Seid ihr meiner Meinung?

Das Ergebnis basiert auf 14 Abstimmungen

Ja das stimmt 57%
Nein stimmt nicht 43%

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich bin sowohl mit anderen Autisten, als auch mit neurotypischen Leuten befreundet. Es gibt überall Menschen, die einem sympathisch sind und solche, die man nicht leiden kann. Weder dürfen wir Neurotypische alle in einen Topf werfen, noch sollten wir, als Autisten, uns selbst in ein und den selben Topf werfen, denn das machen nicht wenige neurotypische Leute bereits für uns.

Deshalb denke ich nicht, dass Autisten zwingend netter sind als neurotypische Menschen, sondern ich denke viel eher, dass wir Autisten am besten mit Leuten auskommen, die Verständnis für uns und unseren Autismus haben, sowie uns als vollwertige Menschen sehen. Dies können sowohl Autisten, als auch neurotypische Menschen tun und anderweitig neurodiverse Menschen ebenfalls.

Autisten können andere Autisten viel eher verstehen, mit ihnen empathisieren, doch das trifft nicht immer auf alle von uns zu. Schlussendlich sind wir dafür immer noch zu verschieden. Ich denke, die Überschneidung ist nicht zwingend deutlich größer als bei neurotypischen Leuten, falls das Sinn ergibt.

Sie haben mehr Empathie nur können sie es nicht gut ausdrücken daher denken alle dass Autisten keine Empathie haben, das stimmt aber nicht bin selber Autist und kann es, nur ist es etwas schwierig es zu zeigen. 

Das stimmt tatsächlich für sehr viele. Probleme mit der Empathie in der Autismus-Spektrum-Störung kann sogar auch von etwas namens "Alexithymie" kommen. Viele Autisten haben das, aber nicht jeder mit Alexithymie hat Autismus. Ich glaube, ich könnte es auch haben - zumindest in manchen Situationen -, bin mir jedoch nicht sicher.

Selbst dies ist jedoch keine echte Empathielosigkeit. Empathielosigkeit ist für mich ein wissentlich und willentliches Verhalten. Wir Autisten zeigen unsere Empathie auch nicht immer so, wie es "gesellschaftlich akzeptabel" ist. Wenn du mir z.B. sagst, deine Katze ist gestorben und nun trauerst du um sie, kann ich sagen "Oh man, das ist wirklich traurig. Ich weiß wie du dich fühlst. Als mein Vogel, Beaky, damals gestorben ist, war ich auch total traurig. Ich vermisse ihn noch immer ..." - Das wird oft als unhöflich angesehen. Ich mache es hier nun über mich, dabei ist dies gar nicht meine Absicht, sondern meine Art und Weise, dir zu zeigen "Hey, that sucks, I feel you."

Persönlich finde ich die Behauptung, wir hätten keine Empathie oder einen Empathiedefizit ja sehr lustig. Mindestens genauso lustig, wie ich sie ärgerlich, dämlich, eklig, verletzend und gefährlich finde. (Zur Erklärung: Ich habe nichts dagegen, wenn man sagt, Autisten können Probleme mit Empathie haben, denn auf manche von uns trifft das absolut zu. Doch in den wenigsten Fällen sprechen Leute z.B die Hyperempathie an, die viele Autisten verspüren. Es ist, als würden diese Personen nur das runterrattern, was sie auf irgendwelchen, von neurotypischen Ärzten geleiteten Internetseiten gelesen haben und diesem mehr Glauben schenken, als Autisten. Es ist, als würden sie damit eine unsichtbare Wand zwischen sich und uns Autisten aufstellen, als könnten sie nur einen neurotypischen Blick auf Autismus haben, welcher alleine schon so viele Probleme mit sich bringt.)

Nun denn, ich finde sie deshalb so witzig, ... na ja, "witzig", ... da es vielen neurotypischen Menschen grundsätzlich an Empathie für uns Autisten zu fehlen scheint. Sie sehen nur, wo wir in ihren Augen angeblich keine Empathie haben oder sie "inkorrekt" zum Ausdruck bringen, doch sie sehen nicht die vielen Male, in denen sie selbst keine Empathie für uns übrig haben, die vielen Stellen, in denen die Gesellschaft nicht die nötigen Hilfsmittel für uns bereitstellt, nicht an uns denkt etc. pp. Das fängt ja schon beim Schönreden, Fördern, Gutheißen von Masking an. "Das kann ja nicht so wild sein, stell' dich mal nicht so an, ich muss mich auch anpassen, du hast doch gar keine echte Behinderung, jeder muss sich mal verstellen im Leben" usw.

