Warum war Luther so ein übler Antisemit?

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Christen dämonisieren gerne Andersgläubige (Heiden), heute wie damals.

Auch zur Zeit Luthers. Und auch Juden:

 Sie seien gottlos, christenfeindlich, verstockt, verflucht, stammten vom Teufel ab, seien mit dem Antichrist identisch, verübten regelmäßig Ritualmorde, Hostienfrevel, Brunnenvergiftung und strebten heimlich nach Weltherrschaft.

Speziell bei Juden ist natürlich, dass man ihnen den Tod Jesu vorwirft:

Zur Zeit Luthers waren antijudaistische Denkmuster seit langem verbreitet: Gott strafe die Juden wegen ihres angeblichen Gottesmords, der Kreuzigung Jesu Christi, fortwährend mit Tempelverlust (70), Zerstreuung (135) und Verfolgung.

https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Luther_und_die_Juden#Zeitgeschichtlicher_Kontext

Woher kam sein abgrundtiefer Hass auf die Juden?

Diese Einstellung war zu seiner Zeit weder neu noch ungewöhnlich.

Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 09:38
Diese Einstellung war zu seiner Zeit weder neu noch ungewöhnlich.

Das stimmt. Da ist auch der Reformator Luther als Kind seiner Zeit der kirchlichen Propaganda von den Juden als Gottesmörder auf den Leim gegangen.

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Mayahuel  31.10.2022, 09:46
@Nofear20
auf den Leim gegangen.

Nö, so einfach ist das nicht.

zB:

Dahinter stand Luthers 1532 gewonnene Kenntnis der christlichen Sabbater in Mähren, die den Sabbat anstelle des Sonntags einhielten.
Er führte dies auf jüdischen Einfluss zurück und sah darin den Beweis für jüdische „Proselyten-Macherei“ unter Christen.
Diese enttäuschte ihn maßlos, auch weil sie Katholiken zu bestätigen schien, die ihm vorgeworfen hatten, die evangelische Duldung der Juden würde deren Feindschaft gegen das Christentum nur steigern

Gründe für seinen Antisemitismus hat er selber gesucht und gefunden. Er war kein dummer Mitläufer.

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Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 09:49
@Mayahuel
Gründe für seinen Antisemitismus hat er selber gesucht und gefunden. Er war kein dummer Mitläufer.

Und du meinst, die von der katholischen Kirche besonders herausgestellte Rolle der Juden als Gottesmörder hat für Luther keine Rolle gespielt?

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Mayahuel  31.10.2022, 09:57
@Nofear20
 von der katholischen Kirche

zB die Russisch-Orthodoxe Kirche war nicht besser:

In accordance with the anti-Jewish precepts of the Russian Orthodox Church,[52]: 14 Russia's discriminatory policies towards Jews intensified when the partition of Poland in the 18th century resulted, for the first time in Russian history, in the possession of land with a large Jewish population.[52]: 28
This land was designated as the Pale of Settlement from which Jews were forbidden to migrate into the interior of Russia.[52]: 28 In 1772 Catherine II, the empress of Russia, forced the Jews living in the Pale of Settlement to stay in their shtetls and forbade them from returning to the towns that they occupied before the partition of Poland.

https://en.wikipedia.org/wiki/Antisemitism_in_Christianity

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Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 10:13
@Mayahuel
zB die Russisch-Orthodoxe Kirche war nicht besser:

Genau das meine ich ja damit, dass sich der Antijudaismus/Antisemitismus auf den Antijudaismus des Neuen Testaments zurückführen läßt. Hier liegt die Wurzel des Übels. Ich will nicht behaupten, dass den Evangelisten bewußt war, welche fatale Folgen das haben sollte. Sie konnten schließlich nicht wissen, dass das Christentum mit staatlicher Unterstützung zu einer Weltreligion werden sollte. Ohne diese Unterstützung würde heute wohl keiner über die christliche Sekte und ihre Antijudaismus reden.

