Trainiren wie ein powerlifter?

2 Antworten

Dazu musst du zwei Dinge verstehen.

Das eine ist der Wiederholungsbereich. Ein Bodybuilder will Muskelvolumen erreichen. Das geht am Besten, indem man mit einem Wiederholungsbereich zwischen 6 und 25 Wiederholungen ans technische Muskelversagen geht. Meist wählt man Methoden wie 3x12/12-10-8, 3x Dropset 5x5 oder aufsteigende oder absteigende Pyramiden. Für einen Lifter zählt die Maximalkraft und der persönliche Rekord. Maximalkrafttraining enthält sehr wenige Wiederholungen, zwischen 5 bis 1 Wiederholung. Dabei wird das Muskelgewebe nicht voluminöser, sondern eher dichter und gewinnt ohne großen Volumenzuwachs enorm an Kraft.

Die andere Sache ist das Thema "spezifisches Training". Ich erkläre das jetzt mal am Beispiel "sitzende Brustpresse", "Flachbankdrücken" und "Liegestütze".

  • Der Bodybuilder geht an die sitzende Brustpresse. Welche Muskeln trainiert er da? Brust und Trizeps und noch ein bisschen vordere Schulter. Und zwar ausschließlich. Die Maschine ist ja geführt, heißt da muss nichts stabilisiert werden. Die Muskulatur, das zentrale Nervensystem, die Mind-Muscle-Connection stellen sich darauf ein.
  • Der Lifter legt sich auf eine Bank und drückt eine freie Langhantelstange mit Gewichten dran. Welche Muskeln trainiert er? Immer noch Brust und Trizeps. Aber: Die Hantelstange ist nicht geführt (wir reden hier nicht über die Multipresse, wo die Stange in einer Führung drin hängt). Heißt sie will überall hin abhauen. Auf einmal arbeiten hier diverse andere Muskeln mit, die man teilweise gar nicht in dieser Übung vermuten würde. Den Core (Bauch und Rückenstrecker) verstehen die Meisten ja noch, weil man etwas Körperspannung halten muss, genauso wie eine stärkere Beteiligung des Schultermuskels. Aber hättest du gedacht, dass sogar der obere Rücken (Trapez und Lat) und sogar (und besonders der) der Bizeps mit stabilisieren und in dieser Übung fleißig mitarbeiten? Das macht den Unterschied aus, und hier wieder, Muskeln, zentrales Nervensystem und Mind-Muscle-Connection lernen das.
  • Und bei den Liegestützen des Calisthenics-Athleten ist halt auch wieder so ziemlich der ganze Körper beteiligt, hier liegt aber der Fokus weniger auf der Stabilisierung (auch wenn dir hier auch noch mit den gleichen zuvor erwähnten Muskeln passiert), sondern auf der Körperspannung, die aus Bauch, Rückenstrecker, Hüftbeuger und Gluteus kommt.

Was passiert also, wenn die drei Kollegen, Bodybuilder, Lifter und Calisthenics-Athlet ihre Disziplinen durchtauschen?

  • Der Bodybuilder wird an den Maschinen am Meisten drücken, weil er genau das trainiert hat. Selbst der Lifter wird hier keine Chance haben. An der freien Hantel wird er zittern, kippen und kaum Gewichte bewegen, Liegestütze werden auch unterdurchschnittlich sein.
  • Der Lifter bewegt mühelos die Langhantel, wird auch noch ein paar mehr Liegestütze hinbekommen und auch an der sitzenden Brustpresse auch noch etwas reißen können.
  • Der Calisthenics-Athlet führt die beiden Anderen bei Liegestützen vor, wird einigermaßen bemüht die Hantel einigermaßen bewegt bekommen, wenn auch weit weg vom Gewicht des Lifters, und sein Endgegner wo nichts mehr geht ist halt die sitzende Brustpresse.

Und daraus ergibt sich dann das Lifter-Training mit wenig Wiederholungen mit Schwerpunkt Maximalkraft und halt eben mit der Hantel weil nur das Bewegen einer Hantel den Körper auf das Bewegen einer Hantel ideal trainiert.

Trotzdem machen sie auch Einheiten im Bodybuilding-Modus und an Maschinen. Schließlich will ja ab und zu auch mal etwas Muskelmasse generiert werden, die dann wieder verdichtet und für den Lifting-Einsatz rekrutiert werden kann. Lifting ist also immer ein Hybrid-Training aus dem eigentlichen Lifting und aus einem eher Bodybuilding-lastigen Training.

