Was ist überhaupt die "Dolchstoßlegende"?

6 Antworten

Man kann es googeln, aber ich helfe dir trotzdem gerne:

Also wie du weißt gab es da mal so einen ersten Weltkrieg, der 1914 begann und 1918 endete.

Machen wirs kurz, damit ich nicht wieder eine Frage nach der Kriegsschuld lostrete, aber ich denke es sollte klar sein, dass Deutschland letztlich gegen die Aliierten Mächte der Entente (England, Frankreich und zu Kriegsbeginn Russland (mit denen wurde 1917 der separatfriede von Bresk-Litowsk geschlossen), zu Kriegsende Amerika (Kriegseintritt erst 1915 nach der Versenkung der Lusitania durch deutsche U-Boote, zuvor aber bereits unterstützung GBs als Waffenliferant)) letztlich verlor und in den Versailler Vertrag gezwängt wurde. Bei diesem durften sie nicht mitentscheiden und keinen der wesentlichen Punkte diskutieren. Die Deutsche Delegation wurde damals gezwungen die alleinige Kriegsschuld, extreme Gebietsverluste, die militärische Abrüstung auf eine minimale Kampfkraft und hohe Reparationszahlungen zu akzeptieren (deswegen wurde der Vertrag auch als Schanddiktat bekannt, obwohl er, meiner Meinung nach, außer der Kriegsschuldfrage wenig enthält, was es in andere Friedensverträgen, die der Besiegte dem Besiegten vorlegte nicht auch gegeben hat)

Was es damals so schlimm und quasi zum Schanddiktat gemacht hat, war die Tatsache dass das deutsche Heer damals im Feld ungeschlagen war und kein feindlicher Soldat auf deutschem Boden stand (hatten wir dann in WWII und da war seltsamerweise keine Rede mehr von Schanddiktaten, als es endlich zu Ende war). Dadurch war natürlich das deutsche Volk extrem wütend auf die Verantwortlichen, die das unterzeichnet haben und das fiel eben der SPD zu, an die,  die nach der Abdankung des Kaisers Wilhelm II., die Macht gefallen war (sehr einfach ausgedrückt).

Diese ohnehin schon angespannte Stimmung nutzte die OHL (oberste Heeresleitung unter Erich Ludendorff und Paul von Hindenburg (zwei Namen, die einem bekantn vorkommen sollten) zur Verbeetung ihrer Dolchstoßlegende: Die Sozialdemokraten in Form der SPD seien dem unbesiegten Deutschen Heer in den Rücken gefallen und hätten damit die Niederlage im Krieg und die Repressalien des Schanddiktates zu Versailles zu verantworten hatte. Bildlich wurde dabei auf die Nibelungensage zurückgegriffen, allerdings nicht mit dem Speer, den Hagen von Tronje Siegfried eigentlich in den Rücken rammt, sondern den Dolch, die Waffe der hinterhältigen Meuchelmörder.

(Für die SPD ging es im ANschluss übrigens noch weiter bergab, als nämlich Friedreich Ebert, um seine Macht zu festigen einen Vertrag mit der OHL schloss, den sog. Ebert-Groener Pakt, womit er dann auch noch die Linken gegen sich aufbrachte, da die einen Pakt mit den konservativen und tendentiell noch immer royalistisch gesinnten Militärs für Verrat hielten. Aber das ist eine andere Geschichte)

Hoffe ich konnte dir helfen

Alles Liebe

Bevi

pendejo  20.11.2017, 21:34

Sehr gute Antwort.

Ergänzend, aus dem Stegreif:

War es nicht so, daß als "Dolchstoß" die Tatsache empfunden wurde, daß die damalige Regierung, in Aussicht auf Friedensverhandlungen, die Kampfhandlungen abbrach und begann, die Armee zu demobilisieren, obwohl noch gar kein Vertrag bestand, und dann in Versailles die "Überraschung" in Form des "Diktates" folgte?

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BeviBaby  20.11.2017, 21:39
@pendejo

Das kann durchaus sein. So genau kenne ich mich da leider doch nicht aus.

Danke auf jeden Fall für die Ergänzung:-)

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Mastrodonato  21.11.2017, 12:52
@pendejo

Eher nicht. Deutschland wie Österreich-Ungarn waren am Ende Ihrer Kräfte, während die Westmächte nahezu unerschöfplich von den USA unterstützt wurden. 

