Stahlbeton: Physik der Bewehrung des Beton?

Wenn Beton bricht - (Physik, Mechanik, Stahl)

7 Antworten

Tatsächlich bringt man Eisennetze nahe der Oberfläche von Betonkörpern zur Vorbeugung vor Rissen an. Aber es gibt neben den Armierungsnetzen auch noch die entlang der Zugkräfte verlaufenden Armierungseisen. Diese dienen dazu, die Zugkräfte in einem Betonkörper aufzunehmen.

Bei statischen Betonkörper hat also das Eisen die Aufgabe, die Zugkräfte aufzunehmen. Bei nicht statischen Wänden sind die Eisennetze nur da, um die Rissbildung zu verhindern.

Zusätzlich bringt man noch Eisen oder Kopfbolzendübel zur Aufnahme von Schubkräften an. Aber das sind dann Verbundbauten.

Hier gibt es noch ein paar gute Infos dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Bewehrung

Die lustigste Meinung bildet hier die Annahme 

dass die Stahlstäbe (Armierung) im Beton nur dazu da sind um den Beton vor Rissen zu bewahren.

Das Gegenteil ist nämlich der Fall: Die Stahlarmierung verursacht Risse im Beton und sorgt dafür, dass unsere modernen Betonbauten vergleichsweise sehr kurzlebig sind. Die Betonbauten der alten Römer ohne Stahlbewehrung dagegen sind unverwüstlich seit Jahrtausenden. Das oberstes Geschoss des Kolosseums in Rom z.B. wäre ohne Erdbeben wohl noch heute wohlbehalten. Moderne Stahlbetonbauten (v.a. Brücken) sind gelegentlich schon nach wenigen Jahrzehnten Abrissreif oder wenigstens dringend sanierungsbedürftig.

Moniereisen sprengen durch die Ausdehnung ihres Rostes Betonteile weg. In die entstehenden Spalten dringt Wasser ein. Das sorgt für mehr Rost und sprengt im Winter größere Betonteile Weg durch die Wasserdehnung bei der Vereisung.  

Die Stahlbewehrung im "Stahlbeton" nimmt die Zugkräfte des Tragwerkes auf. Beton ohne Armierung ist nur auf Druck belastbar, aber nicht auf Zug. Mit Stahlbeton kann man also weitaus filigraner bauen als mit purem Beton. 

Zum Vergleich: In alten Ziegelsteinbauten kann man an Abbruchstellen oft stählerne Zuganker sehen, die das Wohngebäude zusammenhalten.

Kn4ll3r  25.04.2015, 17:27

Die Betonbauten der alten Römer ohne Stahlbewehrung dagegen sind unverwüstlich seit Jahrtausenden.

weil sie ausschließlich durch (relativ konstanten) druck belastet werden. der eigengewichtsanteil ist nämlich extrem hoch.

Moniereisen sprengen durch die Ausdehnung ihres Rostes Betonteile weg.

was allerdings idR erst dann großartig zum tragen kommt, wenn die betondeckung oder die carbonatisierungsklasse falsch gewählt wurden

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Kn4ll3r  25.04.2015, 17:31
@Kn4ll3r

römerbauten sollten allerdings auch jahrhunderte halten, moderne bauwerke werden gar nicht mehr für einen solch großen zeitraum dimensioniert.  

trotzdem waren die römer coole typen :D

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Jackie251  25.04.2015, 18:35

das ist einfach nur falsch, aber du widersprichst dir auch selbst.

Stahl und Rost sind offensichtlich ganz verschiedene Stoffe.

Und Abplatzungen durch Rost verursachen keine tieferen Risse, die Abplatzungen entfernen so minimale Betonmengen, dass die Statik dadurch kein wenig beeinflusst wird.

Abrissreif und gefährlich ist es nicht weil ein wenig Beton fehlt sondern weil der Stahl fehlt, wenn der nämlich wegrostet...

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Du hast hier schon so tolle, auch wissenschaftlich begründete Antworten bekommen.

In der Praxis mußt Du Dir zumindest den Stahlbeton so vorstellen, daß er - je nach Rezeptur - schon einige Biegungen mitmacht. Wenn wir eine optimale Sieblinie haben, will er das nicht so recht tun, je feinkörniger, desto eher macht er das mit.