Wer wirklich mehr über Autismus und (Hyper)empathie wissen will, darf die Google-Suchfunktion gerne für sich benutzen. Am besten auf Englisch. Aber nur, um sicher zu gehen, mache ich das doch lieber selber:

https://the-art-of-autism.com/autistic-people-empathy-whats-the-real-story/

https://www.authenticallyemily.uk/blog/autistic-people-dont-have-empathy-a-look-at-autism-and-empathy

https://embrace-autism.com/empathic-attunement-catching-others-emotions/

https://themighty.com/topic/autism-spectrum-disorder/having-hyperempathy-autistic/

Und das waren nur vier von vielen.

Das Problem ist, dass dieses Verhalten, dieser Ableismus gegen uns in der Gesellschaft im Allgemeinen normalisiert wird. Es ist noch immer "normal", sein Kind von klein auf zur Verhaltenstherapie zu stecken, damit es bloß nicht "zu viele, zu starke" autistische "Symptome" entwickelt und es - koste es was es wolle und koste es die mentale Gesundheit des eigenen Kindes - in eine "neurotypische Richtung" zu verbiegen. Denn Himmel hilf, es wäre ja eine Schande, würde es sein/ihr autistisches Gehirn akzeptieren.

LGBTQ+-Leute werden größtenteils akzeptiert (und selbst die müssen sich immer noch mit so viel Mist rumschlagen, von dem ich gar nichts weiß). Was für sie die Gay-Conversion-Therapy war, ist für uns Autisten die ABA-Therapy (angewandte Verhaltensanalyse). Jeder, der noch bei klarem Verstand ist, kann sofort sagen, dass die Gay-Conversion-Therapy eine Schandtat ist/war und für immer verbannt gehört. ... Kann jeder das auch über die ABA-Therapy sagen? Irgendetwas sagt mir: Nein.

Wir werden viel zu häufig als die Monster, die Bösen, die Energiefresser ("die armen Eltern"), die Träumezerstörer etc. hingestellt. Ich musste wirklich schon einiges an total abartigem Mist von neurotypischen Leuten über uns Autisten, über ihre eigenen, autistischen Kinder lesen und es war so eklig - Wäre das alles direkt an mich gerichtet gewesen, hätte ich kotzen müssen. Von Empathie sind solche Leute dreihundertquadrillionen Dimensionen entfernt. Dass ich, als Autistin, sehen und verstehen und fühlen kann, weshalb und wie sowas die Kinder negativ beeinflussen kann, wie schmerzhaft das sein muss, etc. zeigt, dass ich Empathie habe. Nur eben nicht für die neurotypischen Eltern, die so mit ihren autistischen Kindern umgehen, sondern für besagte Kinder. Und ich kann mit Kindern nun wirklich nichts anfangen.

Dass wir viel eher Opfer von Missbrauch und ähnlichem (Mobbing etc, wie du es bereits angesprochen hast) sind, kann man unter den Tisch kehren. Oder, nein, noch besser: "Kannste dich doch ändern, selbst Schuld, wenn du so komisch bist" - Und da wären wir wieder beim Thema Masking. Das Thema Masking ist beim Thema Autismus unumgänglich.

Würden Autisten Neurotypische beschreiben, würden viele von uns also sicherlich auch ein verallgemeinerndes "Mangel an Empathie" hinklatschen.

Puh, also eigentlich wollte ich damit nur sagen: Ja, ich gebe dir größtenteils Recht, sage aber auch, dass es überall doofe Leute gibt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin diagnostizierte Autistin (Keine Selbstdiagnose)👽
4n0nym10 
Fragesteller
 04.01.2023, 20:25

Das mit dem Beispiel dass meine Katze gestorben ist (eigentlich nicht hatte noch nie eine aber ist ja nur ein Beispiel) finde ich garnicht unhöflich und ich hab auch bevor ich das gelesen habe schon kapiert, dass du mitteilen willst bei sowas mitfühlen kannst. Liegt das daran weil ich auch Autist bin oder nicht?

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Zitruseulchen  04.01.2023, 21:55
@4n0nym10

Danke fürs Sternchen! ⭐

Hm, das weiß ich nicht, ob es daran liegt. Es könnte daran liegen, ja. Aber es gibt sicherlich auch einige neurotypische und anderwertig neurodiverse Menschen, die bemerken, dass es sich in meinem Beispiel um echte Anteilnahme handelt und dies auch ein Zeichen, ein Ausdruck von Empathie sein kann.

Oder wenn wir viele Fragen zu einer Situation stellen, damit wir die Details besser verstehen und somit besser Vorschläge geben können. Ich glaube, das kann unhöflich rüberkommen, weil es wie "in der Wunde rumstochern" rüberkommt. Auch wenn ich persönlich es nicht als unhöflich ansehe.

