Warum wird Biologie an fast jeder Universität angeboten obwohl die Nachfrage nach Biologen extrem gering ist?
Ich bin kurz vor dem Abschluss meines Bachelorstudiums in Biologie und möchte später nicht im biologischen Bereich arbeiten. Trotzdem stelle ich mir die Frage, wie es in Deutschland gesetzlich und rechtlich möglich ist, dass jedes Jahr rund 70.000 Menschen, meist direkt nach der Schule, ein Biologiestudium beginnen und noch viel mehr Menschen derzeit Biologie studieren oder in einem Master- oder Doktoratsprogramm sind.
Eigentlich sollten Universitäten doch einen gesellschaftlichen Nutzen haben. Wenn man sich jedoch die Stellenanzeigen für Biologen anschaut, wird klar, dass es nirgendwo auf der Welt eine so hohe Nachfrage nach Biologen gibt. Ist es dann nicht tatsächlich ein Problem, dass der Staat es zulässt, dass so viele Menschen etwas studieren, das in der Arbeitswelt kaum gefragt ist? Das sind potenziell viele qualifizierte Arbeitskräfte, die, wenn es beispielsweise einen NC von 1,0 in Biologie gäbe, möglicherweise in wichtigeren Bereichen wie Maschinenbau, Bauingenieurwesen oder Informatik studieren würden. Dann hätten wir in anderen Bereichen jährlich auch 70.000 Absolventen mehr.
Deshalb wäre mein Vorschlag, den NC für Biologie auf 1,0 anzuheben und die Anzahl der Universitäten, die Biologie anbieten, staatlich zu reduzieren, sodass jeder, der das Studium absolviert, auch eine realistische Chance auf eine Anstellung hat. Hätte es diesen NC gegeben, hätte ich mich ganz sicher nicht von Anfang an für Biologie entschieden.
Falls es einen wirklich wichtigen gesellschaftlichen Grund gibt, warum Biologie in solch großem Umfang an Universitäten angeboten wird, wäre ich sehr dankbar, wenn mir diesen jemand nennen könnte.
Wie schafft man es, bis kurz vor den ersten Abschluss zu kommen, ohne zu kapieren dass beim NC keine Notenwerte vorgegeben werden?
Ich weiß schon das NCs sich daran richten wenn sich mehr Studenten bewerben als Plätze zur Verfügung sind. Und dann Abschlussnoten die Selektion bilden. Ich hab’s nur ausgelassen.
7 Antworten
Trotzdem stelle ich mir die Frage, wie es in Deutschland gesetzlich und rechtlich möglich ist, dass jedes Jahr rund 70.000 Menschen, meist direkt nach der Schule, ein Biologiestudium beginnen
Ganz einfach: Indem sich diese Menschen aus freien Stücken für diesen Studiengang entscheiden. Die wollen Biologie studieren. Aus Gründen, die du nicht verstehen brauchst - aus deiner Warte reicht, zu akzeptieren dass es so ist.
Der Staat schränkt sie nicht ein, sondern erlaubt ihnen das zu machen was sie wollen. Inwiefern es ein größerer Dienst an der Gesellschaft wäre, die freie Studienwahl zu behindern, müsstest du mir bitte mal erklären. Ich dachte immer, Wahlfreiheit wäre besser als Einschränkungen.
Ist es dann nicht tatsächlich ein Problem, dass der Staat es zulässt, dass so viele Menschen etwas studieren, das in der Arbeitswelt kaum gefragt ist?
Der Staat lässt auch zu, dass Menschen unverhüteten Sex haben, obwohl sie keine Kinder wünschen. Heißt das jetzt, dass der Staat eine Kondom-Pflicht einführen und Kontrolleure in die Schlafzimmer schicken muss, um der Gesellschaft einen Dienst zu erweisen?
Das sind potenziell viele qualifizierte Arbeitskräfte, die, wenn es beispielsweise einen NC von 1,0 in Biologie gäbe, möglicherweise in wichtigeren Bereichen wie Maschinenbau, Bauingenieurwesen oder Informatik studieren würden. Dann hätten wir in anderen Bereichen jährlich auch 70.000 Absolventen mehr.
