Was ist die Geschlechtsidentität?

4 Antworten

Meinst du Geschlechtsidentität? Das Wort "Sexualidentität" habe ich noch nie gehört.

Wenn du Geschlechtsidentität meinst, geht es dabei überhaupt nicht um Chromosomen. Davon abgesehen sind auch da Abweichungen möglich. Das biologische Geschlecht wird als Spektrum verstanden:

Wir wissen heutzutage, dass das chromosomale Geschlecht, die ­typische Konstellation XX oder XY, weder das äußere Geschlecht noch die geschlechtliche Selbstwahrnehmung eines Menschen eindeutig festlegt. Die Gene geben lediglich wieder, welches Potenzial üblicherweise im Bauplan des Menschen ausgeschöpft wird.
[...]
Die geschlechtliche Entwicklung kann sehr vielfältig verlaufen, da hier viele verschiedene Gene und Hormone zusammenwirken. So können die äußeren Geschlechtsmerkmale mitunter eindeutig männlich oder weiblich aussehen, obwohl sich die Keimdrüsen anders entwickelt haben oder die Bildung und Wirkung der Hormone vom Normalfall abweichen. Die biologische Geschlechtsentwicklung ist höchst facettenreich und bislang nur in groben Zügen verstanden.
[...]
Die Kategorien Mann und Frau bilden eine Art Rahmen, innerhalb dessen vielfältige Ausprägungen von Geschlechtlichkeit möglich sind – sowohl genetisch, anatomisch und hormonell als auch psychologisch und sozial. Diese Varianten sind jedoch nicht krankhaft, sondern sollten als natürliches Spektrum der Geschlechtsentwicklung verstanden werden.

https://www.spektrum.de/frage/geschlechtsidentitaet-gibt-es-mehr-als-zwei-geschlechter/1835662

Geschlechtsidentität ist davon zu trennen.

Die Geschlechtsidentität umfasst geschlechtsbezogene Aspekte der menschlichen Identität. Der Begriff verdichtet im öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs verschiedene Aspekte des Erlebens von Zugehörigkeit zu einem Geschlecht. Dabei geht es um die Fragen, welchem Geschlecht eine Person angehört, ob sie sich ihrem biologischen Geschlecht entsprechend oder davon verschieden erlebt und das zum Ausdruck bringen kann und ob sie die damit verbundene Rolle in sexuellen und sozialen Situationen unmissverständlich und mit Erfolg zu entfalten vermag.
Die Geschlechtsidentität ist Teil des Selbsterlebens eines Menschen und damit Teil seiner Identität, in die auch andere Rollen, mit denen sich eine Person identifiziert, eingehen.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Geschlechtsidentit%C3%A4t

Sie ist sehr individuell und kann nicht in ein binäres System eingeteilt werden. Allgemein ist diese Einteilung sinnlos.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Teil der LGBTQ+ Community
Onesimus  03.07.2023, 16:17
Das biologische Geschlecht wird als Spektrum verstanden

Das sehen manche Leute aus den Gender-Studies so. Mediziner der entsprechenden Fachrichtungen und Biologen sehen das anders:

Goymann, W., Brumm, H., & Kappeler, P. M. (2023). Biological sex is binary, even though there is a rainbow of sex roles. BioEssays, 45, e2200173. https://doi.org/10.1002/bies.202200173

An emerging consensus among philosophers of biology is that sex is grounded in some manner or another on anisogamy, that is, the ability to produce either large gametes (egg) or small gametes (sperm)
[…]
we align ourselves with those philosophers of biology and other theorists who think sex is grounded, in some manner or another, in the phenomenon of anisogamy. This is a very standard view in the sexual selection literature

Rifkin, Maximiliana Jewett & Garson, Justin (2023). Sex by design: a new account of the animal sexes. Biology and Philosophy 38 (2):1-17.

To a biologist, "male" means making small gametes, and "female" means making large gametes. Period! By definition, the smaller of the two gametes is called a sperm, and the larger an egg. Beyond gamete size, biologists don't recognize any other universal difference between male and female.
[…]
Up to now we've come up with two generalizations: (1) Most species reproduce sexually. (2) Among species that do reproduce sexually, gamete size obeys a near-universal binary between very small (sperm) and large (egg), so that male and female can be defined biologically as the production of small and large gametes, respectively. Beyond these two generalizations, the generalizing stops and diversity begins!

