Quantenverschränkung breitet sich mit Überlichtgeschwindigkeit aus?

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Nein, bedeutet es nicht.

Warum mit verschränkten Quantenzuständen entfernter Teilchen keine Kommunikation mit Überlichtgeschwindigkeit möglich ist:

Kapitel 1 - was ist ein Quantenzustand? Das ist kein gemessener Zustand eines Teilchens, sondern die Überlagerung aller möglicher Zustände, in denen das Teilchen sein kann, wenn gemessen wird. Vor der Messung sind nur die Wahrscheinlichkeiten der verschiedenen Zustände bekannt. Erst durch die Messung entscheidet sich das Teilchen für eine der Möglichkeiten, vorher weiß es selbst nicht, was herauskommt.

Kapitel 2 - was ist eine Verschränkung? Ein Quantenzustand muss nicht auf ein Teilchen beschränkt sein, sondern kann mehrere Teilchen umfassen. Diese Teilchen können auch weit voneinander entfernt sein, und man bezeichnet sie dann als verschränkt. Aber es handelt sich nicht um mehrere Quantenzustände, die durch Zauberei miteinander gekoppelt sind, sondern es ist in Wirklichkeit nur einer.

Kapitel 3 - was ist das Besondere daran, das Einstein "spukhafte Fernwirkung" nannte? Wenn die Zustände zweier verschränkter Teilchen schließlich gemessen werden, kommt dabei bei beiden derselbe Zustand heraus, so als hätten sich die Teilchen abgesprochen, für welchen Zustand sie sich entscheiden sollen.

Kapitel 4 - warum kann man darüber nicht kommunizieren? Die Verschränkung gilt nur für den Quantenzustand vor der Messung, nicht für die Teilchen nach der Messung. Zwar kann der "Sender", der dem "Empfänger" eine Nachricht schreiben will, den Quantenzustand vor der Messung beeinflussen, aber was er "geschrieben" hat, weiß er selbst erst nach der Messung.

Kapitel 4 - Analogie. Wir nehmen hierfür nicht Schrödingers Katze in der Kiste. Wir ersetzen die Katze durch einen Würfel und die Kiste durch einen Würfelbecher. Der mit der Handfläche verschlossene Würfelbecher ist der Quantenzustand, die Wahrscheinlichkeiten für die 6 Würfelseiten ist 1/6. Nun geben wir 2 verschränkte Würfelbecher Bob und Alice und sagen Sie sollen schütteln und auskippen (das ist die Messung) und - spukhafte Fernwirkung - beide sehen die gleiche Augenzahl. Bob kann aber Alice auf diesem Wege nichts mitteilen - nach dem Fallen der Würfel ist die Verschränkung kaputt. Wenn Bob jetzt einen Würfel umdreht, dreht sich Alices Würfel nicht mit. Bob kann natürlich vorher seinen Becher noch einmal extra schütteln und damit im Ergebnis eine andere Augenzahl produzieren, aber er weiß nicht welche.

Benni142 
Fragesteller
 31.10.2022, 08:25

Aber wenn man weiß dass etwas gemessen wurde, ist das doch auch bereits eine Information oder nicht?

So sollen doch auch die kryptografischen methoden zur verschlüsselung funktionieren, dass sobald jemand "mithört" er die überlagerung aller zustände zerstört.

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hologence  31.10.2022, 14:41
@Benni142
Aber wenn man weiß dass etwas gemessen wurde, ist das doch auch bereits eine Information oder nicht?

Weiß man ja nicht. Jede Partei kann messen wann sie will. Wenn einer misst, macht es nicht beim anderen Plopp. Nur das Ergebnis ist gleich, nicht der Zeitpunkt.

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Die Verschränkung ist von Anfang an vorhanden und breitet sich nicht aus.
Nimm mal einen Zettel in der mittleren Neuzeit als Beispiel. Den reiße ich in der Mitte durch und schicke die eine Hälfte nach New York, die andere nach Buenos Aires. Von Europa aus natürlich.
Jeder der Empfänger weiß sofort, welche andere Hälfte der andere Empfänger erhalten hat, die andere halt. Aber der Beweis, dass ich nicht gemogelt habe, geht dann doch nur mit Segelschiffgeschwindigkeit.

Quantenobjekte wechseln ihren Zustand nicht, sie sind nur so lange unbestimmt, wie man sie nicht zur Entscheidung zwingt. Einmal entschieden ist das aber nicht umkehrbar und auch nicht zur Informationsünertragung geeignet.

Es ist nicht richtig, zu sagen, dass Verschränkung sich "ausbreite".

Richtig ist: Sie entsteht als Resultat eines (keinerlei Zeit in Anspruch nehmenden) Ereignisses vom Typ "Quantenfluktuation", das eine Zustandsänderung in der Menge aller Quanten zur Folge hat, die man nicht als lokalisiert bezeichnen kann.

Der so entstandene neue Zustand kann kein beliebiger sein, da der Zustandsübergang sämtliche physikalischen Erhaltungssätze zu respektieren hat. Dies führt dazu, dass sich nach dem Ereignis vorher völlig unabhängig von einander entstandene Quanten als mit einander verschränkt darstellen können bzw. müssen (z.B. dann, wenn sie im Ereignis Energie oder irgend eine andere Erhaltungsgröße, Spin etwa, untereinander ausgetauscht haben).

grtgrt  23.07.2023, 19:22

Ich würde es so erklären: Wer ein Quant nach seinem Zustand frägt, wird ihn i.A. verändern. Was die Messung liefert, ist aber stets nur Information zum Zustand nach der Messung. Der aber ist durch den unbekannten Zustand vor der Messung keineswegs eindeutig bestimmt.

