Warum blieb das Grundgesetz bestehen?

8 Antworten

Es gab in Bezug auf die Einheit Deutschland zwei Möglichkeiten:

Es sollte eine neue Verfassung beschlossen werden, wenn es ein gesamtes Deutschland gab. Dies war eigentlich so von den Verfassern des GG so vorgesehen.

und

es gab den Beitrittsartikel, in dem geschrieben stand, dass es auch möglich war, dass einzelne Länder der BRD beitreten können. Schlussendlich wurde dieser Weg gewählt.

Warum es dennoch nicht zu einer neuen Verfassung kam, ist einfach: Das GG ist sehr gut geschrieben, es besteht keine Notwendigkeit, das komplett neu zu schreiben, eine Verfassung wäre also eh nur ein Abklatsch des GG.

Obwohl das GG nur als Übergang zu einer Verfassung gedacht war, hat es sich in dieser Form bewährt.

PatrickLassan  06.01.2021, 11:47

Der Beitritt nach Artikel 23 a.F. GG war zudem einfacher und schneller.

5
Blume8576  06.01.2021, 13:05
@PatrickLassan

Nach Artikel 146 verliert das Grundgesetz seine Gütigkeit sobald das Volk eine Verfassung beschliest

Wenn sich das Grundgesetz bewährt hat, warum wird es dem Volk nicht als Verfassungsvorschlag vorgestellt, damit sie darüber Abstimmen können.

Das ist doch der eigentliche Kern der Frage

0
PatrickLassan  06.01.2021, 13:20
@Blume8576
Nach Artikel 146 verliert das Grundgesetz seine Gütigkeit sobald das Volk eine Verfassung beschliest

In Artikel 146 GG ist lediglich die Geltungsdauer des Grundgesetz festgelegt, der Artikel beinhaltet keine Aufforderung, eine andere Verfassung zu beschließen.

Wenn sich das Grundgesetz bewährt hat, warum wird es dem Volk nicht als Verfassungsvorschlag vorgestellt, damit sie darüber Abstimmen können.

Wozu soll das gut sein?

2

Weil am Grundgesetz nichts Wesentliches gefehlt hat und es eine vollwertige Verfassung ist. In einer ganz neuen Verfassung hätte nicht viel anderes stehen können. Es wurde die bisherige Verfassung behalten, weil sie ausreichend ist.

Weil das Grundgesetz sehr gut ist, weil die Abwanderung aus der untergehenden DDR stark war und keinen Aufschub zuließ und weil aus der DDR-Verfassung nahezu nichts brauchbar war.

Der Fehler war, das GG nicht allen Deutschen, dem Souverän, zur Volksabstimmung vorzulegen. So entstand der Eindruck, dass der Westen dem Osten etwas überstülpte.

Blume8576  06.01.2021, 12:58

Das Grundgesetz wurde allen Deutschen von den Alleirten "übergestüllpt.

Man muss die Geschichte schon von Anfang an erzählen :)

0
PatrickLassan  06.01.2021, 13:25
@Blume8576

Man muss die Geschichte auch richtig erzählen, und dann kann von 'überstülpen' keine Rede sein.

Das Grundgesetz wurde vom Parlamentarischen Rat aufgrund relativ weniger Vorgaben der Westalliierten erarbeitet. Der Parlamentarische Rat bestand aus Mitgliedern, die von den demokratisch gewählten Parlamenten der Bundesländer entsandt wurden, und es wurde von diesen Parlamenten auch ratifiziert.

Das Grundgesetz hat zudem wesentlich mehr Übereinstimmungen mit früheren deutschen Verfassungen als mit den Verfassungen Frankreichs oder der USA, von GB mal ganz abgesehen. GB hat bekanntlich bis heute keine geschriebene Verfassung.

4
PatrickLassan  06.01.2021, 13:37
Der Fehler war, das GG nicht allen Deutschen, dem Souverän, zur Volksabstimmung vorzulegen

Diesen 'Fehler' gab es bei allen anderen deutschen Verfassungen, mit der Ausnahme der DDR-Verfassung von 1968. Das war die einzige deutsche Verfassung, bei der es eine Volksabstimmung gab.