Weil jeder, der Biologie studieren möchte, genauso den Wunsch nach einem Maschinenbaustudium hat?
Es mag ein schwerer Schlag für dein Weltbild sein, aber es hat so seinen Grund weshalb sich Leute fürs Biologiestudium einschreiben und nicht für Maschinenbau. Nämlich weil sie nicht Maschinenbau studieren wollen.
70.000 weniger Biologie-Studienplätze bedeutet, dass 70.000 Menschen nicht das studieren können was sie studieren wollen. Und irgendwas anderes machen - im dümmsten Fall gar nichts.
Deshalb wäre mein Vorschlag, den NC für Biologie auf 1,0 anzuheben
Es werden beim NC keine Noten vorgegeben. Jedenfalls in dieser Realität nicht; ich habe ja durchaus den Eindruck dass du in einer anderen lebst.
Falls es einen wirklich wichtigen gesellschaftlichen Grund gibt, warum Biologie in solch großem Umfang an Universitäten angeboten wird, wäre ich sehr dankbar, wenn mir diesen jemand nennen könnte.
Ganz einfach: Der Bedarf war mal da, also hat man entsprechende Kapazitäten geschaffen.
Und wie du dir eigentlich denken könntest, baut man nicht mal eben von einem aufs andere Jahr reihenweise Labore auf oder ab, stellt Lehrpersonal ein und entlässt es wieder, stellt Literatur in die Bibliothek und verschenkt sie dann wieder...
Sondern es wurden die Kapazitäten mal aufgebaut und solange genügend Studierwillige diese Kapazitäten nutzen wollen, gibt es keinen Grund sie wieder abzubauen.
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Du weist in den Kommentaren fleißig darauf hin, dass du selbst von Biologie zu Informatik gewechselt hast.
Das warst du. Dein Interesse an der Biologie war doch nicht so groß, dass du dein Leben damit verbringen wolltest.
Aber was bringt dich auf die Idee, dass es bei allen anderen, die sich für ein Biologiestudium entscheiden, genauso ist wie bei dir? Wie kommst du darauf, dass 70.000 Biologiestudenten pro Jahr allesamt eigentlich keinen Bock auf Biologie haben und dankbar wären, wenn der Staat ihnen verbietet dieses Studium aufzunehmen?
Irgendwie habe ich den Eindruck, dass du Studieninteressierte wie hilflose 5jährige behandeln möchtest, denen man ganz genau sagen muss was sie sinnvoll finden und machen sollen und was nicht.
Sind sie nicht! Abiturienten wollen sich i.d.R. als Erwachsene verstehen, also kann man von ihnen auch erwarten dass sie eigenverantwortlich handeln. Ein jeder trifft seine Studienentscheidung selbst und es stehen massenhaft Informationen zur Verfügung, damit jeder weiß worauf er sich einlässt!
Ein Abiturient, der sich für das Biologiestudium entscheidet, hat alle Gelegenheit der Welt, zu wissen dass sie Aussichten auf einen Job später ziemlich mau sind. Wenn er sich nicht informiert oder das Studium trotzdem antritt, ist das seine eigene Verantwortung. Sein eigenes Leben, das er an die Wand fährt oder auch nicht, weil er das Fach vielleicht einfach trotzdem gerne studieren möchte - nicht jedem geht es um die Berufsaussichten, sondern vielen auch einfach um das Fachgebiet.
Der Sinn eines Studiums ist nicht, nach jahrelanger Ausbildung festzustellen, dass die Wissenschaft worauf man ausschließlich vorbereitet wird als Berufsweg kaum Perspektiven bietet und die meisten fachfremd oder mit Glück in der Industrie arbeiten müssen.
Es entscheidet jeder selbst, unter welchen Voraussetzungen sein Studium Sinn macht oder nicht. Nicht du und auch nicht der Staat. Jeder studiert für sich selbst, für sein Leben, für sein Glück.
Der originale Zweck eines Studiums ist nicht der, eine Berufsausbildung zu erlangen und damit später fett Kohle zu machen!
