Pfefferspray mitführen?

5 Antworten

Zum Erwerb und Besitz von Pfefferspray

Pfeffersprays (OC) ohne einen deutlich aufgebrachten Hinweis "Tierabwehrspray" sind verbotene Waffen im Sinne des § 2 Abs. 3 i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.5 i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.2.3 Buchstabe a WaffG, der Besitz ohne Ausnahmegenehmigung ist grundsätzlich verboten und wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet (§ 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG).

Pfefferspray mit einem deutlich aufgebrachten Hinweis "Tierabwehrspray" hingegen fällt nicht unter die Regelungen des Waffenrechts (vgl. Nr. 3.2 Satz 2 und 3 WaffVwV), Erwerb, Besitz und Führen unterliegt nahezu keinen Beschränkungen. Lediglich bei Demos solltest du es Zuhause lassen.,

Zu unterscheiden ist Pfefferspray (OC) von Reizgassprühgeräten mit CS-Gas. Letztere sind Reizstoffsprühgeräte im Sinne des WaffG (Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.2.2 WaffG) und damit Waffen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a WaffG. Sie dürften erst ab 14 Jahren besessen und geführt werden (§ 3 Abs. 2 WaffG), eine Erlaubnispflicht zum Führen von Reizstoffsprühgeräten i.S.d. WaffG besteht nicht.

Zum Einsatz von Pfefferspray / Tierabwehrspray:

Der Einsatz des Pfeffersprays ist dem Grunde nach eine gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB), die im Einzelfall als Notwehr gerechtfertigt sein kann.

Der rechtswidrige Angriff, den du mit der Notwehrhandlung abwehren willst, muss gegenwärtig sein - d.h. er muss entweder bereits stattfinden oder unmittelbar bevor stehen. Wann das der Fall ist, ist im Einzelfall zu prüfen.

Standardantwort zum Thema Notwehr:

Ob Notwehr vorliegt, ist aus der Ferne immer ganz schwer zu prüfen. Die Notwehrhandlung (§ 32 Abs. 1 StGB) muss geeignet und erforderlich sein, um den gegenwärtigen Angriff abzuwenden. Das Notwehrrecht kennt keine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Allerdings ist das jeweils mildeste (geeignete) Mittel zu wählen (ständige Rechtsprechung des BGH). Der zur Notwehr Berechtigte muss sich dabei nicht auf einen Kampf mit ungewissem Ausgang einlassen.

Der Angegriffene muss sich nicht mit der Anwendung weniger gefährlicher Verteidigungsmittel begnügen, wenn deren Abwehrwirkung zweifelhaft ist; auf Risiken braucht er sich nicht einzulassen (vgl. Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, Bd. I, 4. Aufl., § 15 Rn. 43).

Quelle: BGH 2 StR 523/15 - 12. April 2016; HRRS 2016 Nr. 671, Rn. 10, S. 2

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit zur Flucht ein bestehendes Notwehrrecht nicht grundsätzlich entfallen lässt.

Nach dem Rechtsbewährungsprinzip des Notwehrrechts entfällt dieses Recht im Allgemeinen auch nicht wegen der Möglichkeit einer Flucht vor dem Angreifer (vgl. Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts Allgemeiner Teil, 5. Aufl., § 32 II 2 c, S. 343; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl., § 32 Rn. 40; Roxin aaO § 15 Rn. 49).

Quelle: BGH 2 StR 523/15 - 12. April 2016; HRRS 2016 Nr. 671, Rn. 12

Zur Dauer des Notwehrrechts:

Der rechtswidrigen Angriff dauert so lange an, bis er beendet ist. Beendet ist ein vollendeter Raub z. B. erst mit der Beutesicherung; für eine rechtfertigende Notwehr genügt es, dass der Taterfolg sich durch den Mitteleinsatz noch abwenden lässt.

Ein rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB wäre nochmal separat zu prüfen.

Hinweis: Ich bin kein Anwalt, das ist keine Rechtsberatung. Ich gehe grundsätzlich von BRD-Recht aus, keine Anwendbarkeit auf das Recht anderer (deutschsprachiger) Länder. Angaben und Einschätzungen nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Garantie für Richtigkeit und Vollständigkeit.


