Vorderradbremse stärker als Hinterradbremse?
Ich hatte eine Diskussion mit meinem Opa.Als ich meinte, dass ich beim Motorrad fahren die Vorder und Hinterradbremse einsetze kam von ihm " ich hab beim Fahrrad fahren immer die Hinterradbremse eingesetzt weil sie stärker ist".
Als ich daraufhin sagte ich habe in der Fahrschule gelernt, dass die Vorderbremse 70-80% der Bremstkraft ausmacht meinte er nur er wisse es ja besser weil er schon Fahrrad fuhr als ich noch in die Windeln geschissen habe und er bei einer Bremsung immer die Hinterradbremse eingesetzt hat.
Auch nachdem ich ihm sagte, dass rein Physikalisch bei einer Bremsung mehr Gewicht auf dem Vorderrad ist meinte er nur es ist Meinungsfreiheit und deswegen ist seine Meinung genau so richtig.
Ich bin nun echt getriggert von diesem bockigen Verhalten "ich bin älter und hab deswegen mehr Wissen"und wollte mal die Motorradfahrer fragen was sie dazu sagen.
8 Antworten
Also so ganz unrichtig ist die Aussage von deinem Opa jetzt nicht. Hierzu muss ich Allerdings etwas weiter ausholen in meiner Ausführung. Achtung, es wird etwas länger werden.
Wenn er die Fahrräder meint die es ende der 1970 er - Anfang der 1980 er meint. Da war das durchaus so. Da hatte man am Hinterrad eine sogenannte Nabenbremse als Rücktritt und die Vorderbremse drückte einen Gummiklotz von oben auf den Reifen. Die Bremswirkung dieser Vorderradbremse war alles andere als optimal, weshalb die Hersteller dann immer mehr zur Felgenbremse übergingen. Auch diese waren in den Anfangszeiten noch nicht mit denen zu vergleichen die man hatte, ehe letztendlich auch im Fahrradbereich die Scheibenbremse ihren Einzug hatte.
Die von mir genannte Vorderradbremse bei der ein Gummiklotz von oben auf den Reifen drückte hatte mehrere Nachteile. Zum einen wurde der Bremszug über eine nicht sonderlich in ihrer Wirkung starken Feder wieder zurück gezogen, was den Bremsgummi vom Reifen wieder abhob. Weiterhin hatte man ständig den Schmutz vom Reifenprofil der bei der Drehbewegung innen an das Schutzblech geschleudert wurde ständig unter dem Bremsgummi, was gerade bei Nässe eine richtige Schmierschicht darstelle und somit die Bremswirkung stark verminderte. Hinzu kam dann auch noch der Luftdruck vom Reifen. War der mal etwas geringer, so drückte der Bremsgummi zwar auf das Reifenprofil, aber der Reifen wurde weicher und konnte somit nicht mehr den richtigen Gegendruck zum Bremsgummi herstellen. Ergo Bremsleistung schwächer.weiterhin hatte der Bremsgummi im Neuzustand auf der Bremsfläche eine leicht gewölbte Form. Diese sollte eigentlich über die gesamte Profilbreite des Reifens eine Auflagefläche bieten. Dem war allerdings schnell nicht mehr so und es bildeten sich an den Aussenkanten regelrechte Stege. Die Nabenbremse am Hinterrad hingegen war eher ein geschlossenes System deren Bremsbeläge immer die gleiche Auflagefläche hatten und es keinen Straßenschmutz in Verbindung mit Nässe gab. Folglich blieb die Bremswirkung im Verhältnis zur Vorderradbremse um ein vielfaches höher.
