Themenspecial 12. Januar 2024
Organspende
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Jemand, der keine Organe spendet, sollte auch keine erhalten?

19 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Jemand, der keine Organe spendet, sollte auch keine erhalten?

Klingt für mich im ersten Moment fair. Das Ganze als systematische Entscheidung aufzufassen: Entweder man möchte am Organspendesystem teilnehmen oder nicht.

Zwei Sekunden länger drüber nachgedacht, bietet es allerdings mit den aktuellen rechtlichen Gegebenheiten reichlich Spielraum für Unfairness, denn manche Menschen hatten schlichtweg nie die Gelegenheit, sich für eine Organspende zu entscheiden.

Zum Beispiel: Wie viele Menschen im Alter zwischen 15 und 25 denken darüber nach, dass sie sterblich sind, dass ihnen mal etwas Schlimmes zustoßen könnte und was sie für so einen Fall gerne möchten, was mit ihnen passiert? Wenn sie nicht zufällig im Rettungsdienst o.ä. arbeiten oder explizit zu solchen Gedanken aufgefordert werden, eigentlich gar nicht. Aber dann hat vielleicht ein 20jähriger mal ein akutes Nierenversagen und braucht eine Spenderniere.

Andere Menschen sind von Geburt an krank, sodass es nie in Betracht kam, dass sie mal Organe spenden könnten.

Was ich gangbar fände, wäre ein Ausschluss von expliziten Verweigerern aus dem Organspende. Also wenn diejenigen, die tatsächlich eine bewusste Entscheidung getroffen haben, nicht am Organspendesystem teilnehmen zu wollen, dann eben auch tatsächlich nicht am Organspendesystem teilnehmen wenn es mal akut wird.

Gerne gepaart entweder mit der Annahme, dass diejenigen, die sich nie zu dem Thema geäußert haben, grundsätzlich an diesem System teilnehmen wollen, als Spender oder Empfänger, je nachdem was sich denn ergibt.

Alternativ könnte ich mir eine Verpflichtung vorstellen, dass jeder meinetwegen zum 18. Lebensjahr mal eine Entscheidung treffen muss, ob er am Organspendesystem teilnehmen möchte oder nicht. Welche natürlich jederzeit revidiert werden kann. Auch hier wieder: Entweder man nimmt am System teil oder nicht.

So oder so würde ich auch Organspende-Verweigerern jederzeit ein Spenderorgan anbieten, wenn es keinen Organspende-Befürworter als Empfänger gibt. Lieber rettet dieses Spenderorgan das Leben eines Menschen, bei dem man sich fragt ob er es verdient hat, als dass es gar kein Leben rettet.

emesvau 
Fragesteller
 20.03.2024, 11:01

Da bin ich voll bei dir.

Das würde man mit der Widerspruchslösung deutlich vereinfachen.

Sicherlich müssten Ausnahmefälle definiert werden. Ich würde jedenfalls keinen Unterschied zwischen Menschen machen, die zwar Organe spenden wollen, sie aber nicht mehr zu gebrauchen sind und Menschen, die spendbare Organe haben.

Genauso würde ich es halt so machen, dass Menschen die bereit sind selbst zu spenden, bevorzugt werden. Aus solidarischen Gesichtspunkten. Wenn es allerdings niemanden auf der Spendenliste gibt, sind auch die "Verweigerer" dran.

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Von Experte Skyangelforever bestätigt

Jaaaa - das könnte man so meinen - ist nach meiner Auffassung aber moralisch nicht ganz o.k.

Auch wenn man sich schwer tut, dies zu verstehen - nach dem Motto - wenn Du nicht spenden willst, dann sollst Du im Notfall auch keine Organe kriegen..... so sollte unser ärztliches Handeln nicht nach diesen einfachen Ideen gestaltet werden.

Vielleicht ändert sich die Meinung auf einer Warteliste noch -

Auf den ersten Blick klingt das plausibel, funktioniert aber nicht!

Es gibt immer Gründe, warum manche Menschen sich nicht, oder noch nicht registriert haben bzw. keinen Organspendeausweis besitzen.

Auch musst du mindestens 16 Jahre alt sein um dies selbst zu entscheiden. Somit wäre schon hier keine faire Entscheidung möglich.