Sondern das Studieren dient der wissenschaftlichen Ausbildung. Universitäten dienen dem Zweck, den wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden. Dass in den allermeisten Fällen diese wissenschaftliche Ausbildung auch gut in der Wirtschaft o.ä. genutzt werden kann und die Mehrzahl der Absolventen der Wissenschaft direkt nach dem Abschluss den Rücken kehrt, ist ein Nebeneffekt. Nicht der Zweck des Ganzen.
Dementsprechend ist die Antwort auf diese Frage sehr einfach:
Warum sollte ich das Risiko eingehen, einen Master und eine Promotion in Biologie zu machen, um dann auf eine Stelle in der Industrie zu hoffen, auf die das Studium gar nicht vorbereitet? Schließlich ist das Studium stark wissenschaftlich orientiert.
Du gehst kein Risiko ein, sondern du machst weiter auf dem Weg, den du mit dem Bachelorstudium begonnen hast: Du vertiefst deine wissenschaftliche Ausbildung. Wenn du Wissenschaft lernen und betreiben willst, war das von Anfang an das Ziel!
Das ist der falsche Weg, wenn du gar keine wissenschaftliche Ausbildung machen willst, ist absolut richtig. Aber das war es dann auch schon im ersten Semester, du hast dich aus Gründen, die dir hoffentlich klarer sind als mir, für den falschen Studiengang entschieden.
Mir tun die Leute leid, die erst während der Promotion feststellen, wie belastend die Situation finanziell und für die Familienplanung ist – mit all den Umzügen und Unsicherheiten.
Das ist im Endeffekt genauso, wie wenn sich jemand im 200-Einwohner-Kaff mit einem Fachgeschäft für Krawatten selbstständig macht und damit pleite geht, weil es zu wenig Kundschaft gibt. Es gehört nunmal zum Leben dazu, dass Fehlentscheidungen ihre Folgen haben können.
Nochmal: Wir reden hier nicht von 5jährigen, die noch unfähig sind sich richtig zu informieren und gründlich Chancen und Risiken abzuwägen, bevor sie ihre Entscheidung treffen!
Und an diesem wunderbaren Staat haben wir obenrein ein sehr potentes soziales Absicherungssystem, sodass niemand wirklich Angst haben muss, dass ein Scheitern ihn zu einem Leben unter der Brücke verurteilt.
Ich wünsche mir einfach, dass jeder, der Biologie studiert, später auch wirklich das ausüben kann, was er mag.
Das ist realitätsfern.
Übrigens auch in anderen Studienfeldern - auch ein Maschinenbau-Absolvent, der unbedingt LKWs konstruieren wollte, hat keine Garantie dass er auch eine Stelle bekommt, wenn er sich bei allen LKW-Herstellern bewirbt. Weil es nunmal nicht beliebig viele Stellen in Konstruktionsabteilungen von LKW-Herstellern gibt, aber reichlich Mitbewerber. Sondern wenn er diesbezüglich nur Absagen bekommen hat, muss er vielleicht akzeptieren, sein Leben mit der Konstruktion von Akkuschraubern zu verbringen.
Und auch ein frischgebackener Arzt, der unbedingt in die Neurochirurgie gehen wollte, muss vielleicht irgendwann akzeptieren dass keine Bewerbung auf entsprechende Assistenzarztstellen angenommen wurde und dass er nun halt Internist wird. Weil es nunmal nicht beliebig viele Assistenzarztstellen in der Neurochirurgie gibt, aber reichlich Mitbewerber.
@RedPanther
Irgendwie habe ich den Eindruck, dass du Studieninteressierte wie hilflose 5jährige behandeln möchtest, denen man ganz genau sagen muss was sie sinnvoll finden und machen sollen und was nicht.Sind sie nicht! Abiturienten wollen sich i.d.R. als Erwachsene verstehen, also kann man von ihnen auch erwarten dass sie eigenverantwortlich handeln. Ein jeder trifft seine Studienentscheidung selbst und es stehen massenhaft Informationen zur Verfügung, damit jeder weiß worauf er sich einlässt!