Das ganze änderte sich dann mit dem Einzug der Felgenbremse die Anfangs dann am Vorderrad verbaut wurde. Auch hier gab es in der ersten Zeit noch Probleme mit den Bremsbacken, ihrer Form, ihrer Gummimischung. Bei Regen musste man auch da gut und gerne erst mal ein paar Meter die Bremse betätigt haben bis es zu einer Spürbaren Wirkung kam. Grund waren die häufig glatten Felgenränder auf denen die Backen auflagen. Da musste der Wasserfilm erst mal runter. Dann aber war die Bremswirkung schon recht ordentlich da auf beiden Seiten der Felge gebremst wurde. Dies wurde dann später auch beim Hinterrad eingesetzt. Meist bei den Rennrädern bei denen jedes Gramm an Gewicht ja zählt. Die Rücktrittbremse wurde dann nur noch bei normale Fahrräder Kinder, Damen oder Herrenräder verbaut. Allerdings immer mit einer Felgenbremse am Vorderrad.
Die Scheibenbremsen wie man sie heute an vielen Fahrrädern hat gab es damals noch nicht und deren Bremswirkung in keinen Vergleich zu den damaligen zu stellen sind.
Also könnte dein Opa mit seiner Aussage also gar nicht so Unrecht haben. Kommt halt darauf an, welche Bremsen seine gefahrenen Fahrräder hatten.
Was deine Ausführung zu der Bremswirkung beim Motorrad angeht, so wurde dir von deiner Fahrschule nichts falsches vermittelt, wenn man einfache Motorräder ohne ABS und ohne Dual Break System nimmt.
Noch ein kleiner Hinweis für alle die das Dual Break System nicht kennen. Bei diesem System wird bei der Betätigung der Vorderradbremse auch Gleichzeitig die Hinterradbremse in einem gewissen Verhältnis mit betätigt, obwohl nur mit der Vorderradbremse abgebremst wird. Man merkt dies beim Fahren wenn das Heck sich ganz leicht absenkt. Umgekehrt funktioniert es auch, allerdings bemerkt man dies meist nicht so stark, weil man eh meist schon die Vorderbremse nutzt.
Dieses System könnte man eher als Vorfahre des ESP ansehen. Das Motorrad wird dadurch auch beim Bremsen viel Stabiler.
Im übrigen ist es auch beim Auto meist so, dass z.B. Hinten Links und Vorne Rechts ein Bremskreis bilden, genau wie Hinten Rechts und Vorne Links, damit das Fahrzeug Spurstabil bleibt.
Jetzt aber genug meiner Ausführung, ich will hier ja schließlich nicht in Konkurrenz mit dem guten Konsalik treten was die Seitenanzahl angeht.
Ich wünsche allen noch ein schönes Wochenende.
Oh ja - an meinem ersten Fahrrad von Mifa hatte ich so eine "Stempelbremse".
Die Bremswirkung war weniger, als wenn ich mit dem Fuß gegen den Reifen drücke.
Ganz schlimm war es, als ich an einem Berg etwas zurückgerollt war und bremste. Paar Kilometer später hatte ich bremsen wollen und NIX. Mein Bremsklotz war weg. Ich fuhr zurück und dort, wo ich rückwärts gerollt war, lag mein Gummiklotz. Den hatte es Rückwärts aus dem Stempel geschoben. (So wurde der Gummi normalerweise gewechselt.)
Und Danke für deine Beschreibung, des Dual Break System. Ich wunderte mich mal, weil ich bei einer 125er eine weitere Bremsleitung vom vorderen Sattel zum Tank hoch gehen sah. Ich wollte schon eine Frage dazu stellen.
Dank Dir weiß ich jetzt, dass diese Leitung also weiter nach hinten zur Bremse geht.
Eine Meinung kann und darf jeder haben, auch wenns der größte Blödsinn ist. Soviel dazu.
Dein Großvater hat ja auch nicht ganz unrecht. Allerdings macht er den Fehler, daß er seine Erfahrungen mit einem alten Drahtesel auf ein Motorrad zu übertragen versucht und diese als absolut setzt, weil ja beides zwei Räder hat.
