Lehrer im Mittelalter?

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Es gab im Mittelalter keine klassischen Schulen und damit auch keine Schulpflicht und ebenso auch keine klassische Mittelschicht. Gelehrt wurde fast ausschließlich an Klosterschulen, die aber den Kindern des einfachen Volkes nicht offen standen, sondern nur Kindern hochgestellter Persönlichkeiten. Die Kinder des Adels wurden meisten privat unterichtet, es gab also sowas wie Privatlehrer bzw. Gelehrte, sie wurden gut bezahlt.

Das Mittelalter - die Explosion der Bildung

Das Mittelalter ist eine recht lange Epoche, immerhin dauerte es 1000 Jahre und erstreckt sich zudem über einen ganzen Kontinent. Aussagen wie: "So war es im Mittelalter..." sind daher nur bedingt aussagekräftig. Nur weil in vielen Städten die Zünfte beispielsweise sich mehr Macht, Mitsprache und Einfluss erstreiten konnten, waren sie nicht in allen Städten Teil der Stadtregierung. In Hamburg schon - in Nürnberg überhaupt nicht, da gab es sogar keine Zünfte mehr.

Das Wissen und die Bildung nahm im Mittelalter trotz anderslautender Vorurteile, massiv zu. Unzähliges Wissen aus der Antike wurde bewahrt und verbreitet, unzähliges neues Wissen kam hinzu. Also Orde der Lehre und der Forschung (sofern man im Mittelalter diesen Begriff verwenden kann) waren vor allem die Klöster. Sie hatten nicht nur Bibliotheken, sondern auch Lehrgärten, Hospitäler, Brauereien und viele andere Sparten, in denen natürlich auch neue Erkenntnisse gewonnen wurden. Die Vererbungslehre (Genetik) geht beispielsweise auf die empirischen Beobachtungen eines Mönches zurück.

Das Mittelalter - eine schriftarme Epoche

Wir müssen uns zunächst von dem Gedanken trennen, dass es nur eine Bildung gibt, wie wir sie in der Schule verorten. Die meisten Menschen hatten nie im Leben eine Schule besucht, waren aber dennoch nicht ungebildet. All die Kenntnisse, welche sie zur Ausübung ihrer Berufe benötigten, wurden ihnen von ihren Vätern oder den Lehrmeistern vermittelt. Selbst ein "einfacher" Bauer war ein absoluter Profi und wusste genau was er tat. Neben den Kenntnissen vom Anbau oder der Viehhaltung musste ein bäuerlicher Betrieb folgende Kenntnisse haben:

  • Hausbau und Dachdeckerei
  • Viehhaltung
  • Fortpflanzung und Zucht
  • Brunnenbohren
  • Bierbrauen
  • Lagerhaltung und Haltbarmachung von Lebensmitteln
  • Brotbacken / Herstellung von verarbeiteten Lebensmitteln
  • Lederverarbeitung
  • Instandsetzen von Haus und Hof
  • Herstellung von Werkzeugen
  • Weberei
  • Näherei
  • Imkerei
  • Anbau verschiedener Pflanzenarten auf verschiedenen Böden
  • Urbarmachung von Wald und Urwald
  • Böden trockenlegen
  • Gärtnerei und Pflanzenkunde (Heilpflanzen etc.)
  • Geburtshilfe
  • Wetterkunde

Ich hab bestimmt eine Menge vergessen. Wir sehen aber schon: Bildung war weit verbreitet und die Menschen waren umfassend in ihren Berufen ausgebildet und weit darüber hinaus. Deren Lehrer sind vor allem die Väter und die Lehrmeister in den Zünften. Letztere waren durchaus angesehen und hatten gute Einkommen.

Du sprichst aber von den Lehrern und meinst die formale Bildung - also all das, was man in einer Schule lernt: Lesen, Schreiben, Rechnen.

Die schulische und universitäre Bildung war fast während des ganzen Mittelalters vor allem die Domäne der Kirche - da vor allem der verschiedenen Mönchsorden. Die Kirche bewahrte altes Wissen aus der Antike und vermehrte es auch, sammelte aber auch neues und verbreitete Wissen.

Den Lehrer aber als eigenständiger Beruf, gab es im Mittelalter noch nicht.

Bildung innerhalb der Klöster

Über Jahrhunderte bewahrten vor allem Klöster das überlieferte Wissen auf und verbreiteten es wieder. Antike Werke wurden mühsam mit Hand kopiert und gebildete Mönche waren es auch, welche das Wissen ihren Schülern weitergaben. Nach deiner Definition, waren die Mönche, die ja auf jeglichen Besitz verzichteten, arm. Aber sie waren Teil des Klerus und somit der zweite und angesehene Stand.

Auf die Klosterschulen, bzw. in den Klöstern - oder auch außerhalb von diesen wurde der eigene Nachwuchs unterrichtet, aber auch die Kinder wohlhabender Händler oder Adligen, welche eine berufliche Karriere in der Verwaltung, in der Kirche selbst oder im Handel anstrebten. Neben diesen Kindern wurden aber auch immer begabte Kinder einfacher Leute unterrichtet. Ihnen standen sehr gute Karrierechancen, aber auch in Zeiten der Zunahme von allgemeiner Verwaltung im Privatsektor im späteren Leben offen.