LordofDark1981  25.05.2024, 01:17

... Ist alles richtig, bis auf eine Kleinigkeit: Pfefferspray SOLLTE nicht bei Demos zu Hause bleiben, sondern MUSS. Gleiches gilt auch für alle anderen öffentlichen oder der Öffentlichkeit zugänglichen Veranstaltungen - also überall dort wo Veranstaltugns- und Versammlungsgesetze gelten. Die verbieten nämlich ausdrücklich das Mitführen ALLER Mittel, die dazu geeignet sind, einen andere zu verletzen oder die Abwehrfähigkeit zu erhöhen bzw. die anderer herabzusetzen. Damit darfst du nicht mal Schutzwesten tragen bei sowas oder einen Schraubendreher in der Tasche haben, weil dieser als Waffe geeignet wäre.

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Answer1234567  25.05.2024, 19:10
@LordofDark1981

Danke für deine Ergänzung. Du hast insofern Recht, dass Tierabwehrspray, unberührt der Tatsache, dass es sich im waffenrechtlichen Sinne nicht um eine Waffe handelt, als sonstiger Gegenstand i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 VersammlG zu werten sein könnte, mit der Folge, dass es in der Tat bei Versammlungen und Aufzügen i.S.d. Versammlungsgesetzes Zuhause bleiben "muss" (und nicht nur "sollte").

Die verbieten nämlich ausdrücklich das Mitführen ALLER Mittel, die dazu geeignet sind, einen andere zu verletzen oder die Abwehrfähigkeit zu erhöhen bzw. die anderer herabzusetzen.

Hier muss ich dir jedoch widersprechen, diese Aussage ist keine korrekte Wiedergabe des Regelungsinhalts des § 2 Abs. 3 Satz 1 VersammlG. Deine Definition bezieht sich auf Waffen im technischen Sinne und damit im Sinne des Waffengesetzes. Ein Tierabwehrspray (TAS) (und nur um dieses ging es in meiner referenzierten Aussage) ist nach einhelliger Rechtsauffassung keine Waffe im Sinne des Waffengesetzes, da es definitionsgemäß eben nicht "[seinem] Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen" (Waffendefinition aus § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a WaffG). Eine Anwendbarkeit des § 2 Abs. 3 Satz 1 VersammlG auf das TAS kommt allenfalls (und das nicht ganz unumstritten) über eine Einstufung desselben als sonstiger Gegenstand i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 VersammlG in Betracht, und das auch nur, wenn man die Begrifflichkeit "zur Beschädigung von Sachen" dahingehend auslegt, dass diese auch die Verletzung von Tieren (hier: durch den Einsatz von TSA) umfasst (was sich -unberührt der Tatsache, dass Tiere im rechtlichen Sinne keine Sachen sind- mit Blick auf § 90a Satz 3 BGB wohl durchaus darstellen lassen dürfte).

Den Aspekt "Schutzwesten" lasse ich mal außen vor, denn Schutzwaffen nach § 17a VersammlG sind eine eigene Baustelle und ist für die hiesige Fragestellung nicht von Belang.

Zur rechtlichen Einstufung des Schraubendrehers würde mich mal interessieren, ob du höhergerichtliche Urteile zur Hand hast, denen sich eine Einstufung eines Schraubendrehers als sonstiger Gegenstand i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 VersammlG entnehmen lässt. Denn ein Schraubendreher ist nun einmal nach Sachkriterien weder dazu bestimmt (eine Eignung alleine genügt nicht!), Menschen zu verletzen, noch ist er technisch und dem Herstellungszweck dazu bestimmt (!), Sachen zu beschädigen. Der bestimmungsgemäße Gebrauch eines Schraubendrehers beinhaltet keine Beschädigung der Sachen, auf die angewendet wird (übliche Abnutzungserscheinungen sind keine Beschädigung in diesem Sinne).

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LordofDark1981  25.05.2024, 19:27
@Answer1234567

Es geht ja gerade nicht nur darum, dass etwas dazu bestimmt sondern durchaus auch darum, ob es dazu geeignet ist. Und so wird halt ein Schuh draus. Da sind die Veranstaltungsgesetzgebungen der Länder dann nochmal einiges schärfer als das Bundesgesetz, was ja nur einen Rahmen schafft, auf dem die Landesgesetze dann aufbauen.

Ich denke da z.B. an §8 des Versammlungsgesetzes NRW

Es ist verboten ...

2. sonstige Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt oder, ohne dazu bestimmt zu sein, dazu geeignet sind und dazu genutzt werden sollen, Verletzungen von Personen oder erhebliche Schäden an Sachen herbeizuführen.
...

Hierbei zielt es eben auf die - ja schnell unterstellte - Motivation ab, derartige Gegenstände so missbrauchen zu wollen.

Und damit ist dann auch alles, was nicht ausdrücklich waffenrechtliche Bewertungen in den einschlägigen Gesetzen erfahren hat im Zweifel erstmal verboten.