Es ist tatsächlich so, daß bei sehr alten Fahrrädern, die vorne noch Hufeisen-Felgenbremsen oder gar nen Gummiklotz, der per Stange auf den Reifen gedrückt wurden (30er-Jahre-Fahrräder), hatten, die Hinterrad-Nabenbremse mehr Bremskraft entwickelt hat, insbesondere, wenn die Vorderradbremsen in schlechtem Zustand oder nass waren. Zudem konnte es auf einem Kiesweg schnell passieren, daß das Vorderrad wegrutscht und es Dich auf die Nase legt, wenn das Vorderrad blockiert. Daher war es früher bei Fahrradfahrern fast normal, mehr auf die Hinterradbremse zu vertrauen.
Auch im Winter, wenn Du relativ langsam auf Glatteis fährst und abbremsen mußt, kann es mit dem Motorrad gesünder sein, hinten etwas stärker zu Bremsen als vorne, weil es Dich dann weniger schnell auf die Schnautze legt, wenn der Reifen blockiert. Das ist aber eine Ausnahmesituation.
Es ist aber was anderes, ob man mit nem klapprigen Fahrrad auf Kies von 20 km/h runterbremst, wo auch ein blockierendes Hinterrad keine Auswirkungen hat, oder mit nem 140 kg-Motorrad bei 100 km/h ne Notbremsung auf Teer hinlegen muß. Viele (zuvor radfahrenden) Motorradanfänger müssen daher ja erst mühsam lernen und üben, die Kraft und Möglichkeiten der Vorderradbremse ihres Motorrades auch auszunutzen und dieser zu vertrauen.
Das gleiche gilt auch für Radler, die auf ein modernes Rad mit Scheibenbremsen umsteigen.
Ergo: Ich bin sicher schon Motorrad gefahren, als heutige Kampfpiloten noch in die Windeln geschissen haben. Deswegen würde ich mir trotzdem nicht anmaßen, einen Eurofighterpiloten zu belehren, wie er sein Flugzeug richtig zu fliegen hat. 😉
Hallo Kamerad! Danke für die Bestätigung.
Ja, mit dem Gewicht hast Du sicher Recht, das ist sehr optimistisch geschätzt. Ich hab das halt schnell hingeschrieben und wollte die 125er-Fraktion oder leichtere Enduros bewußt nicht ausschließen. 😉
Ja alles gut, hatte ich mir schon gedacht. Schließlich hat diese Fraktion ja auch ihre Daseins Berechtigung um es mal so Auszudrücken. DLZG
Ja, ich kenne das auch, wie es einen triggert, wenn jemand einfach bockig auf seiner Meinung beharrt, auch wenn sie definitiv falsch ist. Ich drehe dann gerne mal den Spieß um und sagt: "Und diese Meinungsfreiheit nutze ich, um jetzt die Diskussion zu beenden. Die Physik und ich sind der Meinung, daß die Vorderradbremse die stärkere ist, und dabei bleiben wir."
Beim Bremsen verlagert sich das Gewicht nach vorne, also ist dort die stärkere Bremskraft möglich, bevor der Reifen zu rutschen beginnt. Man sieht es ja auch daran, daß die Hersteller vorne eine oder zwei große Bremsscheiben verbauen und hinten nur eine kleine. Die haben ja auch Ahnung, immerhin schaffen sie es, Motorräder zu konstruieren und zu zertifizieren.
Früher wurde oft gesagt: "Bremse beim Radl hinten !" Das hat aber damit zu tun, daß ein blockiertes Hinterrad relativ leicht durch Gewichtsverlagerung zu kontrollieren ist, während ein blockiertes Vorderrad fast immer zum Sturz führt, entweder durch Überschlagen oder seitliches Wegrutschen. (Moderne Motorräder haben meist ABS, so daß die Gefahr kaum noch besteht.) Bei den Radlern ging Kontrollierbarkeit vor Bremsweg, man nahm lieber einen Crash inkauf als einen Sturz. Beim Rad waren damals auch die Geschwindigkeiten nicht so hoch. Mit einem Motorrad im heutigen Straßenverkehr wäre oft der Auffahrunfall mindestens so kritisch wie ein Sturz, da man beim Sturz die Bewegungsenergie durch Rutschen langsam abbaut, beim Aufprall hingegen schlagartig extrem hohe Kräfte auf den Körper wirken.
