Wie begründen Philosophen, dass auch noch so fortgeschrittene Wissenschaft Philosophie nicht überflüssig machen kann?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Dass sich beide ev. gegenseitig "überflüssig" machen (wollten), ist m. E. ein Fehler.

Wissenschaft will nicht primär die Welt erklären, vielmehr Modelle schaffen, die die Welt so gut als möglich beschreiben.

Philosophie beruht m. E. mehr auf Spekulation (nicht Schwurbelei, dami da nichts missverstanden wird. Sie orientiert sich auch mehr an Wertesystemen, misst nicht in der Weise wie Wissenschaft.

Ich finde, beides ist sinnvoll, kann sich gegenseitig befruchten.

grtgrt 
Fragesteller
 21.03.2023, 22:55

Das zielt in die richtige Richtung. Ich sehe es (etwas konkreter) so:

Ziel von Wissenschaft ist das Zusammentragen belastbarer Fakten. Sie kann sogar Beweise liefern (aber stets nur für Aussagen des Typs "Implikation"). Ansonsten kann sie nur noch extrapolieren (was auch nützlich sein kann, etwa dort, wo Physiker über die Natur des Weltalls hinter unserem Beobachtungshorizont nachzudenken beginnt.

Philosophisch nennt man ein Nachdenken, das ganz grundsätzlich keine Beweise hervorbringen kann — wohl aber mehr oder weniger feste Überzeugung.

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Einfach, weil der erkenntnistheoretische Ansatz der Philosophie maßgeblich die wissenschaftliche Methodik geprägt hat und noch immer prägt. Außerdem hinterfragen Philosophen ebenfalls die Umwelt, genau wie Wissenschaftler, und gelangen über logische Schlussfolgerungen zu Erkenntnissen.

grtgrt 
Fragesteller
 20.03.2023, 21:35

Dieses Argument überzeugt nicht jene, die denken, dass Wissenschaft — als Tochter der Philosophie — irgendwann die Mutter wird ersetzen können, da das ja bei fast allem Paaren ( Mutter, Tochter ) tatsächlich so kommt.

Und warum ist so mancher Physiker der Meinung, Philosophie sei nicht mehr konkurrenzfähig (Hawking schrieb: "Philosophy is dead")?

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Phleppse  20.03.2023, 21:41
@grtgrt

Naja, die Zeit der Naturforscher und Philosophen, die mangels wissenschaftlicher empirischer Methoden die alleinige Deutungshoheit der Natur haben, ist dank wissenschaftlichen Fortschrittes vorbei. Aber die philosophische Denkweise ist nach wie vor entscheidend für wissenschaftliche Forschung.

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grtgrt 
Fragesteller
 20.03.2023, 21:55
@Phleppse

So mancher Physiker bezweifelt das, da ihm die Argumentation so mancher Vertreter der Hochschulphilosophie als von handwerklich zu schlechter Qualität erscheint (und vom Ergebnis her als allzu dünn, wenn nicht sogar lächerlich).

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Da Menschen nicht aus Algorithmen bestehen, wird Philosophie immer aktuell bleiben.

Ganz aktuell die Veröffentlichung des Ethikrates gestern!

grtgrt 
Fragesteller
 20.03.2023, 22:03

In meinen Augen ist z.B. die eben erschienene Publikation des Deutschen Ethikrates zu KI ein Ergebnis wissenschaftlicher Arbeit, aber kein Ergebnis philosophischen Nachdenkens.

Denkergebnisse rein philosophischer Natur kann Wissenschaft ja ganz grundsätzlich gar nicht liefern. Und das ist doch der Grund dafür, dass auch noch so fortgeschrittene Wissenschaft kein Ersatz für Philosophie sein kann.

Und gibt es nicht auch wertvolle Hochschullehrer für Philosophie, deren Arbeit rein wissenschaftlicher Natur, aber nicht philosophischer Natur ist?

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iQhaenschenkl  20.03.2023, 22:51
@grtgrt

Hast Du meine ganze Antwort gelesen, oder nur den letzten Satz?

Was glaubst Du, was ein Ethikrat so macht und woraus er seine Schlüsse zieht?

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grtgrt 
Fragesteller
 21.03.2023, 09:58
@iQhaenschenkl

Gutes Argument. Muss ich zugeben.

Es beweist aber nur, dass Wissenschaft und Philosophie einander gut ergänzen können. Die völlig unterschiedliche Natur von beiden produzierter Denkergebnisse sollte dennoch nie vergessen werden. Anders als Wissenschaft kann Philosophie nur Überzeugungen produzieren, aber keine Beweise. Sich das bewusst zu machen ist wichtig, da nicht auszuschließen ist, dass gleich wertvolle Überzeugungen einander widersprechen. Religionskriege etwa gab es stets nur, wo man das nicht berücksichtigt hat.

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Wissenschaftler deuten die Welt auf Basis ihrer Erkenntnisse. Sie treffen aber auch metaphysische Aussagen und werden somit übergriffig. Zb" nach dem Tod kommt nichts mehr "oder" Es gibt keinen Geist"," es gibt keinen Sinn I'm leben" . Philosophen achten darauf das wissenschaftler nicht übergriffig werden. Und zeigen ihre Denkfehler auf.

Zb sind sich naturalisten oft nicht bewusst dass auch sie metaphysische Aussagen von sich geben. Auch wissenschaftler haben ein glauben, und den stellen sie oft so hin als wäre es die absolute wahrheit.

Philosophen erkennen dass und korrigieren Denkfehler und fehlschlüsse.

Wissenschaft ist wie ein Baum: Ontologie und Metaphysik bilden die Wurzeln, der Stamm ist der Rest der Philosophie und die Äste sind alle anderen Wissenschaften. Oft werden Erkenntnisse aus der Ontologie, so wie Kausalität, nicht anerkannt, nämlich dann wenn die eine oder andere Wissenschaft nicht mehr weiter weiß oder die Weide abgegrast ist. Kein Wissenschaftler geht gern deshalb zum Arbeitsamt. Um diesen Status zu behalten lässt man sich also lieber mit Mephisto ein so wie Dr. Faust.