Beispiele:

Dyckerhoffs erste Stahlbetondecken in Dresden sind jetzt etwa 90 Jahre alt, sie sind ganze 6 cm hoch, hingen infolge überdimensionierter Einbauten ins Gebäude aber etwa 12 cm auf etwa 10 m Länge durch. Der Durchhang ging nach Beseitigung der Einbauten um etwa die Hälfte zurück.

Im Neubau des vorsichtshalber in Insolvenz gegangenen süddeutschen Architekten L. in W. hängen die schlaffbewehrten, etwa 16 cm hohen Geschoßdecken etwa 6 cm durch, ohne Risse zu bilden. Der Fußbodenleger war so nett, davor extra hohe Sockelleisten anzukleben.

der sinn der bewehrung ist, sämtliche zugkräfte (die in der regel aus biegemomenten entstehen) aufzunehmen.   

beton kann eine druckkraft von zB 45 kN/cm² (je nach güteklasse) aufnehmen, jeduch nur eine zugkraft von maximal 10% davon, also max. 4,5 kN/cm².  

es wird davon ausgegangen, dass beton IMMER reißt, daher werden die kompletten zugkräfte der bewehrung zugerechnet, die druckkräfte werden dann durch den beton aufgenommen.  

unbewehrter beton wird nur noch im gartenbau eingesetzt, da er die lasten, die in einem durchschnittlichen gebäude anfallen, gar nicht tragen könnte. 

die bewehrung ist zwingend notwendig, damit das gebäude nicht einstürzt!

Kn4ll3r  25.04.2015, 15:33

da:  

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/thumb/f/f8/Stahlbeton1.png/220px-Stahlbeton1.png

in der bemessung eines stahlbetonkörpers ist die rissbreitenbegrenzung ebenfalls ein maßgebliches kriterium!

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Worth1967  25.04.2015, 15:43
@Kn4ll3r

Rißbreitenbegrenzung hat primer nichts mit der Standsicherheit (Statik) zu tun sondern zu einem mit der Wasserundurchlässigkeit und damit zum anderen mit der Haltbarkeit.

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Kn4ll3r  25.04.2015, 16:25
@Worth1967

und gebrauchstauglichkeit!  

und damit zum anderen mit der Haltbarkeit.

erklärung: wenn die risse zu groß werden, wird der stahl nicht mehr ausreichend vor korrosion geschützt, rostet und das bauteil versagt.

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gnuman79 
Fragesteller
 25.04.2015, 15:41

Wie kann der Stahl im Beton die auf dem Beton wirkende Kräfte aufnehmen? Beton ist hart! Somit überträgt er doch keine Kräfte nach innen! Oder wie soll ich mir das vorstellen? Ich verstehe die Grundphysik der Sache nicht!


Wenn ich ein Schwamm zusammendrücke, dann sehe ich, dass er sich zwischen meinen Fingern verkleinert und dadurch der Druck im Schwamm steigt. Aber der Schwamm verformt sich. Dagegen bleibt Beton gleich bei den Kräfteeinwirkungen. Der Stahl kriegt doch nichts mit, was außerhalb des Betons passiert! Oder wie soll ich das verstehen???

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Worth1967  25.04.2015, 15:48
@gnuman79

Beton verformt sich auch, jede Betondecke biegt sich durch, ansonsten wären die Zugkräfte in der Decke unendlich groß. Habt ihr in Physik nicht mal das Beispiel mit der Straßenlampe gemacht, die mit einem Seil über die Straße gespannt wird gemacht ??? Wäre der Seildurchhang 0, wäre die horizontale Auflagerkraft unendlich. Deswegen hängen ja auch z.B. die Leiterseile von Hochspannungsleitungen immer durch. Und das gleich findet auch im inneren von Beton stadt.

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Kn4ll3r  25.04.2015, 15:56
@gnuman79

die kräfte werden in dem betonkörper verteilt. natürlich verformt sich der beton! nur bricht er schon, bevor man die verformungen großartig erkennen kann, schließlich ist beton mineralisch und spröde!

es wirken druck- und zugkräfte. gegen zugkräfte ist beton aber machtlos. er biegt sich, bis er reißt. und dann übernimmt der stahl die zugkräfte.