Ich stimme dir zu, am Ende ist jeder für sich selbst verantwortlich. Vielleicht hätte ich den Vorschlag bringen sollen, dass Abiturienten bereits in der Schule oder im Bio Studium besser informiert werden, dass nicht jedes Studium auch direkt eine hohe Nachfrage bedeutet. Viele denken, dass ein naturwissenschaftliches Studium automatisch gefragt ist, was aber nicht unbedingt stimmt. Vielleicht ist das auch nur eine Wunschvorstellung von mir – da hast du wohl recht.
Du gehst kein Risiko ein, sondern du machst weiter auf dem Weg, den du mit dem Bachelorstudium begonnen hast: Du vertiefst deine wissenschaftliche Ausbildung. Wenn du Wissenschaft lernen und betreiben willst, war das von Anfang an das Ziel!
Das ist der falsche Weg, wenn du gar keine wissenschaftliche Ausbildung machen willst, ist absolut richtig. Aber das war es dann auch schon im ersten Semester, du hast dich aus Gründen, die dir hoffentlich klarer sind als mir, für den falschen Studiengang entschieden.
Ja, da hast du recht. Ich glaube, das liegt daran, dass ich aus einer Nicht-Akademiker-Familie stamme und meine Eltern mir nie wirklich helfen konnten, wenn es um meine Studienwahl ging. Aus ihrer Lebenserfahrung weiß ich, wie wichtig es ist, einen sicheren Job zu haben, der finanziellen Rückhalt bietet, damit man nicht hart auf der Baustelle arbeiten muss oder wie meine Eltern als Reinigungskraft. Sie haben gearbeitet und mir Geld gegeben, damit ich überhaupt in Ruhe studieren konnte.
Deshalb wollte ich schon früh etwas Sicheres studieren und möglichst bald in die Arbeitswelt einsteigen, um später einen krisensicheren Job zu haben, der mir auch Spaß macht. Ich dachte, ein naturwissenschaftliches Studium wie Biologie wäre gefragt. Doch ich habe schnell gemerkt, dass das nicht unbedingt stimmt. Da ich jedoch schon die ersten Semester geschafft hatte, und nur paar bis zum Abschluss gefehlt haben hab ich’s nicht abgebrochen.
Vielleicht ist es bei anderen anders – vielleicht hat ihre Familie das Geld, sodass sie sich ein Studium leisten können und sich später einfach umorientieren können, falls es nicht klappt. Ich gebe dir daher recht: Am Ende hat nicht jeder die gleichen Startbedingungen und muss nicht vielleicht auf Angebot und Nachfrage achten, wie ich es tun musste.
Danke für dieses Gespräch. Es hat mir eine neue Perspektive gegeben, und ich habe etwas dazugelernt.
Ich halte nichts davon, den Zugang über den NC zu reglementieren. Denn nur, weil das Abi einen schlechteren Schnitt hat, ist man ja nicht zwingend ein schlechterer Biologe.
Ich war selbst eher faul in der Schule. Ich hatte kein besonderes Interesse an Fächern wie Musik oder Deutsch, also war ich da eher im 3er Bereich. Hat mich ein Fach interessiert, waren die Noten im Bereich von 1-2. Ein Abi von 1,0 hätte ich also nie hinbekommen. Wäre ich deswegen zwingend ein schlechterer Student gewesen? Vermutlich nicht. Denn ich hätte mich ja für ein Fach entschieden, dass mich interessiert. Natürlich gibt es da auch mal Dinge, die weniger interessant sind. Aber eher nicht in dem Ausmaß, wie zu Schulzeiten. (Ich habe mich aber letztlich komplett gegen ein Studium entschlossen)
Biologie ist von Sachen wie Bauingenieurwesen meiner Meinung nach ziemlich weit weg und das sind auch keine einfachen Studiengänge. Ob es also sinnvoll ist in solchen Studiengängen Leute zu haben, die es als Notlösung studieren.... bezweifle ich.
Meine Lehrer in meiner Physioausbildung waren überwiegend ehemalige DDRler. Die konnten ein Lied davon singen, wie es war etwas machen zu müssen, weil gerade nur gewisse Dinge benötigt wurden. Viele haben sich später dann umorientiert.
