Stirbt der Einzelhandel?

11 Antworten

Von Experte Udavu bestätigt

Kommt auf die Branche an.

Es gibt Dinge, da macht der Weg in den Einzelhandel einfach Sinn. Ich bin Filialleiter im Einzelhandel und verkaufe Outdoor Produkte. Da macht der Besuch fast immer Sinn, da es eben beratungsintensive Ware ist. Einen Bergstiefel sollte man anprobieren, einen Trekkingrucksack ebenfalls - bestellt man das online geht das in der Regel schief, weil die Leute nicht wissen worauf sie achten sollen.

Das sind eben Dinge die am ADW funktionieren müssen.

Allerdings gibt es natürlich tausende von Dingen, die man einfach online bestellt - wenn man eben weiß was man will.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich war Filialleiter im Einzelhandel
Samy8801  29.03.2023, 15:18

Das Schlimme dabei ist, dass der Kunde sich dann Online einfach den Stiefel, den Rucksack etc. in mehreren Größen oder Varianten bestellt und den Rest wieder zurückschickt.

Und die Händler bietet dies dann auch noch als Service kostenfrei an.

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Dadamien86908  29.03.2023, 15:38
@Samy8801

Ja und nein. Tatsächlich habe ich regelmäßig genau solche Kunden im Laden stehen, die das genauso gemacht haben und dann wurde es ein Desaster.

Man muss tatsächlich lernen so einen Rucksack zu tragen. Und keiner ohne Vorkenntnisse weiß welchen Stiefel er in welchem Gelände nutzen muss. Und das waren nur zwei Beispiele aus der Hüfte, das Thema ist endlos lang. Deswegen sind wir ja ein Fachgeschäft und keine billig Klamotten Rutsche:D

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Ja. Und nein....

Es gibt heute schon keine Tante Emma Läden mehr. Die Konzentration ist hier bereits vollzogen. Nur noch wenige Ketten beherrschen den Markt. Das begann mit den Discountern so.. vor ca 100 Jahren.

Der Elektronikeinzelhandel ist auch am Sterben: erst machten die großen Ketten wie Media Markt den kleinen Händlern das Leben schwer. Und damit auch den regionalen Großhändlern. Nur durch Service kann dann noch ein Einzelhändler überleben. Durch Verkäufe erher weniger. Das ganze wird noch ergänzt durch das Internet.... Man kann heute praktisch alles dort kaufen: aber man bekommt eben den Service dort nicht. Keine Beratung. Kein vor Ort - Service.

Das zieht sich durch viele Branchen: Fahrrad, Outdoor, Apotheken, Schuhe, Foto, ...,

Für mich zum Teil unverständlich, da vieles passen muss, im Onlineshop aber da eben nichts dergleichen geboten wird. Man nimmt als Kunde häufig in Kauf, das man nicht das optimale erhält. Das es nicht richtig passt. Und: das Arbeitsplätze verloren gehen.

Wenn ich hier häufig lese: welches Rad ist das bessere? Was soll ich kaufen? ... Weiß ich bereits, derjenige wird kein Spaß am Rad haben.

Wir sind alle selbst schuld am Untergang unserer Innenstädte. Am Verschwinden kleiner Läden. Weil: wir wollen immer mehr, immer schneller, immer sofort und immer billig. Und kaufen bei A....

Es kommt auf die konkrete Branche an. Bei den Textilgeschäften abseits von Kik und Primark scheint das tatsächlich so zu sein. Auf Beratung wird da keinen Wert gelegt, so dass viel (und günstiger) Online gekauft wird.

Im Elektronikbereich ist das eher nicht so. Die großen Märkte haben einen ausgebauten Onlineshop und können die Produkte zu den gleichen Preisen auch vor Ort kaufen. Die Märkte sind immer voll.

Was am aussterben ist, sind die klassischen Warenkaufhäuser um Galeria Kaufhof oder Karstadt. Zur Blütezeit in den 80er und 90er Jahren hatten die ihre Daseinsberechtigung. In den letzten 10-20 Jahren sind aber überall die Einkaufszentren in die Höhe geschossen. Warum sollte man also in ein recht teures Kaufhaus gehen, wenn es in einem Einkaufszentrum Einzelläden mit größerer Auswahl und besseren Preisen gibt?

Ich betreibe ein Einzelhandelsgeschäft was bereits mein Urgroßvater gegründet hat, mein Sohn ist dabei die Firma zu übernehmen. Soviel zu meiner Nähe zu dem Thema.

Hätte mein Vater sein Unternehmen so geführt, wie sein Großvater, dann gäbe es das unternehmen heute nicht mehr.

Auch ich habe unser Unternehmen in den letzten 25 Jahren mehr als ein mal neu erfunden. Das ist aber wohl bei jedem Unternehmen so, nicht nur im Einzelhandel.

Wer nicht mit der Zeit geht - Geht mit der Zeit

Was den Einzelhandel in seiner Funktion ein Warensortiment für den Endkunden auszuwählen und zu bevorraten bin ich zuversichtlich. Den Kunden so zu beraten, dass er das für Ihn geeignetste Produkt bekommt und dafür zu sorgen dass es der Kunde möglichst sofort haben kann, ist etwas was ein Einzelhändler, der eine Wertschöpfung am Produkt betreiben will beherrschen sollte.

Dazu bedarf es natürlich auch einer gewissen Mindestgröße und natürlich auch des Onlinehandels. Er ist die verlängerte "Straße" des Einzelhändlers. Die Beratung erfolgt dann halt per E-Mail, Am Telefon und durch die individuell erstellten Produktbeschreibungen im Onlineshop.

Das Einzelhandelsgeschäft der Zukunft (ok sagen wir der Nächsten 10 Jahre, was dann kommt werden wir sehen) Erfüllt also folgende Kriterien.

Ausgewähltes Sortiment, Lagerhaltung, Beratung, Onlineshop.

Was im Moment reihenweise Stirbt sind Konzepte die sich überlebt haben: Kaufhäuser, (das Kaufhaus heißt heute Amazon). Tante Emma Laden (wegen mangelnder Größe, schlechte Preise manchmal nicht mal eine Lagerhaltung).

Warum gerade 3 D Druck den Einzelhandel überflüssig machen sollte ist mir nicht schlüssig.

Der Einzelhandel hat schon lange Schnappatmung. Die "Großen" auf der grünen Wiese, haben ihnen die Luft genommen, auch schon wegen ihrer besseren Parkmöglichkeiten.

Nach einer im Jahr 2020 veröffentlichten Analyse, reduzierte sich seit dem Jahr 2005 die Zahl der Einzelhandelsunternehmen um 39.000 auf knapp 226.000; bis zum Jahr 2030 wird ein weiterer Rückgang um 64.000 Unternehmen sowie 80.000 Verkaufsstellen erwartet.

Ladensterben - Wikipedia

Woher ich das weiß:Recherche