Roughgarden, J. (2013). Sex versus Gender. In Evolution’s Rainbow: Diversity, Gender, and Sexuality in Nature and People. University of California Press.

I’m addressing those who reject the very idea that there are two biological sexes. Instead, they argue, there are many biological sexes, or a continuum of biological sexes.
[…]
When we look across the diversity of life, sex takes stranger forms than anyone has dreamt of for humans. The biological definition of sex takes all this in its stride. It does so despite the fact that there are no more than two biological sexes in any species you’re likely to have heard of. To many people, that might seem to have ‘conservative’ implications, or to fly in the face of the diversity we see in actual human beings. I will make clear why it does not.
[…]
Many people assume that if there are only two sexes, that means everyone must fall into one of them. But the biological definition of sex doesn’t imply that at all.

Griffiths, P. (2020) Sex is real. Aeon.

Sie ist sehr individuell und kann nicht in ein binäres System eingeteilt werden. Allgemein ist diese Einteilung sinnlos.

Da stimme ich dir größtenteils zu. Irgendeinen Bezug zu "Geschlecht" muss Geschlechtsidentität aber schon haben, wenn sie "Geschlechtsidentität" heißen will. Wenn eine Geschlechtsidentität keinen Bezug mehr zu den beiden Geschlechtern weiblich und männlich mehr hat (und sei es auch nur durch Negation), dann wäre es in meinen Augen keine Geschlechtsidentität mehr.

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Hey!

Das Geschlecht wird nicht ausschließlich durch die Chromosomen identifiziert. Es ist eine alte Ansicht, dass die Ab- oder Anwesenheit des Y-Chromosoms Aussagekraft hat. Sexuelle Anatomie, Hirnstruktur, hormonelle Kompositionen oder die Keimzelle bestimmt das Geschlecht mit - es gibt auch mehr als nur zwei biologische Geschlechter. Nun aber zu deiner Frage:

Geschlecht und Geschlechtsidentität sind zwei paar Schuhe. Das Geschlecht wird durch die eben genannten Gegebenheiten bestimmt, die Geschlechtsidentität ist dagegen komplizierter: Sie ist sehr individuell und vereinfacht gesagt heißt es, dass man sich (nicht) mit dem biologischen Geschlecht identifizieren kann.

Liebe Grüße!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium
Onesimus  03.07.2023, 16:28

Hallo,

die zwei paar Schuhe gefallen mir.

Geschlecht und Geschlechtsmerkmale sind auch so zwei paar Schuhe, die oft durcheinander geworfen werden.

Geschlechtsmerkmale sind sehr variabel und bei verschiedenen Spezies oft gänzlich anders ausgeprägt. Denke an die Brustdrüse bei Säugetieren und Hahnenkamm bei Hühnern.

Geschlechter dagegen gibt es genau zwei, so wie jedes Paar Schuhe aus zwei Schuhen besteht.

So haben Zwitter wie Regenwürmer und Schnecken beide Schuhe an, sind also männlich und weiblich.

Ungeschlechtliche Lebewesen wie Treponema pallidum ist barfuß. Es ist weder weiblich noch männlich.

Menschen dagegen tragen in der Regel nur entweder den linken oder den rechten Schuh. Sie sind eingeschlechtlich und entweder weiblich oder männlich.

Es ist eine alte Ansicht, dass die Ab- oder Anwesenheit des Y-Chromosoms Aussagekraft hat.

Das SRY-Gen auf dem Y-Chromosom determiniert beim Menschen und den (meisten) Säugetieren die Entwicklung zu einem männlichen Individuum. Das klappt auch zu 99.998% Es hat also (auch heute noch) eine sehr hohe Sensitivität und Spezifität.

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Skyler0003  03.07.2023, 16:47
@Onesimus

Hey! Danke für die sachliche Antwort. Aber es gibt mehr als männlich und weiblich.