Es gibt auch immer Menschen, die darüber gar nicht informiert sind, warum auch immer, sie kennen diese Möglichkeit der Entscheidung und/oder Registrierung gar nicht.

emesvau 
Fragesteller
 20.03.2024, 11:02

Schon mal ein Gesetz gesehen, dass nur aus einem Satz besteht? Ein solcher Gedanke muss natürlich durchgesponnen werden und sämtliche Ausnahmen in Erwägung ziehen.

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Den Gedanken dahinter kann ich schon nachvollziehen, aber wenn man erst einmal so anfängt, wo hört man dann auf?

Würdest du in Zukunft zB Renten nur noch an Menschen auszahlen, die Kinder in die Welt gesetzt haben? Schließlich waren freiwillig Kinderlose ja nicht solidarisch und sind darauf angewiesen, dass andere Menschen Zeit und Geld opfern, um eigene Kinder und damit Rentenzahler in die Welt zu setzen.

Würdest du Rauchern noch die Therapie ihres Lungenkarzinoms bezahlen? Denn die wussten ja um das Risiko, also warum sollten sie ihre Behandlung gezahlt bekommen vom Kollektiv?

Gleiches gilt natürlich für Menschen mit Diabetes Typ2 und jegliche Suchtfolgeerkrankungen.

Ein solcher Ansatz wäre somit der Anfang vom Ende einer jeglichen Solidarität.

Gleichwohl bleibt das Problem, dass es zu wenige potentielle Spender gibt. Ich kann an diesem Punkt nicht nachvollziehen, warum nicht längst eine Widerspruchs-Lösung wie in Österreich eingeführt wurde: jeder ist Spender, es sei denn, er widerspricht ausdrücklich.

So wie es bei uns aktuell geregelt ist, haben viele Menschen auch deshalb keinen Organspenderausweis, weil sie schlicht und ergreifend zu faul sind, sich mit der Thematik auseinander zu setzen.

emesvau 
Fragesteller
 17.01.2024, 13:29
Würdest du in Zukunft zB Renten nur noch an Menschen auszahlen, die Kinder in die Welt gesetzt haben? Schließlich waren freiwillig Kinderlose ja nicht solidarisch und sind darauf angewiesen, dass andere Menschen Zeit und Geld opfern, um eigene Kinder und damit Rentenzahler in die Welt zu setzen.

Nein, denn kinderlose zahlen höher Beiträge ihr Leben lang in die Sozialversicherung ein. Außerdem werden Menschen, die Kinder in die Welt setzen immer weiter subventioniert (Kindergeld, Pflegeversicherung). Sehe dort keinen weiteren Handlungsbedarf.

Das Rentensystem ist so oder so zum Scheitern verurteilt, da es auf ein Verhältnis aufbaut, dass ein ständiges Wachstum zugrunde legt.

Würdest du Rauchern noch die Therapie ihres Lungenkarzinoms bezahlen? Denn die wussten ja um das Risiko, also warum sollten sie ihre Behandlung gezahlt bekommen vom Kollektiv?

Auch dieser Vergleich hinkt. Raucher zahlen ebenfalls Beiträge. Wohingegen Transplantationspatienten keinen Beitrag zahlen. In diesem Fall nicht monetär, sondern als solidarische Leistung.

Gleichwohl bleibt das Problem, dass es zu wenige potentielle Spender gibt. Ich kann an diesem Punkt nicht nachvollziehen, warum nicht längst eine Widerspruchs-Lösung wie in Österreich eingeführt wurde: jeder ist Spender, es sei denn, er widerspricht ausdrücklich.

Da stimme ich dir voll zu. Soweit ich weiß ist Deutschland eines der sehr wenigen Länder, die diese Lösung nicht haben.

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Elli113  17.01.2024, 13:43
@emesvau

Der Beitrag, den Kinderlose mehr zahlen, ist aber marginal.

In der sozialen Pflegeversicherung liegt der monatliche Basisbeitrag bei 3,05% des jeweiligen Bruttogehaltes. Kinderlose Versicherte ab einem Alter von 23 Jahren zahlen einen sogenannten Kinderlosenzuschlag von 0,25 Prozentsatzpunkten.

