Wie erreicht die Holzindustrie lange, gerade Baumstämme?


30.06.2020, 09:43

Um die Baumstämme bzw. deren Holz optimal verarbeiten zu können, sollten die Stämme ja lang und gerade sein. Wie (oder besser gesagt unter welchen Bedingungen) wächst ein Baum also hoch und gerade?

6 Antworten

Dafür ist der Förster zuständig, der den Wirtschaftswald anlegt und pflegt. Beziehungsweise zwei bis drei oder sogar mehr Generationen von Förstern.

Man muss dafür allerdings natürlich die Wuchseigenschaften der jeweiligen Baumart und die Ansprüche daraus kennen.

Unser typsicher und allgegenwärtiger Fichtenwirtschaftswald wird sehr eng gepflanzt, mit tausenden Bäumen pro Hektar (aber das variiert je nach Standort). Später wird dann der Bestand gepflegt, immer wieder durchforstet und so die Zahl der Bäume immer wieder reduziert. Ab einem gewissen Alter sucht man sich dann in der Regel Favoriten heraus (auch Zukunftsbaum genannt), die nicht beschädigt sind und eine gute Wuchsform aufweisen und die hoffentlich später eine gute Qualität ergeben. Und dann achtet man darauf, dass dieser Baum frei wachsen kann, man entfernt also diejenigen anderen Bäume, die ihn bedrängen oder sogar beschädigen können. Und so hat man idealerweise am Ende der Umtriebszeit einen Wald voller großer, gut aussehender Bäume mit hoher Holzqualität. Dabei ist die Stückzahl pro Hektar nur ein kleiner Bruchteil dessen, was am Anfang gepflanzt wurde.

Durch das dichte Pflanzen bzw das erneute dichte Wachstum nach einer Durchforstung bekomen die Bäume eigentlich nur Licht von oben. Das hat den Vorteil, dass sie auf der Seite kaum Äste haben, die sonst Schwachstellen im Holz bilden würden, da der Ast vom Holz umwachsen wird und so die Fasern kurvig statt regelmäßig längs des Baumes verlaufen. Kann hübsch aussehen, ist aber eine Schwachstelle gegenüber eventuellen Belastungen und gibt weniger Geld. Und gleichzeitig bietet ein abgebrochener Ast Schädlingen die Möglichkeit, in den Baum einzudringen und ihn ebenfalls zu schädigen. Im Fichtenforst ist es unterhalb der Krone sehr dunkel und finster, da sind Äste für den Baum nicht rentabel.

Und alles beginnt bereits bei der Auswahl des Standortes und des Saatgutes bzw. der daraus gezogenen Setzlinge. Für forstliches Saatgut, Setzlinge etc. haben wir ein eigenes Gesetz (FoVG, Forstvermehrungsgutgesetz), das die Herkunft und die Methoden der Saatguternte, deren Überwachung und Beprobung etc. regelt. Es spielt nämlich durchaus eine Rolle, woher die Elternbäume stammen und wie sie aussehen. So legt man schon mal den Grundstein für gutes Wachstum, schließlich werden krüppelige, kleine Bäume schon gar nicht zur Saatguternte herangezogen.

Und wenn der Bestand mal aufgeforstet ist, gilt es, ihn zu pflegen. Verbissschutz und Bejagung des Gebietes, Befreiung von schnellwachsenden Sträuchern, die die Setzlinge überwuchern würden und dann immer im richtigen Bestandesalter die richtigen Durchforstungsmaßnahmen, die auch für einen Bestand sorgen, der gegen Naturkatastrophen beständig ist... so weit man das eben kann.

Das alles ist für jede Baumart unterschiedlich, da andere Arten andere Wuchsformen und Ansprüche haben wie unsere Europäische Fichte. Angesichts der heutigen Probleme arbeitet man durchaus auch mit Mischbeständen im Wirtschaftswald, beispielsweise Fichte/Rotbuche, da man so unter Umständen sogar einen besseren Zuwachs erzielen kann, als jeweils im Reinbestand. Gleichzeitig sind sie nicht so instabil wie die Reinbestände, wenngleich es doch immer noch eine nicht natürliche Kultur handelt - mit all den daraus folgenden Problemen.

Schlussendlich hängt vieles von der Person ab, die für all die Maßnahmen zuständig ist, ein Waldbesitzer oder Förster. Wenn der nix weiß und nur eine falsche Maßnahme trifft, kann das verheerende Folgen haben - bis hin zur kompletten Entwertung des Bestandes, weil man dann eben nicht mehr die langen und geraden Baumstämme hat, die man im Sägewerk gerne hätte ;-)

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Hallo,

Das ist heute gar nicht mehr so entscheidend, dass die Stämme lange und gerade sind:

Beim Laubholz war das noch nie so: in klassischen Eichen-Gebieten war das die traditionelle Form zu bauen:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Fachwerkhaus

Lange gerade Stämme braucht es dafür nur ein paar für die Dachbalken, ansonsten lassen sich auch kurze, krumme, sogar besonders dekorativ verwenden. Auch für andere Verwendungen (Möbel) wurden noch nie besonders lange Stämme benötigt.

Bei der Massenware im Nadelholz ging in den letzten Jahren der Trend beim Sägeholz auch mehr und mehr in Richtung Standartlängen. Also keine möglichst langen Stämme mehr, sondern alles wird auf dieselbe Länge, häufig 5 m oder auch kürzer, geschnitten. Dies hat logistische Vorteile bei der Aufarbeitung mittels Harvester, bei der anschließenden Rückung an den Forstweg, beim Transport, egal ob auf der Schiene oder der Straße, und letztlich auch bei der Verarbeitung in einem industriellen Sägewerk. Lange Massivholzteile werden aufgrund der geringeren Rissbildung und besseren Formstabilität beim Trocknen etc. heute praktisch gar nicht mehr aus einem Stück gesägt, sondern zB als Leimbinder aus kleinen Teilen zusammengefügt.

Lange, gerade Stämme bilden insbesondere viele Nadelhölzer von ganz alleine, sie folgen einfach einem strikten Grundbauplan, den man an jedem Christbaum sehen kann: jedes Jahr einen senkrechten Trieb nach oben und ein paar waagrechte Äste zur Seite. Die Stammzahlhaltung, also wieviel Platz jeder Baum zur Seite hat, beeinflusst hauptsächlich, wann die untersten Äste nicht mehr genügend Licht haben, absterben und überwallt werden. Eine solitär, also alleine stehende Fichte ist also kaum Krümmer und niedriger als ihre Artgenossen im Bestand - ein bisschen, sie hat es einfach nicht nötig, so in die Höhe zu gehen, aber sie ist bis ganz unten sehr, sehr astig, eine Eigenschaft, die die Holzindustrie nicht sehr schätzt.

Aber glücklicherweise ist die Waldpflege noch nicht komplett in der Hand der Holzindustrie!

Ideal für die Industrie wäre, wenn Bäume ohne Krümmung und Äste wachsen würden. Sind wirklich gerade Balken mit Längen von mehr als einem Meter gefordert, werden diese aus einzelnen Baumabschnitten zusammengefügt und das nennt sich dann KVH KonstruktionsVollHolz.

Wenn bäume dicht nebeneinander gepflanzt werden wachsen die automatisch gerade glaub ich. Zumindest die fichten die hier überall rumstehen, damit kann man ja fast eine wasserwaage eichen.

Indem man die richtigen Sorten anpflanzt, dabei den richtigen Abstand zwischen den Bäumen einplant und sich regelmäßig um das Unterholz kümmert.

wollyuno  30.06.2020, 09:36

das macht der waldbesitzer,nicht die industrie

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