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Huflattich  31.10.2022, 09:50

Es hat sich eigentlich nichts geändert - nur die Themen.

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Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 10:46
Speziell bei Juden ist natürlich, dass man ihnen den Tod Jesu vorwirft:

Das Tragische daran ist ja auch, dass die neutestamentliche Forschung die Juden größtenteils von der Schuld entlastet. Die Römer sind die eigentlichen Verantwortlichen für seinen Tod, ihnen oblag die Gerichtsbarkeit in den besetzten Provinzen. Die Judenfeindlichkeit der Evangelisten speist sich wohl aus der verständlichen Ablehnung der posthumen Vergottung des Wanderpredigers. Sie projizierten den Konflikt mit den Juden in die Lebenszeit Jesu zurück, so dass für den unbedarften Bibelleser der Eindruck entsteht, Jesus habe mit den Juden generell über Kreuz gelegen. Auch dass der für seine Grausamkeiten berüchtigte Pontius Pilatus so gut in den Evangelien wegkommt, ist diesem Umstand geschuldet.

Das verleiht dem Antisemitismus der folgenden 2000 Jahre noch mal eine besonders tragische Note.

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Luther lebte zur Zeit von Religionskriegen und religiöse intoleranz. Zu dieser Zeit war es halt nicht üblich selbstreflektiert über das eigene Handeln nachzudenken sondern vielmehr gegen Peronen anderer Meinung ins Feld zu gehen. Die Juden hatten numal eine andere Glaubensvorstellung, als die Christen.

Der Hautgrund liegt hier:

1523 äußert der Reformator noch die Erwartung, dass aus den Juden „viel rechte Christen werden“. Angesichts der Wiederentdeckung der Bibel geht er davon aus, dass auch die Juden nun Jesus als Messias anerkennen müssten. Als sich diese Hoffnung nicht erfüllt, schlägt Luthers Haltung in blanke Ablehnung über.

Weitere Gründe:

Welche Vorbehalte hatte Luther gegen die Juden?
Das Judentum ist für Martin Luther die falsche, durch das Christentum überflüssig gewordene Religion. Laut dem Kirchenhistoriker Volker Leppin war dies im 16. Jahrhundert breiter Konsens, ebenso die Vorstellung, die Juden seien schuld am Kreuzestod Jesu. Luther kritisiert Juden wie Papstanhänger als Vertreter der Werkgerechtigkeit. Er argumentiert, dass die Menschen nicht durch ihre guten Werke, sondern allein durch Gottes Gnade erlöst werden können....

War Luther Antisemit?

Nein. Der Reformator steht in der Tradition des christlichen Antijudaismus, der vom modernen Antisemitismus zu unterscheiden ist. Der Begriff „Antisemitismus“ entsteht im 19. Jahrhundert und ist mit der falschen Vorstellung verbunden, die Juden seien eine „Rasse“. Bei Luther steht stets der Glaube im Mittelpunkt. Auch wenn er davon spricht, das jüdische Blut sei „wässerig und wild“ geworden, sind ihm rassische Kategorien völlig fremd. Allerdings bezeichnet er auch getaufte Juden weiter als Juden, nicht als Christen.

https://www.luther2017.de/de/wiki/martin-luther-und-die-juden/martin-luther-und-die-juden-fragen-und-antworten/

Nofear20 
Fragesteller
 01.11.2022, 07:02
Der Reformator steht in der Tradition des christlichen Antijudaismus, der vom modernen Antisemitismus zu unterscheiden ist.

Die entscheidende Frage ist doch, woraus sich der christliche Antijudaismus gespeist hat. Und da führen alle Wege zu den Evangelien. Hier liegt die Wurzel des Übels.

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Er war ein Mensch seiner Zeit und Antisemitismus war leider verbreitet damals.

Dazu war Luther enttäuscht, dass die Juden nicht das Evangelium annahmen, nachdem er die Bibel übersetzt hatte.

