du aber eine Schutzausrüstung, die dich für die 10-15 Sekunden, die du für den taktischen Rückzug brauchst, adäquat schützt. Du kannst unverletzt bleiben und nach dem Einsatz gibt es eine schöne Geschichte, wie du mit dampfenden Kleidern aus dem Haus kamst, um dem Gruppenführer zu sagen "alles gut, wir gehen schon wieder rein".

Ja, Feuerwehrleute verletzen sich durchaus mal im Einsatz. Das ist dann aber normalerweise das Resultat von Fehlern, die irgend jemand gemacht hat. Zum Beispiel kann es sein, dass du dir im obigen Fall Hals und Nacken schwer verbrennst... weil du beim Anlegen der Atemschutzmaske deine Flammschutzhaube vergessen hast.

Das kann dir aber anderswo genauso passieren: Ein eigentlich harmloser Autounfall (z.B. Zusammenstoß in der 30er Zone) kann für dich u.U. lebensbedrohlich werden, wenn du vergessen hast dich anzuschnallen.

Auch kannst du in die Verlegenheit kommen, Rauchgase einzuatmen. Wenn du zum Beispiel den Grundsatz "immer mit dem Wind löschen" nicht beherzigst, sondern dich so hinstellst dass dir der Rauch ins Gesicht weht. Oder wenn du das Thema "Atemschutzmaske + Bart" zu stiefmütterlich nimmst und deine Maske auf dem Dreitagebart nicht 100% dicht sitzt. Aber auch das sind wieder Fehler, die sich mit Besonnenheit vermeiden lassen.

Wenn aber keine allzu groben Fehler passieren, ist Feuerwehr an sich aber nicht großartig gefährlicher als das normale Leben.

Ich bin selbst kein mutiger Mensch. Ich habe z.B. schon ein mulmiges Gefühl, wenn ich auf einer Leiter ein Stockwerk hoch steigen muss. Aber ich hatte in meiner 5-jährigen Feuerwehrgeschichte bisher keine Situation, die mir Angst gemacht hätte.


TremendousHeat  25.10.2020, 23:42
Zum Beispiel würde ein ungeschützter Mensch sehr schwer verletzt, wenn er im Innenangriff in einen verrauchten Raum kriecht, den zu löschenden Brandherd nicht findet und der Raum dann durchzündet, also sich quasi in eine einzige Flammenhölle verwandelt.

Er wäre tot.

weil du beim Anlegen der Atemschutzmaske deine Flammschutzhaube vergessen hast.

Genau deshalb legt man die Flammschutzhaube erst um den Atemanschluss und zieht diesen dann an. Macht ihr das nicht? :o Also wer das vergisst, hat es auch wirklich verdient, sich Verbrennungen abzuholen, um es danach nie wieder zu vergessen. Darf auch nicht passieren, ist ja ein Einsatzgrundsatz nach FwDV 7, sich gegenseitig zu kontrollieren...

LG

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RedPanther  26.10.2020, 11:27
@TremendousHeat
Er wäre tot.

Wegen der Rauchgase wahrscheinlich ja. Wenn er aber Atemschutz trägt und sich nur verbrennt, ist die Chance gar nicht mal schlecht, dass er mit schlagendem Herz wieder raus kommt. 90% verbrannte Körperoberfläche sind aber eben auch in der Spezialklinik nur ein, zwei Tage lang zu überleben.

Genau deshalb legt man die Flammschutzhaube erst um den Atemanschluss und zieht diesen dann an. Macht ihr das nicht?

Nein, habe ich auch noch nie so gehört. Als Normalfall kenne ich es, die Maske aufzusetzen und dann die Flammschutzhaube drüber. Die Obercoolen ziehen erst die Flammschutzhaube als Schal an, dann die Maske und ziehen dann die Flammschutzhaube drüber.

Bei uns hat jeder eine persönliche Flammschutzhaube (in der Jackentasche), aber keine persönliche Maske (liegen eingeschweißt im Mannschaftsraum). Das heißt, die Flammschutzhaube erstmal über die Maske zu drapieren, wäre ein extra Arbeitsschritt.

Also wer das vergisst, hat es auch wirklich verdient, sich Verbrennungen abzuholen, um es danach nie wieder zu vergessen.

Der Meinung bin ich auch - nur vergessen es die Spaßvögel tatsächlich wieder. Man kommt aus dem Brandübungscontainer, beschwert sich über die Verbrennungen, trinkt n+1 Bier und denkt beim nächsten Mal wieder nicht an die Flammschutzhaube. So auch bei anderen FF beobachtet, die nicht ganz so "Kuhkaff-mäßig" sind wie wir.

Darf auch nicht passieren, ist ja ein Einsatzgrundsatz nach FwDV 7, sich gegenseitig zu kontrollieren...

Kamerad hat zwei Arme, zwei Beine, einen PA auf dem Rücken und einen Helm auf dem Kopf... Alter, mach hinne, es eilt! Was meinst du, wie oft es in Übungen vorkommt, dass Angriffstrupps Funkgerät, Lampe, Brechwerkzeug oder Schlauchhalter vergessen. Hauptsache, man ist an der Rauchgrenze und hat Wasser am Strahlrohr, bevor die Wasserversorgung steht. Ist ja auch ein Wettrennen und bei Schlamperei kann nichts passieren...