ChatGPT bestätigt mich in dieser Meinung, indem es mir sagt:

Ja, Ihre Erklärung trifft einige wichtige Punkte zur Quantenmechanik und der Messung von Quantenzuständen. Lassen Sie uns die verschiedenen Aspekte Ihrer Aussage näher betrachten:

  1. Messstörung: Wenn Sie den Zustand eines Quantensystems messen, können Sie den Zustand des Systems tatsächlich beeinflussen. Dies wird als Messstörung oder Kollaps der Wellenfunktion bezeichnet. Vor der Messung befindet sich das Quantensystem in einem sogenannten Superpositionszustand, in dem es mehrere Zustände gleichzeitig einnehmen kann. Wenn Sie jedoch eine Messung durchführen, kollabiert die Superposition zu einem bestimmten Zustand, den Sie beobachten können.
  2. Information nach der Messung: Sie haben recht, dass die Information, die Sie durch die Messung erhalten, den Zustand des Quantensystems nach der Messung beschreibt. Nach der Messung befindet sich das System in einem bestimmten Zustand, und die gemessenen Eigenschaften sind entsprechend.
  3. Unbekannter Zustand vor der Messung: Vor der Messung befindet sich das Quantensystem in einem unbekannten Zustand, der durch eine Wellenfunktion beschrieben wird. Die Wellenfunktion enthält Informationen über die Wahrscheinlichkeitsverteilung der möglichen Zustände, die das Quantensystem einnehmen kann. Es ist wichtig zu betonen, dass die Quantenmechanik auf probabilistischen Prinzipien beruht, und die genaue Natur des Zustands vor der Messung ist im Allgemeinen nicht bekannt.
  4. Eindeutige Bestimmung: Hier kommt die Besonderheit der Quantenmechanik ins Spiel. Vor der Messung kann der Zustand des Quantensystems durch die Wellenfunktion beschrieben werden, die eine probabilistische Verteilung der möglichen Zustände darstellt. Nach der Messung jedoch kollabiert die Wellenfunktion zu einem bestimmten Zustand, und die Wahrscheinlichkeitsverteilung verschwindet. Das bedeutet, dass der Zustand nach der Messung tatsächlich eindeutig bestimmt ist, jedoch war dieser Zustand vor der Messung nicht eindeutig bekannt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Quantenmechanik ein probabilistisches System ist, bei dem die Messung den Zustand eines Quantensystems beeinflusst und die Information, die man durch die Messung erhält, den Zustand nach der Messung beschreibt. Vor der Messung war der Zustand des Quantensystems durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung gegeben, die man aber nicht erfragen kann.

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ich bin mir nicht ganz sicher, aber wenn wir einfach mal einen Dominostein an einer schnur nehmen, an der du ziehst, um ihn zu Fall zu bringen. dann müsste der Stein ja auch sofort auf den Zug reagieren. theoretisch egal wie lange die schnur ist. so ähnlich würde ich mir das bei den quanten vorstellen.

lg, Anna

DerRoll  30.10.2022, 08:33

Nein, so ähnlich ist es bei den Quanten nicht. In einem Feststoff breitet sich Information (also der Zug an der Schnur) mit der für das Material gültigen Schallgeschwindigkeit aus. Schneller geht nicht. Und die Schallgeschwindigkeit ist deutlich niedriger als die Lichtgeschwindigkeit.

Tatsächlich ist die Wirkung der Quantenverschränkung instantan, das ist aber kein Widerspruch zur Relativitätstheorie, da keine Information vermittelt werden kann.

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Peppie85  30.10.2022, 10:01
@DerRoll

okay, ich hätte jetzt in der tat anderes gedacht. immerhin bewegt sich ja mechanisch die ganze schnur. andererseits kann ich mir das mit der für das material gültigen schallgeschwindigkeit auch vorstellen.

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DerRoll  30.10.2022, 10:06
@Peppie85
immerhin bewegt sich ja mechanisch die ganze schnur.

Nein, es bewegt sich nicht "mechanisch" die ganze Schnur. Die Moleküle der Schnur sind ja über chemische Bindungen miteinander gekoppelt. Regst du ein Molekül am Anfang der Schnur an, pflanzt sich die Anregung über die chemischen Bindungen fort. Die Stärke der Bindung induziert die im Material gültige Schallgeschwindigkeit. D.h. je stärker die Kopplung, desto schneller der Schall. In Metallen, wo die Kopplung die metallische Bindung ist ist die Ausbreitung schneller als z.B. in einer Schnur, wo die Kopplung über Molekülbindungen in den Fasern und lediglich reiner Reibung zwischen den Fasern vermittelt wird.

Wichtig ist aber, die Signalausbreitung ist immer endlich schnell und insbesondere immer deutlich langsamer als Lichtgeschwindigkeit.

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es ändert sich kein zustand und es wird auch keine information übertragen.

die messergebnisse an den beiden objekten sind korreliert, das ist alles. aber damit kannst du nichts übertragen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Physiker (Teilchenphysik)