Kükenschredder?

2 Antworten

Es gibt in Deutschland keine geschredderten Küken.

"Veröffentlicht am 29. Januar 2023

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Verbot des Kükentöten – und was wurde aus den Brütereien?

( im Orginalbericht ein Bild mit Ei)

Deutschland ist das einzige Land in der EU, in der das Kükentöten gesetzlich verboten wurde und zwar seit dem 1.1.2022. Jetzt, ein Jahr später, habe ich mich mit Markus unterhalten, der als kleine Brüterei mit dieser Situation fertig werden musste. Ein sehr langes, intensives und emotionales Interview.

  Hallo Markus, wir haben uns vor einigen Monaten schon einmal unterhalten. Erzähle den Lesern bitte einmal, was Du damals gemacht hast

Wir haben hier in Ostwestfalen eine europaweit ziemlich einmalige Struktur von Geflügelbetrieben . Die Gegend hier zwischen Gütersloh und Paderborn bezeichnen wir gerne als den “Hühnerhof Deutschlands”. Von hier aus wird das gesamte Bundesgebiet mit allem an Geflügel versorgt, was Hobbyhalter so möchten. Hühner unterschiedlichster Farben, Mastgeflügel, Wassergeflügel bis hin zu Perlhühnern und Wachteln. Es ist eine Vielzahl von Betrieben, alle unterschiedlich aufgestellt, die sich aber alle ergänzen.

Wir waren hier 6 Brütereien die die Aufzüchter mit Küken versorgt haben. Die Elterntiere vor Ort. Eine tolle Biodiversität. Eine bunte Mischung an Farben von normalen braunen und weißen, schwarze, graue bis zu Zwerghühnern und Grünlegern. Ich war eine von diesen kleinen Brütereien.

  Du hast damals ja auch Küken getötet. Was ist mit diesen Tieren dann passiert? Hast Du die entsorgt?

Zunächst einmal: es wurden nie Küken geschreddert. Nicht bei mir, und auch bei keiner anderen Brüterei in Deutschland. Das war immer eine Lüge, aufgebaut von NGO`s wie PETA und NABU und von den Medien solange wiederholt bis es in den Köpfen der Menschen war. Die Küken wurden in einer speziell dafür entwickelten Maschine durch Kohlensäure eingeschläfert. Das ist das gleiche Prinzip, wie in Schlachthöfen Tiere betäubt werden. Nur war bei uns die Konzentration der Kohlensäure höher. Die Bewusstlosigkeit trat so wesentlich schneller ein, die Anlage hat die Konzentration und die Dauer überwacht.

Schau dir die Berichte der Medien an. Fast ausnahmslos kommt das Wort schreddern vor, und wenn nicht, dann verwendet man irgendwelche Bilder aus den 60ern, wo Küken in großen Wannen erstickt werden. Du kennst das von Berichten über Düngung, dann kommt auch immer das Foto des Güllefass mit dem Prallteller.

Ich hatte für die getöteten Küken eine bunte Mischung an Abnehmern. Auffangstationen für Greifvögel, Falkner, eben alle Tierhaltern, bei deren Tieren Eintagsküken auf dem Speiseplan stehen. Eine Abnehmerin hat ihre Auffangstation für verletze Wildvögel im Auftrag des NABU betrieben.

  Du hast die Politik, Frau Nick angeschrieben. Sie ist ja Tierärztin. Wie war die Reaktion?

Ich habe Frau Dr. Nick ausführlich erklärt was wir hier machen. Eine bunte Mischung an Tieren. Robuste Hühner aus denen nicht das letzte Ei herausgekitzelt werden muss. die einfach nur schön aussehen sollen, damit Menschen sich zu Hause eine bunte Schar Hühner halten können, aus Freude an den Tieren. Wir kleinen Betriebe sind alles Familienbetriebe, die mit Herzblut arbeiten. Wir haben kurze Wege, alles das was ihre Partei doch so gerne möchte.

Ausführlich habe ich auch erklärt, warum keine der Alternativen für uns nutzbar ist. Von ihrem Büro-Team gab es schriftlich und telefonisch eine Bestätigung wie sehr man meine/unsere Situation erkennt und wie wichtig doch unsere Arbeit hier ist. Von Frau Dr. Nick selber kam dann nach 10 Wochen eine Standardantwort aus kopierten Passagen. Unsere spezielle Situation wurde überhaupt nicht angesprochen. Über Lösungen überhaupt nicht geschrieben. Im Prinzip war es der gleiche Schriftverkehr wie vorher mit der CDU.

 Was wäre denn für Dich eine Alternative gewesen?

