Was darf ein Rettungssanitäter?

5 Antworten

Du darfst grundsätzlich keine invasiven Maßnahmen durchführen, außer durch einen gerechtfertigten Notfall. Das heißt, besteht vor Ort die Notwendigkeit zum Legen eines Zugangs zur Medikamentengabe, dann darfst du das als RS auch tun, sofern parallel der Notarzt alarmiert wurde. Die Verabreichung von Medikamenten obliegt aber dem Notarzt.

"Verkabeln" darfst du natürlich, auch Defibrillieren bei einer Reanimation.

saskiaCNX 
Fragesteller
 05.11.2021, 08:28

Sofern aber noch ein NFS vor Ort ist, legt der den Zugang, oder?

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Gehilfling  05.11.2021, 08:44
@saskiaCNX

Das ist immer Sache vom Team. Wenn sich beide kennen und der NFS den RS einschätzen kann, dann kann und darf auch der RS den Zugang legen.

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Pasgmc  29.06.2023, 04:15

Zugang legen darf man als RS ja offizell nur im Rahmen des rechtfertigenden Notstands. Daher ist ja auch die Medikamentengabe möglich, sofern man sie beherrscht. Der Zugang rettet dem Patienten ja nicht das Leben also muss eine lebensrettende Medikamentengabe erfolgen um den Zugang zu rechtfertigen oder die Infusion würde dem Patienten das Leben retten.
So wurde es zumindest mir in meiner diesjährigen Rettungsdienst Fortbildung erklärt :D

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Von Experten Rollerfreake und iwaniwanowitsch bestätigt

Die Aufgabe des Rettungssanitäters ist es, dem Notfallsanitäter und/oder dem Notarzt zu assistieren. Hierbei kann ihm etliches an Aufgaben übertragen werden, wenn er diese beherrscht, was insbesondere die invasiven Maßnahmen betrifft - das sind z.B. Anlage eines venösen Zugangs, Einlage eines Larynxtubus oder die Defibrillation im Rahmen der Reanimation oder die Verabreichung von Notfallmedikamenten. All das wie gesagt in Delegation. Zu den Grundkompetenzen des Rettungssanitäters gehören ansonsten die Erhebung der Vitalwerte (also "verkabeln"), Sauerstoffgabe, Kommunikation und Betreuung des Patienten, Tragetechniken und Transport. Üblicherweise ist der Rettungssanitäter der Fahrer des RTW, wenn er mit einem NFS unterwegs ist. Im Krankentransport kann der RettSan auch der Chef auf dem Auto sein. Hier sind aber all die genannten Maßnahmen , die delegiert werden können, gar nicht notwendig

Was der RettSan über das genannte hinaus selbstständig und eigenverantwortlich tun und entscheiden darf, ist je nach Landkreis geregelt und hängt stark vom dortigen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst ab. Die Regelkompetenz der Notfallsanitäter, die ja auch schon oft genug unterschiedlich ausgelegt wird, hat der RettSan nicht. Dennoch kann es sein, dass in dem einen oder anderen Landkreis mehr erlaubt ist, als in anderen.

In Notfällen kann zudem auch der RettSan unter bestimmten Umständen Maßnahmen durchführen, die er beherrscht und die zwingend in der Situation notwendig sind. Hier greift der rechtfertigende Notstand gemäß Paragraph 34 StGB, nach dem derjenige straffrei bleibt, der zur Abwendung einer großen Gefahr für Leib und Leben etwas tut, was er nicht darf. Wie gesagt ist dabei aber Voraussetzung, dass die Maßnahme beherrscht wird und dass keine geringere Maßnahme den gewünschten Erfolg bringt. Beispiel: ein Patient atmet nicht. Die Ventilation kann mit Beutel-Masken-Beatmung gesichert werden. Daher dürfte der RettSan nicht intubieren, selbst wenn er die Technik beherrscht. Die Handhabung eines Beatmungsbeutels wird als sicher erwartet, weil man dies in der Ausbildung lernt.

Fazit: Allein und selbstständig darf der RettSan schon eine ganze Menge, aber weniges, was in den Patienten eingreift - Stichwort Körperverletzung. In Delegation kann davon wiederum eine Menge gemacht werden. Im Notfall können Situationen entstehen, in denen der RettSan Maßnahmen durchführen muss, die er sonst nicht darf, wofür er dann nicht bestraft wird. Die Hauptaufgabe des RettSan bleibt wie gesagt die Assistenz.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
saskiaCNX 
Fragesteller
 05.11.2021, 12:21

Herzlichen Dank! Gut erklärt und hab ich schnell verstanden.

