Warum werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer? Sind viele die kein Geld haben nicht auch zum Teil selbst schuld daran?

9 Antworten

Weil es an der Definition von "Armut" liegt.

60% vom Durchschnitt...

Stell dir vor, es sind 10 Menschen mit 600 Euro Verdienst und 2 mit 3100 Euro.

Die 10 Menschen sind arm, weil der Durchschnittsverdienst bei 1016 liegt, und sie weniger als die 60 % haben..Wenn wir es schaffen, einen gut Verdienenden durch Steuerpolitik oder Enteignungsdrohungen ins Ausland zu verjagen, sinkt die Armut in Deutschland.

Der Durchschnittsverdienst (9100 Einkommensumme ÷11) sinkt auf 811 Euro und Alle sind plötzlich nicht mehr arm.

Weltweit gilt als arm, wer weniger als 2,15 Dollar am Tag zum leben hat. ( laut Weltbank)

Weil die Reichen an der Macht sind und die Reichen in aller Regel bestimmen wo es lang geht. Und die werden garantiert gegen Gesetze Lobbyismus machen, die ihnen nicht in den Kram passen.

Ansonsten gäbe es z.B schon viel mehr Steuerfahnder und Gesetze dagegen, dass Kapitaleinkünfte immer noch besser gestellt werden als wenn man ganz normal arbeitet

Weil das Steuersystem Reiche begünstigt. Lies doch mal hier mit. Wie viele sind denn der Meinung dass man als Hartzer besser leben könne als wenn man arbeiten würde,..

Die Krisen der vergangenen Jahre haben vielen Menschen weltweit zugesetzt. Corona, Kriege und steigende Preise, haben vielen das Leben schwerer gemacht. Der Hunger auf der Welt hat auch wieder zugenommen. Laut einer Studie sind die fünf Milliarden ärmsten Menschen auf der Welt, seit 2020, um 20 Milliarden Dollar ärmer geworden. Aber wo es Verlierer gibt, gibt es auch Gewinner. Im Gegenzug ist im gleichen Zeitraum, dass Vermögen der fünf reichsten Menschen auf der Welt, um 464 Milliarden Dollar gewachsen. Es hat sich mehr als verdoppelt. Alle Milliardäre auf der Welt zusammen, hatten seit 2020 einen Vermögenszuwachs von 3300 Milliarden Dollar.

Es ist doch schön, wenn es in einer so dynamischen Welt, mit all ihren Krisen und globalen Veränderungen, es noch Dinge gibt, die beständig sind und die einfach so bleiben, wie sie schon immer waren: Die Armen werden ärmer und die Reichen werden reicher! Übrigens hat eine andere Studie von 2021 ermittelt, dass man mit 39-50 Milliarden Dollar jährlich, den Hunger auf der Welt bis 2030 endgültig abschaffen könnte. Aber das ist schon richtig viel Geld und niemand weiß wohl, wo man es herbekommen könnte. Man muss dabei ja auch verstehen, dass hungernde Menschen jetzt keine Banken oder Großkonzerne sind, die sich verzockt haben und die man unbedingt retten muss. Hungernde Menschen gelten nicht als systemrelevant.

Jetzt darf man in einer Leistungsgesellschaft nichts gegen Reiche sagen. Zumindest nicht, wenn man nicht als Neidhammel abgestempelt werden möchte. Die Leistungsgesellschaft ist gut. Die Neidgesellschaft ist böse. Oder wie man es in neoliberalen Kreisen auch gerne formuliert: ''Wir sollten uns als Gesellschaft hüten, hier in Neiddebatten zu verfallen!'' Wir Besitzlosen verstehen den Reichen nämlich gar nicht. Der Reiche ist ein scheues Reh. Man darf ihn nicht verschrecken, mit Begriffen wie Vermögenssteuer, Vermögensabgabe oder Vermögensumverteilung. Da reagieren die ganz empfindlich drauf. Das ist für die regelrecht traumatisierend. Da flüchten die und hauen ab. Das kann ja niemand wollen.

Machen wir uns nichts vor; Deutschland gilt als Hochsteuerland. Wenn es hier nicht clevere Firmen gäbe, die Konzepte zur aggressiven Steuervermeidung anbieten würden, die es schaffen die Steuerlast von richtig reichen Menschen auf bis zu 1 % zu drücken, hätten die uns alle schon allein gelassen. Aber zum Glück gelten wir nicht nur als Hochsteuerland, sondern wir haben ein Steuerrecht, dass viele Schlupflöcher und Grauzonen kennt. Je mehr Geld du hast, desto mehr kannst du bei der Steuer sparen. Wenn du es clever anstellst und die richtigen Berater hast. Ansonsten kann da auch schnell mal etwas schief gehen und man findet sich vor Gericht und im Knast wieder. Grüße gehen raus zum Tegernsee an Uli Hoeneß! 

Vermögen wird in Deutschland übrigens meist vererbt. Die Besitzlosen wurden auch meist schon besitzlos geboren und wenn man einem europäischen Vermögensranking der EZB glauben kann, gehören wir Deutschen sowieso zu den armen Schluckern in Europa. Platz 15 von 20. Sogar Slowaken, Portugiesen und Italiener stehen besser da. Das liegt wohl auch daran, dass wir in Deutschland häufiger zur Miete wohnen und nicht in der eigenen Immobilie. Was in anderen Ländern sehr viel häufiger der Fall ist.