6
delphiniumKF7  06.01.2021, 14:48
@PatrickLassan

Es gab Volksabstimmungen 1946 in Bayern, Baden, Württemberg-Baden, Rheinland-Pfalz, Hessen und Bremen über die jeweilige Landesverfassung. Im GG ist 1949 ausdrücklich bestimmt worden, dass das GG nur solange gelte, bis das deutsche Volk in freier Entscheidung sich eine endgültige Verfassung gebe. Es wäre der sauberere Weg gewesen, auch hier ein Volksabstimmung vorzusehen, in der auch die Ostdeutschen hätten Stellung nehmen können.

1
PatrickLassan  06.01.2021, 14:54
@delphiniumKF7
Es gab Volksabstimmungen 1946 in Bayern, Baden, Württemberg-Baden, Rheinland-Pfalz, Hessen und Bremen über die jeweilige Landesverfassung

Es gab bis auf die von mir genannte Ausnahme keine Volksabstimmung bei Einführung einer Verfassung für den gesamten Staat.

Im GG ist 1949 ausdrücklich bestimmt worden, dass das GG nur solange gelte, bis das deutsche Volk in freier Entscheidung sich eine endgültige Verfassung gebe

In Artikel 146 GG ist lediglich die Geltungsdauer des Grundgesetz festgelegt, der Artikel beinhaltet keine Aufforderung, eine andere Verfassung zu beschließen.

. Es wäre der sauberere Weg gewesen

Der Beitritt nach Artikel 23 a.F. GG war genau so sauber und wesentlich schneller.

3
Nunuhueper  06.01.2021, 15:41
@PatrickLassan

Die Verfassung 1968 war nicht für den gesamten Staat bestimmt, sondern für die DDR, damals noch als ein sozialistischer Staat deutscher Nation bezeichnet. 1974 wurde dann aus dieser DDR Verfassung die Eigenschaft "deutsch" weggelassen.

1
PatrickLassan  06.01.2021, 17:00
@Nunuhueper
Die Verfassung 1968 war nicht für den gesamten Staat bestimmt, sondern für die DDR,

Die DDR war ein Staat. Dass die Verfassung 1974 von der Volkskammer entscheidend geändert wurde, ist mir bekannt.

0
Nunuhueper  06.01.2021, 17:22
@PatrickLassan

Die DDR war seit 1949 ein deutscher Staat.

Es geht hier um eine Volksabstimmung in der DDR 1964 und nicht im "gesamten" Staat, also in Deutschland.

Deutschland war noch 1964 geteilt in BRD und DDR.

Dass Du das weißt, ist mir klar, aber sehr vielen hier eben nicht.

0
PatrickLassan  06.01.2021, 17:24
@Nunuhueper
Es geht hier um eine Volksabstimmung in der DDR 1964 und nicht im "gesamten" Staat, also Deutschland.

Einen einheitlichen deutschen Staat gibt es erst wieder seit 1990.

1
Nunuhueper  06.01.2021, 19:03
@PatrickLassan

Genau, sehr richtig!

Beide Staaten wurden erst 1990 zum gesamten deutschen Staat.

0
Boltze  06.01.2021, 17:28
Der Fehler war, das GG nicht allen Deutschen, dem Souverän, zur Volksabstimmung vorzulegen.

1949 wurde das Grundgesetz von den Landtagen der westdeutschen Länder ratifiziert, 1990 von der Volkskammer als Verfassung angenommen. Das gesamte deutsche Volk, vertreten durch seine gewählten Repräsentanten, hat das Grundgesetz angenommen, nur nicht zugleich.

3

Warum nicht?

Die DDR trat dem Grundgesetz aufgrund der Regelung in Artikel 23 a.F. GG bei.

Es gab eine Gemeinsame Verfassungskommission, die nach der Wiedervereinigung tagte und offenbar nur ein paar Kleinigkeiten verbesserungswürdig fand.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinsame_Verfassungskommission

Weil das Grundgesetz gut war und sich bewährt hat. Das Grundgesetz genießt heute viel Anerkennung/Würdigung unter den Politikprofessoren der Welt, und gilt (u.A.) als mit eine der besten Verfassungen der Welt. Ein neu Erarbeiten wäre im Grunde nur eine Umformulierung geworden, wenn nicht sogar Abstieg.