"Normal"/"Normalität"?

5 Antworten

Normal ist ein soziales Konstrukt. Es gibt viele Bedeutungen von normal in verschieden Kontexten ein normal. Ein normal tut immer so ein bisschen auf neutral und allgemeingültig, aber es ist oft aus einem subjektiven Standpunkt heraus.

Was normal ist, wird viel durch die bestehenden Machtverhältnisse geprägt.

Im sozialen Kontext wird die herrschende Norm meistens als normal bezeichnet und marginalisierte sind dann meistens unnormal bezeichnet. Die Nazis von der AfD versuchen das zu nutzen, indem sie dafür werben, dass Deutschland endlich wieder normal sein sollen. Für die AfD bedeutet normal, dass vor allem weiße cis-Männer alles bestimmen sollen.

Es gibt aber auch gesellschaftliche Situationen, wo es sinnvoll ist sich auf ein normal zu einigen. Beispielsweise kann man die Höhe von Bergen vergleichen, wenn man weiß wie hoch der Gipfel über normal null ist. Wenn einem klar ist, dass das einfach eine Festlegung ist, dann ist das ja auch okay.

Hier gibt es mehr zu Normativität und Macht:

https://www.budrich-journals.de/index.php/gender/article/view/32084


dieZeit4 
Fragesteller
 26.08.2021, 11:00

Vielen Dank. Eine ausführliche und sehr gute Antwort.

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Normal ist das was die Gesellschaft in deinem Umfeld als normal definiert. Bzw was generell die Mehrheit darstellt ist "normal".

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Asperger-Autist, ADS, leichte Depressionen

Das legen i. d. R. gesellschaftliche Normen fest.

Beispiel: es gibt in Südamerika (wenn ich mich nicht irre) ein Naturvolk, das den weiblichen Po als höchst sexuell ansieht. Die Menschen laufen nackt herum, nur die Frauen tragen ein großes, den Po bedeckendes Blatt. Reißt man ihnen das weg, werfen sie sich sofort auf den Rücken und präsentieren das, was bei uns als höchst sexuell angesehen wird 😉

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Langjährige Erfahrung

Amtsschreck  26.08.2021, 10:06

Na, das wäre mal einfach. Die scheinen wohl keine Probleme mit Incels zu haben :-)

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Bleib cool dann ist alles normal.


dieZeit4 
Fragesteller
 26.08.2021, 10:04

Klingt nach einem soliden Lebensmotto 👍

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Hast Du Deinen Duden verlegt?

"Normalität" = ein Soziologiebegriff: Normalität ist das Selbstverständliche.

"Normal" = der Norm entsprechend.


dieZeit4 
Fragesteller
 26.08.2021, 10:03

Nein. Tatsächlich gibt es inzwischen zwei Definitionen. Zum Einen, die alte, dass Normalität von der Mehrheit abhängig ist und somit, wie du sagst das "Selbstverständliche". Auf der anderen Seite steht die Ansicht, dass "Normalität" subjektiv zu verwenden ist und daher vom betrachtenden Individuum abhängt. Da ich selbst eher zu Zweiterem tendiere, wollte ich mal nachfragen, wie andere den Begriff für sich definieren.

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Amtsschreck  26.08.2021, 10:12
@dieZeit4

Das wäre sicherlich ein großes Problem, wenn jeder seine individuelle Normalität entwickeln würde. Innerhalb seiner 4 Wände sicherlich völlig ok, aber im Zusammenspiel in der Öffentlichkeit könnte das zu Problemen führen, wenn Du im Kino die Schuhe ausziehst, die Socken über eine Rückenlehne hängst und die Füße ebenfalls über eine Rückenlehne ablegst. So hatte sich Dein Vordermann seine Cheese-Cakes sicherlich nicht vorgestellt.

Also die eigene subjektive Selbstverständlichkeit sollte im Zusammenspiel mit der Gesellschaft einer gewissen, allgemein anerkannten Rücksichtnahme weichen.

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dieZeit4 
Fragesteller
 26.08.2021, 10:17
@Amtsschreck

Ja. Natürlich. Im gesellschaftlichen Leben müsste sich diese subjektive Normalität dann an gemeinschaftliche Normen halten.

Was hinter dieser Definition steckt ist eben, dass bei einer allgemeinen, gesellschaftlichen Normalität immer Personen, die auf eine gewisse Art und Weise, und das noch nicht einmal schlecht, anders sind, direkt als "anormal" gelten würden. Gewisse Philosophen scheinen daher zur Ansicht gekommen zu sein, dass sich der starre Begriff der Normalität allmählich aufzuwenden scheint, so dass es inzwischen viele verschiedene, individuelle Normalitäten gibt.

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Amtsschreck  26.08.2021, 10:41
@dieZeit4

Da Gruppen aber nur mit gleichen Schnittmengen funktionieren, ist immer eine gewisse Angleichung an die Mehrheit notwendig. Bei Einzelunternehmungen kann natürlich jeder seine "Ab-Normalität" ausleben. Eine Anerkennung erfolgt nur, wenn die Gruppe dieses Verhalten akzeptiert und ggf, wenn es ein positiveres Verhalten ist, als das "übliche", auch assimiliert wird. Hin und wieder passiert sowas ja bei Jugendsprache, wenn ein Wort besonders hervorsticht, weil es plötzlich von vielen übernommen wurde.

Aber vielleicht muss auch unterschieden werden in Bezug auf die Umstände und Akzeptanzschwelle der jeweiligen Gruppe, in der sich jemand mit seiner individuellen "Normalität" zu erkennen gibt. Beispiel: Normal ist, wenn man die Armbanduhr links trägt. Armbanduhr rechts tragen, ist aber für die "Normalität" der Gemeinschaft ungefährlich, wird also akzeptiert.

Eine Oma mit pinken Haaren dagegen ist verpönt, da man sich vermeindlich "als Gesellschaft" fremdschämt. Wird also, je nach Tolleranzschwelle des Personenkreises nicht akzeptiert.

Also meiner Ansicht nach hat es individuelle Normalität und gesellschaftliche Normalität immer schon parallel gegeben. Und zwar durch die Individualität an sich. Abhängig von der jeweiligen Charakterstärke brach und bricht sich die individuelle Normalität mehr oder weniger Bahn in die gesellschaftliche Normalität und formt sich so ständig neu. Aus diesem Grund veränderten sich auch Sitten und Bräuche über die Jahrhunderte.

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