Aber klar, wenn man sagt, die Besitzlosen sind selber Schuld daran, dass sie nichts besitzen, dann ist ja alles gut. Dann müssen wir ja nichts verändern und alles kann so bleiben wie es ist: Die Reichen werden reicher und die Armen ärmer! Irgendwie scheint dieses Konzept ja auch zu funktionieren. Zumindest für die Reichen.

Nein, das kann man so nicht sagen.

Die Thematik ist komplex, und meine Fachkenntnisse reichen nicht für alle Aspekte davon. Mein Verständnis war, dass in Europa oder zumindest in der Schweiz die Schere zwischen Arm und Reich sich in den letzten Jahren sogar eher wieder etwas geschlossen hat, aber ich kann mich auch täuschen, vielleicht weiss da jemand anders besser Bescheid.

Worüber ich etwas sagen kann, ist über die Ursachen von Armut, weil ich beruflich damit zu tun hatte und auch mit diversen Fachleuten darüber sprechen konnte.

Ganz grundsätzlich muss man zwei Ursachenkomplexe von Armut unterscheiden: systemische und individuelle. Mit systemischen Ursachen ist gemeint, dass du, wenn du in einem Land lebst, wo eine Elite alles absahnt und du als Normalo noch nicht mal die Chance hast, ein ganz normales Einkommen zu erreichen, das zum Leben reicht, dann ist es das System, das Armut erzeugt, wo ein anderes System mehr Menschen mehr Chance verschaffen könnten.

Es gibt aber noch einen Ursachenkomplex, der mit dem System nichts oder nur wenig zu tun hat, und das ist eher auf einer individuellen Ebene angesiedelt. In der Schweiz - einem reichen Land mit einem hohen Bildungsstandard für alle, einem dichten Sozialleistungsnetz und einem allgemein hohen Lebensstandard - ist dies die vorherrschende Art von Armut.

In diesen Fällen von Armut summieren sich in Einzelfällen unglückliche Umstände auf eine Art und Weise, die es dem Betroffen schlichtwegs nicht ermöglichen, auf einen grünen Zweig zu kommen - ganz egal, wie viele Chancen ihm das System bieten würden.

Versuchen wir, ein Beispiel zusammenzustellen, um das zu demonstrieren: Ein Mensch wächst in einer Familie mit wenig Unterstützung und Förderung auf, weil die Eltern zum Beispiel das nicht kennen oder nicht verstehen können oder es für unnötig halten oder schlichtwegs nicht in der Lage sind, eine solche Unterstützung anzubieten.

Solche widrigen Umstände kann man überwinden und so sich hocharbeiten, das ist kein Problem. Ausser, es kommen weitere Umstände dazu. Zum Beispiel eine früh einsetzende Drogensucht, welche die Entwicklung und Selbständigkeit jahrelang verzögern. Nun hat der Mensch schon zwei üble Umstände, aus denen er sich herauskämpfen muss.

Die Widrigkeiten können sich endlos und beliebig häufen: So könnte der Mensch zusätzlich zu allem einen Unfall haben, an dem er gar nicht schuld ist, und ab da körperlich behindert sein. Dann versucht er mit Hilfe aller Unterstützung, die er bekommen kann, trotz aller Widrigkeiten, eine Ausbildung zu machen, kann sie aber nicht abschliessen, weil die Firma, in der er angestellt ist, Konkurs geht, und er wieder vor dem Nichts steht, obwohl er gar nichts dafür kann.

Du würdest dich wundern, welche unglaublichen Anhäufigungen von Schicksalsschlägen einige Menschen über sich ergehen lassen müssen, und ganz egal, wie sehr sie sich bemühen, ganz egal, wie viel Hilfe und Unterstützung sie bekommen, sie kommen einfach nicht vom Fleck.

Am Ende landen sie beim Sozialamt oder bei der IV, diese Ämter haben Ewigkeiten, bis sie zahlen, wenn es dumm läuft, verschuldet sich der Mensch in der Zwischenzeit und darf sich dann auch noch mit Schulden herumschlagen.

Diese Abwärtspirale ist wirklich schwer zu ertragen, für alle, die mit Armut zu tun haben. Und der entscheidende Punkt, den mir ALLE Fachleute erklärt haben, war: DIESE Art von Armut ist mit Geld nicht zu beheben. Sicher, einige Probleme kann man zumindest abmildern - aber der ganze Scheiss, der passiert ist und immer noch passiert, ist immer noch da und Geld ändert nichts daran.

Das ist nun ein sehr langer Text geworden, aber zumindest bei uns in der Schweiz ist Armut fast durchgängig unsichtbar. Diese Menschen leben unbemerkt und unbeachtet von der Öffentlichkeit, und niemand weiss, was es WIRKLICH bedeutet, arm zu sein.

Ich hoffe deshalb, das ich zumindest einen Eindruck vermitteln konnte, was der Kampf gegen Armut am Ende bedeutet - und dass er leider mit Geld nicht zu gewinnen ist.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung