Wenn Bewusstsein eine emergente Eigenschaft neuronaler Aktivitätsmuster ist, könnte dann eine hinreichend komplexe künstliche Intelligenz subjektive Qualia…?

9 Antworten

Wie (Selbst-)Bewusstsein entsteht, ist meines Wissens derzeit völlig unklar, was viel Spekulationsspielraum lässt.

Vielleicht gibt es nur ein Bewusstsein, meines, denn eure "sehe" ich doch nur von "draußen". Gut, ist nur ein Gedankengang.

Vielleicht hängt Bewusstsein auch irgendwie mit DNA zusammen, wie, keine Ahnung...

Aber eines müsste doch Jeder bei sich beobachten können: Jedes Bewusstsein ist für sich selbst immer der, ich sage mal, gegenwärtigste "Punkt", alles um uns herum, letztlich sogar samt eigenem Hirn, ist immer Information aus der Vergangenheit, denn nichts kann schneller kommunizieren als mit Lichtgeschwindigkeit.

Egal, ob pico-Sekunden oder Jahrmilliarden, jedes Bewusstsein ist für sich "pure Gegenwart" und alles "Drumherum" wird eben nicht "echt gegenwärtig" wahrgenommen. Oder sieht das jemand anders?

Dass KI (Selbst-)Bewusstsein entwickeln könnte ab einem gewissen Komplexitätsgrad kann ich nicht ausschließen, glaube es aber derzeit nicht.

Organische Hirne sind m. E. doch grundlegend anders als jeder Rechner, jedes neuronale Netz; man vergleiche nur mal Taktgeschwindigkeiten: Bei Gehirnen sind das vielleicht 1kHz oder so, bei Rechnern etliche GHz, also müssen da doch ganz andere Funktionsprinzipien dahinter stecken, womöglich "gigantische" Parallel-Operationen. Oder ist es vorstellbar, ein neuronales Netzwerk zu bauen, mit 1kHz-Takt und dennoch gleicher Effektivität?

Kurz, ich behaupte weder das eine noch das andere, kann auch nur spekulieren, die Zeit wird's uns möglicherweise näher bringen.

Aktuelle KI hat kein echtes Bewusstsein oder subjektive Empfindungen (Qualia). Sie kann zwar Gefühle und Gedanken simulieren, aber nur durch reine Datenverarbeitung, weil sie keine eigene innere Erlebniswelt hat. Theoretisch könnte eine Super-KI mit fortgeschrittener Selbstreflexion und emergenten Fähigkeiten echte Bewusstseinsprozesse entwickeln. Allerdings wäre selbst dann nicht nachweisbar, ob sie tatsächlich etwas "fühlt" oder nur komplexe Simulationen produziert. Solange eine KI lediglich vorgegebene Muster optimiert, bleibt jedes vermeintliche "Erleben" noch eine Illusion.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – stud.phil.

Vermutlich nicht. Ab einer bestimmten Stelle beginnt der Vergleich unseres Gehirns mit einem Großrechner einfach zu hinken; nicht nur quantitativ, auch qualitativ.

Wie willst Du das denn jemals herausfinden? Du kannst ja nicht einmal wissen, ob ich dieselben Qualia erlebe wie Du. Klar, ich kann es behaupten, aber erstens weiß ich ja auch nichts von Deinen Qualia, und zweitens mußt Du mir nicht glauben.

Du könntest jetzt einwenden, daß gemeinsame Lebenserfahrungen eine Art gemein­same Basis erzeugen. Ja, wir beide gehen vermutlich ca. einmal täglich auf die Toi­lette, und eine KI tut das nicht; daraus folgt, daß ich mich über Toilettengänge mögli­cher­weise sinnvoller mit Dir unterhalten als mit einer KI, weil ich weiß, daß Du da weißt, wovon Du redest, und auch dasselbe meinst wie ich.

