Verständnisfrage: Ausbreitung des Raumes = Ausbreitung von dessen Inhalt?
Es heißt, mit dem Urknall hat sich nicht das Universum ausgebreitet, sondern der Raum an sich (gern auch die Raumzeit), von unendlicher Krümmung zu einer entfalteten Form, die (gedanklich um eine Dimension reduziert) "flach" oder in sich geschlossen sein kann. Beides bedeutet unendlich.
Auf der anderen Seite haben wir die beobachtbare kosmologische Expansion der Galaxien, die sich zwar beschleunigt, aber trotzdem mit endlicher Geschwindigkeit abläuft. Die Ausdehnung zu einem bestimmten Zeitpunkt kann also nur endlich sein.
Kann da jemand Ordnung reinbringen?
4 Antworten
Definiere Raum: Der Abstand zwischen zwei Objekten? Jenseits des äußersten Objektes gibt es somit keinen Raum oder man betrachtet Raum mathematisch oder religiös als eine ewige Konstante.
Ich gebe zu, dass die Konstruktion mit normalen Gehirnen schwer zu fassen ist. Deshalb beginnt meine Antwort auch mit einer Aufforderung. Unsere Vorstellung von Raum ist aus unseren Erfahrungen abgeleitet und dein Beispiel ebenso - es berücksichtigt weder Raumkrümmung noch weitere Dimensionen.
Wenn du das letzte Objekt im Weltall wegnimmst, ist deine Hand das letzte Objekt. Und wenn du schneller als die Raumausdehnung vorwärtsfliegst mit einer Raktete oder auf einem Lichtstrahl reitend, dann wärst du die Grenze dessen, was wir "Raum" nennen. Wir messen immer zwischen zwei Punkten und wenn der zweite Punkt fehlt, ist es dein Maßband, ansonsten hat das Wort Raum keinen Sinn. Sicher kommst du an kein Schild mit der Aufschrift "Weltraum endet hier". Wenn es blöd läuft, kommst du von der anderen Seite wieder in unser Sonnensystem herein.
Ich bin offen für alternative Beschreibungen - wenn sie mehr bringen,
Danke für Deine Erklärung. Ich verstehe schon woraus Du raus willst. Ich habe das mal bezüglich der Zeit so ähnlich ausgedrückt (bin mir aber dabei nicht mehr sicher):
Ohne dass sich etwas bewegt gibt es keine Zeit. Zeit ist nur existent, wenn es Vorgänge gibt.
Aber wie gesagt: bin mir da nicht mehr so sicher, da es im leeren Raum ja die Quantenfluktuationen gibt (die durch den Casimir-Effekt beweisbar sind). Und die sind ja immer etwas, was sich bewegt, was vorgeht. Aus diesem Grund glaube ich auch, dass man durchaus behaupten kann, dass es auch leeren Raum gibt, in dem (außer den virtuellen Teilchenpaaren) nichts existiert. Und dass es diesen Raum eben auch dann gibt, wenn die Quantenfluktuationen das einzig materielle wäre, was überhaupt existiert.
Doch selbst mit dem erfundenen Begriff Quantenflukuation wissen wir nicht einmal was Quanten sind und beschreiben nur unverständliches Verhalten dieser nicht greifbaren Dinger.
Klar ist es leichter, sich diese Denkerei mit einem Schöpferglauben vom Hals zu schaffen. Das ist altes Obrigkeitsdenken: Die Herren (der Herr Superadministrator) wird schon wissen, was er tut.
Es ist ja auch schwer zu glauben, dass dieses gigantische Universum mit vielleicht 1 Billion Galaxien a 200 Milliarden Sonnen und superschweren Schwarzen Löchern mit Millionen von Sonnenmassen ... alle aus einem winzigen Punkt geschlüpft sein sollen. Bevor etwas fluktuieren kann, muss es dagewesen sein. Und damit nicht genug: Diese riesige Menge Materie besteht aus Winzlingen, subatomaren Teilchen, und da gibt es keine Mutationen, Kopierfehler, Normabweichen etc.? Jedes Neutron gleicht dem anderen und ist verwechselbar und austauschbar???
