Was bedeutet es sich selbst kennen zu lernen?

4 Antworten

Wenn du in einer Krise steckst, in einer Lebenskrise, einer Sinneskrise, die dich derart tiefgreifend erschüttert oder so lange andauert, dass du selber an den Punkt gelangst, an dem du bemerkst, dass der Sinn des Lebens gewiss weder darin besteht, nach ihm nachzusinnen, noch die Erwartungen deiner Mitmenschen zu besänftigen, sondern einzig und alleine dir selbst, deiner “inneren Stimme”, zu gehorchen, ohne dabei jemandem etwas Ungutes zu wollen oder anzutun, dann hast du - aus meiner Sicht - zumindest ein bedeutsames Stück weit zu deinem Selbst, deiner Lebensmotivation und deinem Lebenssinn, gefunden.

Im besten Fall entdeckst du dich dabei selber wieder, womöglich so, wie du als Kind gewesen zu sein dich zu erinnern vermagst, indem du dich deiner angeborenen oder im Laufe der Kindheit angeeigneten Stärken und Schwächen, deinen eigenen Fertigkeiten und Fähigkeiten, die dich als menschliches Individuum charakterisieren, bewusst wirst.

Die bewusste Selbstreflexion ist nur dann möglich, wenn du bereit bist, nicht nur Kritik dir selbst gegenüber auszuüben, sondern sie auch zuzulassen, zu akzeptieren und an dir - wo von Belang - nachzubessern, wenn das denn unbedingt erforderlich dafür ist, damit du dich mit dir selbst zumindest mehr im Reinen fühlst.

Erst dann besteht die Möglichkeit, dich ein Stück weit selbst neu zu erfinden, zu recyceln, dich aufs Neue aus alten Formen zu formen und gegebenenfalls das scheinbar sichere Segel neu auszurichten und neue Wege einzuschlagen.

Philipp3141 
Fragesteller
 19.02.2020, 06:09

Schöner Text. Eine Sache Frage ich mich allerdings schon sehr lange, das hab ich noch nicht ganz verstanden.

Warum muss man sich genau jetzt akzeptieren um sich verändern zu können? Wenn ich mich jetzt voll akzeptieren würde dann wäre da doch garnichts dass ich ändern wollen würde weil es ja ok ist. Es bliebe doch immer ein Restwunsch dieses etwas wegzubekommen, es also nicht zu akzeptieren, oder?

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mendrup  19.02.2020, 11:26
@Philipp3141

Akzeptieren bedeutet ja nicht kritiklos hinnehmen. Vielmehr ist es eine schonungslose Bestandsaufnahme. Ich habe mich wie ein Arsch aufgeführt? Ok, das muss ich akzeptieren und nicht Ausreden und Gründe suchen, mein blödes Verhalten zu relativieren. Wenn ich annehmen kann, dass ich Fehler begangen habe, erkenne ich diese Fehler also und kann mich ändern.

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seifreundlich2  19.02.2020, 14:24
@Philipp3141

Die Kritik an sich selbst zu akzeptieren heisst ja nicht, dich immer so zu akzeptieren wie du bist, sondern aus einer Situation oder aus sich heraus zu erkennen, warum du denn manche persönliche Eigenschaft an dir nicht akzeptierst, und nötigenfalls an sich nachzubessern, wenn du es denn als richtig respektive falsch erachtest, so zu sein wie du bist oder wie du sein möchtest.

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Philipp3141 
Fragesteller
 19.02.2020, 14:32
@seifreundlich2

Z.b. bei mir in Bezug zu meiner sozialen Unsicherheit. Ich mag sie nicht. Sie nimmt mir die Möglichkeit mein Leben nach meinen Wünschen und meinem vollen Potential zu leben. Theoretisch ist nichts aber ich liege für unbestimmte Zeit weit unter meinen Möglichkeiten, sowohl in der Freizeit als auch auf Arbeit. Ich mache schon unendlich viel um daran zu arbeiten.

Akzeptieren würde hier wie aussehen? Oder tue ich es bereits

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seifreundlich2  20.02.2020, 01:22
@Philipp3141

Wenn ich meine Lebenssituation so akzeptierte, wie sie ist, dann nur deshalb, weil sie mir entweder gerade so passt wie sie ist, ich also zufrieden damit bin, oder weil ich mich mindestens bis auf Weiteres damit abgefunden habe.

Der Mensch ist zumeist bequem, einerseits zwar sehr anpassungsfähig, andererseits aber auch ein liederliches Gewohnheitstier, das vor allem auf Sicherheit, Zufriedenheit und Fortpflanzung sowie auf Fortschritt bedacht ist.

Jetzt ist aber Fortschritt unweigerlich mit Veränderung, Veränderung mit Unsicherheit und Unsicherheit mit der Zufriedenheit, sprich Unzufriedenheit verbunden.

Ist der Mensch nicht zufrieden, obwohl es ihm objektiv betrachtet doch gut gehen müsste, die psychische Verfassung hiervon ausgenommen, liegt das grundsätzlich nicht am persönlichen Umfeld als vielmehr am Drang nach Veränderung zwecks Erfüllung von Wünschen zur Linderung der Nostalgie nach Zufriedenheit.

Der Mensch will ja nicht immer weniger, sondern immer mehr. Das ist ganz natürlich, denn weniger hat sich in der Menschheitsgeschichte meistens nicht als vorteilhaft erwiesen, am ehesten noch in Notsituationen, weil dann wird der Mensch erfinderisch, wenn er schnelle Entscheidungen treffen muss, um seine Existenz zu sichern.

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Das ist nicht möglich.

So wie ein Auge sich selbst nicht sehen kann, so kann man sich selbst nicht wissen.

Wissen ist auch immer dual. Dazu müsste mindestens einen Wisser und das Zu-Wissende geben. Der Wisser und das Zu-Wissende sind in diesem Fall aber eins. Somit ist eine relative Selbsterkenntnis nicht möglich.

Hierfür spricht auch die Erzählung von dem buddhistischen Mönch Bodhidharma, der den Buddhismus einst von Indien nach China brachte. In China soll er von einem dortigen König gefragt worden sein, wer er sei. Daraufhin antwortete er schlicht, dass er das nicht wüsste.

mendrup  19.02.2020, 11:28

Sehr interessant!

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Das bedeutet, zu wissen, was einen zufrieden macht, und das dann konsequent zu verfolgen. Das ist erstens eine Sache des guten Kontakts zum eigenen Empfinden (Körperempfindungen/Affekte), damit man überhaupt weiß, was mit Zufriedenheit verbunden ist, denn Zufriedenheit (oder Unzufriedenheit) muss man spüren. Und zweitens ist es eine Sache der Übung, dass man ein Ziel konsequent verfolgt (das muss mann üben).

Das kann auch bedeuten, dass man problematische Verhaltensweisen erkennt, die einem "Kosten" bereiten (z.B. negative soziale Konsequenzen, oder berufliche Probleme o.Ä.).

nur durch geistige erkenntnisse.

Woher ich das weiß:Hobby – Wo liegen die Ursachen für das, was in der Welt passiert?