Wenn du noch nie trainiert hast, ist der Bodybuilding-Modus tatsächlich auch der sinnvollere Einstieg. Schließlich fängst du bei Null an und musst erst mal Muskeln aufbauen, um diese später zu verdichten und für die spezifischen Übungen zu rekrutieren. Außerdem sind die hohen Gewichte des niedrigen Wiederholungsbereichs etwas, auf das du dich vorbereiten musst, gleich als Anfänger ins Maximalkrafttraining zu gehen, dann sind Verletzungen nahezu garantiert. Wichtig ist nur, wenn du dich erst mal ein halbes oder besser ein Jahr mit 12 Wiederholungen und Maschinen vorbereitet hast, kannst du mal wagen, den ersten Wechsel auf Hanteln zu vollziehen. Gehe hier ruhig auch erst mal etwas konservativer ran, es gibt nicht umsonst den Spruch, dass russische Lifter beim Deadlift erst mal mit einem Besenstil trainieren und wenn die Technik damit sauber ist auf eine leere Hantelstange wechseln und dann erst Gewichte drauf legen. Wähle dein Gewicht also ruhig für 12 Wiederholungen, halt jetzt nur mit Hantel statt Maschinen. Und dann kannst du nach ein paar Monaten zum ersten Mal auf Maximalkraft gehen.


Maxll99 
Beitragsersteller
 22.04.2025, 21:25

Danke gute Erklärung also ich trainiere jetzt grob seid einem 3/4 Jahr aber habe schon immer viel Sport getrieben und gehe auch seid jahren bouldern wo ich auch recht gut bin und in der zeit auch um die 10kg lean aufgebaut und habe überlegt ob ich nun mit powerlifting anfangen soll fürs bouldern wo ich viel Kraft brauche aber halt nicht nur 5 mall sonder um die 10 mall blöd gesagt

volker79  22.04.2025, 22:20
@Maxll99

Na ja, guck dir doch mal typische Kletterer/Boulderer an, wie einen Adam Ondra oder Magnus Midtbo. Schön definiert ja, aber die können doch ihren gesamten Oberkörper hinter einem Oberschenkel von Markus Rühl verstecken ;-) Die trainieren jetzt weniger auf Masse/Volumen.

Und um mal bei Magnus Midtbo zu bleiben... der macht ja gerne mal Coops mit anderen Sport-Youtubern. Bouldern vs. Calisthenics mit Chris Heria (wo beide in der jeweils anderen Disziplin verdammt gut abschneiden oder Bouldern/Klettern vs. Strongman mit Eddie Hall - und ich muss zwar sagen, Eddie Hall hat mich doch positiv überrascht, wie verhältnismäßig gut er sich noch die Wand hochgeschleppt hat, aber es war doch echt elegant wie eine Gazelle (oder wie heißt das Tier mit dem Rüssel?) - Und Magnus punktet im Strongman auch eher nur mit seiner unendlichen Griffkraft aber sonst mit nix.

Gut, Strongman ist noch mal eine Stufe über Powerlifting - aber ich glaube so im direkten Vergleich, wenn du dein Bouldern verbessen willst, macht Calisthenics mehr Sinn. Weil du da halt eben auch den gesamten Körper ansprichst und neben der Muskelverdichtung (weniger Muskelvolumen, mehr Muskeldichte und Kraft) auch das zentrale Nervensystem enorm gut auf komplexe Bewegungen mit Muskelspannung im ganzen Körper trainierst.

Powerlifter trainieren auf Maximalkraft um möglichst hohe Gewichte zu bewegen, Der Muskelaufbau steht dabei im Gegensatz zu Bodybuilder nicht an erster Stelle.

Powerlifter machen in der Regel weniger Wiederholungen (1-5) pro Satz und nehmen dafür eben höhere Gewichte, für Muskelaufbau sollte man mehr Wiederholungen machen (8-12) und dabei mehr auf die richtige Ausführung achten und moderate Gewichte nehmen.


Maxll99 
Beitragsersteller
 17.04.2025, 17:57

Okey verstehe aber gehen Muskelaufbau und Kraft nicht gand in Hand?