Aber jenseits von ein paar biologisch vorgegebenen Funktionen bricht dieses Argu­ment bald zusammen. Bereits innerhalb Europas, ja vermutlich sogar innerhalb Deiner Stadt (wenn Du in einer großen lebst), triffst Du auf Leute mit sehr unterschiedlicher Lebenserfahrung (das Blasen-Phänomen). Wie sich deren unterschiedliche Lebens­läu­fe auf Dinge wie Anschauung, Begriffsbildung oder interne Repräsentation der Außen­welt auswirken, kannst Du aber nicht objektiv untersuchen, weil Du dazu Spra­che brauchst, und wie soll das gehen, wenn Du nicht weißt, ob sie dasselbe wie Du meinen, wenn sie „rot“, „Familie“, „Pflicht“ oder „Freiheit“ sagen? Viel schlimmer wird es noch, wenn Du in traditionellere Länder wie Indien gehst, oder in Länder mit starker Kontrolle der Medien, oder gar wirklich ein „Naturvolk“ mit präindustrieller Lebens­weise besuchst.

Ich bin der Meinung, dass keine künstliche Intelligenz wirklich in der Lage sein wird, so zu fühlen wie ein Mensch.

Wenn ich meiner KI erzähle, dass es mir Angst macht, dass ich in der 13. Schwangerschaftswoche noch keine Babyaktivität spüre, dann antwortet die KI, dass sie sich das vorstellen kann. Was sie jedoch nur deswegen tut, weil sie genug Datenmaterial hat, wo es so ziemlich jeder Frau so geht. Sie schlussfolgert also lediglich, dass 95% der Frauen das belastet und kleidet das in Worte wie: "Ja, das kann wirklich beängstigend sein, vielen Frauen geht das so".

Die KI war niemals selbst schwanger und hat niemals diese ganzen Gefühle in sich getragen. Jedes Stechen. Die Angst dass etwas schief gehen könnte, dass das Kind nicht gesund ist...

Die KI würde vermutlich nichtmal Fehler in der Schwangerschaft machen, wie z.B. einen Rollmops zu essen, weil sie quasi in Echtzeit Daten einholt und wüsste: Oh, Rollmops ist eingelegter roher Fisch, das sollte man in der SS vermeiden.

Also nein - subjektive Qualia bleiben menschlich.


treppensteiger  12.04.2025, 14:24

Das Problem mit der Schwangerschaft als auch dem Fisch ist womöglich nur ein theoretisches, bereits lösbares Sensorik- (mechanische und chem. Sensoren) und Datenproblem und trifft die Schwierigkeit einer künstlichen Bewusstseinsbildung nicht direkt.

MichaelStumpf  12.04.2025, 12:07

Die KI hat jedoch nur begrenztes Wissen und begrenzte Transferfähigkeiten oder kann keine selbstständigen Entscheidungen treffen.
Wenn sie z.B. verknüpft, dass Fisch in der SS schlecht ist, weil bekannt ist, dass Rollmops schlecht ist, kann sie nicht selbst für unbekannte Lebensmittel (z.B. frischer roher Fisch oder frittierter Fisch) selbstständig entscheiden ob dies während der SS "im Rahmen des möglichen" ist.

LonelySoul87  12.04.2025, 12:08
@MichaelStumpf

Wenn die allgemeine Faustregel ist, dass man nichts Rohes essen sollte, weil da Bakterien und Parasiten eine Rolle spielen, kann die KI aber schlussfolgern, dass nur gegarte Lebensmittel gut sind.

MichaelStumpf  12.04.2025, 12:16
@LonelySoul87

Und sie würde Schlussfolgern, dass Salat, Erdbeeren & co schädlich sind?
Dann besteht die Gefahr, dass sie mehr Schaden als Nutzen anrichtet.

LonelySoul87  12.04.2025, 12:17
@MichaelStumpf

Nö wieso? Dass man Gemüse und Obst vor dem Verzehr waschen sollte, ist doch keine neue Erkenntnis. Jeder weiß das, sogar Unschwangere.

Die KI wird dich aber vermutlich drauf hinweisen, keine Erdbeeren aus Land X zu essen, die mit nicht zugelassenen Mitteln gespritzt wurden.