Auch bieten sich mit einem Biostudium ja verschiedene Berufe an. Es muss ja nicht zwingend der Biologe sein. Eine Freundin ist z.B. mit abgeschlossenem Biologiestudium in der Naturpädagogik gelandet und bringt Schulgruppen Wald und Pflanzen näher.
Danke für deine sehr ausführliche und interessante Antwort. Ich stimme dir vollkommen zu, dass die Notenbewertung in der Schule und die NCs der Universitäten oft keinen Sinn ergeben. Bei mir war es auch so, dass mich Naturwissenschaften sehr interessiert haben, aber Fächer wie Musik, Deutsch oder Kunst mir weder lagen noch besonders wichtig waren. Das hat meinen Schnitt automatisch heruntergezogen. Du hast absolut recht – ein guter Abischnitt sagt nichts darüber aus, wie gut ein Studierender wirklich in einem bestimmten Fach sein wird. Sonst müssten ja auch viele Informatiker und Ingenieure als "schlecht" gelten, nur weil sie diese Fächer theoretisch auch mit einem Schnitt von 4,0 studieren können.
Mir ging es eher darum, dass durch einen hohen NC in Biologie nicht so viele das Fach studieren würden, nur um später fachfremd beschäftigt oder von Zeitvertrag zu Zeitvertrag an der Uni angestellt zu sein. Viele bauen keine planbare Zukunft auf und machen einen Doktor in der Hoffnung, in der Wissenschaft arbeiten zu können, nur um am Ende enttäuscht zu werden. Tatsächlich bekommen nur sehr wenige Biologen die wirklich interessanten und attraktiven Jobs.
Für mich hätte ein NC von 1,0 gereicht, um mich viel früher für die Informatik zu entscheiden.
Danke nochmals für deine Einschätzung!
dass der Staat es zulässt
Ich hätte gern einen Staat, der mir die Freiheit zugesteht, meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Auch wenn sie sich als ungünstig herausstellen.
Der Staat weiß nämlich die allermeisten Dinge auch nicht besser und ist notorisch schlecht darin, die Zukunft vorherzusagen. Deshalb sprechen wir auch vom Arbeitsmarkt und nicht von der staatlichen Arbeitsplanung. Sowas gab's in der fantastischen DDR und deren Bruderstaaten. War nicht so prickelnd.
Hätte es diesen NC gegeben, hätte ich mich ganz sicher nicht von Anfang an für Biologie entschieden.
Weil also deine Noten nicht gut genug waren?
Der Staat finanziert Studienplätze. Man kann argumentieren, dass es "zu viele" Studienplätze in einigen Fächern gibt, weshalb "der NC" nicht anspruchsvoll genug ist. Man könnte auch argumentieren, dass eine Beteiligung an den Kosten einen Lenkungseffekt haben kann.
Aber für seine eigene Fehlentscheidung als erwachsener Mensch "den Staat" verantwortlich zu machen...da kommt mir nur Kants selbstverschuldete Unmündigkeit in den Sinn. Vielleicht sollte mehr Philosophie gelehrt werden, obwohl es wenige Philosophenjobs gibt.
Danke für deine ausführliche Antwort. Also, ich hatte einen NC von 1,9, aber bei einem NC von 1,0 hätte ich eher andere Studiengänge vorgezogen. Bitte versteh das nicht falsch – ich möchte kein Mitleid oder so, denn für mich persönlich habe ich durch das Biologiestudium die IT entdeckt und werde mich nun vollständig darauf spezialisieren und in diesem Bereich weiterstudieren. Ich habe ja noch genügend Zeit dafür und bin froh, dass ich frühzeitig eine Alternative gefunden habe.
Ich habe mich einfach aus Interesse gefragt, wie so etwas möglich ist. In anderen Studiengängen wird ja viel dafür getan, dass ein NC von 1,0 erforderlich ist. Ich finde es schade, dass viele Menschen mit großem Interesse an Biologie das Studium beginnen und oft erst spät im Doktorat erkennen, wie schwierig die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist.
Nochmals danke für deine Einschätzung – es war wirklich eine reine Interessensfrage, wie der Staat das sieht.