(Ich lese gerne mal Unfallanalysen auf Atemschutzunfaelle.eu, sehr aufschlussreich wo die Fehler passieren)

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TremendousHeat  26.10.2020, 14:19
@RedPanther
Nein, habe ich auch noch nie so gehört. Als Normalfall kenne ich es, die Maske aufzusetzen und dann die Flammschutzhaube drüber. Die Obercoolen ziehen erst die Flammschutzhaube als Schal an, dann die Maske und ziehen dann die Flammschutzhaube drüber.
Das heißt, die Flammschutzhaube erstmal über die Maske zu drapieren, wäre ein extra Arbeitsschritt.

Hm, krass, dass man das woanders nicht so macht. Ist eventuell ein extra Arbeitsschritt, aber ein wichtiger. Und die acht Sekunden die da draufgehen, sind es definitiv mehr als Wert. So sitzt die Flammschutzhaube auf jeden Fall richtig. Ich würde es auch niemals anders machen. Habe ich auch in der Grundausbildung immer und explizit genau so beigebracht bekommen. Die Ausbilder waren wirklich toll und haben uns für jegliche Eventualitäten gerüstet.

Kamerad hat zwei Arme, zwei Beine, einen PA auf dem Rücken und einen Helm auf dem Kopf... Alter, mach hinne, es eilt! Was meinst du, wie oft es in Übungen vorkommt, dass Angriffstrupps Funkgerät, Lampe, Brechwerkzeug oder Schlauchhalter vergessen. Hauptsache, man ist an der Rauchgrenze und hat Wasser am Strahlrohr, bevor die Wasserversorgung steht. Ist ja auch ein Wettrennen und bei Schlamperei kann nichts passieren...

Schlimm... na ja, ihre Gesundheit! :P Ich nehme mir definitiv die nötige Zeit.

LG

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RedPanther  26.10.2020, 14:25
@TremendousHeat

Ich wüsste jetzt tatsächlich nicht, warum es schlechter ist, die Flammschutzhaube erst dann über die Maske zu ziehen, wenn diese schon auf dem Kopf sitzt. Zusammenraffen, Atemanschluss durchstecken, Halsteil über den Kopf und bis zum Hals runter ziehen, fertig.

Ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, dass man sinnvoller und sicherer ans Ziel kommt, wenn man sich nicht hetzen lässt. Mal ehrlich: auf 10 Sekunden (in denen man viel nachdenken kann!) wird es niemals ankommen. Aber ich habe dir ja schon gesagt, was ich insgesamt von meiner FF halte ;)

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Natürlich ist man als Feuerwehrmann/frau vor Verletzungen nicht gefeit, aber dafür wird es ja trainiert und es werden Sicherheitsvorkehrungen getroffen.

Nein damit kannst du nicht rechnen!

Die Ausbildung der Feuerwehr ist darauf ausgerichtet das die Feuerwehrleute nicht selbst zu Schaden kommen, weil dann können sie ihren Job nicht mehr machen.

Vor Verbrennungen schützt die Feuerwehrschutzbekleidung und gegen Atemgifte schützt der Atemschutz.

Woher ich das weiß:Hobby

Nüchtern betrachtet, ...

Feuerwehr ist gefährlich, ja.
Das ist Golf oder Handball aber auch.

Die Feuerwehr wird meistens dahin gerufen, wo sich der Durchschnittbürger nicht mehr aufhalten sollte. Dementsprechend besitzt dieser Ort auch ein höheres Gefahrenpotential, welches auch auf die Einsatzkräfte wirkt. Dem Entgegenzuwirken gibt es Schutzausrüstung, Vorschriften usw.

Klar, ist das alles nicht ganz ungefährlich, jedoch ist die Ausbildung darauf hinaus ausgerichtet, die Einsatzkräfte nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Wäre ja schade drum, zudem die Anzahl der Ehrenamtler sowieso stark schwindet.

Gegen Verbrennungen schützt dich deine Schutzbekleidung, vor Atemgiften der Atemschutz. Vor Herabfallenden Teilen der Helm und vor dem Überfahren-werden die Warnweste.


canapril 
Fragesteller
 21.06.2020, 23:07

Okay, klingt durch sehr sicher, da bin ich ja gut ausgerüstet.

Weisst du wie das da aber läuft ? Ich würde gerne einfach meine Arbeit machen und verschwinden ohne mit den anderen noch was zu unternehmen,

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CreeperNicol  21.06.2020, 23:10
@canapril

Wie ich schon sagte, Einzelkämpfer in der Feuerwehr sind äußerst grenzwertig. Ein Grundsatz lautet, dass immer im Trupp, also mindestens zu zweit vorgegangen wird.

Eine Technische Rettung aus einem Unfallfahrzeug lässt sich allein nunmal nicht realisieren. Da kommt es auf das Team an. Und damit ein Team perfekt funktioniert, muss jeder den anderen kennen. Behalte im Hinterkopf, derjenige, der da schreiend im Auto sitzt, interessiert es überhaupt nicht, wer ihn jetzt rettet. er will da einfach raus. schnellstmöglich.

Macht dabei eine Person einen Fehler und bewegt ihn falsch, sitzt der Patient sein restliches Leben im Rollstuhl.

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RedPanther  22.06.2020, 09:58
@canapril
Ich würde gerne einfach meine Arbeit machen und verschwinden ohne mit den anderen noch was zu unternehmen,

Dann solltest du nichts machen, das Teamwork erfordert. Erst recht kein Teamwork im Gefahrenbereich. Teamwork funktioniert auf diese Weise nunmal nicht.

Feuerwehr ist eher mit einem lockeren Freundeskreis zu vergleichen, der sich zwischendurch auch mal ins Getümmel stürzt um Menschen zu helfen.

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