Ehrlich gesagt wüsste ich auch nicht, was man ansonsten sagen könnte ... Vielleicht sowas wie "Wenn du darüber reden willst, bin ich für dich da", aber keine Ahnung.

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Nein stimmt nicht

Hallo :)

Ich hätte gerne auf ja UND nein gedrückt.

Kurz vorweg, bin Autistin und habe über 10 Jahre als Solzialpädagogin gearbeitet und mich dann für den medizinischen Bereich umschulen lassen.

Ich kenne die medizinische Definition von Emphatie, als auch die Gesellschaftliche Definition. (Wie so oft ist diese ähnlich, aber nicht die selbe)

Mein Problem gerade im Sozialbereich (therapeutische Jugend-wohngeneimschaften mit schwerst traumatisierten kids) war, das ich jedes Gefühl der Kids mitbekommen habe- sei es "nur" ein schlechter Tag wegen Hormoneller Umstrukturierung, als auch ernstzunehmende akute Probleme ich kann nur schwer "aus dem Bauch heraus" wahrnehmen, wie schlimm jemand was empfindet. ABER ich kann sehr gut beobachten und mich in die Lebens und Störungsbilder einlesen. Meine Kids wussten, wenn es was Ernstes ist können sie immer zu mir kommen und im vergleich zu vielen Kollegen kann ich ewig lange zuhören und mit gezielten Fragen auch irgendwann den Punkt oder die Trigger des Verhaltens rausfinden und dran bleiben bis wir eine Lösung finden. Ich vergesse nichts, was mir anvertraut wurde und kann im Laufe der Jahre vieles verknüpfen, mir ein detailreiches Bild des Innenlebens meiner Kids machen und sie dadurch verstehen und helfen (das ist nichts, was im vorbeigehen passiert und ist harte Arbeit) Ich wusste irgendwann auch, was die Anzeichen eines drohenden Impulskontrollverlustes waren und habe dies durch Gespräche, Aktivitäten oder durch schlichtes "Raufen und Kräftemessen " abgefangen, damit sie sie zum Beispiel entspannter mit Freunde treffen und fortgehen können. Im Vergleich zu meinen Arbeitskollegen wurde ich kaum nachts von der Polizei angerufen, weil eins meiner Kids in eine Schlägerei verwickelt waren...

Was ich nicht kann: mich dem sinnlosen Smalltalk meiner Kollegen hingeben, Interesse an unnötigen Wehwehchen meiner Kollegen entwickeln, die überhebliche Art meiner Kollegen ertragen die glaubten etwas besseres als unsere kids zu sein nur weil sie zufällig in einem besseren Haus geboren wurden und allen voran, Kollegen akzeptieren die glauben sie müssen sich in nichts einlesen und wären als Mama grundsätzlich schon geeignet genug, schwierige Jugendliche zu erziehen, alleine durch lieb sein... und ganz schlimm, den Kollegen zusehen, wie sie sich darun reißen Teamleiter zu werden weil es gut ausschaut..

Bin natürlich früher oder später gekündigt worden (meist eher später, weil ich gute Erfolge mit den Kids hatte und mit Ärzten, Psychologen, Anwälten auf Augenhöhe sprechen konnte)

Ich bin sicher kein angenehmer Mensch, der emphatisch rüber kommt aber ich könnte nie einen Menschen bewusst verletzen, manipulieren oder hinterrücks derart boshaft über andere Menschen ablästern wie es so so so viele normale Menschen (denen man emphatisches Verhalten nachsagt) machen, ganz egal ob ich die Person mag oder nicht, habe und hatte nie das Bedürfnis andern zu schaden und verstehe den Sinn dahinter auch nicht. Da frag ich mich schon, nach der richtigen Definition von Emphatie...

Weiß jetzt nicht ob die Antwort hilft, oder ich mal wieder etwas ausgeschweift bin :/

(Aja: ja es gibt Rechtschreibfehler im Text ubd ja, es ist mir egal)

Mir ist es nicht so wichtig, ob Autisten netter sind.

Ich möchte lieber wissen, ob dieses Nettsein ehrlich gemeint ist.

Nur weil jemand sich nett gibt, ist das noch lange nicht so gemeint.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – ASS-Diagnose mit 50 / über 20 Jahren im Thema

Also ich mag Autisten. Ich habe 2 kennengelernt und fand sie irgendwie cool. Der eine sehr direkt und der andere frech. Beide wollen aber nicht mehr mit mir zu tun haben, keine Ahnung warum.

Nein stimmt nicht

Du solltest nicht alle über einen Kamm scheren.