Zunächst mal hätten wir gerne überhaupt die Möglichkeit gehabt eine in-Ei Geschlechtserkennung zu nutzen. Das Sortieren unserer „Exoten“ war ja eine extrem aufwändige und auch kostspielige Arbeit. Eine Anlage, die uns vor dem Schlupf diese Arbeit abnimmt wäre ja ein Traum gewesen, und wir hätten hier gemeinsam auch einiges an finanziellen Mitteln dafür zusammenbekommen. Es gab aber überhaupt keine Anlage die wir für unsere Zwecke hätten kaufen können. Und das ist auch jetzt noch so.

Dazu kommt noch: alle Alternativen zum Kükentöten sind ja auf eine Rückführung der Kosten beim Eierverkauf im Supermarkt ausgelegt, wenn das Hennenküken maximal 1 Euro Erlös bringt. Wenn eine Geschlechtserkennung oder Bruderhahnaufzucht aber 3 oder 4 Euro kosten, dann kann doch jeder, der 2 Jahre Mathe in der Grundschule hatte, ausrechnen, dass das nur funktioniert wenn es irgendjemand bezahlt. Von den Küken die ich hier gebrütet habe, ist allerdings niemals ein Ei im Supermarkt gelandet. Das Verbot greift also nur dort, wo es sowieso auf Kundenwunsch gemacht wird.

In Frankreich hat man sich übrigens einen anderen Weg überlegt. Dort wird von jedem verkauftem Ei im Supermarkt Geld in einen Fond eingezahlt. Für jedes nicht getötete Küken bekommt die Brüterei Geld aus diesem Fond. Auch wenn das Hennenküken in einer ganz anderen Sparte landet. So hätten wir auch Möglichkeiten gehabt, weiter zu existieren.

  Du hast Frankreich angesprochen. Es wird doch immer erzählt, dass andere Länder dem Verbot des Kükentötens folgen. Wie läuft das denn dort?

Neben dem Unterschied dass die Brüterei die Kosten die entstehen, ersetzt bekommt gibt es noch weitere Unterschiede. Wird eine im Ei-Erkennung durchgeführt, so „rutschen“ immer einige Prozent nicht erkannte Hähne durch das Raster. Hat hier eine Brüterei einen Schlupf von 20.000 Hennenküken, dann können leicht auch mal 1.000 Hahnenkücken dazwischen sein. Hier muss man diese in eine Bruderhahnaufzucht geben. In Frankreich darf man diese töten und als Futterküken vermarkten. Ebenfalls gilt das Komplettverbot erstmal nur für die Hochleistungszucht. Für alle Exoten bekommt man bei der Verwendung als Futtertiere in Frankreich eine Erlaubnis.

In Österreich sind Tierhalter, Tierschutz und die Politik gemeinsam zu der Lösung gekommen dass man kein getötetes Küken zum Entsorgen abgeben darf, sondern immer eine sinnvolle Verwertung gegeben sein muss. Man geht ganz einfach in sinnvollen Schritten vom Töten ab. Vor allem macht man auch nicht den letzten Schritt vor dem ersten.

  So wie Dir ist es auch anderen, meist kleinen Brütereien ergangen. Was machst Du heute? Was ist mit Deinen Anlagen? Stehen die still?

So richtig große Brütereien hatte in Deutschland ja nur der Lohmann Konzern. Man muss sich mal die Zahlen ansehen. Damit jeder in der Bundesrepublik seine 4 Eier wöchentlich bekomm, müssen jedes Jahr mindestens 60 Millionen Küken schlüpfen. Im Januar 2022 prahlte man noch, dass doch jetzt jährlich 40 Millionen Küken das Leben gerettet wird. Im Dezember merkt man dann: oh, es sind im ganzen Jahr überhaupt nur 15 -16 Millionen weibliche Küken geschlüpft. Und Frau Klöckner hatte doch behauptet, sie habe den Brütereien Alternativen an die Hand gegeben, um ein Abwandern in andere Länder zu verhindern. Scheinbar waren die Alternativen wohl nicht so gut wie behauptet. Neben dem Konzern mit mehreren Standorten gibt es wohl in Deutschland im konventionellen Bereich noch 2 oder 3 kleinere, plus 3 oder 4 im Bio Bereich. Aber auch die sind lange nicht mehr in vollem Umfang in Betrieb.

Die oben angesprochenen 5 Kollegen bei uns haben, genauso wie ich, auch aufgehört. Einige haben Ihre Anlagen schon abgebaut. Bei mir stehen Sie noch. Sie waren im Herbst letzten Jahres auch mal für 4 Wochen in Betrieb. Da gab es Mastbruteier, die ein Berufskollege wegen der Vogelgrippe nicht über die Grenze liefern durfte. Das war aber nur ein einmaliger Notfall. Auch hier werden die Anlagen wohl in naher Zukunft abgebaut. Die Technik wird ja durch das Stehen nicht besser.

  Woher kommen die Küken jetzt?