Sicherlich ist dann nicht automatisch der Schraubendreher des Bühnenelektrikers betroffen, den er ja für seine Arbeit braucht, aber sehr wohl der gleiche Schraubendreher in der Tasche eines einfachen Teilnehmers an der Veranstaltung, weil er sich ja schon die Frage stellen lassen muss, was er dort damit tun will bzw. wozu er ihn dabei hat.
Und wenn er dann auffällt ist halt schnell unterstellt, dass er damit was vorhatte, was von dem Gesetz eben sanktioniert ist. Es geht dann auch um das Führen, also zugriffsbereite bei sich tragen im Abgrenzung zum Verwahren in einer Werkzeugkiste eines dort tätigen Handwerkers.

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Answer1234567  25.05.2024, 21:24
@LordofDark1981

Du hast Recht, ich hatte hier primär das VersammlG des Bundes im Blick. Das Versammlungsgesetz für NRW gibt es ja auch erst seit 2022.

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Von Experte Kenshin663 bestätigt

Wann ich das schon lese: VORAUSSICHTLICH nur zur Selbstverteidigung.

Also mal ernsthaft: In unvorhersehbaren Fällen dann auch zum Angriff, oder wie? Oder falls mal ein spontanes Grill-Event ansteht um dein Steak zu würzen? (Schmeckt nicht, verlass dich drauf).

Ja, du darfst ein Tierabwehrspray ohne Altersbeschränkung bei dir führen und dieses im Falle der Notwehr auch gegen Tiere oder wenn nichts anderes geht auch gegen Menschen einsetzen, aber DU solltest, wenn du das VORAUSSICHTLICH nur dazu nutzen willst lieber ganz zu Hause bleiben und keinesfalls auch nur eine Wasserpistole anfassen.

Sorry, wenn ich das so hart formuliere, aber genau so entstehen dann Probleme, wenn jemand nicht ganz klar für sich festlegt, dass es nur das letzte aller denkbaren Mittel ist, jemanden mit sowas zu verletzen, wenn man selbst angegriffen wird.

Ja, das darfst du, allerdings würde ich dir dringend davon abraten!

Vorraussichich nur zur Selbstverteidigung

Genau das ist das Problem!

Wenn du es einsetzt "zur Selbstverteidigung", ist es bereits eine strafbare Handlung, und zieht ernste Konsequenzen nach sich, strafrechtliche als auch zivilrechtliche.

Welche Rechtsprobleme gibt es bei der Anwendung?
Leider ist es mit der Notwehr nicht so einfach, wie man denkt. In vielen Fällen ist es zweifelhaft, ob tatsächlich Notwehr vorliegt. Oft steht dann vor Gericht Aussage gegen Aussage. Wenn man das Spray zu lange einsetzt, zum Beispiel, wenn der Angreifer den Angriff schon längst aufgegeben hat, handelt es sich womöglich um einen sogenannten Notwehrexzess. In diesem Fall sind die Grenzen der zulässigen Notwehr überschritten. Aber: Wenn der Spray-Anwender den Pfeffersprayeinsatz aus Furcht, Schrecken oder Verwirrung übertrieben hat, wird er trotzdem nicht bestraft. Dies muss er jedoch dem Gericht auch glaubhaft machen können.

Nimm Bauschaum. Ist nicht verboten, aber überaus wirksam.


LordofDark1981  20.05.2024, 19:49

Röhrich, ick würd dat lassen. Du darfst im Notwehrfall nur das mildeste verfügbare Mittel einsetzen, dass geeignet ist.

Bauschaum ist kein mildes Mittel, weil er durchaus permanente Verletzungen an Augen und Lunge verursachen kann. DAS geht dann über die Notwehr eigentlich immer hinaus. Und dann stehst du definitiv vor Gericht und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mit einem Bein im Knast, egal, ob du dich nur gewehrt hast.

Aber lustig ist der Gedanke <frechgrins>

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Nein. Kinder dürfen solches Zeug nicht besitzen oder benutzen.Kinder, die Angst auf der Straße haben, bitten ihre Eltern um Begleitung.


LordofDark1981  20.05.2024, 19:36

Erstmal ist jemand mit 16 kein Kind mehr sondern ein Heranwachsender... aber das nur am Rande. Und Pfefferspray als Tierabwehrspray (ansonsten ist es eine verbotene Waffe) und CS-Gas sind relativ frei von Altersbeschränkungen (ab 14 in jedem Fall).

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