Tragisch ist dabei, dass Luther selbst nicht verstand, dass das Volk Israel eine besondere Rolle in Gottes Heilsplan spielt. Dabei hatte er die gesamte Bibel übersetzt und hätte dies merken müssen. Doch die Ersatztheologie (= Israel wurde durch die Gemeinde ersetzt) verblendete ihm auch diesbezüglich die Augen.

Dazu ein paar Gedanken:

Friedrich der Große fragte seinen gläubigen Reitergeneral von Zieten mal, wie er denn die Wahrheit der Bibel beweisen wolle. Von Zieten antwortete nur: "Die Juden, mein König, die Juden!"

Das ist erstaunlich, denn von Zieten konnte damals nur feststellen, dass die Juden, wie von der Bibel vorhergesagt, in viele Länder zerstreut wurden und ihre nationale Identität über so lange Zeit erhalten haben.

Heute können wir feststellen, dass noch viel mehr biblische Prophetie für das Volk Israel erfüllt wurde: Die Juden wurden wieder im angestammten Land gesammelt; diese Sammlung geschah aus vielen Ländern; die meisten nach Israel zurückkehrenden Juden glauben nicht an Jesus als ihren Herrn und Messias; die Staatsgründung erfolgt plötzlich und unter ständigen Konflikten mit den Nachbarstaaten; das Land beginnt nach der Ankunft der Juden aufzublühen.

All das beobachten wir direkt vor unseren Augen. Das sind weder Logikfehler noch ungenaue Prophezeiungen oder gar sich selbst erfüllende Prophezeiungen. Christen haben schon im 18. und 19. Jahrhundert gesagt, dass sich diese Dinge erfüllen würden, eben weil es in der Bibel steht.

Siehe auch hier: Beweis für Gott! Staat und Volk Israel

Nofear20 
Fragesteller
 01.11.2022, 07:04
Er war ein Mensch seiner Zeit und Antisemitismus war leider verbreitet damals.

Die Frage ist, woher der christliche Antijudaismus kam. Und da führen alle Wege zu den Evangelien. Hier liegt die Wurzel des Übels.

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chrisbyrd  01.11.2022, 07:12
@Nofear20

Nein, das stimmt überhaupt nicht!

Die Evangelien bzw. die Bibel überhaupt (Evangelien und Bibel sind untrennbar und bilden eine Einheit) führt bei mir und anderen gläubigen Christen, die ich kenne, zur Liebe gegenüber Juden und Israel.

Problematisch ist die Ersatztheologie. Sie hat Israel durch die Gemeinde ersetzt und damit alle Verheißungen Gottes für sein Volk Israel ignoriert. In der Folge hatte Israel keine Bedeutung mehr bzw. wurde sogar negativ angesehen und aus den verachtenswertesten Gründen wurden Juden verfolgt. Das ist natürlich zutiefst abzulehnen.

Mit den Evangelien hat das aber nichts zu tun!

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Nofear20 
Fragesteller
 01.11.2022, 07:44
@chrisbyrd
Die Evangelien bzw. die Bibel überhaupt (Evangelien und Bibel sind untrennbar und bilden eine Einheit) führt bei mir und anderen gläubigen Christen, die ich kenne, zur Liebe gegenüber Juden und Israel.

Aber nur, wenn man etwas zusammenfügen will, was eigentlich nicht zusammen gehört. Der unbedarfte Bibelleser kann den Eindruck gewinnen, dass Jesus zu seinen Lebzeiten mit dem Judentum und speziell mit den Pharisäern total über Kreuz gelegen hätte. Dabei hatte Jesus viele Gemeinsamkeiten mit den Pharisäern und war sogar mit einigen befreundet. Seine eigentlichen Widersacher waren die Sadduzäer, die einerseits aus den reichsten Jerusalemer Familien stammten und andererseits mit der römischen Besatzungsmacht kolaborierten. Beides, also Reichtum und Kolaboration, lehnte Jesus ganz entschieden ab.