Für meine Kunden hole ich jetzt einmal in der Woche Küken aus Holland und Belgien. Andere ehemalige Brütereien hier in Ostwestfalen bekommen ihre Küken aus Frankreich, Österreich, Ungarn, Tschechien und Polen. Da habe ich mit 450 km Entfernung noch den kürzesten Weg.

  Wie war das für dich plötzlich einen leeren Betrieb zu haben?

Zunächst ist es natürlich fremd. Wo vorher das Rauschen der Motoren und Ventilatoren zu hören war ist plötzlich alles still. Aber man gewöhnt sich sehr schnell auch an die angenehmen Dinge. Man muss nicht mehr 7 Tage 24 Stunden parat stehen, weil irgendwo eine Störung in der Technik ist. Man ist nicht mehr Sonntag vormittags unterwegs, um Bruteier zu holen und Sonntag Abends damit beschäftigt, die Eier in die Anlagen zu schieben. Und so geht es auch den anderen Kollegen. Wir haben das alle mit Herzblut und viel Leidenschaft gemacht. Aber man wollte es nicht mehr. Dann lassen wir es eben. Wir sind eigentlich wirklich die letzte Generation.

  Einige Tierschützer meinen ja, nur das Zweinutzungshuhn wäre die richtige Lösung. Siehst du das auch so?

Das kann man natürlich machen. Allerdings muss man dann auch die ganze Wahrheit sagen. Die normale konventionelle Legehenne legt heute 320 Eier im Jahr, das Zweinutzungshuhn 230. Dann müssen eben ein Drittel mehr Hennen gehalten werden. Dann brauchen wir nicht 60 Millionen Küken jedes Jahr sondern 80 Millionen. Und das liegt auch nicht an der Massentierhaltung. Es ist egal, ob ein Halter 60 Millionen Hennen bekommt, oder 60 Millionen Halter eine Henne.

Das die männlichen 17 Wochen aufgezogen und gefüttert werden müssen, statt 6 Wochen wie bei den Masthybriden kommt ja noch obendrauf.

  Warum habt ihr nicht vorher deutlicher auf die Problematik aufmerksam gemacht?

Zum einen haben wir gedacht, die Fakten sind so eindeutig, man wird es doch nicht zulassen das nahezu die komplette Versorgung mit Küken ins Ausland abwandert. Dann hat man uns seitens der Politik ja noch bis unmittelbar vor der Abstimmung im Bundestag in dem Glauben gelassen, es würde eine Sonderregelung für Küken zu Futterzwecken eingebaut. Das war eine Empfehlung aus dem Bundesrat, und wurde laut Antwort aus dem Ministerium auch durch die Bundesregierung unterstützt. Bei der Verabschiedung war dieser Punkt plötzlich verschwunden.

Außerdem hatten wir einfach Angst, uns angreifbar zu machen, wenn wir öffentlich erklären Küken zü töten. Erst als das Kind längst in den Brunnnen gefallen ist , habe Ich damit angefangen die Gründe warum Küken getötet werden zu erklären. Ich habe dann über Leserbriefe, Zeitungs- und TV Berichte und auch sozialen Medien wie deinen Blog, öffentlich erklärt, dass ich hier 1 Million Küken im Jahr getötet habe. Und habe überhaupt keine negativen Reaktionen bekommen

Unser Abgeordneter, Herr Ralph Brinkhaus hat mir mal gesagt, es sei der Bevölkerung einfach nicht mehr zu vermitteln, dass Küken direkt nach dem Schlupf getötet werden. Das stimmt eben nicht. Wenn man klar und deutlich die Problematik erklärt, dann kann man es eben fast jedem vermitteln.

Wir sind ganz einfach zu spät damit angefangen. Jetzt können wir nur noch als abschreckendes Beispiel für andere Bereiche dienen. Selbst wenn man jetzt wieder Wettbewerbsgleicheit herstellen würde, wir werden nicht wiederkommen."

 

 (aus Bauer Willi)

Es ist in Deutschland nicht mehr erlaubt - aber man kann Junghennen aus dem Ausland kaufen und in Deutschland einstallen - was dann mit den Hähnen passiert ist, interessiert niemanden.

Und man kann in Deutschland geschlüpfte männliche Küken lebend ins Ausland verkaufen, ohne das man weiss, was dann mit ihnen geschieht.

Das Geschlecht kann vor dem Schlüpfen bestimmt werden, das ist ziemlich aufwändig und teuer. Darüber hinaus wird es auch da eine Gesetzsanpassung geben, dass nahezu schlüpfreife Küken im Ei auch nicht mehr getötet werden dürfen.

Eine interessante Methode wäre mittels Gentechnik das Einbringen von einem Marker in das Genom der Tiere, der von den Hennen an die Söhne vererbt wird - dann würden bereits im frühen Zellstadium die Hähne erkannt werden - allerdings ist Gentechnik in Europa im Lebensmittelsektor ein No-Go