Also, ich hatte einen NC von 1,9, aber bei einem NC von 1,0 hätte ich eher andere Studiengänge vorgezogen.
Ich verstehe nicht, was du sagen willst. Du selbst hast keinen NC, sondern einen Notendurchschnitt aus der Schule. Wenn der nicht gut genug ist, kommst du halt nicht rein.
Bei Medizin liegt "der NC" bei 1,0 - die Absolventen haben eine Jobgarantie. Der NC-Wert sagt nichts über den Arbeitsmarkt oder den Schwierigkeitsgrad des Studiums aus. Es geht um Angebot vs. Nachfrage.
In anderen Studiengängen wird ja viel dafür getan, dass ein NC von 1,0 erforderlich ist
Kann es sein, dass du nicht weißt, wie "der NC" zustande kommt? Es gibt eine durch die Hochschule festgelegte, begrenzte Zahl ("numerus clausus") x von Plätzen. Die Bewerber jedes Semesters werden nach Noten gereiht, die besten x Kandidaten kommen rein. Der Notendurchschnitt des schlechtesten Kandidaten, der noch reinkam, ist "der NC".
Die Note wird also nicht per Dekret oder irgendwelche Tricks bestimmt. Sie ist einfach ein Resultat der Platzbeschränkung und Reihung.
Genau du hast Recht ich hätte meine Frage besser formulieren müssen. Warum senkt man nicht deutschlandweit einfach die Studienplätze, so das man zum Beispiel 70% der Plätze einfach senkt und dann automatisch ein NC von 1,0 entstehen würde.
Und hab grad bemerkt ich hab gesagt ich hatte einen Nc von 1,9 ich meinte natürlich damit Notendurchschnitt hab so viel über NC nachgedacht das ich das gleiche Wort genommen habe .
Jedem die Möglichkeit zu geben sich in dem Bereich zu bilden der ihn interessiert ist doch eine gute Sache. Universitäten bieten Studienplätze abhängig von ihrer Ausstattung und Kapazität sowie der Nachfrage an.
Warum sollte man die Leute dahingehend bevormunden, dass man sagt du kriegst keinen Studienplatz in dem Fach, weil es nicht einfach wird, später in dem Bereich einen Job zu bekommen? Jemandem, der immerhin das Abitur geschafft hat, sollte man doch zutrauen können, dass er sich selbst über Karrieremöglichkeiten informiert und daraufhin eine eigene Entscheidung trifft ob ein bestimmter Studiengang für ihn Sinn macht oder nicht.
Klar, ich kann verstehen, dass grundsätzlich jeder die Möglichkeit haben sollte, das zu studieren, was ihn interessiert. Mich hat nur verwundert, dass es in anderen Studiengängen, in denen man gute Berufsaussichten hat, so wenige Studienplätze gibt, dass ein NC von 1,0 entsteht. In der Biologie hingegen sind die Studienplätze so zahlreich, dass ich mich frage, warum das so ist.
Wenn jeder wirklich das studieren dürfte, was ihn interessiert, müsste man doch auch in Studiengängen mit hohen NCs mehr Plätze schaffen. Aber das passiert in diesen Fächern nicht, was mich ein wenig überrascht hat.
Der Grund ist wohl der, dass Biologie mit relativ einfachen Mitteln zu unterrichten ist und keine hohen Anforderungen an die Ausstattung der Universität stellt. Somit kann jede Uni das relativ problemlos anbieten, was z.B. bei Medizin nicht der Fall ist.
Alles klar dann wäre es meiner Meinung nach sehr schade, für mich sollte eine Uni immer die Nachfrage berücksichtigen ,wir hatten auch gemeinsame Kurse wie Mediziner und in dem Fach liegt ja auch eine Abbrecherquote im Schnitt von 6% was so extrem niedrig ist da würden technische Studiengänge davon träumen .
Nochmals danke für deine Punkte die du angesprochen hast
Menschen die Biologie studieren, können nicht nur als "Biologe" arbeiten und gerade auf solchen Fachgebieten gibt es viele Stellen die nicht in der Privatwirtschaft sind.
Alles klar danke für die Nachricht. Meinst du speziell Universitäten oder was anderes ?