Die Frage auf die Anzahl der Geschlechter ist äußerst komplex. Biologisch gibt es erstmal unzählige Geschlechter, auch bei Säugetieren. Stell dir das Geschlecht wie ein Bild vor, die Rahmen sind männlich und weiblich und alles dazwischen Variationen. Kein Mensch ist vollständig männlich oder weiblich, sondern schwimmt in diesem Spektrum. Bei der Geschlechtsdetermination spielen viele Faktoren eine Rolle, darunter die Gonosomen (= Geschlechtschromosomen), Hormone, das Gehirn, die Keimdrüse und natürlich die sexuelle Anatomie - das war es noch nicht, aber das sind die wichtigsten. Grob gesagt ging man in der Biologie früher davon aus, dass das Y-Chromosom ausschlaggebend ist - Anwesenheit = männlich, Abwesenheit = weiblich. Dem ist aber nicht so - denn du kannst XY-Chromosomen haben und dennoch phänotypisch weiblich sein. Sind das Mutationen? Ja. Ist das dennoch ein eigenes Geschlecht? Ja. Wieso? Weil wir alle reine Zellmutationen sind, alle Menschen. Wir dürften also keine Menschen sein, wenn wir Geschlechter nicht als vielfältig erachten. Einer von hundert Personen hat eine Form einer Geschlechterstörung, es ist also definitiv keine Seltenheit.

Ich habe dir hier einen spannenden Artikel des Nature-Magazines verlinkt :)

Das SRY-Gen (oder TDF-Gen für Testisdeterminierender Faktor) als alleinigen Faktoren für die Entwicklung des Männchens zu sehen, ist naiv. Es gibt z.B. das Müller- und Wollf-Gang-System, das ebenso einen großen Beitrag leistet. Was richtig ist:

Es gibt zwei Phänotypen: Männlich und Weiblich.

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Onesimus  03.07.2023, 23:40
@Skyler0003
Biologisch gibt es erstmal unzählige Geschlechter, auch bei Säugetieren.

Nein. Auch bei Säugetieren gibt es wie bei anderen Tieren und Pflanzen genau zwei Geschlechter: weiblich und männlich.

Weiblich sind dabei Lebewesen, die darauf angelegt sind, Eizellen zu produzieren.

Männlich sind Lebewesen, die darauf angelegt sind, Spermien bzw. Pollen zu produzieren.

Nicht mehr und nicht weniger ist biologisches Geschlecht. Mit Geschlechtsmerkmalen oder gar Geschlechtsentwicklung hat das erstmal nichts zu tun

Grob gesagt ging man in der Biologie früher davon aus, dass das Y-Chromosom ausschlaggebend ist

Ja. Das weiß man seit 1905. Noch viel länger kennt man Keimzellen als biologische Essenz des Geschlechts. Die zwei weiblichen und männlichen Keimzellarten sind schon seit 1677 bei verschiedenen Tierarten bekannt und sind bis heute die einzige Grundlage des biologischen Geschlechts. Auch bei Arten, die gar keine Geschlechtschromosomen haben! Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Beim Menschen determinieren die Gonosomen das Geschlecht und die Geschlechtsentwicklung: Gonosomen -> Gonaden (Ovar / Testis) -> Geschlechtshormone (Testosteron & AMH) -> (Rückbildung der Müller- / Wolf-Gänge) -> Äußeres und inneres Genitale (primäre Geschlechtsmerkmale), sekundäre und tertiäre Geschlechtsmerkmale.

Dabei interessiert sich das biologische Geschlecht nur für die Gonaden, da diese dazu da sind, die Keimzellen produzieren. Alles, was danach kommt sind Geschlechtsmerkmale und die haben keinen Einfluss mehr auf das biologische Geschlecht.

Deshalb schrieb ich:

Geschlecht und Geschlechtsmerkmale sind auch so zwei paar Schuhe, die oft durcheinander geworfen werden.

Genau das tust du leider weiterhin. Du verwechselst Geschlecht und Geschlechtsmerkmale. Was der Artikel "sex redefined" in nature "biological sex" nennt sind Geschlechtsmerkmale, nicht das, was Biologen unter Geschlecht verstehen.

Du meinst, Menschen mit DSDs hätten ein "3. Geschlecht":

Dem ist aber nicht so - denn du kannst XY-Chromosomen haben und dennoch phänotypisch weiblich sein. […] Ist das dennoch ein eigenes Geschlecht? Ja.

Du sitzt hier einem gängigen Missverständnis aus dem Biologieunterricht auf. Biologisches Geschlecht ist vollständig unabhängig von Geschlechtschromosomen. Auch bei Krokodilen gibt es Weibchen und Männchen. Krokodile haben aber gar keine Geschlechtschromosomen.

kannst XY-Chromosomen haben und dennoch phänotypisch weiblich sein.