Die angebliche Judenfeindlichkeit von Jesus entstand erst nach seinem Tod durch Paulus und die Evangelisten, als die Vergottung des Wanderpredigers durch die Pharisäer abgelehnt wurde. (Die Sadduzäer spielten nach der Zerstörung des Tempel keine Rolle mehr). Die Schreiber projizierten den Konflikt mit den Pharisäern in die Lebenszeit Jesu zurück, so dass sich ein historisch falsches Bild ergibt. Zu allem Überfluss schoben sie die Schuld am Tod von Jesus auch noch den Juden in die Schuhe, obwohl die Verantwortung ganz klar bei den Römern lag.

Mit den Evangelien hat das aber nichts zu tun!

Dann empfehle ich dringend, die Evangelien nicht nur selektiv zu lesen, sondern in ihrer Gänze, und vor allem die judenfeindlichen Passagen nicht auszuklammern.

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chrisbyrd  01.11.2022, 10:23
@Nofear20

Jesus und die Apostel haben die Irrlehren und Heuchlereien der Pharisäer angegriffen. Einige Pharisäer fanden sogar zum Glauben an Jesus.

Judenfeindlicher Passagen kann ich in den Evangelien nicht finden. Ganz im Gegenteil!

Es gibt aber judenfeindliche Auslegungen der Bibel, die aus falschen Herangehensweisen stammen (historisch-kritische Bibelexegese, Ersatztheologie u. a.) und die zu Judenfeindlichkeit geführt haben.

Schuld am Tod Jesu sind im Prinzip alle, die alle gesündigt haben und Jesus stellvertretend zur Vergebung unserer Sünden gestorben ist. Es ist fürchterlich, dass den Juden irgendwann von einigen Seiten die Schuld zugeschoben wurde und dies zu noch mehr Verfolgung geführt hat. Mit den Aussagen der Evangelien hatte das aber nicht zu tun, sondern mit falschen Auslegungen und schon vorhandenen Vorurteilen und Hass. Leider...

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Nofear20 
Fragesteller
 01.11.2022, 11:28
@chrisbyrd
Judenfeindlicher Passagen kann ich in den Evangelien nicht finden

Dann musst du mal genauer lesen.

Denn schon für Paulus war klar, dass die Juden Jesus getötet haben, so wie sie es auch schon mit den Propheten getan hatten (1. Thess 2,15). Für ihn sind sie die Christusmörder, die eigentlich Schuldigen am Tode Jesu. Und bald wurden die Juden unter Berufung auf den Juden Paulus verfolgt. Es kann Paulus nicht vorgeworfen werden, dass er die über Jahrhunderte tödlichen Konsequenzen seiner Ausfälle nicht hat überblicken oder auch nur erahnen können, man muss ihm aber vorwerfen, dass es ihm offenbar auch selbst nicht aufgefallen ist, dass seine Schuldzuweisung auch seiner Theologie widerspricht. Denn wenn es Gottes Wille war, dass Jesus am Kreuz für unsere Sünden stirbt, und dies lehrt Paulus ja, dann ist doch alles wunderbar nach Plan verlaufen. Wieso sollte dann die Juden, wieso sollte irgendjemand dafür eine Schuld treffen? Juden und Römer hatten dann doch ihre heilsgeschichtliche Funktion und haben sie erfüllt.

..