Was das mit den Quantenfluktuationen (also die sehr kurzlebigen virtuellen Teilchenpaare, die sich nach winzigen Augenblicken immer wieder selbst vernichten, wobei die Energie, die es brauchte, um zwei virtuelle Teilchen entstehen zu lassen, wieder frei wird) auf sich hat, kannst Du in einem sehr gut vorgetragenen Video der Reihe "Alpha Centauri". Das Video ist gut und gern 40 Jahre alt. Ich erzähl hier also keine sensationelle Neuigkeiten... ;)
Der Urknall war keine Explosion im Raum, die das Universum in den Raum ausdehnt, sondern besteht aus einer Singularität, mit der Raum und Zeit erst entstanden sind, und einer Inflationsphase, in der die Skalenlängen sehr schnell gewachsen sind. Seither dehnt sich der Raum als Ganzes aus, darum ist der "Ort" des Urknalls heute überall, so wie die Galaxien, deren Abstände voneinander sich heute zusammen mit dem Raum vergrößern - eine Bewegung, deren Zurückverfolgung zu Abständen gleich null in der Vergangenheit führt, wobei alle Orte gleichberechtigt sind. Darum kann der Raum bei homogener Dichte unendlich sein und sich lokal trotzdem mit endlicher Geschwindigkeit ausdehnen.
Dazu versteht man am besten zunächst die Hubblekonstante.
Unter der Annahme einer linearen Ausdehnung des Universums ist der Skalenfaktor a(t) =D(t)/D0 einer beliebigen Distanz D und der Distanz D0 zum Zeitpunkt t0 im Universum linear abhängig von der Zeit t:
a = da/dt*t (1) mit einer Ausdehnungsgeschwindigkeit
da/dt = H*a (2)
Der Faktor H ist die Hubblekonstante (die besser Hubbleparameter heißen sollte, weil sie nicht konstant ist - in der Tat folgt aus einer linearen Ausdehnung konstante Ausdehnungsgeschwindigkeit da/dt und damit H = 1/t mit 2 in 1 eingesetzt), hat beim Urknall eine Polstelle und nimmt seitdem ab, wird aber nie null.
Kosmologischer Horizont
Objekte in der Entfernung r entfernen sich mit der Geschwindigkeit v(r) = H*r von uns. Man kann nun mit der Lichtgeschwindigkeit c einen Radius rH = c/H definieren, der Hubbleradius genannt wird. Für r = rH ist die Geschwindigkeit v(rH) = c, d.h. theoretisch entfernen sich Objekte in dieser Entfernung mit Lichtgeschwindigkeit von uns (die Spezielle Relativitätstheorie gilt nur lokal und wird dadurch nicht verletzt), und man könnte meinen, dass man dann diese Objekte nie mehr sehen kann, weil ihr Licht nicht gegen die Expansionsgeschwindigkeit ankommt, aber:
1. Licht direkt hinter rH kann es, einmal ausgesandt, mit der Zeit innerhalb von rH schaffen und uns letztlich doch erreichen - die korrekte Rechnung beinhaltet eine Integration der Bewegung mitbewegter Koordinaten und des Lichtsignals von t0 bis unendlich und führt hier zu weit - außerdem...
2. ist die o.g. Annahme der linearen Ausdehnung falsch. Die Ausdehnung unterliegt bremsenden und beschleunigenden Einflüssen (zB die Massendichte einschl. dunkler Materie vs. dunkle Energie), deren Stärke nicht zeitlich konstant war oder sein wird. In Abhängigkeit von diesen Einflüssen kann der Kosmologische Horizont sich bei vorwiegender Bremsung weiter ausdehnen und mehr Objekte sichtbar machen, oder bei vorwiegender Beschleunigung schrumpfen und mehr Objekte verbergen.
