Widerspruch beim Quadrieren von Wurzel(-1)?

8 Antworten

In den komplexen Zahlen gilt auch die Rechenregel...



... nicht für alle Zahlen.

Wenn man Rechenregeln benutzt, muss man auch die Voraussetzungen beachten, unter denen man die Rechenregeln benutzen darf. Und das hast du bei deinem Rechenschritt √(-1) ⋅ √(-1) = √((-1) ⋅ (-1)) nicht beachtet. Dieser Rechenschritt ist schlichtweg falsch.

Und da ist dann eben der Denkfehler.

====== Ergänzung ======

Wenn du dir beispielsweise bei Wikipedia (oder sonstigen Webseiten und Büchern, bei denen korrekterweise die Voraussetzungen aufgeführt sind) schaust, so steht da beispielsweise...

Bild zum Beitrag

https://de.wikipedia.org/wiki/Wurzel_(Mathematik)#Die_Wurzelgesetze

 - (rechnen, Mathematiker, Wurzel)
Wo liegt nun eigentlich mein Denkfehler?

Der liegt darin, dass du die Rechenregeln für reelle Zahlen 1:1 auf komplexe Zahlen überträgst und das führt zu Fehlern, wie du ja eindrücklich gezeigt hast.

Die Regel: √a * √b = √(a * b)
gilt nur, wenn a ≥ 0 und b ≥ 0

Sobald man mit komplexen Zahlen arbeitet, muss man mit solchen Regeln vorsichtig sein, weil die bekannten Rechenregeln aus der reellen Welt nicht uneingeschränkt übertragbar sind.

Von Experte Willy1729 bestätigt

Es kommt daher, dass du beim Rechnen mit der Wurzel so rechnest, als ob du Wurzelziehen und Quadrieren beliebig vertauschen könntest, wie du das bei den nichtnegativen reellen Zahlen gelernt hast (unter Beachtung, dass Wurzel(x) >= 0 für alle x aus den nichtnegativen reellen Zahlen).

Dort ist das Wurzelziehen eine Funktion, d. h. du kannst einem Ausdruck Wurzel(x) eindeutig einen Wert zu ordnen, obwohl ja die entsprechende Gleichung zwei Lösungen hat, nämlich Wurzel(x) und -Wurzel(x).

Machst du dasselbe aber in den komplexen Zahlen, funktioniert das nicht mehr. Hier bekommst du beim Wurzelziehen plötzlich immer zwei gleichwertige Ergebnisse, d. h. du kannst auf zwei verschiedene Weisen die Wurzel ziehen. Damit ist Wurzel(-1) auch nicht eindeutig definiert. Man definiert i auch nicht als Wurzel aus -1, sondern man definiert i als EINE Zahl, deren Quadrat gerade -1 ist. Denn Wurzel aus -1 kann genausogut -i sein.

Und aus dieser Vieldeutigkeit ergeben sich dann solche Rechnungen. Sobald man beim Rechnen mit den komplexen Zahlen sagt "das ist die Wurzel von.." liegt man schon falsch, es ist immer "das ist eine Wurzel von ..." (außer bei 0).

wie folgt definiert …: i = Wurzel(-1)

Nein! Die Definition lautet:

i² = -1

Da taucht keine Wurzel auf! Wollte das mit Wurzel geschrieben werden, müsste auf den Betrag abgehoben werden: i = |Wurzle(-1)|, was aber IMHO "hässlich" ist und eigentlich eine vollständige Fallbetrachtung zu fordern wäre.

[Wurzel(-1)]² = Wurzel(-1) * Wurzel(-1)

Nein!

(|Wurzel(-1)|)² = |Wurzel(-1)| * |Wurzel(-1)|

usw. usf.

Du kannst nicht mit den komplexen Zahlen eine weitere Dimension einführen und dann nur auf dem reelen Zahlenstrahl rumrutschen!

Entweder, Du musst immer auf den Betrag abheben oder Du musst eine vollständige Fallbeschreibung machen. (Was beim Produkt zweier Symbole schnell zu vier Fällen führen kann.)

Das liegt daran, dass die Quadratwurzel im Komplexen verzweigt und nicht mehr eindeutig ist. Um eine eindeutige Quadratwurzel zu bekommen, muss ein Zweig der Wurzel gewählt werden - man wählt üblicherweise den Hauptzweig mit Sqrt(1) = 1 und schlitzt die komplexe Ebene entlang der negativen reellen Achse auf, führt also einen sogenannten „branch cut“ durch. Die Dir bekannten Rechenregeln für Wurzeln gelten nur, wenn man sich im selben Zweig der Wurzel bewegt - tut man das nicht, kommt ein Vorzeichen ins Spiel…

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Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Dr. rer. nat. Analytische & Algebraische Zahlentheorie
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