Doch ist es nicht Paulus allein, auf den sich der christliche Judenhass stützen konnte, es ist vor allem auch jene unselige Stelle in den Passionslegenden bei Matthäus, die christlichen Fanatikern die Munition lieferte. Denn als es darum ging, wen Pilatus amnestieren sollte, Jesus oder den Aufrührer Barrabas, will das Volk Barrabas haben, angeblich aufgewiegelt durch die hohen Priester. Pilatus wäscht daraufhin in einer berühmten Szene seine Hände (in Unschuld) und Matthäus bringt den Satz: Und alles Volk antwortete und sprach: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder. (Mt 27,25) Dieser Satz ist eines der Unworte der Bibel und hat gewaltiges Leid über die Juden gebracht. Wo immer in den folgenden Jahrhunderten und Jahrtausenden Juden von Christen verfolgt wurden, hatten sie diesen Satz immer im Gepäck. Christliche Fanatiker konnten sich, wenn sie sich auf diesen Satz beriefen, geradezu noch als Vollstrecker einer göttlichen Gerechtigkeit vorkommen. Die Juden hätten quasi ihre gerechte Strafe selbst eingefordert. Die Perfidität wird noch verstärkt, wenn man berücksichtigt, dass die Worte der Bibel bald schon als göttlich inspiriert galten, die Barbarei quasi dogmatisch bestätigt und gerechtfertigt wurde. Doch wo hat Matthäus diese Worte her? Bei Markus hat er sie nicht gefunden und auch bei Lukas stehen sie nicht. Sie sind eine Erfindung des Evangelisten selbst, aus heutiger Sicht eine weitere dreiste Fälschung (die Neutestamentler sind sich hier weitgehend einig, auch wenn sie dies gerne vornehmer formulieren), vermutlich in der Absicht, den Juden zu schaden, mit denen auch die Gemeinde des unbekannten Evangelisten in heftige Auseinandersetzungen verstrickt war. Der Konsequenzen dessen, was sie schrieben und dass man ihre Texte noch nach zweitausend Jahren lesen würde, konnten auch die Evangelisten sich nicht bewusst sein. Für uns heute und mehr noch für die Juden ist dies jedoch nur ein schwacher Trost. Kubitza, Der Jesuswahn

Es ist fürchterlich, dass den Juden irgendwann von einigen Seiten die Schuld zugeschoben wurde und dies zu noch mehr Verfolgung geführt hat.

Aber es waren die Evangelisten, die Jesus die Schuld in die Schuhe geschoben haben. Dabei ist klar, dass die Verantwortung die römische Besatzungsmacht hatte. Möglicherweise haben ihn aber die Sadduzäer angezeigt, weil er ihnen die Einnahmen aus dem Tempelkult vermiesen wollte.

Die beschriebenen Prozessumstände gelten in der Forschung als weitgehend erfunden.

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Woher

Der klare Antisemitismus in seinen überlieferten Aussagen war damals nichts ungewöhnliches. Das „woher“ muss man also beantworten mit „aus dem Alltag“, so traurig das heute auch klingt.

Bei Luther ist jedoch nicht alltäglich, dass er diesen Alltagsantisemitismus auf sein spezielles Thema projiziert, die Rechtfertigungslehre. Für ihn war es völlig unverständlich, wie Juden „das Geschenk der Rechtfertigung durch Gott in Jesus Christus“ ablehnten. Dieser Antisemitismus kommt leider heute noch viel bei Christen vor, und wir Christen sollten dies (weiterhin) aufarbeiten, sowohl bei Luther, als auch bei Christen heute.

Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 10:25
Der klare Antisemitismus in seinen überlieferten Aussagen war damals nichts ungewöhnliches. Das „woher“ muss man also beantworten mit „aus dem Alltag“, so traurig das heute auch klingt.

Läßt sich der christliche Antijudaismus nicht auf die Evangelien zurückführen? Das Matthäus- und das Johannesevangelium gelten als besonders judenfeindlich.

Die Kirche hat dann diesen Aspekt besonders in den Vordergrund gestellt.

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BillyShears  31.10.2022, 10:48
@Nofear20

Der Antijudaismus des NT (siehe hier) hat andere Ursachen und Gründe als der moderne Antisemitismus (inkl. 16.Jhdt) und ist ihm daher nicht gleich zu stellen. Schon allein, weil sämtliche Autoren des NT selbst Juden waren.