Aus diesen beiden Gründen liegt der Kosmologische Horizont nicht beim Hubbleradius, sondern nach aktuellem Stand etwas dahinter (etwa 16 Mrd LJ statt 13,4 Mrd LJ). Mit weiterer Ausdehnung des Universums und sinkender Massendichte könnte die Beschleunigung gewinnen - dann würde der Hubbleparameter auf einen konstanten Wert sinken: die Lösung für die Differentialgleichung da/dt = const*a ist dann eine exponentielle Ausdehnung, die den Kosmologischen Horizont schließlich bis auf gravitativ direkt gebundene Strukturen schrumpfen ließe, und die Reste der Vereinigung aus Milchstraße und NGC224 wären allein in der Dunkelheit.
Partikelhorizont.
Wo aber sind die fernsten Objekte, die wir jetzt schon sehen, wirklich? Als ihr Licht ausgesandt wurde, dh kurz nachdem das Universum transparent wurde, waren sie nur einige Mio LJ entfernt. Während ihr Licht im Raum zu uns unterwegs war, bewegte sich dieser Raum aber mit der Expansionsgeschwindigkeit von uns weg und verlängerte die Reisezeit des Lichtes (und seine Wellenlänge), bis das Licht schließlich hier ankam; inzwischen haben sich die damals aussendenden Objekte bis zum sog. Partikelhorizont entfernt (ca 46 Mrd LJ), also weit hinter dem Kosmologischen Horizont.
Es heißt, mit dem Urknall hat sich nicht das Universum ausgebreitet, sondern der Raum an sich (gern auch die Raumzeit), von unendlicher Krümmung zu einer entfalteten Form, die (gedanklich um eine Dimension reduziert) "flach" oder in sich geschlossen sein kann.
die raumzeit ist nicht flach.
der raum (in der konventionellen aufspaltung von raum und zeit in der kosmologie) scheint zumindest annähernd flach zu sein. zumindest konnten wir noch nichts gegenteiliges messen. falls die globale räumliche krümmung des universums exakt null sein sollte dann war sie das aber auch im frühen universum. da geht nichts gegen unendlich.
Beides bedeutet unendlich.
ein geschlossenes universum (=positive globale räumliche krümmung) ist nicht unendlich groß.
Auf der anderen Seite haben wir die beobachtbare kosmologische Expansion der Galaxien
was heißt "auf der anderen seite"? der urknall ist nichts anderes als wenn du das immer weiter zurück rechnest (bis zu dem punkt an dem unsere (heutigen) modelle versagen)
Die Ausdehnung zu einem bestimmten Zeitpunkt kann also nur endlich sein.
ein flaches universum oder eines mit einer negativen globalen räumlichen krümmung wäre unendlich groß.
Die kosmologische Expansion bedeutet, dass sich der Raum dehnt. Also aus "1cm werden 2cm" in jede Raumrichtung.
Naja die Bindungskräfte zwischen Materie ist stärker, sodass ncihts auseinandergezogen wird. Weit entfernte Galaxien bewegungen sich von uns weg, da die Anziehung zu schwach ist.
Also Atome und kondensierte Materie entziehen sich einfach der Ausdehnung des Raumes, und nur Galaxien machen den ganzen Spaß mit?
Würden wir es denn überhaupt bemerken, wenn die Bindungskräfte überall gleichmäßig schwächer würden? Immerhin wären die Messgeräte ebenfalls betroffen.
Ich glaub man würde es sehen wenn Gebäude auseinanderbrechen
Ja, dieses Fass wollte ich mit der (schlecht formulierten) Frage gar nicht aufmachen. :)
Ich geh schon davon aus, dass die Expansion des Raumes nur die Entfernung zwischen Objekten betrifft, nicht deren Ausdehnung. Sonst hätten wir schließlich immer noch "Urknall", nur größer. :) Die Rotverschiebung ist ja eine Sache von Geschwindigkeiten.
Ein bisschen "inkonsequent" ist das Ganze aber irgendwo schon. :)
Wenn Du Recht hättest, wäre also zwischen zwei Objekten leerer Raum. Nun stell Dir einfach vor, Du würdest die beiden Objekte (oder auch nur eins) entfernen. Das wäre dem Raum, der zwischen den beiden Objekten war, wenig interressieren. Er wäre dennoch vorhanden, -- bereit erneut Platz für Objekte zu bieten.