Formale Bildung (also Lesen, Schreiben, Rechnen etc.) war über Jahrhunderte vor allem den Klerikern vorbehalten. Dies nicht etwa, weil die Kirche es so wollte, sondern weil es schlicht nicht viel Bedarf gab lesen und schreiben zu können. Priester aber sollten das Wort Gottes und die Bibel fundiert verbreiten können. Sie mussten als immer schon lesen lernen.

Daher waren auch Adlige oft in unserem Sinne "ungebildet", konnten nicht lesen oder schreiben. Dafür hatten sie ja einen Mönch oder Priester, der nicht nur Sonntags die Messe abhielt, sondern an den anderen Tagen die Verwaltung der Güter übernahmen oder die Kinder unterrichteten.

Sie lehrten ihnen das Lesen und Schreiben, sehr oft auch den Mädchen. Es gibt etliche Beispiele von Rittern, die selbst nicht lesen und schreiben konnten - aber deren Frauen. Diese sollten ja die Güter verwalten oder die Verwalter überwachen können. Als Herrin oblag ihnen die Gewalt des Hauses.

Universitäten - eine Erfindung des Mittelalters

Schon im Jahre 1088 wurde die erste Universität in Europa gegründet und schnell folgten überall andere. Die Idee eines universitären Lehrortes für junge Erwachsene mit verschiedenen Studiengängen fand schnell Nachahmer. All diese Universitäten wurden ebenfalls durch den Klerus betrieben oder zumindest der Unterricht von ihnen durchgeführt. Die Lehrer oder Professoren dort waren also ebenfalls Teil des Klerus - ebenso wie übrigens die Studenten, welche alle die niederen Weihen empfangen hatten.

Mit den Jahrhunderten begann eine weitere Ausdifferenzierung von Lehre und Bildung und weltliche Lehrer und Professoren wurden zum Ende des Mittelalters häufiger - aber keineswegs üblich. Grundsätzlich konnten sie aber damit rechnen zumindest so viel zu verdienen, wie ein gut ausgebildeter Handwerker. Es sollte also gut reichen eine eigene Familie zu versorgen, ein Haus zu kaufen etc.

Im Mittelalter gab es keine Ober- und Unterschicht. Es gab die Stände und die Ausdifferenzierung in ehrliche und unehrliche Berufe, freie und unfreie, natürlich auch arm und reich. Es gab reiche Unfreie und arme Freie ... es war schon etwas komplizierter. Zusammenfassend kann man sagen:

Lehrer waren....

  • ... zumeist Angehörige von Mönchsorden, insbesondere der Dominikaner.
  • ... gehörten dem zweiten Stand an.
  • ... wenn sie bezahlt wurden, dann auf einem guten Niveau.
  • ... angesehen, auch wenn ihre gesellschaftliche Rolle eher gering war.

Lesen und Schreiben wurde übrigens bei den Schülern schon vorausgesetzt, bevor sie zur "Schule" gingen. Dies wurde also innerhalb der Familien gelehrt.

Woher ich das weiß:Hobby – Sehr viel Recherche, Zeitzeugengespräche, Quellenstudium

Ougdo  24.03.2025, 17:36

Stimmt net

Nein. letztlich gehörten sie zur Dienerschaft und meist waren es Mönche.

Überhaupt nicht, eher im Gegenteil (Ausnahme bildeten vielleicht Lehrer, die für Kinder von regierenden Familien eingestellt waren).

würde sie eher zur oberschicht zählen, da nur reiche leute sich lehrer leisten konnten, oder eben die lehrer im kloster. aber denen ging es ja für damalige verhältnisse auch ziemlich gut :')


Winterkoenig  24.03.2025, 14:17

Leider nicht korrekt.

PWolff  24.03.2025, 14:36
@Winterkoenig

Wurde die allgemeine Schulpflicht nicht erst in der Neuzeit eingeführt? Vorher "brauchte" man ja keine Lehrer für Kinder armer Leute.

Winterkoenig  24.03.2025, 14:59
@PWolff noch später :)
die allgemeine Schulpflicht nicht erst in der Neuzeit eingeführt?

Die Neuzeit beschreibt die Epoche nach dem Mittelalter, also ab etwa 1500. Die Schulpflicht wurde erst in der Moderne eingeführt - also noch später ;)

Vorher "brauchte" man ja keine Lehrer für Kinder armer Leute.

Doch, durchaus. Die Kirche als lange einzig relevanter Ort für formale Bildung (das Mittelalter war eine schriftarme Epoche - Lesen wurde allgemein einfach weder benötigt, noch gab es die Möglichkeit dazu) war durchaus angewiesen auf begabte Kinder um ihren Nachwuchs sicherstellen zu können. Diese konnten durchaus auch aus armen Familien stammen.

Die starke Vereinfachung in deiner Antwort macht diese eben nicht korrekt. Es gab überhaupt keine Lehrer im heutigen Sinne - weder für reiche, noch für sonst jemanden. Formale Bildung blieb über Jahrhunderte ausschließlich eine Domäne der Kirche, vor allem mönchischer Bewegungen und Orden. In diesen wurden übrigens auch begabte Kinder armer und Unfreier unterrichtet.