Ein Mensch mit XY-Chromosomen und vollständig weiblichem Phänotyp hat das Swyer-Syndrom. Er hat indifferente Gonaden. Er könnte geschlechtslos sein, weil er keine Keimzellen produziert. Er könnte männlich sein, weil seine Keimdrüsen eigentlich Spermien produzieren sollten. Genauso könnte er weiblich sein, weil seine Keimdrüsen eigentlich Eizellen produzieren sollten. Denkbar wäre auch weiblich+männlich. Ich denke, welche der 4 Möglichkeiten zutrifft ist unklar. Worin jedoch kein Zweifel besteht, ist, dass es keine weitere Möglichkeit gibt und damit kein "3. Geschlecht".

Ein drittes Geschlecht würde eine dreigeschlechtliche Fortpflanzung mit drei unterschiedlichen Keimzellen implizieren. Das ist denkbar, existiert in der Realität aber nicht. Es ist schlicht zu unpraktisch, zur Befruchtung immer einen Dreier organisieren zu müssen.

Einer von hundert Personen hat eine Form einer Geschlechterstörung, es ist also definitiv keine Seltenheit.

Die große Mehrheit dieser 1% hat Varianten wie XXX, XXY, XYY, X0. Diese Menschen haben alle ein eindeutiges biologisches Geschlecht und einen dazu passenden, eindeutigen Phänotyp. Echte "Intersexualität", also tatsächlich uneindeutige Genitalien gibt es in weniger als 0,1%. Swyer ist 1:80.000. Testikuläre Feminisierung bei 1:20.000. Adrenogenitales Syndrom 1:5000.

Es gibt zwei Phänotypen: Männlich und Weiblich.

Oh, da geht jetzt aber richtig was durcheinander. Phänotypen gibt es unzählige. Denn diese schließen ja die Geschlechtsmerkmale wie Körper- und Körbchengröße ein. Das biologische Geschlecht dagegen hat nur zwei Varianten: weiblich (große Keimzellen = Eizellen) und männlich (kleine Keimzellen = Spermien/Pollen).

Hier ein lesenswerter und aktueller Artikel, der die fehlgeleiteten ideologischen Ursachen für den Mythos des biologischen Geschlechts als Spektrum darstellt und erklärt, warum man seine Ideologie (nicht abwertend gemeint!) nicht aufgeben muss, um sich mit der Realität der zwei biologischen Geschlechter zu arrangieren:

Goymann, W., Brumm, H., & Kappeler, P. M. (2023). Biological sex is binary, even though there is a rainbow of sex roles. BioEssays, 45, e2200173. https://doi.org/10.1002/bies.202200173

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Skyler0003  04.07.2023, 03:55
@Onesimus
Nein. Auch bei Säugetieren gibt es wie bei anderen Tieren und Pflanzen genau zwei Geschlechter: weiblich und männlich.
Weiblich sind dabei Lebewesen, die darauf angelegt sind, Eizellen zu produzieren.
Männlich sind Lebewesen, die darauf angelegt sind, Spermien bzw. Pollen zu produzieren. Nein. Auch bei Säugetieren gibt es wie bei anderen Tieren und Pflanzen genau zwei Geschlechter: weiblich und männlich.

Also - zur Fortpflanzung gibt es definitiv männlich und weiblich, wie du sagst: Weiblein produziert Eizelle, Männlein Samenzelle. Aber das Geschlecht über die Keimdrüse zu bestimmen ist schon kurzgedacht, schließlich gibt es Hermaphroditen, auch im Tierreich, die eine Ovotestis (beide Keimdrüsen) haben. Alle Geschlechtsorgane sind dabei voll funktionsfähig.

Dabei interessiert sich das biologische Geschlecht nur für die Gonaden, da diese dazu da sind, die Keimzellen produzieren. Alles, was danach kommt sind Geschlechtsmerkmale und die haben keinen Einfluss mehr auf das biologische Geschlecht.

Das ist korrekt. Nur gibt es drei verschiedene Gonaden. Das biologische Geschlecht an sich umfasst also drei Geschlechter - die Variationen und Merkmale allem danach sind wiederum ziemlich unendlich.

Genau das tust du leider weiterhin. Du verwechselst Geschlecht und Geschlechtsmerkmale. Was der Artikel "sex redefined" in nature "biological sex" nennt sind Geschlechtsmerkmale, nicht das, was Biologen unter Geschlecht verstehen.