Der Versailler Vertrag war  auch nicht so masslos, wie imm http://geschichte-forum.forums.ag/t361-die-kriegsschuldfrage-von-1914-ein-evergreen-der-geschichtsinterpretationer behauptet wird. Hier mehr:

Es stimmt allerdings, von der grossen Mehrheit der Deutschen damals wurde das so nicht gesehen und damit war der Keim für einen Revanchekrieg gelegt.

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Das im ersten Weltkrieg politische Kräfte im Land durch Sabotage und Antikriegspolitik die wahre Stärke der Armee unterdrückten und Deutschland nicht das maximal mögliche aus seinen Militärkräften herausholen konnte.

Zum einen wird das als Legende abgetan, zum anderen rühmen sich aber Pazifisten und Linke noch heute das absichtlich Blindgänger produziert wurden, Produktionsmaschinen zerstört wurden oder gegen den Krieg demonstriert und gestreikt wurde. Das man im Volk Kriegsmüde war und das auch Folgen auf die Truppe hatte ist jedenfalls keine Legende und sollte so auch in jedem seriösen Buch dazu vermerkt sein. Das eine andere Situation aber einen Sieg bedeutet hätte bezweifle ich nachdem die USA in den Krieg eintraten.

Für den zweiten Weltkrieg gibt es eine ähnliche, diese basiert aber auf Verrat. So wurde die Landung der Aliierten in der Normandie nicht mit allen Mitteln bekämpft. Das stimmt zwar soweit, aber ob dies nun strategisches Versagen war oder bewusst herbeigeführt wurde ist nicht eindeutig zu belegen.

Aus heutiger Sicht gibt es keine Zweifel mehr, dass die kaiserliche Armee am Ende war und der Krieg militärisch verloren war. Die oberste Heeresleitung, bestehend aus Ludendorff und Hindenburg wurde fast schon diktatorisch von Ludendorff dominiert und Hindenburg nickte alles ab.

Wie so oft in der Geschichte sind die obersten Führer, die von den einfachen Soldaten an der Front den Heldentod fordern, selber die größten Feiglinge, sobald sie selber gefordert sind. Sie drücken sich vor ihrer Verantwortung und schieben die Schuld für ihr eigenes Versagen auf andere. So war es auch bei Ludendorff. Er setzte die Lüge in die Welt, er und seine Armee hätten den Krieg überhaupt nicht verloren ("Im Felde unbesiegt") sondern der Krieg sei deswegen verloren gegangen, weil die Unterstützung aus der Heimat gefehlt habe. Diese fehlende Unterstützung aus der Heimat sei der Dolchstoß in den Rücken der Armee gewesen.

Selber setzte er sich unter falschem Namen nach Schweden ab, um sich auch körperlich seiner Verantwortung zu entziehen. Bei einfachen Soldaten, die sich während des Krieges absetzten wollten, forderte er dagegen die Erschießung wegen Desertation. 

Anschließend kam er nach Deutschland zurück, als es für ihn wieder sicher war und bekämpfte die Weimarer Republik und war damit mit ein Wegbereiter für Hitler.

So schwer ist das nicht. Wir Deutschen haben den 1. Weltkrieg verloren. Weil sich die damaligen Verantwortlichen, man spricht da von der Obersten Heeresleitung, also die Führungsspitze der zu der Zeit bestehenden deutschen Armee, sich diese Niederlage eingestehen wollten erfanden sie eine Ausrede.

Sie versuchten die Schuld an der Niederlage einigen damaligen Politikern und der Sozialdemokratie als solches, in die Schuhe zu schieben und von sich selbst abzulenken. Sie setzten das Gerücht bzw. eine Verschwörungstheorie in die Welt, dass sie zur damaligen Zeit auf dem Schlachtfeld unbesiegbar waren. Erst durch Zivilisten, Kriegsgegner, Politiker die sie damals als Vaterlandslos ansahen, seien sie hinterrücks mit eben diesen einen Dolchstoß zu fall gebracht worden. 

Sie verstanden es als eine Hinterhältige Handlung, die im Grunde überhaupt keine war. Diese Verschwörungstheorie diente damals einigen anderen Gruppen dazu, schlechte Stimmung, falsche politische Meinungen zu propagieren bzw. zu verbreiten. 

Von der Obersten Heeresführung wurde die Verschwörungstheorie in die Welt gesetzt, dass Deutschland nicht auf dem Feld besiegt wurde, sondern erst im Land durch Kriegsgegner und die Linken.