Trotzdem gilt es für uns Christen heute auch diesen Antijudaismus abzulehnen und aufzuarbeiten.

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Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 10:56
@BillyShears
Der Antijudaismus des NT (siehe hier) hat andere Ursachen und Gründe als der moderne Antisemitismus (inkl. 16.Jhdt) und ist ihm daher nicht gleich zu stellen.

Der Antijudaismus der Evangelisten ist der Ablehnung der posthumen Vergottung des Wanderpredigers geschuldet. Für einen gläubigen Juden war das reinste Gotteslästerung. Damit legten sie den Keim in die Erde, der die nächsten 2000 Jahre so unheilvolle Früchte bringen sollte.

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BillyShears  31.10.2022, 11:00
@Nofear20
ist der Ablehnung der posthumen Vergottung des Wanderpredigers geschuldet.

Siehe oben verlinkten Wikipedia-Artikel. Dieser Grund wird dort nicht genannt.

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Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 11:12
@BillyShears
Siehe oben verlinkten Wikipedia-Artikel. Dieser Grund wird dort nicht genannt.

Etwas verklausuliert kann man es schon herauslesen.

Aufgrund dieser Wirkungsgeschichte werden antijüdische Stellen des NT seit 1945 verstärkt aus ihrer historischen Entstehungssituation erklärt.

Mit der historischen Entstehungssituation ist die Ablehnung der Vergottung gemeint und die Retourkutsche der Schreiber ist die Zuweisung der Schuld am Tod von Jesus von den Römern hin zu den Juden. Mit dem Märchen von den Gottesmördern war der Grundstein gelegt für 2000 Jahre Antijudaismus/Antisemitismus.

Das Tragische daran ist ja auch, dass sich Jesus wohl selber gar nicht als göttlich betrachtet hat. Das wäre für einen gläubigen Juden reinste Gotteslästerung gewesen.

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BillyShears  31.10.2022, 11:20
@Nofear20
Aufgrund dieser Wirkungsgeschichte werden antijüdische Stellen des NT seit 1945 verstärkt aus ihrer historischen Entstehungssituation erklärt.

Weder kann ich aus diesem Satz etwas von einer „Vergottung Jesu“ herauslesen, noch kann ich erkennen wieso dir das wichtig ist.

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Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 11:30
@BillyShears

Die historische Entstehungssituation der Evangelien spiegelt doch die Umstände wider, um die es in den Evangelien geht. Jesus war tot, ohne dass sich seine Hoffung auf die Gottesherrschaft erfüllt hätte. Für Juden war klar, dass der Wanderprediger noch nicht mal der Messias gewesen sein konnte, geschweige denn ein Gott. Die posthume Vergottung, die von den Evangelisten betrieben wurde, lehnten die Juden naturgemäß ab. Zu allem Überfluß schoben die Evangelisten dann auch noch die Schuld am Tod von Jesus den Juden in die Schuhe.

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Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 11:58
@BillyShears

Ich dachte, das wäre klar geworden.

Der christliche Antijudaismus hat seine Wurzeln im Neuen Testament.

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BillyShears  31.10.2022, 12:20
@Nofear20

Ah okay. Nein, das ist nicht klar geworden. Mir ist auch nicht klar, ob Du Antijudaismus von Antisemitismus unterscheidest, wie üblich, oder ob Du das einfach zusammenwürfelst.

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Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 12:21
@BillyShears

Na, die Außerirdischen waren es jedenfalls nicht.

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Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 12:33
@BillyShears

Das eine ist ohne das andere nicht denkbar. Aus dem religiös motivierten Antijudaismus entwickelte sich der neuzeitliche Antisemitismus, was aber die Sache in keiner Weise besser macht.

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BillyShears  31.10.2022, 12:39
@Nofear20

Antisemitismus ist zum einen älter als der Antijudaismus des NT, zum anderen existiert(e) er auch ganz ohne christlichen Einfluss.