Ich möchte hier, hier und hier mal weitere Artikel anhängen. Ziemlich sicher bin ich mir, dass Geschlecht gemeint ist. Aber wenn nicht, dann tut es mir leid, weil solche Artikel maßgeblich das Verständnis von mir und Geschlecht geprägt haben. Bei mir im Studium wurde ganz klar gesagt, es gibt drei Geschlechter, wobei ich von unendlichen ausgehe. Ich verweise nur auf die Analogie mit dem Gemälde.

Du sitzt hier einem gängigen Missverständnis aus dem Biologieunterricht auf. Biologisches Geschlecht ist vollständig unabhängig von Geschlechtschromosomen. Auch bei Krokodilen gibt es Weibchen und Männchen. Krokodile haben aber gar keine Geschlechtschromosomen.

Nein, ich wusste, dass das so ist. Nur ging ich davon aus, du würdest es nicht wissen (weil es die meisten nicht tun).

Ein Mensch mit XY-Chromosomen und vollständig weiblichem Phänotyp hat das Swyer-Syndrom. Er hat indifferente Gonaden. Er könnte geschlechtslos sein, weil er keine Keimzellen produziert. Er könnte männlich sein, weil seine Keimdrüsen eigentlich Spermien produzieren sollten. Genauso könnte er weiblich sein, weil seine Keimdrüsen eigentlich Eizellen produzieren sollten. Denkbar wäre auch weiblich+männlich. Ich denke, welche der 4 Möglichkeiten zutrifft ist unklar. Worin jedoch kein Zweifel besteht, ist, dass es keine weitere Möglichkeit gibt und damit kein "3. Geschlecht".

Bis auf den letzten Satz korrekt. Es gibt drei verschiedene Arten von Keimdrüsen, die kannst du mit Swyer-Snydrom, Kline-felter-Syndrom oder Ullrich-Turner-Snydrom haben: Samenzelle, Eizelle, Ovotestis. Die letzte ist eine Mischung aus beiden anderen, aber dennoch eine Keimdrüse.

Ein drittes Geschlecht würde eine dreigeschlechtliche Fortpflanzung mit drei unterschiedlichen Keimzellen implizieren. Das ist denkbar, existiert in der Realität aber nicht. Es ist schlicht zu unpraktisch, zur Befruchtung immer einen Dreier organisieren zu müssen.

Ich hatte kurz ein Hirngespinst - wie witzig das wäre, wenn eine Art immer Dreier zur Befruchtung bräuchten. Anyway: Drei Geschlechter bedeuten nicht automatisch dreigeschlechtliche Fortpflanzung. Wir haben bei mehreren Tierarten verschiedene Arten von Männchen. Davon wird aber nur eine gebraucht zur Fortpflanzung. Aber toll, jetzt wäre es witzig wenn wir Orgien zur Fortpflanzung brauchen.

Die große Mehrheit dieser 1% hat Varianten wie XXX, XXY, XYY, X0. Diese Menschen haben alle ein eindeutiges biologisches Geschlecht und einen dazu passenden, eindeutigen Phänotyp. Echte "Intersexualität", also tatsächlich uneindeutige Genitalien gibt es in weniger als 0,1%. Swyer ist 1:80.000. Testikuläre Feminisierung bei 1:20.000. Adrenogenitales Syndrom 1:5000.

Ich stimme zu. Wobei es sehr oft vorkommt, dass man äußere, männliche Genitalien und innere, weibliche Geschlechtsorgane hat - nicht nur bei Hermaphroditismus verus.

Phänotypen gibt es unzählige

Ja, das war mein Fehler. Wir brauchen neue Wortdefinitionen.

zwei Varianten

drei* + Ovotestis.

Hier ein lesenswerter und aktueller Artikel, der die fehlgeleiteten ideologischen Ursachen für den Mythos des biologischen Geschlechts als Spektrum darstellt und erklärt, warum man seine Ideologie (nicht abwertend gemeint!)

Das ist keine Ideologie. Aber ich lese es morgen, es ist 4 Uhr und ich konnte nicht schlafen und vertreibe mir die Zeit im Online-Forum...

genial.

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Onesimus  04.07.2023, 08:26
@Skyler0003
Aber das Geschlecht über die Keimdrüse zu bestimmen ist schon kurzgedach

Das Geschlecht ist nicht über die Keimdrüse (Gonaden) definiert, sondern über die Keimzellen. Denke an Pflanzen, die keine Keimdrüsen, sondern Blüten haben.

schließlich gibt es Hermaphroditen

Echte Hermaphroditen sind darauf angelegt, beide Typen an Keimzellen zu produzieren. Sie sind also sowohl weiblich, als auch männlich. Das sind immer noch zwei und nicht drei Geschlechter.