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Das wird bei jeder Feuerwehr und in jedem Landkreis vom ärztlichen Leiter selbstständig gehandhabt, welche Kompetenzen welcher Qualifikationsstand anweden darf.

Bei der Feuerwehr, bei der ich arbeite, fallen in den Kompetenzbereich des RS der venöse Zugang mit kristalloider Infusionslösung, die Adrenalingabe im Rahmen der Reanimation, die Larynxintubation im Rahmen der Reanimation, die Glucosegabe im Rahmen der Hypoglykämie, Sauerstoffgabe um mal in den genannten Bereichen zu bleiben.

Deutlich erweiterte Kompetenzen haben der Rettungsassistent und der Notfallsanitäter.

Die Diagnostik (wenn das mit "verkabeln" gemeint ist) ist allerdings Standardkompetenz jedes Mitarbeiters im Rettungdienst.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
saskiaCNX 
Fragesteller
 05.11.2021, 08:32

Wenn man also als RS z.B. beim DRK oder ASB, den Johannitern oder anderen RDs (neben)beruflich anfängt, würde man dort gesagt bekommen, was man max. dort darf? Stimmt das so?

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iwaniwanowitsch  05.11.2021, 08:42
@saskiaCNX

Definitiv! Anders funktioniert die Arbeit im Rettungsdienst nicht. Es gibt zum Beispiel das "gemeinsame Kompendium Rettungsdienst", in dem sich verschiedene Landkreise und kreisfreie Städte in NRW zusammengeschlossen haben, indem alle Behandlungspfade, freigegebenen Kompetenzen, freigegebene Medikamente etc zusammengefasst sind und in dem jeder Mitarbeiter nachlesen kann, was für seinen Ausbildungsstand wo freigegeben ist.

https://rettungsdienst.rhein-kreis-neuss.de/gemeinsames-kompendium-rettungsdienst-2021/

Das ist öffentlich zugänglich, kannste ja mal rein schauen.

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Zu den "Grundkompetzen" von Rettungssanitätern gehörigen "einfache" Maßnahmen der Atemwegsicherung wie Absaugung des Mund-/ Rachen- Raumes, blindes Auswischen der Mundhöhle, stabile Seitenlage, Einlage von Pharyngealtuben, die angepasste Lagerung von Notfallpatienten, die Masken- Beutel- Beatmung, die Sauerstoffapplikation, das Stillen von Blutungen (manuelle Kompression, Druckverband und Tourniquet), die kardiopulmonale Reanimation nach BLS mit AED, die Erhebung von Vitalwerten, die Anamnese nach SAMPLER und OPQRST, die klinische Untersuchung mit den Schwerpunkten Inspektion, Palpation und Auskultation, Ganzkörperuntersuchung ("Bodycheck"), neurologische Untersuchung mittels FAST- Schema und Pupillenkontrolle, die Ruhigstellug isolierter Frakturen und die Immobilisation mittels Schaufeltrage und Vakuumnatratze sowie die Wärmeerhaltung.

Im Rahmen der Delegation, können einem Rettungssanitäter Maßnahmen wie die Anlage peripher- venöser Zugänge oder die Applikation von Notfallmedikamenten übertragen werden, sofern er diese beherrscht. Derjenige, der die Ausführung einer medizinischen Maßnahme übernimmt, in diesem Fall der RettSan, trägt immer die Ausführungsverantwortung und macht sich juristisch wegen eines sogenannten "Übernahmeverschuldens" strafbar, wenn er eine Maßnahme übernimmt, die er nicht hinreichend beherrscht.

Die weiteren eigenverantwortlichen Kompetenzen richten sich in aller erster Linie nach den "Freigaben" des ärztlichen Leiters Rettungsdienst (ÄLRD) im entsprechenden Rettungsdienstbereich und können sehr stark variieren. Bei mir im Bundesland Baden- Württemberg, gibt es jedoch gar nicht flächendeckend einen ÄLRD, sodass hier ausnahmslos jede erweiterte medizinische Maßnahme, die durch Rettungsassistenten oder Rettungssanitäter eigenverantwortlich durchgeführt wird, auf der Rechtsgrundlage des "rechtfertigenden Notstandes" (siehe unten) durchgeführt wird.