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort das weiß ich zu schätzen.
Ich verstehe dich komplett es ist am besten wenn jeder das studieren kann was er will und jeder die Freiheit dazu hat.. Das würde ich auch am liebsten wollen.
Also, ich versuche mal zu erklären, was ich mit meiner Aussage genau meine. Ich will nicht sagen, dass 70.000 Studierende jedes Jahr kein Interesse haben. Meiner Meinung nach sieht man jedoch, dass viele mit einer besonderen Euphorie ins Studium starten – es ist die "Lehre des Lebens". Ich würde es bedauern, wenn jemandem das Lernen von etwas verwehrt wird, für das er sich schon sein Leben lang interessiert.
Mein Punkt war, dass man mit einem Bachelor- und Masterabschluss in Biologie realistisch betrachtet kaum Aussicht auf eine interessante Stelle hat. Viele entscheiden sich deshalb für eine Promotion – ich glaube, etwa 70 %, aber da bin ich mir nicht sicher. Andere Absolventen arbeiten als BTA, obwohl man dafür auch eine Ausbildung machen könnte, weshalb das Studium in dem Fall keinen echten Mehrwert bringt. Es ist also nicht planbar, in welchem Bereich man nach dem Studium eine Stelle findet. Dann trifft einen die bittere Realität der Arbeitswelt: Angebot und Nachfrage, wie sie im Studium kaum thematisiert wurden. Nur wenige finden wirklich eine Stelle, die ihren Vorstellungen entspricht.
Wer promoviert, tut dies oft, um später in der Wissenschaft oder der Industrie zu arbeiten. Doch die Wahrscheinlichkeit, als Biologe unbefristet in der Wissenschaft tätig sein zu können, ist extrem gering. Damit lässt sich langfristig nichts planen, vor allem nicht, wenn man eine Familie gründen möchte. Niemand möchte zehn Jahre studieren, promovieren und anschließend in der Wissenschaft auf eine unbefristete Stelle hoffen, die vielleicht nie kommt. Unbefristete Stellen gibt es fast nur in der Professur, und viele Wissenschaftler werden nach einigen Jahren an der Uni schlicht entlassen. Die schlechten Bedingungen für Doktoranden sind in diesem Video gut erklärt: https://www.youtube.com/watch?v=EA3LiXvjdTE
Ich kann zwar nichts über die Chancen für Promovierte in der Industrie sagen, da ich nicht weiß, wie sich das entwickeln wird. Aber ich habe schon geschaut, was mein Bachelorabschluss bringt, und das Einzige, was mir angeboten wurde, waren Trainee-Stellen in der Softwareentwicklung – nichts im Bereich Biologie. Trotzdem werde ich den Master in Bioinformatik machen und dann eine Trainee-Stelle anstreben. Das bringt mich zur Frage: Warum sollte ich das Risiko eingehen, einen Master und eine Promotion in Biologie zu machen, um dann auf eine Stelle in der Industrie zu hoffen, auf die das Studium gar nicht vorbereitet? Schließlich ist das Studium stark wissenschaftlich orientiert.
Deshalb schlage ich vor, die Studienplätze zu begrenzen. So hätten diejenigen, die dieses Fach wählen, eine realistische Chance, später entweder in der Wissenschaft oder in der Industrie eine unbefristete Stelle zu finden und das zu tun, was sie wirklich interessiert, ohne die ständige Sorge, wie die Zukunft aussieht. Mir tun die Leute leid, die erst während der Promotion feststellen, wie belastend die Situation finanziell und für die Familienplanung ist – mit all den Umzügen und Unsicherheiten. Der Sinn eines Studiums ist nicht, nach jahrelanger Ausbildung festzustellen, dass die Wissenschaft worauf man ausschließlich vorbereitet wird als Berufsweg kaum Perspektiven bietet und die meisten fachfremd oder mit Glück in der Industrie arbeiten müssen.
Danke, dass du dir meine Meinung anhörst. Ich entschuldige mich für die Länge des Textes und die Wiederholungen. Ich wünsche mir einfach, dass jeder, der Biologie studiert, später auch wirklich das ausüben kann, was er mag.