Das biologische Geschlecht an sich umfasst also drei Geschlechter - die Variationen und Merkmale allem danach sind wiederum ziemlich unendlich.

Nun ja, wenn du darauf bestehst, Zwitter als drittes Geschlecht zu zählen, von mir aus. Konsequenterweise sollte dann auch Geschlechtslosigkeit ein Geschlecht sein. Wir hätten dann die Potenzmenge der biologischen Geshlechter: P({w;m}) = {{};{w};{m};{w;m}}.

Ziemlich sicher bin ich mir, dass Geschlecht gemeint ist.

Lies die Artikel bitte nochmal und achte darauf, ob Keimzellen auch nur erwähnt werden, oder ob die Vielfalt nur auf Seiten der Geschlechtsmerkmale betont wird.

Kline-felter-Syndrom oder Ullrich-Turner-Snydrom

Klinefelter haben funktionierende Hoden und sind daher männlich, Turner haben funktionsarme bis funktionslose Eierstöcke. Wenn man nun darauf besteht, dass Streak-Gonaden bei Turner keine Eierstöcke sind, dann wären diese Turner-Frauen geschlechtslos. Kann man so sehen. Ich sehe es jedoch so, dass alle Turner-Frauen darauf angelegt sind, Eizellen zu produzieren und also weiblich sind. Das passt auch besser zu ihrem Selbstbild.

Die letzte ist eine Mischung aus beiden anderen, aber dennoch eine Keimdrüse.

Nun, wenn es eine Keimdrüse wäre, dann hätte sie die Funktion, Keimzellen zu produzieren - Eizellen oder Spermien. Wir wissen möglicherweise nicht, welche; aber mindestens eines von beiden muss es sein.

Wir haben bei mehreren Tierarten verschiedene Arten von Männchen. Davon wird aber nur eine gebraucht zur Fortpflanzung.

Das gibts nicht nur bei Tieren, sondern auch beim Menschen. Denke an Kastraten und zölibatär lebende Menschen. Man könnte es so sehen, dass diese Organismen geschlechtslos sind, wenn sie nicht die Funktion haben, Keimzellen zu bilden. Biologen sehen das anders. Sie meinen, die Funktion sei lediglich durch Umweltfaktoren unterdrückt. So scheinst du es doch auch zu sehen. Du nennst sie ja "Männchen". Warum sind es Männchen? Weil sie die Anlage haben, Spermien zu bilden (auch wenn sie keinen Gebrauch davon machen).

Wobei es sehr oft vorkommt, dass man äußere, männliche Genitalien und innere, weibliche Geschlechtsorgane hat

"Häufig" ist AGS mit 1:5000 und da sind die äußeren Genitalien auch nur teilweise virilisiert, also im wesentlichen nur Klitorishypertrophie. Das werde ich in meinem Berufsleben als Frauenarzt und Geburtshelfer mit Glück 1-2x sehen. Häufig ist was anderes.

Wir brauchen neue Wortdefinitionen.

Nein. Haben wir schon. Was du meintest nennt sich Geschlechtsmerkmale oder Sexualdimorphismus.

Das ist keine Ideologie.

Mit Ideologie meine ich die moralischen Implikationen und Befürchtungen, die fälschlicherweise(!) mit der Binarität des biologischen Geschlechts verknüpft werden. Wie: Geschlechtergerechtigkeit, Identität, Patriarchat, etc.

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Richtig, das macht keinen Sinn.

Da das ganze sich ja auch nur im Kopf abspielt, könnte man das auch auf verschiedene Art und Weise erklären.

Eine davon ist eben diese Geschlechteridentität.

In anderen Teilen der Welt sieht man das etwas anders.

Außer dir spricht eigentlich niemand von "Sexualidentität". Die wiederum kannst du daher für dich definieren, wie du möchtest. :-)

Mutmaßlich irritiert dich der Umstand, dass es neben den drei rechtlichen Geschlechtern eine unendliche Vielzahl von "Geschlechtsidentitäten" gibt. Die haben wiederum nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun, sondern eher mit dem geschlechtlichen Rollenverständnis der Individuen.