Desweiteren, hat jeder unabhängig von seiner formellen Qualifikation die Möglichkeit, auf der Rechtsgrundlage des "rechtfertigenden Notstandes" nach §34 Strafgesetzbuch (StGB) Maßnahmen zu ergreifen, zu deren Anwendung er zwar offiziell keine Berechtigung hat, die aber im konkreten Einzelfall zur Abwendung von Gefahren für das Leben oder die Gesundheit des Notfallpatienten dringend/ unmittelbar erforderlich sind. Auf eine Rechtfertigung durch Notstand kann man sich berufen, wenn:

1.) Eine gegenwärtige Gefahr für das Leben oder die Gesundheit des Notfallpatienten vorliegt,

2.) Die Gefahr nicht anders abwendbar ist, d.h. keine nichtärztliche oder weniger eingreifende medizinische Maßnahme zu ihrer Abwendung gleichermaßen geeignet ist,

3.) Ärztliche oder höher- qualifizierte Hilfe nicht rechtzeitig zur Verfügung steht und

4.) Die Maßnahme ein angemessenes Mittel zur Abwendung der Gefahr darstellt.

Grundvoraussetzung ist jedoch immer die Beherrschung der jeweiligen medizinischen Maßnahme(n). Die grundsätzliche Problematik besteht diesbezüglich bereits darin, dass sich die formelle und die tatsächliche Qualifikation bei Rettungssanitätern teilweise sehr stark unterscheidet. Es gibt beispielsweise Rettungsdienstschulen, die den angehenden Rettungssanitätern lediglich beibringen, wie sie Arzneimittel für die Applikation durch den Notarzt oder den Notfallsanitäter vorbereiten (Spritzen aufziehen) und andere Rettungsdienstschulen lehren wiederum die wichtigsten Notfallmedikamente in Indikationen, wesentliche Kontraindikationen und Nebenwirkungen sowie Dosierungen. Beim Thema peripher- venöser Zugang, kommt es insbesondere sehr stark auf das Praktikumskrankenhaus an bzw. darauf, was die Ärzte und Pflegekräfte dort bereit sind einem zu vermitteln. So gibt es Rettungssanitäter, die in ihrem Krankenhauspraktikum um die 50 Zugänge gelegt haben und die Maßnahme somit "beherrschen" und es gibt Rettungssanitäter, die während des gesamten Praktikums keinen einzigen Zugang oder fünf bis zehn Zugänge selbstständig angelegt haben.

Desweiteren, kommt es natürlich auch darauf an, wie die Ärzteschaft in dem Bereich wo man tätig ist so "tickt". Es gibt Ärzte, die haben etwas dagegen, dass Notfallsanitäter*innen eigenverantwortlich Zugänge legen, dann macht man das natürlich nur einmal als Rettungssanitäter und sie werden einem dafür anzeigen gehen. Anderswo, wie hier bei mir, sehen die (Not-)Ärzte den peripher- venösen Zugang hingegen als "Grundkompetenz" eines Rettungssanitäters an, sofern sie es beherrschen. Hier erwarten die Notärzte, sogar der leitende Notarzt des Kreises, dass man als Rettungssanitäter quasi immer einen Zugang anlegt, wenn man einen Notarzt nachalarmiert und sei es auch "nur" zwecks Schmerzmittelgabe bei einer isolierten Extremitätenfraktur. Auch die Klinikärzte, sehen es hier allesamt relativ "locker", so war beispielsweise der ärztliche Leiter der neurologischen Klinik früher selber als Rettungssanitäter tätig und hat da fleißig Zugänge gelegt, wird der einem dafür anzeigen wenn er es früher mit der gleichen Qualifikation selber getan hat, nun höchstwahrscheinlich nicht.

In der Praxis muss man sagen, dass der Rettungssanitäter heutzutage ausschließlich im Bereich des qualifizierten Krankentransportes eigenverantwortlich am Patienten tätig ist und es auf einem Krankentransportwagen üblicherweise außer Infusionslösungen nicht's gibt. Im Bereich der Notfallrettung auf Rettungswagen, arbeitet er hingegen sets mit einem höher- qualifizierten Notfallsanitäter oder in manchen Bundesländern übergangsweise auch noch Rettungsassistenten zusammen. Somit kommen Rettungssanitäter in der rettungsdienstlichen Praxis nur sehr selten in die "Gelegenheit", eigenverantwortlich erweiterte medizinische Maßnahmen zu treffen/ treffen zu müssen.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

Spritzen nur nach vorgabe des Notarztes.

Verkabeln für ein ekg ja.

saskiaCNX 
Fragesteller
 05.11.2021, 07:12

Zuerst aber wahrscheinlich der Notfallsanitäter, der die Spritzen gibt, oder?

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Melinda1996  05.11.2021, 07:14
@saskiaCNX

wenn einer mit dabei ist ja, ich könnte mir aber auch vorstellen das der RS es macht um übung zu bekommen. Was unter Aufsicht auch ok ist

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