Warum wird immer weniger Wert auf einen würdigen Abschied der Verstorbenen gelegt?

16 Antworten

Als Bestatterin kann ich dir nur bedingt folgen. Der kirchliche Anteil des Abschieds wird deutlich weniger. Gerade Rosenkranz/Seelenamt werden extrem selten gewünscht, sogar im sehr katholischen BaWü. Das ist sehr ortsabhängig.

Meist liegt es daran, dass der Verstorbene selbst nicht sonderlich religiös war und die Hinterbliebenen noch weniger religiös sind.

Die Abschiedskultur wandelt sich ebenfalls sehr stark. Würdige Abschiede sind persönlich und individuell. Ein Priester ist an eine bestimmte Liturgie gebunden und die Trauerreden sind zu 90% gleich, nur Namen ausgetauscht. Mit Würde hat das wenig zu tun. Ein weltlicher Trauerredner, als Dienstleister, muss sich da wesentlich mehr bemühen.

Die Priester werden oft auch nur noch aus finanziellen Gründen gerufen, weil ein Redner deutlich teurer ist. Wobei es auch sehr engagierte Geistliche gibt, die ihre Trauerfeiern mit viel Mühe planen und durchführen.

Würdig ist aber eben nicht für jeden gleich kirchlich.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Kennst du den Spruch: "Aus den Augen, aus dem Sinn".

Alles was heute nicht mehr funktioniert, wird beseitigt (entsorgt) und vergessen. Es ist der natürliche Verlauf, dass es sich früher oder später auf das zwischenmenschliche auswirkt. Es fängt bei Beziehungen an und endet beim sterben.

Als von Verwandten am Rhein jemand gestorben ist, hatte der Pfarrer eigentlich auch keinen Bock auf Requiem und wollte einfach so beerdigen.

Viele wollen heute anonyme Beerdigungen. Angehörige wollen nur noch bei der Bestattung dabei sein, mehr nicht. Da hätte ich als Pfarrer auch "keinen Bock". Es ist ja den meisten nur lästig.

Der glaube ist in Deutschland sehr rückläufig. Nach dem "Tod ist alles vorbei" warum das ganze noch? Die Folge daraus ist, Leben ist ist in der Gesellschaft immer weniger wertvoll. Für viele Mediziner, ist ein kranker nur noch ein Kapital Bringer (sterben verboten).

Ich persönlich finde diese Entwicklung als Christ sehr besorgniserregend. Immer öfter bekomme ich mit, nur solange man gesund ist, ist man Teil der Gesellschaft. Wirst man krank, ist man schnell alleine.

Also, so extrem, wie du es beschreibst kenne ich es jetzt von meiner Familien nicht, aber Requiem und Beisetzung mit Pfarrer ist schon ein Muss bei uns, auch wenn man nicht so religiös ist.

Aber in meiner Beruflichen Tätigkeit erlebe ich schon auch, dass ein Requiem immer weniger Verstorbenen und den Familien wichtig ist, immer mehr Katholiken werden beerdigt ohne religiöse Aussegung, ohne reiligöser Begleitung.

Kirche und alles was damit zu tun hat, ist bei vielen Menschen out. Sie können damit nichts mehr anfangen, Es gibt inzwischen auch viele Kinder, die katholisch getauft sind, aber noch nicht einmal mehr zur Erstkommunion mitgehen, mitgehen wollen.

Kirche und kirchliche Gemeinschaft wird in den Familien nicht mehr gelebt, und daher auch nicht in der Öffentlichkeit und es ist keine Schande mehr. Ich glaube nicht, dass früher mehr Interesse da war, aber der Druck war größer. Aber inzwischen tritt die Oma ja selber aus der Kirche aus, und besteht nicht mehr auf die Taufe der Enkel oder Urenkel...

Kirche und alles was damit zu tun hat, hat die Bedeutung verloren...

Immer weniger Menschen gehen in die Kirche, besuchen regelmäßig einen Gottesdienst.... das ist auf kleineren Dörfern vlt. noch anders als in der Stadt.

Auch haben die Pfarrer keine persönliche Beziehung mehr zu ihren "Schäfchen", und wenn diese dann nicht mehr in die Kirche kommen (weil es aus gesundheitl. Gründen nicht mehr geht), dann sind sie eben "vergessen".

Dies mag vielleicht ein Grund sein, warum diese rituellen Beisetzungen weniger werden.

Ein weiterer Grund wäre, das ich als Trauerrednerin mir viel Zeit nehme, um mit den Menschen zu reden, die Trauerrede vorzubereiten.... die ganze Trauerfeier so perönlich wie möglich zu gestalten.... während viele vom einer (gerade auch katholischen) kirchl. Trauerfeier entäuscht waren, weil nur sehr wenig vom Verstorbenen erzählt wurde...

Ein Abschied ist in erster Linie dazu da, den Verstorbenen zu ehren.... und die letzte Möglichkeit Abschied zu nehmen.... darum sollte diese Abschiednahme so gestaltet werden, das die Hinterbliebenen gut damit weiterleben können.

Firmian  23.03.2022, 19:29

Das ist eben von der Idee her bei katholischen Totenämtern nicht so, dass es da um die Würdigung des Verstorbenen geht, sondern ums Gebet für ihn.

Wenn da Menschen mit anderen Erwartungen hinkommen, sind die dann enttäuscht.

Wobei die Tendenz auch dazu hingeht, bei katholischen Messen einen Lebenslauf des Verstorbenen vorzulesen und seine Hobbies und ehrenamtlichen Verdienste.

Eigentlich ist das traditionell nicht der Ort dafür.

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Ich glaube nicht das es immer einer katholische Trauer-Zeremoniell bedarf um würdig Abschied zu nehmen .

Und ja es geht um den lieben Menschen den man verloren hat und jeder sollte Abschied nehmen so wie es ihm sein Herz rät