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gnuman79 
Fragesteller
 25.04.2015, 17:01
@Kn4ll3r

ja klar. Jetzt ergibt auch alles wieder Sinn! ^^

Wir hatten mal ein Haus bauen lassen. Der hatte keinen Keller. Dort wurde der Betonboden einfach auf den Boden gegossen. Aber auch dort wurde eine Betonmatte verwendet. Wieso?

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gnuman79 
Fragesteller
 25.04.2015, 17:09
@Worth1967

In der Schule, wo ich war, hatten wir so was nicht behandelt. Überhaupt hatte ich während meine Schulzeit nur beschränkt Physik gehabt. Deutsche Schulbildung halt!!! Man lernt jeden Sch~e~i~ss wie Sexualkunde aber wichtige Dinge, wie Physik, hat man nur beschränkt. Daher auch die beschränken deutsche Kinder hier im Lande! ;)

Aber als ich während meine Ausbildung dieses Beispiel mit der Hängelampe hatte, wäre mir nie in den Sinn gekommen dieses Beispiel mit der hängende Betonplatte zu verknüpfen.

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gnuman79 
Fragesteller
 25.04.2015, 17:13
@gnuman79

Ich meinte, im Beton auf dem Boden wurde auch Stahlmatte verwendet.

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Kn4ll3r  25.04.2015, 17:20
@gnuman79

1. weil der boden sich setzt und dann die bodenplatte ebenfalls biegebelastungen ausgesetzt wird und dadurch 

2. besonders im bereich der wände die spannungen recht hoch werden können. außerdem muss  

3. der keller wasserundurchlässig sein, welshalb die rissbreiten begrenzt werden müssen. und das geht nur durch bewehrung.

(polymerbeton lasen wir mal außen vor)

alternativ könnte man vermutlich auch fasterbeton verwenden, ist aber oft teurer und komplizierter, als wenn man einfach nen paar bewehrungsmatten einlegt.  

wie schon gesagt: unbewehrten beton gibts eigentlich nur noch im gartenbau.

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Kn4ll3r  25.04.2015, 17:22
@gnuman79

sooo unwichtig finde ich sexualkunde gar nicht ;D

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Kn4ll3r  25.04.2015, 17:30
@Kn4ll3r

witzige anekdote:  

stahlbeton wurde von einem gärtner erfunden, der eisennägel in seine beton-blumenkübel gelegt hat xD

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Kn4ll3r  26.04.2015, 09:48
@Kn4ll3r

ps: hab nen einheitenfehler drin! die korrekte maßeinheit für die druckfestigkeit ist N/mm² und nicht kN/cm²

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willimatt  26.04.2015, 15:29
@Kn4ll3r

War dem Monsieur Monier nicht damals der Blumendraht in den Beton gefallen?

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gnuman79 
Fragesteller
 27.04.2015, 22:54
@Kn4ll3r

ich bitte dich! So was lernt man doch selbständig ... ;)

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OK, mit deiner Frage hast du mitten in ein Wespennest getroffen. Siehst du an den heftigen und tiefen Diskussionen.

Zunächst einmal passen Stahl und Beton gut zueinander, weil sie eine ähnliche Wärmeausdehnung haben. Da platzt nicht bei 30°C Temperaturdifferenz alles auseinander. Und Wärmeausdehnung und Biegsamkeit sind nicht so ganz verschiedene Themen. Eisenbahnschienen werden heutzutage nahtlos verschweißt, und die Wärmeausdehnung geht dann halt in die Breite, wenn die Längsführung straff ist.

Ein anderes Thema ist die Zugbelastung, die ist bei Beton wohl nicht mal geringer, aber anfälliger. Metalle sind verformbar, elastisch, Mineralien nicht, vereinfacht.

Stahlbeton ist einfach das wirtschaftlichste, oder wenn man die Brücken aus den 60ern und 70ern betrachtet, das billigste. Eine Brücke aus 1 m dickem Stahl beführe ich lieber als eine aus 1 m dickem Stahlbeton. Und eine aus 1 m dickem Beton wäre längst zusammengebrochen. Die Bauwerke aus der Antike, die immer noch stehen, sind nicht gerade das, was man unter filigran versteht.

Um's noch mal zusammen zu fassen, der Stahl ist für die Zugkräfte zuständig, der Beton füe die Druckkräfte. Und nicht umsonst wird der Stahl vorgespannt eingegossen.