Rechnen wir mal kurz: das Durchschnittsbrutto aller Arbeitnehmer in Deutschland betrug 2022 4105€ - das heißt, der Durchschnittsdeutsche mit Kindern zahlt 125,20€ in die Pflegeversicherung und der ohne Kinder zahlt 135,47€ im Monat. Bedeutet, die Ersparnis liegt bei 9,97€ pro Monat - dafür kriegt man auf dem Oktoberfest nicht mal eine Maß Bier. Auf ein ganzes Erwerbsleben (ab 23 bis 67 Jahre) hochgerechnet komme ich auf einen Betrag von gerade mal 5264€, den Kinderlose mehr in die Pflegeversicherung eingezahlt haben

Demgegenüber stehen gut 150.000€, die Kinder Studien zufolge bis zum 18. Lebensjahr kosten. Kindergeld beträgt im gleichen Zeitraum aber nur 54.000€ (gerechnet mit dem aktuellen Satz von 250€ pro Monat pro Kind), was eine Differenz von immerhin 96.000€ ergibt, pro Kind wohlgemerkt.

So pralle ist die "Subventionierung" also gar nicht.

Und es bleibt der Fakt, dass irgendjemand die alten Menschen pflegen muss.

Um also bei deiner Frage zu bleiben: echte Pfleger nur noch für die, die Kinder in die Welt gesetzt haben und für alle Kinderlosen den Pflegeroboter?

Und natürlich zahlen Transplantationsempfänger genauso für ihre Krankenversicherung wie alle anderen auch, die nie ein Organ benötigen. Das Organ selbst kannst du nicht berechnen, sonst bist du ganz schnell beim Organhandel.

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emesvau 
Fragesteller
 17.01.2024, 13:49
@Elli113

Natürlich zahlen Eltern bei der Erziehung von Kindern drauf. Das sollte auch so sein, denn schließlich sind Kinder keine Wertanlage! Wer Kinder aufgrund wirtschaftlicher Vorteile in die Welt setzt, sollte seine Beweggründe dringend hinterfragen.

Bei deiner Beispielrechnung vergisst du bspw. das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG).

Es geht mir aber auch nicht darum, ob du die Subventionierungen und Unterstützungen für angemessen hältst oder nicht.

Und natürlich zahlen Transplantationsempfänger genauso für ihre Krankenversicherung wie alle anderen auch, die nie ein Organ benötigen. Das Organ selbst kannst du nicht berechnen, sonst bist du ganz schnell beim Organhandel.

Ich möchte auch keine Organe berechnen. Ich möchte, dass Menschen, die bereit sind anderen das Leben zu retten, auch von einer solchen Solidarität getragen werden können. Das ist in Deutschland nicht der Fall, weshalb ich aktuell auch überlege meine Bereitschaft wieder zurück zu ziehen.

Ich möchte meine Organe nicht jemandem spenden, der das gleiche nicht auch tun würde.

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Elli113  17.01.2024, 14:31
@emesvau

Der Punkt hier war ja nicht, warum jemand Kinder bekommt oder eben nicht, sondern ob es solidarisch ist, absichtlich keine zu bekommen und dann von den Kindern anderer Leute Rentenzahlungen zu erwarten.

Ich möchte, dass Menschen, die bereit sind anderen das Leben zu retten, auch von einer solchen Solidarität getragen werden können.

Ich kann das schon ganz gut nachvollziehen, aber letztendlich ist genau dieser Gedanke doch das Ende jeglicher Solidarität.

Das würde ja auch bedeuten, dass zB du als Ersthelfer nur noch anderen Ersthelfern hilfst. Oder dass du als DLRG-Mitglied nur noch Menschen aus dem Wasser fischst, die sich ebenfalls in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren.

Davon mal abgesehen: es ist ja deine freie Entscheidung, deine Organe zu spenden oder auch nicht. Wenn du es nicht (mehr) tun willst, dann tu es eben nicht.

Meine Motivation, warum ich einen Organspenderausweis habe, ist jedenfalls eine ganz andere. Ich finde den Gedanken schön, dass wenn ich schon sterben muss, durch meine Organe jemand anders die Chance bekäme, weiterzuleben. Klar besteht die Wahrscheinlichkeit, dass das dann nicht der geliebte Familienvater von vier Kindern ist, sondern ein Single, der hauptberuflich Kosten reduziert und Leute ausbeutet.

Mit der Möglichkeit, dass dieser jenige ein A*sch ist, der das eigentlich moralisch nicht verdient hätte, muss ich eben klar kommen.

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myzyny04  20.03.2024, 08:59
@Elli113

Du vergisst dabei, dass kinderlose auch höhere Einkommensteuer zahlen. Es geht nicht um die Pflegeversicherung.

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Elli113  20.03.2024, 09:12
@myzyny04

Das Thema war Organspende, nicht Einkommenssteuer oder Pflegeversicherung.