Dein Großvater scheint daraus fälschlicherweise abzuleiten, daß das dann die stärkere Bremse sein muß, dabei ist es nur die leichter zu kontrollierende.
Der Bremsweg ist abhängig von der insgesamt aufgebrachten Bremskraft. Nutzt man nur die hintere Bremse, kann man maximal auch nur deren Bremskraft anwenden, verschenkt also ca. 80% der möglichen Bremsleistung, was das Fahren durchaus sehr gefährlich machen würde.
Vor einiger Zeit konnte ich das eindrucksvoll beobachten: Ein Motorradfahrer ist auf der linken Spur relativ flott auf eine rote Ampel zugefahren. Als er diese dann bemerkte, ist er voll auf die Hinterradbremse gegangen (ich vermute, er hatte nicht viel Fahrpraxis), ohne die Vorderradbremse einzusetzen, und ist mit blockiertem Hinterreifen noch 3/4 über die gesamte Kreuzung gerutscht, bevor er zum Stehen kam. (Mit beiden Bremsen oder nur der Vorderradbremse allein wäre er problemlos gut vor der Haltelinie zum Stehen gekommen. Zum Glück hat der Querverkehr gut reagiert, so daß nichts passiert ist (außer einem Bremsplatten am Hinterrad).
Dein Opa hat bestimmt recht, aber nur bezogen auf sein Fahrrad.
Wenn man mit dem Fahrrad gemütlich fährt, dann wird kaum Gewicht auf die Vorderradbremse verlagert und deshalb fühlt sich die Hinterradbremse, die ja mit dem Körper belastet ist, tatsächlich stärker an. Lustigerweise sind am Fahrrad häufig vorn und hinten die selben Bremsen montiert und deshalb sind sie theoretisch sogar gleich stark.
Bei Kraftfahrzeugen (wie PKW und Zweiräder) sind die Bremsen sogar so dimensioniert, dass die hintere Bremse garnicht so stark, wie die Vordere, sein kann. Beispielsweise ist die Hintere mit einer kleinen Bremsscheibe ausgestattet und hat nur einen Kolben, oder hinten ist nur eine Trommel verbaut.
Jedes Fahrzeug belastet beim Bremsen aus der Vorwärtsfahrt das Vorderrad und entlastet das Hinterad was zur Folge hat das hinten das Rad schneller Blockiert und nur rutscht
Darum sind bei Motorrädern und Autos auch die vorderen Bremsen wesentlich größer als wie die hinteren
Es gibt aber eine Gefahr auf die viele ungeübte herumreiten und das ist vor allem beim Fahrrad das es passieren kann das bei zu starken Bremsen auf der Vorderen Bremse das Hinterrad hochkommt und man einen Abgang über den Lenker macht
aber mangelhafte Beherschung des Fahrzeuges ändert nichts an der Fahrphysik
Ja wenn kein ABS vorhanden ist kann es passieren, dass man über den Lenker purzelt wenn man zu stark die vorderradbremse drückt, aber wenn man eine Weile fährt weiß man ja wie stark man die Vorderradbremse betätigen muss...ich verstehe nur nicht wie man eine Tatsache als Meinungsfreiheit darstellt, deine Antwort bestätigt ja meine Aussage das die Vorderradbremse mehr Bremskraft entfaltet.
Hey Kollege. Da bin ich aber sowas von bei dir mit deiner Meinung. Nur mit einem Punkt nicht. Den 140Kg vom Motorrad. Meine bringen alle einige Kilo mehr auf die Waage.😏