Ich empfehle das Buch „Überlegungen zur Frage des Antisemitismus“ von der Rabbinerin Delphine Horvilleur, die sich dort in ein paar Kapiteln damit auseinandergesetzt hat.

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Nofear20 
Fragesteller
 31.10.2022, 12:46
@BillyShears

Der neuzeitliche Antisemtismus speist sich aus dem christlichen Antijudaismus, das läßt sich nicht verleugnen, auch wenn es schon vor Jesus Judenfeindlichkeit gegeben hat. Das sollte man sich nicht schön reden.

Der Antijudaismus der Alten Kirche untermauerte großenteils überkommene judenfeindliche Stereotype, die in Ägypten verbreitet waren, mit einer Ideologie, die aus der Bibel hergeleitet, in gesamtkirchliche Lehren integriert, offiziell geschürt, europaweit verbreitet und so zu einem kulturellen Dauerzustand in der Geschichte Europas wurde.[2] Er gilt deshalb als historische Voraussetzung des neuzeitlichen Antisemitismus. Quelle: Wikipedia

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Katholik1  31.10.2022, 11:17

Das stimmt nicht, denn Luther war ursprünglich den Juden gut gesinnt. Erst als sie seinen Glauben ablehnte, begann er die zu hassen und erstellte dann einen Sieben-Punkte-Plan, wie man mit ihnen verfahren sollte. Hitler hat das dann umgesetzt Luthers Hass auf die Juden hatte folglich nichts mit dem damaligen Alltag zu tun. Und selbst wenn, so berechtigt der Alltag nicht, selber antisemitisch zu sein.

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BillyShears  31.10.2022, 11:27
@Katholik1

Wenn Du mal schaust was Luther in seinen Römerbriefvorlesungen über die Juden sagte wirst Du feststellen, dass sich das ganz mit dem Alltagsantisemitismus jener Zeit deckt.

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Katholik1  31.10.2022, 11:35
@BillyShears

Judenhass ist eben Judenhass. Luther war nicht vom Zeitgeist beeinflusst, sondern von seiner eigenen Einstellung. Deshalb begann er die Juden nur deshalb an zu hassen, weil sie seinen Glauben nicht annehmen wollten. Im Zeitgeist war das anders. Im Zeitgeist hasste man die Juden allein dafür, dass man dachte, dass sie für die Kreuzigung Christi verantwortlich seien. Und du brauchst einen Antisemiten nicht zu verteidigen! Hitler war im übrigen dem antisemitischen Zeitgeist seiner Zeit anheimgefallen. War seine Einstellung daher in Ordnung?

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BillyShears  31.10.2022, 11:37
@Katholik1
Luther war nicht vom Zeitgeist beeinflusst, sondern von seiner eigenen Einstellung.

Darin widersprechen dir zahlreiche Autoren und zeitgenössische Quellen.

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Katholik1  31.10.2022, 11:38
@BillyShears

Ich orientiere mich hingegen an Luthers Biographie und seinen eigenen Aussagen.

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BillyShears  31.10.2022, 11:39
@Katholik1

Dann vergleiche seine Aussagen in seinen Römerbriefvorlesungen mit zeitgenössischen Quellen, dann wirst Du feststellen, dass sein Antisemitismus dem Zeitgeist entsprach.

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Katholik1  31.10.2022, 22:04
@BillyShears

Selbst wenn das so wäre, was es nicht ist, ist sein Antisemitismus mit dem Zeitgeist nicht gerechtfertigt! Antisemitismus ist immer ein Verbrechen! Du aber versuchst Luther als Verbrecher zu rehabilitieren. Wäre er Katholik gewesen, würdest du ihn nicht zu rehabilitieren versuchen, sondern würdest ihn anprangern, wie du die Inquisition anprangerst. Auch Hitler hat aus dem Zeitgeist heraus gehandelt. Der Judenhass war nämlich seit dem 19. Jahrhundert in der Gesellschaft sehr stark. Doch Hitler rehabilitiert hier keiner!

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