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myzyny04  20.03.2024, 09:17
@Elli113

?? DU hast die Pflegeversicherung ins Spiel gebracht. Es ging um Solidarität. Ich zitiere Dich:

Rechnen wir mal kurz: das Durchschnittsbrutto aller Arbeitnehmer in Deutschland betrug 2022 4105€ - das heißt, der Durchschnittsdeutsche mit Kindern zahlt 125,20€ in die Pflegeversicherung und der ohne Kinder zahlt 135,47€ im Monat. Bedeutet, die Ersparnis liegt bei 9,97€ pro Monat - dafür kriegt man auf dem Oktoberfest nicht mal eine Maß Bier. Auf ein ganzes Erwerbsleben (ab 23 bis 67 Jahre) hochgerechnet komme ich auf einen Betrag von gerade mal 5264€, den Kinderlose mehr in die Pflegeversicherung eingezahlt haben.

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Elli113  20.03.2024, 09:25
@myzyny04

Damit habe ich auf den Kommentar vom emesvau reagiert, der von einer Subvention von Familien durch die günstigere Pflegeversicherung sprach.

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peter2023239  20.03.2024, 11:17

Ich würde Renten auch nur zahlen die auch Beiträge geleistet haben

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Elli113  20.03.2024, 11:22
@peter2023239

Ist ja auch so. Wer nicht oder nur wenig in die Rentenkasse eingezahlt hat, bekommt auch nichts oder wenig Rente.

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peter2023239  20.03.2024, 11:33
@Elli113

Das stimmt nicht ganz.Selbständige die nie Beiträge gezahlt haben bekommen im Alter auch Bürgergeld was fast die gleiche Höhe hat !

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peter2023239  20.03.2024, 13:16
@Elli113

Wer nie Beiträge für die Rentenkasse gezahlt hatte bekommt trotzdem vom Staat Bürgergeld was fast genauso hoch ist wie Rente. Hilfe gibt es auf jeden Fall. Haben sich aber dann ein Vermögen gespart.

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Elli113  20.03.2024, 14:39
@peter2023239

Nochmal: Bürgergeld ist keine Rente, und es ist auch nicht "fast so hoch" wie die Rente. Letztere ist ja gerade erst wieder erhöht worden (im Gegensatz zum Elterngeld zB).

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peter2023239  20.03.2024, 14:51
@Elli113

Wie hoch schätzt du das das Bürgergeld beträgt für einen 65 jährigen der keinen Rentenanspruch hat wenn er keine Zahlungen geleistet hat und kein sonstiges Einkommen oder Vermögen hat? Elterngeld kann man hier nicht vergleichen da je mehr Kinder desto höher die Zahlungen.Ein Asylant mit Frau und 2 Kindern der nicht arbeitet bekommt mit Zahlungen für Miete fast 3000 Euro. Kein Vergleich zum Rentner der 45 Jahre gearbeitet hat und eingezahlt hat und dafür dann 1500 Rente bekommt.

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Elli113  20.03.2024, 15:30
@peter2023239
Elterngeld kann man hier nicht vergleichen da je mehr Kinder desto höher die Zahlungen.

Falsch. Elterngeld berechnet sich ausschließlich aus dem Gehalt vor der Geburt.

Der Rest ist reine Polemik.

Was hindert dich denn daran, nicht zu arbeiten und fett Bürgergeld zu kassieren?

Und es ist komplett aüm Thema vorbei, um das es eigentlich ging

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Ich würde diese Argumentation ablehnen. Die Widerspruchslösung, die immer mal wieder im Gespräch ist, finde ich dagegen besser. Ein Widerspruch, um sich dann aktiv gegen die Organspende zu stellen, ist m.E. sehr viel eher mit unseren Gesetzen, aber auch mit meinen persönlichen moralischen Ansichten zu vereinbaren.

Der Vorschlag, Nicht-Organspender auszuschließen widerspricht dagegen eher der Gleichbehandlung. So können z.B. Menschen vor Vollendung des 16. Lebensjahres keine Organe spenden, dürfen diese dann ggf auch keine erhalten?

Und wenn man da anfängt, wo hört man auf? Sollen Raucher nicht mehr wegen eventuell begünstigt auftretenden Leiden behandelt werden? Sportler nicht mehr, wenn sie sich bei Ausübung ihres Sportes verletzen?

Die Diskussion ist wichtig und ein gutes Thema, allerdings muss sich damit unser Gesetzgeber befassen und eine Entscheidung treffen.